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2. Prävention durch Unterrichtsfluss - Kinderzentrum Mecklenburg

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Umgang mit schwierigen Kindern<br />

Entwicklungsförderung <strong>durch</strong> Intervention und<br />

<strong>Prävention</strong><br />

P. Benthin,<br />

Schwerin, 17.10. 2009


● Intervention<br />

Themenbereiche<br />

● Entwicklungsförderung <strong>durch</strong> Lehrerverhalten<br />

● Entwicklungsförderung <strong>durch</strong> Unterrichtsgestaltung und Strukturierung<br />

● Verhaltensmodifikation: Regeln und Rituale, Verstärkerpläne,<br />

Auszeit-Methode<br />

● Vernetzung mit anderen Diensten<br />

● <strong>Prävention</strong><br />

● Lehrerverhalten zur Störungsprävention<br />

● Entwicklungspädagogischer Unterricht nach Bergsson<br />

● Gestaltung von Lernprozessen: Individueller Entwicklungsplan, strukturierte<br />

Lernsituation, Interventionsstrategien


Prävalenz<br />

● Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Störung zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt<br />

● Esser 2007/08: 18%<br />

● KIGGS 2007: 14,7%<br />

● Persistenz: ca. 10%<br />

● häufigste Störungen:<br />

● Angststörungen: 10,4%<br />

● dissoziale Störungen: 7,4%<br />

● depressive Störungen: 4,4%<br />

● hyperkinetische Störung: 4,4%<br />

● In der Schule: Hartmann 2003 (nach Lehrerurteil)<br />

● externalisierend: 14,2% auffällig<br />

● internalisierend: 3,5% auffällig


● -Haltung-<br />

Entwicklungsförderung <strong>durch</strong><br />

Lehrerverhalten<br />

● Geprägt <strong>durch</strong>: Verständnis, Respekt, Menschlichkeit,<br />

Empathie, Ruhe und Gelassenheit, Distanz wahren<br />

● Sprechen Sie ruhig, fest, direktiv<br />

● Klare Anweisungen, kurz und knapp<br />

● Bei Regelverstößen unmittelbar und sachlich reagieren<br />

● Ignorieren am positiven Modell: „Vier Tischgruppen hören mir schon gut zu!“<br />

● Nein heißt Nein!<br />

● Loben, Zuwendung, Spiegeln<br />

● Humor zeigen<br />

● Gruppenfocus bilden<br />

● Störungen entdramatisieren, großzügig sein


Entwicklungsförderung <strong>durch</strong> Lehrerverhalten<br />

● Keine Schuldzuweisungen oder Verurteilungen<br />

● Keine diskriminierenden Interventionen (Lächerlichmachen, Ironie)<br />

● Nicht persönlich nehmen! (Sprech<strong>durch</strong>fall-sexualisierte Sprache)<br />

● Positives Verhalten positiv verstärken<br />

● Nicht moralisieren, nicht ermahnen<br />

● Modellverhalten zeigen (Vorbildfunktion)<br />

● Mimik, Gestik, Lächeln, Blickkontakt (nonverbale Verhaltensformung)<br />

● Zeichensprache<br />

● Körperkontakt (Hand auf der Schulter, vereinbart, nur bis Pubertät)<br />

● Stopp-Regel: Stopp! Ich glaube jetzt geht es gleich wieder los!<br />

● Regelverstöße zeitversetzt bearbeiten<br />

● Dreiklang: Ankündigen! Einfordern! Kontrollieren!


