D - Archiv - Personalwirtschaft
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<strong>Personalwirtschaft</strong><br />
Magazin für Human Resources<br />
www.personalwirtschaft.de G 21212 ISSN 07960000<br />
extra<br />
06 2011<br />
SaaS-Diskussion | Mobile HR-Arbeit | HR Self Services | Anbieterübersicht<br />
HR-Software<br />
Neue Wege,<br />
alte Stolpersteine
Keine Selbstläufer<br />
Die Rahmenbedingungen für einen<br />
verstärkten Einsatz von HR-Software<br />
könnten besser nicht sein. Wir haben<br />
im Zuge unserer Marktübersicht die<br />
Softwarefirmen danach gefragt, wie<br />
sie die Investitionsbereitschaft der<br />
Unternehmen bei der Beschaffung<br />
von HR-Software einschätzen. Demnach gehen fast 90 Prozent<br />
der Anbieter davon aus, dass in diesem Jahr die Kundenbudgets<br />
deutlich größer sind als im Jahr 2010.<br />
Zudem haben sich die Angebotsformen erweitert. Immer mehr<br />
Firmen bieten ihre Leistungen als SaaS-Lösung an, als Software<br />
as a Service. Kunden müssen nicht mehr in IT-Technik investieren<br />
und HR-Software auf eigenen Rechnern installieren. Der<br />
Zugriff funktioniert über das Internet und wird je nach<br />
Nutzung abgerechnet – ein Modell, das vor allem für kleinere<br />
Unternehmen interessant sein dürfte. Die allgemeine Cloud-<br />
Diskussion in der IT-Branche ist damit auch im HR-Umfeld<br />
angekommen (siehe Round Table-Bericht ab Seite 5).<br />
Und doch wundern sich immer wieder alle Beteiligten, warum<br />
sich einige mittelständische Unternehmen immer noch scheuen,<br />
für ihre Personalprozesse IT-gestützte Tools zu nutzen.<br />
Laut einer aktuellen Marktstudie setzen gerade einmal gut<br />
die Hälfte der Unternehmen HR Self Services ein (Seite 16).<br />
Editorial HR-SOFTWARE<br />
Die Tendenz ist zwar steigend, aber offensichtlich gibt es<br />
Hemmungen. Kosten sind ein Argument. Ein anderes ist sicherlich<br />
auch die generelle Angst vor Prozessoptimierungen, vor<br />
Unruhe im Betrieb, vor zu hohen Erwartungen. Und diese<br />
Skepsis ist auch nicht von der Hand zu weisen, wie ein Beispiel<br />
zeigt, von dem mir ein Bekannter berichtete. Sein Unternehmen<br />
hat jüngst ein neues Self Service Tool für die Reisekostenabrechnung<br />
eingeführt. Prima, sollte man meinen. Die Realität<br />
sieht aber anders aus. Kaum ein Mitarbeiter versteht auf Anhieb<br />
das Tool, Schulungen gab es nicht, und nun müssen die<br />
Mitarbeiter auch noch kleine Belege auf größere Zettel kleben,<br />
damit sie dann von den Kollegen in der Reisekostenbuchhaltung<br />
eingescannt werden können. Frust auf allen Seiten und eine nahezu<br />
gescheiterte Einführung eines durchaus hilfreichen Self Service:<br />
Gut gedacht, schlecht gemacht. Deshalb ist es wichtig, die<br />
Stolpersteine einer Software-Einführung zu kennen, auch wenn<br />
es nur um ein vermeintlich kleines IT-Werkzeug geht (Seite 13).<br />
Die Reise geht weiter, die HR-Welt wird mobiler und flexibler.<br />
Darauf sind die Anbieter eingestellt. Aber wie gesagt, auch die<br />
innovativsten Produkte sind keine Selbstläufer.<br />
Erwin Stickling<br />
Chefredakteur
4<br />
HR-SOFTWARE Inhalt<br />
5 | Round Table<br />
Wandel in Sicht –<br />
Expertengespräch mit führenden Vertretern<br />
der HR-Software-Branche<br />
10 | Mobile Anwendungen<br />
10<br />
Unabhängig von Raum und Zeit<br />
Apps und mobile Endgeräte erobern die<br />
Personalarbeit<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Jürgen Scholl<br />
Redaktion: Erwin Stickling (sti), Chefredakteur;<br />
Sven Frost, Redakteur; Christiane Siemann, freie Mitarbeiterin<br />
Redaktionsanschrift: Wolters Kluwer Deutschland GmbH,<br />
Luxemburger Straße 449, 50939 Köln,<br />
Telefon: 0221/94373-7653, Fax: 0221/94373-7757,<br />
E-Mail: personalwirtschaft@wolterskluwer.de,<br />
www.personalwirtschaft.de<br />
Fachbeiträge aus bereits erschienenen Ausgaben sind<br />
verfügbar unter: www.personalwirtschaft.de<br />
Geschäftsführer: Dr. Ulrich Hermann<br />
Anzeigen:<br />
Karin Kamphausen (Anzeigenleitung),<br />
Telefon: 0221/94373-7629,<br />
E-Mail: kkamphausen@wolterskluwer.de<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
5<br />
13 | Implementierung<br />
Vorsicht, Stolpersteine<br />
Probleme bei der Software-Einführung<br />
rechtzeitig erkennen<br />
16 | Self Services<br />
13<br />
Es tut sich was<br />
Eine neue Marktstudie zeigt, wie HR Self<br />
Services genutzt werden<br />
18 | Ausbildungsmanagement<br />
Hohe Qualität<br />
BMW verbessert seine Ausbildungsprozesse<br />
durch eine neue HR-Software<br />
22 | Zeitwirtschaft<br />
Es werde Licht<br />
Ein Zulieferer für Lichttechnik spart Kosten<br />
durch ein modernes Zeitwirtschaftssystem<br />
24 | Marktcheck<br />
Anbieterübersicht HR-Software<br />
Allrounder und Spezialisten im Vergleich<br />
Jörg Walter (Anzeigenverkauf), wanema media,<br />
Telefon: 0931/304699-66, E-Mail: pw@wanema.de<br />
Karin Odening (Anzeigendisposition),<br />
Telefon: 0221/94373-7266,<br />
E-Mail: kodening@wolterskluwer.de<br />
Herstellung: Frauke Helene Hille<br />
Gestaltung: Art + Work, Köln, Lars Auhage, Martin Schwarz<br />
ISSN 07960000<br />
Druckerei und Lieferanschrift für Beilagen:<br />
Druckerei Wilhelm & Adam OHG<br />
Werner-von-Siemens-Straße 29, 63150 Heusenstamm<br />
Copyright: Luchterhand, eine Marke von Wolters Kluwer Deutschland<br />
GmbH. © 2011 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Köln.