Entwicklungsförderung <strong>durch</strong><br />

Unterrichtsgestaltung<br />

● Klare Zielorientierung<br />

● Vermeiden unklaren Unterrichtsablaufes (was, wann, wie, mit wem)<br />

● Aufgabenstellungen kleinschrittig, präzise, kurz, verbinden mit<br />

Verhaltensanforderungen: „In der kommenden Phase ist es wichtig, dass...“<br />

● Sachmotivierung und handlungsorientierter Unterricht<br />

● Methodenwechsel/Phasenwechsel: Begrüßung, Einführung, Arbeitsphase...<br />

● Innere Differenzierung, Individualisierung des Unterrichts<br />

● Interessen der Schüler für Auswahl der Unterrichtsinhalte nutzen<br />

● Kurze, kompakte Lerneinheiten<br />

● Arbeitsergebnisse zusammenfassen<br />

● Lernfortschritte sichern <strong>durch</strong> Wiederholung und Übung<br />

● keine Strafarbeiten, aber Nacharbeiten


Entwicklungsförderung <strong>durch</strong><br />

Verhaltensmodifikation<br />

● Regeln und Rituale<br />

● Regeln sollten ein Gebot sein, kein Verbot (nicht, kein, ohne vermeiden)<br />

● erwünschtes Verhalten sollte formuliert sein: Statt: Wir schlagen uns nicht! -<br />

Wir spielen friedlich zusammen! Das Verhalten muss beobachtbar sein.<br />

● eine Regel ist einfach, konkret, bildhaft, ein Hauptsatz, sie enthält<br />

Vollverben, nicht: sollen, müssen … , Sie beginnt mit „ich“ oder „wir“<br />

● Regeln gelten für Schüler und Lehrer<br />

● Verdeckte Regeln<br />

● Rituale können Anker sein: in der Zeit (Tagesrhythmus), im Raum (Bereiche<br />

für Aktivitäten), in der Abfolge (Unterrichtsaktivitäten), im Aufbau ( einer<br />

einzelnen Unterrichtsaktivität, in Krisen (Streit-Schlichtung), bei besonderen<br />

Anlässen (Geburtstage)


● Verstärkerplan<br />

Verhaltensmodifikation<br />

● Verhaltensziel mit dem Schüler gemeinsam formulieren, aufschreiben: z.B.<br />

„Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte.“<br />

● Immer nur ein Ziel trainieren<br />

● Punktevergabe mit dem Schüler festlegen: z.B. 15 min. Ziel eingehalten =<br />

ein Punkt<br />

● Belohnung vereinbaren: z.B. 10 Punkte= eine Aktivität, ein Spielzeug etc.<br />

● Verstärkerarten: materielle Verstärker<br />

Aktivitätsverstärker<br />

verbale/ soziale Verstärker


● Auszeit-Methode<br />

Verhaltensmodifikation<br />

● Anwendung der Methode muss den Schülern erklärt werden und in<br />

Zusammenhang mit trainiertem Verhalten stehen<br />

1.Schritt: Erste Verwarnung (gelbe Karte, Eins zählen)<br />

<strong>2.</strong>Schritt: Zweite Verwarnung (rote Karte, Zwei zählen)<br />

3.Schritt: Auszeit (mit festgelegter Zeit oder bis sich das Kind wieder<br />

beruhigt hat)<br />

● Unterteilung möglich: Nebenraum, anderer Raum, Stunde beenden<br />

● Rückführung: „Was erwarte ich jetzt von dir?“


Vernetzung<br />

● Vernetzung mit anderen Diensten<br />

● Elternberatung<br />

● Schulämter<br />

● Jugendämter<br />

● Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

● niedergelassene Therapeuten


<strong>Prävention</strong><br />

● Lehrerverhalten zur Störungsprävention<br />

1. <strong>Prävention</strong> <strong>durch</strong> breite Aktivierung<br />

Akzent auf Unterrichtsführung bzw. Lernmanagement mit dem Ziel der<br />

Klassenaktivierung (Themenwahl, Fragen, Rückmeldung, Gruppenarbeit)<br />

<strong>2.</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>durch</strong> <strong>Unterrichtsfluss</strong><br />

Akzent auf Vermeidung eigener Unterbrechungen des eigentlichen<br />

Unterrichts (Wartezeiten u. abrupte Wechsel vermeiden, kleine Störungen<br />

ignorieren)<br />

3. <strong>Prävention</strong> <strong>durch</strong> klare Regeln<br />

Akzent auf Erwartungen an das Schülerverhalten, bezogen auf<br />

Lernaktivitäten sowie Unterlassung von Störungen<br />

4. <strong>Prävention</strong> <strong>durch</strong> Präsenz und Stoppsignale<br />