U<br />
nter Physikern ist absolut unstrittig, wie<br />
eine Wolke zu definieren ist. Für Cloud<br />
Computing existieren dagegen unterschiedliche<br />
Interpretationen. Folglich verwundert<br />
es nicht, wenn Cloud-Lösungen und Software<br />
as a Serve (SaaS) durcheinander geworfen<br />
oder als ein und dasselbe verkauft werden.<br />
„SaaS ist im Grunde genommen ein<br />
kaufmännisches Lizenz- und Nutzungsmodell,<br />
Cloud Computing dagegen ein technisches<br />
Modell. Das bedeutet, dass SaaS-Modelle<br />
nicht zwingend in der „Cloud“ angeboten<br />
werden müssen“, erläutert Wolfgang Witte,<br />
Geschäftsführer von Perbit Software. Für<br />
Personaler ist die Frage nach „Cloud oder nicht<br />
Cloud“ auch nur am Rande von Interesse,<br />
denn die technischen Bedingungen fallen<br />
in Unternehmen in den Verantwortungsbereich<br />
der IT-Abteilung. Es spricht einiges<br />
dafür, dass Cloud Computing noch länger als<br />
reines IT-Bereitstellungsthema behandelt<br />
wird. Denn für HR-Verantwortliche spielen<br />
eher die schnelle Verfügbarkeit der Lösung,<br />
die Skalierbarkeit und niedrige Initialkosten<br />
eine wichtige Rolle. „Erst wenn bei der Vergabe<br />
von HR-Software-Prozessen die IT-Abteilung<br />
beratend tätig sein wird, dann kann das<br />
Thema Cloud Computing auf den Tisch kommen“,<br />
so Michael Friedwagner, Geschäftsführer<br />
der Infoniqa HR Solutions.<br />
Cloud-Computing und das SaaS haben<br />
gemeinsam, dass HR-Verantwortliche für<br />
die Software keine eigene IT-Infrastruktur<br />
vorhalten müssen, sondern via Internet auf<br />
die Dienste eines externen Anbieters zurückgreifen.<br />
Das erscheint bequem für den Endanwender,<br />
wirft aber auch immer wieder<br />
Fragen nach der Datensicherheit auf. Bisher<br />
verhalten sich die Unternehmen bei der Nutzung<br />
von SaaS eher zögerlich. Während Outsourcing<br />
von Lohn- und Gehaltsabrechnungen<br />
etabliert ist, dominieren bei anderen<br />
HR-Aufgabenfeldern wie Bewerbermanagement<br />
oder Recruiting die Zweifel.<br />
Hat SaaS eine Zukunft?<br />
Doch SaaS wird nach Ergebnissen einiger<br />
Studien ein erhebliches Wachstumspotenzial<br />
zugeschrieben. Eine Analyse des Marktforschungsinstituts<br />
Gartner geht noch weiter:<br />
SaaS habe sich offenbar rund um den<br />
Globus gut etabliert. Die große Mehrheit der<br />
befragten IT-Verantwortlichen und Geschäftsführer<br />
plane, den Anteil an Miet-Software im<br />
eigenen Unternehmen im laufenden Jahr zu<br />
erhöhen oder zumindest unverändert beizubehalten.<br />
Die Roundtable-Experten haben sehr unterschiedliche<br />
Erfahrungen mit dem Einsatz<br />
von SaaS. Im Bremer Rechenzentrum, des-<br />
Wandel in Sicht<br />
Round Table HR-SOFTWARE<br />
Wie groß ist die Bereitschaft, Software und<br />
IT-Infrastruktur außer Haus betreiben zu lassen?<br />
Welchen Stellenwert haben maßgeschneiderte<br />
Software-Lösungen im Personalmanagement?<br />
Professor Stefan Strohmeier von der Universität<br />
des Saarlandes diskutierte mit führenden Anbietern<br />
aktuelle Fragen der Anwendungen von HR-Software.<br />
sen Kernkompetenzen schwerpunktmäßig<br />
in der Entgeltabrechnung liegen, nutzen 50<br />
Prozent der Kunden die Applikationen über<br />
das Internet. Geschäftsführer Armin Rautenhaus:<br />
„Sie können rund um die Uhr zugreifen<br />
und sind von keinem Support abhängig.<br />
Für die Nutzung wird lediglich ein herkömmlicher<br />
Internetzugang und Webbrowser<br />
benötigt. Der Kunde zahlt lediglich eine nutzungsabhängige<br />
Gebühr entsprechend der<br />
Anzahl seiner Abrechnungsfälle pro Monat.“<br />
Durch die Nutzung habe der Kunde weitaus<br />
geringere Anschaffungs- und Betriebskosten,<br />
er könne sich auf sein Kerngeschäft<br />
konzentrieren und die ausgelagerten Entgeltdaten<br />
im BRZ auch noch bis zu 20 Jahre lang<br />
datenschutzgerecht aufbewahren.<br />
Die Bereitschaft zur Nutzung von SaaS hängt<br />
aber auch klar mit der Größe des Unternehmens<br />
zusammen. Markus Wieser, Director<br />
Product Management bei Atoss, erlebt, dass<br />
kleinere Unternehmen, in denen kaum IT<br />
vorhanden ist, eher zu dem Modell tendieren<br />
als große Unternehmen, die über eine<br />
ausgereifte IT-Abteilung verfügen.<br />
Einflussgrößen: Prozess<br />
und Technologie<br />
Einen großen Einfluss auf die Entscheidung<br />
pro oder contra SaaS hat auch die Beschaf-<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de 5
HR-SOFTWARE Round Table<br />
fenheit der einzelnen Personalprozesse. Im<br />
Bereich Payroll sind die Prozesse standardisierbar<br />
und nicht einer permanenten Dynamik<br />
ausgesetzt. „Doch in der Personalentwicklung,<br />
der Weiterbildung oder im Kompetenzmanagement<br />
unterliegen sie einer<br />
hohen Dynamik und unternehmensindividuellen<br />
Ausprägung“, so Dr. Ralf Gräßler,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter von VEDA.<br />
„Der Anbieter muss in der Lage sein, über<br />
ein SaaS oder ASP-Modell diese Dynamik und<br />
Individualität abbilden zu können.“ Gräßler<br />
bevorzugt den Arbeitsbegriff ASP (Application<br />
Service Providing), weil damit mehr<br />
Individualisierbarkeit verbunden sei als es<br />
das heutige SaaS im Allgemeinen suggeriere.<br />
„Bei SaaS können die Prozesse nur bedingt<br />
angepasst werden und sollten auch nicht so<br />
häufig verändert werden – das greift jedoch<br />
gerade im Personalmanagement für die meisten<br />
Unternehmen zu kurz.“<br />
Auch SAP arbeitet nicht mit der Begrifflichkeit<br />
SaaS, sondern bietet On-Demand-Dienste<br />
als Teil der Produktstrategie an, die sich<br />
aus On Premise-, On-Demand- und On-Device-Produkten<br />
und deren Orchestrierung<br />
zusammensetzen. Die On-Demand-Lösung<br />
habe sich etabliert, so Klaus Mutzeck, Senior<br />
Solution Expert. Der Kunde brauche lediglich<br />
einen Browser und Internetanschluss.<br />
SAP registriert eine steigende Nachfrage<br />
nach SaaS-Diensten. Zum einen weil sich<br />
die Bedürfnisse der Kunden verändert haben,<br />
die heutzutage erwarten, nach dem Kauf die<br />
Software ortsunabhängig über das Internet<br />
zu nutzen. Zum anderen treibe der technologische<br />
Fortschritt wie unter anderem der<br />
Breitbandausbau der Netzinfrastruktur, die<br />
Verfügbarkeit preiswerter Rechenkapazitäten<br />
sowie die zunehmende Verbreitung von<br />
Internet-Technologien die Nutzung von SaaS<br />
voran.<br />
Bei Infoniqa spürt man dagegen nur wenige<br />
Anfragen nach SaaS. Michael Friedwanger:<br />
„Kunden möchten ihre eigene Lösung<br />
haben, die so konfiguriert wird, dass sie<br />
individuell auf ihre Bedürfnisse abgestimmt<br />
ist.“ Das fange bei individuellen Workflows<br />
an und ende beispielsweise im E-Recruiting<br />
bei der Anpassung an die Corporate Identity<br />
der Kunden-Homepage. Dabei sei es wich-<br />
6<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
tig, dass man schnell und gut skalierbar auf<br />
laufende Änderungswünsche reagieren könne.<br />
Ob die Lösung in einem Rechenzentrum<br />
im ASP-Betrieb laufe, sei für den Kunden meist<br />
nebensächlich.<br />
On-Premise als Auslaufmodell?<br />
Persis Online bietet nur SaaS- Lösungen der<br />
eigenen Standard-Software. Anfangs ging<br />
der Anbieter eher von vielen kleineren Unternehmen<br />
aus, die solche Lösungen wünschen,<br />
so Geschäftsführer Dirk Linn. Das habe sich<br />
sehr schnell geändert. Die heutigen Kunden<br />
kommen aus dem Mittelstand. Dabei<br />
stehe die Unabhängigkeit von der internen<br />
IT-Abteilung im Mittelpunkt. Linn: „Der<br />
Datenschutz ist selbstverständlich ein wichtiges<br />
Thema, aber steht nicht im Vordergrund.<br />
Man traut uns schon zu, dass wir hier<br />
unsere Hausaufgaben machen. Eher hat man<br />
„ Erst wenn bei der Vergabe von<br />
HR-Software-Prozessen die IT-Abteilung<br />
beratend zur Seite steht, dann wird<br />
Cloud Computing ein Thema.<br />
Michael Friedwanger, Geschäftsführer,<br />
Infoniqa HR Solutions GmbH<br />
„ Kaufen, Mieten, Outsourcing oder<br />
Fullservice – die Zukunft liegt nicht nur<br />
in maßgeschneiderten Softwarelösungen,<br />
sondern auch in zugeschnittenen<br />
Nutzungsmodellen.<br />
Wolfgang Witte, Geschäftsführer Perbit Software GmbH<br />
„<br />
Die Vorteile von SaaS werden sich auf<br />
Dauer gegenüber On-Premise-Modellen<br />
durchsetzen. Dafür spricht unter anderem<br />
die Verfügbarkeit auf verschiedensten<br />
Endgeräten.<br />
Matthias Schneider, Vorstand, Sage HR Solutions AG<br />
den Eindruck, dass die Personaler oftmals<br />
Bedenken gegenüber intern betriebenen<br />
Systemen haben, da die Datenbank von der<br />
eigenen IT betrieben und möglicherweise eingesehen<br />
werden kann.“ Persis nutzt moderne<br />
Multi-Tier-Strukturen in der Architektur<br />
der Applikation, die sehr einfach an geänderte<br />
Lastanforderungen des Kunden anzupassen<br />
seien.<br />
Matthias Schneider, Vorstand von Sage HR<br />
Solutions, berichtet von einem dreistelligen<br />
SaaS-Wachstum bei kleinen Betrieben. Bei<br />
größeren nehme Hosting als Zwischenschritt<br />
stark zu. „SaaS wird kommen, da On-Premise<br />
auf Dauer nicht funktioniert und sich die<br />
Vorteile von SaaS durchsetzen werden – wie<br />
die Verfügbarkeit auf verschiedensten Endgeräten,<br />
kein Aufwand mit Updates, Hardware<br />
und Systematisierung unter anderem.“<br />
Jedoch sei das SaaS-Preismodell bislang nicht
akzeptiert. Der deutsche Mittelständer habe kein Problem damit,<br />
seine Daten auszulagern, wenn er weiß, wo sie liegen. Aber er wolle<br />
die Lizenz wie gewohnt in einem Block bezahlen und die Software<br />
damit „besitzen“.<br />
Ob SaaS in den Kernbereichen der HR-Prozesse ankommen wird,<br />
ist fraglich. Maßgeschneiderte Softwarelösungen scheinen in jedem<br />
Fall deutlich stärker nachgefragt als „Out of the Box“-Lösungen. Der<br />
dritte Weg für Anbieter könnte also darin liegen, sich stärker auf<br />