Akzent auf Überwachung des Schülerverhaltens hinsichtlich der Einhaltung<br />

von Regeln (nonverbale und verbale Signale)


Entwicklungspädagogischer Unterricht nach Bergsson<br />

● Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik (ETEP) ist ein pädagogisches<br />

Programm, das auf den Aufbau sozial-emotionaler Fähigkeiten zielt und sich<br />

an den Stärken und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen orientiert. Im<br />

Entwicklungspädagogischen Unterricht (EPU) wird dies umgesetzt.<br />

● Vier Basisannahmen liegen dem Modell zu Grunde:<br />

1. Normalität versus Devianz<br />

Auffälligkeiten und normales Verhalten treten bei einem Kind gemischt auf.<br />

Den Blick deshalb stärker auf Kompetenzen des Kindes richten.<br />

<strong>2.</strong> Entwicklung in Sequenzen<br />

Normale soziale Entwicklung verläuft in Stufen und Sequenzen. Bei der<br />

Förderarbeit ist deshalb der altersgemäße normale Entwicklungsstand und<br />

der individuelle Stand der Entwicklung zu beachten.<br />

3. Freude und Erfolg<br />

Positive Erfahrung schafft Motivation und Verhaltensänderung. Solche<br />

Situationen gilt es im Unterricht bewusst zu planen.


4. Relevante Erfahrungen<br />

ETEP<br />

Kinder lernen, wenn die Erfahrungen, die sie machen, Relevanz besitzen für<br />

ihr persönliches, tägliches Leben.<br />

Zentrales Anliegen des Ansatzes ist es also:<br />

➢ den Blick auf die Stärken zu richten<br />

➢ der Entwicklungslogik zu folgen<br />

➢ Freude und Erfolg zu gewährleisten<br />

➢ für bedeutsame Erfahrungen zu sorgen<br />

● um so die „emotionale Landkarte“ des Kindes <strong>durch</strong> erfolgreiches Handeln<br />

und Lernen zu verändern.


Entwicklungsmodell<br />

● Basisfähigkeiten/Stufenmodell<br />

● Stufe V indiv./soziale Fähigkeiten in neuen Situationen anwenden (16<br />

Jahre) Identität, Rolle, Ablösung<br />

● Stufe IV Sich in Gruppenprozesse einbringen (12 Jahre)<br />

Freiheit macht Angst.<br />

● Stufe III Fähigkeiten zu erfolgreichen Gruppenteilnahme erwerben (9 Jahre)<br />

Ich kann meine Angst bewältigen.<br />

● Stufe II Auf die Umwelt mit Erfolg reagieren (6 Jahre) Ich kann was!<br />

● Stufe I Auf die Umwelt mit Freude reagieren (2 Jahre) Verlustangst<br />

● Bewusstheit<br />

● In vier Kategorien werden diese Fähigkeiten vom Lehrer eingeschätzt.<br />

● Verhalten- Kommunikation- Sozialisation- Schulleistung<br />

● Diagnoseinstrument: Entwicklungstherapeutischer Lernziel-Diagnose-Bogen


Förderdiagnostik mit dem ELDiP<br />

Aufgaben:<br />

● Feststellung des Ist-Standes, Bestimmung des Förderbedarfs<br />

● Entscheidung über Fördersetting und Gruppenzuordnung<br />

● Bestimmung von sozial-emotionalen Entwicklungslernzielen<br />

● Planung von Lernprozessen<br />

● Grundlage für die Förderplanung: Unterricht bzw. Förderung und<br />

Hilfemaßnahmen werden so ausgerichtet, dass das Kind/Jugendlicher die<br />

im IEP (individueller Entwicklungsplan) auf- und ausbauen kann<br />

● Unterstützung in der Beratungsarbeit: weg vom Defizitdenken >>> hin zur<br />

gezielten Entwicklungs- und Förderplanarbeit<br />

● Evaluation des sozial-emotionalen Fortschritts


IEP-Individueller Entwicklungsplan<br />

● Ziele für Peter vom .... bis ....<br />

● Verhalten (V-10)<br />

● Ich warte, bis ich aufgefordert werde, zu antworten.<br />

● Kommunikation (K-11)<br />

● Wenn ich etwas frage oder haben will, rede ich mit vernünftigen Worten.<br />

● Sozialisation (SOZ-15)<br />

● Ich spreche ein anderes Kind freundlich oder vernünftig an.<br />

● Schulleistung (SCH-44)<br />

● Ich schreibe einfache Sätze als Antworten auf Fragen zu einer Geschichte.