die Bedürfnisse des Kunden einzustellen. „Wir skalieren das, was<br />
er in Bezug auf Service und Lizenz erwartet“, so Wolfgang Witte,<br />
Perbit. Ob er kaufen oder mieten möchte, die Lösung auf eigenen<br />
Rechnern, im Outsourcing oder im Fullservice betreiben will oder<br />
aber eine Applikationen nur für vier Wochen benötige. „Die Zukunft<br />
liegt nicht nur in maßgeschneiderten Softwarelösungen, sondern<br />
auch in zugeschnittenen Nutzungsmodellen.“<br />
Managementthemen im Trend<br />
Im Vergleich zu den Vorjahren, die noch stark von der Krise und<br />
mangelnder Investitionsbereitschaft der Unternehmen bestimmt<br />
waren, nehmen nun Managementlösungen und ganzheitliche HR-<br />
Lösungen Fahrt auf. Sage-Vorstand Matthias Schneider beobachtet,<br />
dass die Investitionsbereitschaft in den Unternehmen vorhanden<br />
sei und große Projekte statt vereinzelte Desktop-Lösungen präferiert<br />
würden. „Dabei wird die gesamte Prozesskette vom Eintritt des<br />
Mitarbeiters bis zu seinem Austritt aus dem Unternehmen abgebildet.<br />
Die Lösungen umfassen neben der Personalabrechnung alle Facetten<br />
der Personalarbeit – von der Personalplanung und dem Bewerbermanagement<br />
über Personal- und Talentmanagement bis hin zur<br />
Einsatzplanung und dem Zeitmanagement – ergänzt durch nützliche<br />
Auswertungs- und Controllingwerkzeuge.“<br />
Bei SAP registriert man, dass die Nachfrage nach Demografie-getriebenen<br />
Lösungen wächst. „Wir tragen dem Rechnung, indem wir mit<br />
Talentmanagement eine Lösung anbieten, die den kompletten Personalentwicklungsprozess<br />
abdeckt, vom Recruiting über Learning<br />
und Nachfolgeplanung bis zur Mitarbeiterbeurteilung“, berichtet SAP-<br />
Experte Klaus Mutzeck. Auch das neue Produkt „Strategic Workforce<br />
Planning“ unterstütze dabei, den demografischen Wandel und<br />
andere Einflussfaktoren zu analysieren und zu simulieren, um die<br />
eingesetzte Arbeitskraft mittel- und langfristig an die Unternehmensziele<br />
anzupassen.<br />
Dass die Konsequenzen aus der Demografie-Problematik verstanden<br />
werden, bestätigt auch Ralf Gräßler, VEDA. „Die Kunden fragen<br />
vermehrt Kompetenz- und Bildungsmanagement nach, und<br />
nicht nur aus den großen Unternehmen. Moderne Lösungen decken<br />
sowohl für Akademien als auch für Personalabteilungen die komplette<br />
Wertschöpfungskette der Personalentwicklung und des Weiterbildungsmanagements<br />
ab.“ Sie helfen dabei, den Entwicklungsund<br />
Weiterbildungsbedarf systematisch zu erkennen und unterstützen<br />
bei der Umsetzung der Maßnahmen. Unternehmen würden<br />
insbesondere das integrierte flexible Prozessmanagement schätzen<br />
sowie die stufenweise Ausbaufähigkeit bis zur kompletten Weiter-<br />
bildungsplattform, die zum Beispiel die Erstellung und Verteilung<br />
von E-Learning-Inhalten ermöglicht.<br />
Auch Klassiker gefragt<br />
„Krisenunabhängig ist der bedarfsoptimierte Personaleinsatz ein<br />
Top-Thema der Personaler”, berichtet Markus Wieser, Atoss. Im Vordergrund<br />
stehe die Reduktion der Personalkosten, die in der Größenordnung<br />
von 15 Prozent liegen könnten. „Außerdem registrieren<br />
Unternehmen, dass in den klassischen administrativen Prozessen<br />
noch ein erhebliches Potenzial liegt.“ Deshalb wachse der Anteil von<br />
EMS-Systemen und papiergetriebene Klassiker wie der Urlaubsantrag<br />
konvertieren in Richtung digitale Lösungen.<br />
Armin Rautenhaus vom Bremer Rechenzentrum berichtet, dass sich<br />
die Budget- und Personalkostenplanung zu einem immer wichtigeren<br />
Anliegen in Unternehmen entwickeln würde. Die Budgetplanung<br />
ermögliche im Gegensatz zu vielen anderen Planungsprogrammen<br />
nicht nur die Verarbeitung der Ist-Zahlen vergangener Zeiträume,<br />
sondern es könnten auch Zukunfts-Lohnkonten und Kostenrechnungsdateien<br />
unter Berücksichtigung aller bekannten Daten erstellt werden.<br />
Nach wie vor läuft auch das Bewerbermanagement als eines der „Brot<br />
und Butter- Produkte“, so Dirk Linn von Persis. Ebenso seien Self-
HR-SOFTWARE Round Table<br />
Services oft im Gesamtpaket dabei. Zwei weitere<br />
Bereiche seien neu auf die Agenda gekommen:<br />
Die Entwicklung von Mitarbeitern und<br />
die berufliche Ausbildung, die vom Stiefkind<br />
zum festen Bestandteil der Rekrutierung<br />
werde. Eine Ausbildungsinitiative von Persis<br />
würde hier den Nerv der Ausbilder treffen,<br />
die sich solche Systeme wünschten.<br />
In allen Anwendungsbereichen gewinnt ein<br />
weiterer Aspekt an Bedeutung. „In der Prozesseffizienz<br />
liegt noch Potenzial, deshalb<br />
forcieren wir stark die Prozessautomatisierung<br />
bei den Kunden“, so Perbit-Geschäftsführer<br />
Wolfgang Witte. „Softwaregestütztes<br />
Prozessmanagement erhöht die Qualität,<br />
beschleunigt Prozesse, reduziert die Kosten<br />
und schafft Transparenz für weitere Optimierungen.“<br />
Das HR-Cockpit<br />
Die multidimensionale Datenaufbereitung<br />
im Personalmanagement ist auf dem Vormarsch.<br />
Die Vorteile liegen auf der Hand: Konsolidierte<br />
Daten aus den verschiedenen<br />
Reportings visualisieren detailliert unterschiedliche<br />
HR-Leistungen und Fragestellungen.<br />
Die Software hinter dem Dashboard<br />
kristallisiert Informationen, die einen schnellen<br />
Überblick über systemweite Daten geben.<br />
In personalisierter Form können unterschiedliche<br />
Datenquellen zur Verfügung gestellt werden.<br />
Infoniqa bietet die Funktion des Dashboards<br />
oder Cockpits als Teil der Servicefunktion<br />
an. „Kunden können beispielsweise<br />
sehen, wie lang die Abwicklung von Bewerbungen<br />
dauert. Wichtig ist, dass alles, was<br />
im Cockpit abgebildet ist, auch von den<br />
Anwendern benötigt und vor allem verstanden<br />
wird“, erläutert Michael Friedwagner.<br />
Allerdings kritisiert er, dass die Anwender<br />
häufig mit Grafiken überschüttet würden in<br />
der Hoffnung, den Wunsch nach Auswertungen<br />
befriedigt zu haben. Was die Anwender<br />
tatsächlich brauchen, werde selten hinterfragt.<br />
Sage HR Solutions bietet für seine<br />
Lösungen integrierte Dashboards an und darüber<br />
hinaus Online Analytical Processing<br />
(OLAP), bei der die HR-Manager mit sehr einfachen<br />
„Drag und Drop”-Techniken sich ihre<br />
benötigten Daten zusammenstellen können.<br />
Vorstand Matthias Schneider: „Es wird gut<br />
8<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
angenommen, vor allem auch weil die individuellen<br />
Abteilungsinformationen dann<br />
sehr einfach über das Managerportal im<br />
Web den Führungskräften bereitgestellt werden<br />
können.<br />
Auch in der Zeiterfassung haben Dashboards<br />
Einzug gehalten. „Sie dienen zur Unterstützung<br />
der Planungsprozesse, da sie die relevanten<br />
Planungskennzahlen schnell zugänglich<br />
machen“, erläutert Atoss-Experte Markus<br />
Wieser den Nutzen für den Kunden.<br />
Andere Erfahrung macht das Bremer Rechenzentrum.<br />
Personalverantwortliche bevorzugten<br />
termin- und ereignisgesteuerte Informationen<br />
per E-Mail, so Armin Rautenhaus<br />
vom Bremer Rechenzentrum. Nach einer<br />
PAISY-Abrechnung würden ausgewählte<br />
Informationen und Berechnungen gleich<br />
direkt bedarfsgerecht zugestellt. Wiederkehrende<br />
Reports müssten nicht mehr manuell<br />
„ Windows-basierte Systeme werden es<br />
zukünftig schwer haben. Es wird heute<br />
mehr denn je auf eine offene Architektur<br />
geachtet, die Browser-basiert sein muss.<br />
Dirk Linn, Geschäftsführer Persis Online GmbH & Co.KG<br />
„<br />
Die technische Plattform ist für<br />
Personaler kein Thema. Sie erwarten<br />
eine Lösung, die schnell verfügbar,<br />
skalierbar und anpassbar ist.<br />
Dr. Ralf Gräßler, Geschäftsführender Gesellschafter,<br />
VEDA GmbH<br />
„ In der Entgeltabrechnung bevorzugen<br />
Personaler Termin- und Ereignisgesteuerte<br />
Informationen per E-Mail,<br />
die bedarfsgerecht zugestellt werden.<br />
Das erübrigt die manuelle Suche.<br />
Armin Rautenhaus, Geschäftsführer, Bremer Rechenzentrum<br />
GmbH<br />
gestartet werden, sondern generierten sich<br />
automatisch. Das entlaste den Personaler, der<br />
keine Zeit einsetzen muss, um Daten manuell<br />
zusammenzusuchen und zu vergleichen.<br />
Social Web treibt Innovationen<br />
voran<br />
Ob Hype oder nicht: Facebook und Co nehmen<br />
Einfluss auf die Software-Anwendungen.<br />
Und nicht nur im Bereich der Stellenausschreibungen.<br />
„Das informelle Lernen<br />
nimmt dramatisch zu, deshalb sind Personalabteilungen<br />
gefordert, auch im Weiterbildungsbereich<br />
Social-Media Strategien zu<br />
entwickeln“, so Ralf Gräßler, VEDA: Dabei<br />
gehe es weniger um Technologien, sondern<br />
um die Verbindung von klassischem, formellem<br />
Lernen – wozu auch E-Learning zählt<br />
– und selbstorganisiertem Lernen unter Nutzung<br />
von Web 2.0 Prinzipien wie beispiels-
weise über YouTube-Tutorials. Hierzu bedürfe<br />
es auch einer flexiblen Softwarelösung,<br />
die als Plattform diene und schnell anpassbar<br />
sowie skalierbar sei.<br />
Je nach Zielgruppe ist die Facebook- Integration<br />
wichtig, betont Dirk Linn, Persis Online:<br />
„Es wäre vermessen zu sagen, dass diese<br />
Technologie für alle ein Muss ist, aber es<br />
gibt Bereiche, beispielweise Stellenausschreibungen<br />
im Callcenter eines Mobilfunkanbie-<br />
„<br />
In-Memory-Datenbanken können riesige<br />
Terabyte-Datenbestände analysieren, da<br />
die Daten im Arbeitsspeicher gehalten<br />
werden, sind die Applikation sehr schnell<br />
und bieten Analysen für jeden Unternehmensbereich<br />
in Echtzeit.<br />
Klaus Mutzeck, Senior Solution Expert, SAP Deutschland AG<br />
„ Dashboards in der Personaleinsatzplanung<br />
unterstützen die Planungsprozesse<br />
und helfen, Fehler zu vermeiden.<br />
Markus Wieser, Direktor Produktmanagement,<br />