Gestaltung von Lernprozessen<br />

● Prinzip: Strukturierung von außen <strong>durch</strong> die Pädagogen dient dazu den<br />

inneren Halt des Schülers zu fördern.<br />

● Strukturierung:<br />

➢ der Zeit: Tagesplan, Kernaktivitäten, Tätigkeitswechsel<br />

➢ des Raumes: Raumbereiche für bestimmte Aktivitäten<br />

➢ in den Personen: Rolle angepasst an Entwicklungsstufe<br />

➢ der Inhalte: fächerübergreifend und thematisch zusammenhängend<br />

➢ in den Interventionsstrategien<br />

● Unterrichtsplanung erfolgt unter der Fragestellung: Wie muss die<br />

Aktivität/Lerneinheit aussehen, damit die Schüler an ihren Fähigkeiten<br />

arbeiten, d.h. sie üben und zeigen können?


Ablaufplan: entwicklungspädagogischen Unterrichts<br />

(EPU)<br />

● Möglichkeit der Phaseneinteilung für eine Gruppe der Entwicklungsstufe III<br />

Aktivität Zeit in Minuten<br />

➢ Gruppenbeginn 10<br />

➢ Arbeit I (Sprache) 35<br />

➢ Bewegung und Spiel oder Gruppenprojekt 20<br />

➢ Arbeit II (Mathe) 30<br />

➢ Imbiss und Gruppenabschluss 10


Verhaltenssteuerung <strong>durch</strong> Interventionsstrategien<br />

● Interventionen sind Handlungen des Pädagogen, die dafür sorgen, dass ein<br />

Schüler bewusst an seinen Zielen/Fähigkeiten arbeiten kann.<br />

● Nicht nur der Bildungsprozess, sondern auch der Erziehungsprozess wird<br />

deshalb strukturiert und bewusst gestaltet.<br />

● Entscheidend ist dabei die Haltung des Pädagogen, jeden noch so kleinen<br />

Schritt in Richtung auf Erreichen eines Ziels zu sehen und rückzumelden.<br />

● Dies verlangt Umdenken und Training.


Interventionsstrategien<br />

● Positives Feedback und Lob (häufige Rückmeldung auch für „normale“<br />

Verhaltensweisen)<br />

● Motivation <strong>durch</strong> Materialien<br />

● Strukturierung des Unterrichtsgeschehens<br />

● Umlenken/Umgestaltung (Rückführung zur Aufgabe, sobald die Aufmerksamkeit<br />

des Schülers abzuwandern droht)<br />

● Spiegeln (eine beschreibende Rückmeldung über das, was ein Schüler sagt<br />

oder tut oder fühlt, in der Regel über die angemessenen Anteile des<br />

Verhaltens, oft verbunden mit Erinnerung an Fortschritt und Norm)<br />

● Interpretation (Schüler kann sich erklären, anfangs hilft der Erwachsene)<br />

● Verbale Interaktion (zwischen Klassen- und Assistenzlehrer)<br />

● Regeln und Gebote (Vermeiden von kein, ohne nicht)<br />

● Life Space Interview (Vermeiden des Warums, Sprechen über Verhaltenswerte)


Interventionsstrategien<br />

● Kontrolle (über die Materialien <strong>durch</strong> den Lehrer)<br />

● Konfrontation<br />

● Physische Nähe<br />

● Physische Intervention<br />

● Herrausnahme (aus dem Raum)<br />

● Gruppenausschluss (Verbleib im Raum)<br />

➢ Übung zum Spiegeln

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