Atoss Software AG<br />
ters, die um eine Integration nicht umhin<br />
kommen.“ Führungskräfte würden sich allerdings<br />
nicht in Portale einbinden lassen, die<br />
eine hohe Pflege oder eine ständige Beachtung<br />
erfordern. Also müsse die Plattform<br />
besonders einfach zu bedienen sein und alle<br />
Änderungen und Aufgaben sollten per E-<br />
Mail auf dem Blackberry erscheinen. Der<br />
Walldorfer Softwarekonzern SAP hat zur<br />
Unterstützung seiner On-Device-Strategie<br />
die Firma Sybase gekauft, die auf die mobile<br />
Auslieferung von Unternehmensdaten<br />
und Middleware spezialisiert ist. Kunden<br />
können so ihre betriebswirtschaftlichen Prozesse<br />
auch auf mobilen Endgeräten wie iPad,<br />
iPhone oder Blackberry nutzen. Im Laufe des<br />
Jahres wird SAP auch erste HCM-Apps beispielsweise<br />
zur Erfassung der Reisekosten<br />
oder zur Workflow-Genehmigung auf den<br />
Markt bringen.<br />
Auch bei Atoss sind mobile Apps ein Trend,<br />
dem man sich widmet. Damit können beispielweise<br />
Manager jederzeit und überall Zugriff<br />
auf Informationen und Funktionen des Workforce<br />
Managements nehmen, wichtige Kennzahlen<br />
wie etwa die Produktivität in Echtzeit<br />
einsehen oder auch Urlaubsanträge der Mitarbeiter<br />
genehmigen. Für Mitarbeiter seien<br />
solche mobilen Lösungen hervorragend geeignet,<br />
um unter anderem im Projektkontext Zeiten<br />
vor Ort beim Kunden online zu erfassen<br />
und somit zeitnah für die Weiterverarbeitung<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Es gibt also eine Anzahl an Innovationen,<br />
auch wenn der Kunde sie nicht immer<br />
erkennt und nutzt. Doch es wird nur eine<br />
Frage der betriebswirtschaftlichen Kosten<br />
und der personalwirtschaftlichen Erkenntnis<br />
sein, bis sich die Anwendungen durchsetzen<br />
werden.<br />
Christiane Siemann, freie Journalistin, Bad Tölz
HR-SOFTWARE Mobile Anwendungen<br />
Unabhängig von Raum und Zeit<br />
Die zunehmende Mobilität der Mitarbeiter hat auch Einfluss auf die Personalarbeit.<br />
Wird dadurch auch das HR-Management mobiler werden?<br />
D<br />
urch die breite Verfügbarkeit des World<br />
Wide Web mit seinen medialen Web<br />
2.0-Funktionen, schnelle Datenleitungen,<br />
den Preisverfall der Kommunikationskosten<br />
und die weitere Technisierung der Arbeitswelt<br />
setzte schon vor Jahren eine Mobilitätsund<br />
Kommunikationsrevolution in den Unternehmen<br />
ein, die die Errungenschaften der<br />
Telearbeit weit in den Schatten, aber auch<br />
neue Anforderungen an Personaler stellt.<br />
Vor allem für Personaler ist die Dynamik des<br />
Wandels eine ihrer bisher größten Herausforderungen:<br />
Wie kann man effizient mit<br />
diesen Mitarbeitern kommunizieren? Wie lassen<br />
sich mobile Arbeiter führen, entwickeln,<br />
motivieren, bewerten und vor allem an das<br />
Unternehmen binden, wenn man sich nur<br />
noch hin und wieder persönlich trifft? Welche<br />
Management-Werkzeuge benötigt man<br />
und welcher Führungsstil ist der passende<br />
und nachhaltigste angesichts eines komplett<br />
veränderten Kommunikationsverhaltens und<br />
eines neuen Selbstverständnisses der Mitarbeiter<br />
im Hinblick auf ihre Arbeit und<br />
ihren Arbeitgeber? Welche der neuen Technologien<br />
sollen Personaler künftig selbst<br />
nutzen, um diese Herausforderungen zu<br />
meistern, zu administrieren und die eigene<br />
Rolle im Unternehmenskontext besser darzustellen?<br />
Und: Welche Aufgaben werden<br />
10<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
Personaler künftig überhaupt wahrnehmen?<br />
Durch den Wandel in der Art und Weise, wie<br />
man in den Unternehmen künftig arbeitet<br />
und vor allem kommuniziert, werde sich die<br />
Arbeit der Personaler nach Ansicht von Dr.<br />
Philipp Hölzle, Executive Partner bei Kienbaum<br />
Management Consultants, in vielen<br />
Bereichen grundsätzlich verändern. „Der<br />
verstärkte Einsatz mobiler Arbeitsmittel, die<br />
zunehmende Mobilität des Arbeitens und eine<br />
sich weiter intensivierende Nutzung von<br />
Social Media und Web 2.0-Werkzeugen wird<br />
die Personaler extrem fordern“, ist sich der<br />
HR-Experte sicher. „Vor allem führt das zu<br />
einer Herausforderung kultureller Art für<br />
Unternehmen, denn gerade die nachwachsenden<br />
Generationen haben heute meist<br />
Schwierigkeiten mit bestehenden alten Strukturen<br />
in Unternehmen und fühlen sich<br />
dadurch eher ausgebremst als motiviert.<br />
Daher ist es unter anderem wichtig, eine<br />
Atmosphäre zu schaffen, die den Networking-Gedanken,<br />
ein Zugehörigkeitsgefühl,<br />
erlaubt und fördert.“<br />
Viele Unternehmen beginnen erst gerade,<br />
sich Gedanken über den Umgang mit der<br />
zunehmenden Mobilität zu machen. Deren<br />
Umsetzung hängt unter anderem von der<br />
Organisationsstruktur und der Standardisierung<br />
von Prozessen sowie von Branchen und<br />
Zielgruppen ab. Außerdem müssen Mitarbeiter<br />
mit dem richtigen „Mindset“ die neuen<br />
Aufgaben umsetzen.<br />
Mit Augenmaß<br />
Denn was nützt es beispielsweise, jemandem<br />
die Betreuung von Social Media-Aktivitäten<br />
oder die Entscheidungen und das Management<br />
des Einsatzes mobiler Endgeräte anzuvertrauen,<br />
wenn der Mitarbeiter diese Technologien<br />
selbst nicht nutzt?<br />
Viele Experten ahnen indes, welche Anforderungen<br />
auf die Unternehmen und vor<br />
allem auf Personaler zukommen. Gero Hesse<br />
ist Mitglied der Geschäftsleitung der<br />
Medienfabrik, einer Tochter des Bertelsmann<br />
Dienstleisters Arvato, und Experte für<br />
Employer Branding und Personalmarketing.<br />
Auch für ihn ist klar, dass die zunehmende<br />
Mobilität in der Arbeitswelt zu veränderten<br />
Anforderungen für die Personalarbeit führt.<br />
Er benennt drei Strömungen, die diese Veränderungen<br />
grundsätzlich und zusätzlich<br />
beeinflussen: „Erstens werden Unternehmen<br />
durch den demografischen Wandel zu<br />
Nachfragern auf dem Arbeitsmarkt. Zweitens<br />
wird der Wertewandel, der ein gesamtgesellschaftliches<br />
Phänomen ist, die Prioritäten<br />
und Wertigkeiten der Personalarbeit<br />
mehr in Richtung Corporate Social Respon-
sibility, Gender Management oder Worklife<br />
Balance verändern. Und drittens wird die<br />
zunehmende Technologisierung dazu führen,<br />
dass sich Personaler damit auseinandersetzen<br />
müssen, wie man mit dieser Technologisierung<br />
grundsätzlich umgeht, nicht zuletzt<br />
aufgrund des Drucks der nachfolgenden jungen<br />
Generationen.“ „Vielleicht wird der Personaler<br />
künftig eher so etwas wie ein Broker<br />
und Koordinator sein“, ergänzt er abschließend.<br />
Bei den Personalern von IBM gehört der<br />
Umgang mit Mitarbeitern, die mobil arbeiten,<br />
seit vielen Jahren zum Tagesgeschäft.<br />
Schließlich ist das Unternehmen seit Jahrzehnten<br />
Vorreiter, wenn es um die Umsetzung<br />
neuer Arbeitsformen geht. Beispielsweise<br />
erhält jeder neue Mitarbeiter einen<br />
Laptop – Präsenzarbeit vor Ort im Büro ist<br />
die Ausnahme. „Deshalb“, so Torsten Kronshage,<br />
HR Partner Leader bei IBM Deutschland,<br />
„sind für uns mobile Arbeitsgeräte wie<br />
Smartphones oder Tablet-PC lediglich eine<br />
Art evolutionärer Entwicklungsprozess für<br />
Unternehmen und nichts Besonderes, denn<br />
unsere Personalverantwortlichen sind schon<br />
lange an das Führen einer mobilen Belegschaft<br />
gewöhnt.“<br />
Auch Dr. Alfred Quenzler, Professor an der<br />
Hochschule für angewandte Wissenschaft<br />
in Ingolstadt bestätigt: „Selbstverständlich<br />
verändert die zunehmende Mobilität in den<br />
Unternehmen die Personalarbeit! „Dazu<br />
muss aber zunächst Vertrauen in die Kompetenz<br />
der Mitarbeiter vorhanden sein. Personaler<br />
müssen sich gut um Mitarbeiter<br />
kümmern. Dazu werden künftig verstärkt<br />
Aufgaben zählen, die die Gesunderhaltung,<br />
Lernbereitschaft, Sozialkompetenz und Teamorientierung<br />
fördern.“ „Zunächst aber“,<br />
so der Experte für Personal- und Organisationsmanagement<br />
weiter, „müssen die Prozesse<br />
stimmen. Und Mitarbeitergespräche,<br />
in denen Lob, Kritik oder Anerkennung aus-<br />
gesprochen werden, finden auch künftig<br />
persönlich statt, denn dort ist die direkte<br />
Präsenz das A und O der Mitarbeiterführung.“<br />
Beim Kommunikationsspezialisten Avaya<br />
orientiert sich die Personalarbeit laut Arbeitsdirektor<br />
Dr. Wolfgang Runge seit Jahren<br />
durchgängig an dem Business-Partner-Modell<br />
des US-Wirtschaftswissenschaftlers Dave<br />
Ulrich. Ausgestattet mit Notebooks und<br />
Smartphones (50 Prozent der Mitarbeiter<br />
haben Telearbeits-Elemente in ihren Arbeitsverträgen)<br />
können die Mitarbeiter an jedem<br />
Ort Daten austauschen und miteinander<br />
kommunizieren. Runge, auch Vorstandmitglied<br />
der Selbst GmbH, meint, dass eine<br />
Balance zwischen Telearbeit und Präsenz<br />
am Arbeitsplatz der richtige Weg sei: „Meine<br />
Personaler müssen wieder mehr im Unternehmen<br />
präsent und für Mitarbeiter ansprechbar<br />
sein, weil sich eben nicht das gesamte<br />
Personalgeschäft virtuell abwickeln lässt.<br />
Viele Weichen werden immer noch im per-
HR-SOFTWARE Mobile Anwendungen<br />
sönlichen Gespräch gestellt. In Teammeetings<br />
wird der Kit angerührt, der dann die virtuelle<br />
Arbeit ermöglicht.“<br />
Für Runge ist es wichtig, das Pendel zwischen<br />
alten und neuen Arbeitsformen in Bewegung<br />
zu halten und mit Augenmaß zu handeln,<br />
denn, so Runge, nicht alles, was an<br />
neuen Methoden und Werkzeugen angeboten<br />
werde, mache immer Sinn oder sei praktikabel.<br />
Dr. Martin Grentzer, Vorstand der<br />
Aconso AG, einem Hersteller von Lösungen<br />
rund um die Digitale Personalakte, ergänzt:<br />
„Sicherlich macht für Personaler der Einsatz<br />
bei einer Vielzahl von Tätigkeiten mittels<br />
Smartphones und Tablet PCs Sinn.“„Allerdings“,<br />
fügt er hinzu, „wird es weiterhin<br />
Kernbereiche geben, bei denen ein Face-to-<br />
Face-Kontakt unverzichtbar ist, wie beispielsweise<br />
das Mitarbeitergespräch. Dieses aber<br />
kann – dank mobiler Devices – nun auch gut<br />
in für den Mitarbeiter eventuell angenehmerer<br />
Umgebung als dem Büro stattfinden.“<br />
Mobile Technik treibt<br />
Immer mehr mobile Anwendungen für Personaler<br />
sind bereits verfügbar (siehe Textkasten<br />
„Mobiles für die Personalarbeit“) und<br />
große Technik-Projekte, beispielsweise im Axel<br />
Springer Verlag, in dem das gesamte Personalcontrolling<br />
künftig mittels Smartphones<br />
und Tablet PCs erledigt werden soll, stehen<br />
vor dem Rollout, doch die Meinungen zum<br />
Nutzen mobiler Technik für Personaler gehen<br />
teilweise weit auseinander. Beispielsweise<br />
muss man nach Ansicht von Professor Armin<br />
Trost von der HFU Business School in Furtwangen<br />
den Nutzen mobiler Anwendungen,<br />
vor allem im Business-Umfeld, kritisch bewerten.<br />
Er meint: „Mobil ist hipp und Apps für<br />
iPhone/iPad und Co sind sexy, aber nicht alles<br />
was mobil ist schafft Mehrwert. Mobile<br />
Anwendungen bringen nur dann etwas,<br />
wenn sie eine Tätigkeit unterstützen, bei<br />
der man nicht an einen statischen Arbeitsplatz<br />
gebunden sein sollte. Die viel zitierte<br />
Jobsuche etwa via Augmented Reality ist<br />
eher Unfug. Ich denke da vorzugsweise an<br />
Mobiles Lernen, die Dokumentation von Einstellungsinterviews<br />
unterwegs via iPad und<br />
ähnliche Anwendungen.“ Matthias Schneider,<br />
Mitglied der Geschäftsführung des Per-<br />
12<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
Mobiles für die Personalarbeit Info<br />
Für folgende HR-Aufgaben werden bereits Apps angeboten:<br />
• Arbeitnehmer-Sofortmeldungen an<br />
Sozialversicherer<br />
• Arbeitszeugniserstellung<br />
• Bewerbungsassistenten und Bewerbermanagement<br />
• Digitale Personalakte<br />
• Direkte Dokumentation bei Gesprächen<br />
zur Leistungsbeurteilung/Zielvereinbarung<br />
• Dokumentation von Beurteilungen im<br />
Vorstellungsgespräch<br />
• Employer Branding<br />
• Learning Management<br />
• Mobiles Lernen (u.a. über Pod- & Videocasts)<br />
sonalsoftwareherstellers Sage HR AG, dagegen<br />
meint: „Die Mitarbeiter und Bewerber<br />
von morgen nutzen Smartphones meist als<br />
bevorzugtes Informationsmedium, teilweise<br />
noch vor dem Notebook. Diese Mitarbeiter<br />
wollen ihre Bewerbungen von einem mobilen<br />
Endgerät aus abgeben können und informieren<br />
sich mobil über Netzwerke wie Facebook<br />
und Co über Unternehmen. Im Unternehmen<br />
wollen diese Mitarbeiter dann zum<br />
Beispiel ihren Urlaubsantrag, ihre Zielvereinbarungen,<br />
Änderungen bei persönlichen<br />
Daten oder ihre Projektzeiten mobil erfassen<br />
und einsehen.“<br />
Und für Professor Wolfgang Jäger, Inhaber<br />
und Geschäftsführer der auf Personalberatung<br />
und -forschung spezialisierten DJM<br />
Consulting, sind iPhone, iPad & Co lediglich<br />
technische Weiterentwicklungen auf dem<br />
Weg zu einer mobileren Arbeits- und Kommunikationswelt.<br />
„Arbeit wandelt sich immer<br />
mehr hin zur Kommunikation zwischen<br />
Menschen und Unternehmen“, ist sich Wolfgang<br />
Jäger sicher. „Und genau das wird auch<br />
zu mehr mobiler Kommunikation führen.<br />
Die steigende Leistungsfähigkeit dieser elektronischen<br />
Helfer, insbesondere bei Tablet<br />
PCs, und deren immer einfachere Bedienbarkeit<br />
eröffnet weitere sinnvolle Anwendungsbereiche<br />
beispielsweise im Recruiting,<br />
im Bewerbermanagement aber auch im<br />
Bereich von Controlling oder der Vermittlung<br />
komplexer Inhalte. Technisch ist zwar bisher<br />
fast alles möglich, aber die meisten Per-<br />
• Mobiles ortsbezogenes Projektmanagement<br />
(Zeiten, Fortschritte, Personen rückmelden)<br />
• Mobiles Recruiting<br />
• Personalcontrolling und Kennzahlendarstellung<br />
• Personal- und Personaleinsatzplanung (PEP)<br />
• Spesenabrechnung<br />
• Urlaub und Fehlzeiten<br />
• Webinare<br />
• Wissensmanagement mit direkter Anbindung<br />
ans interne Telefonbuch<br />
• Zeiterfassung<br />
• Zielvereinbarungen<br />
sonaler sind noch nicht so weit, all diese<br />
Chancen zu erkennen und dann auch umzusetzen.“<br />
Es sind aber auch Herausforderungen struktureller<br />
Art, denen sich Personaler künftig<br />
stellen müssen. So fehlen bisher in quasi allen<br />
Unternehmen Konzepte und Infrastrukturen,<br />
um die zunehmende Schar freiberuflich tätiger<br />
hochmobiler Mitarbeiter, beispielsweise<br />
Web-Programmierer oder Projektmitarbeiter,<br />
zu managen. Wie geht man mit diesen<br />
Mitarbeitern um? Wie bewertet man sie<br />
als Ressource im Unternehmen? Wie kann<br />
man sie gegebenenfalls weiterentwickeln<br />
und an das Unternehmen binden?<br />
Wohin geht die Reise?<br />
Welche Tätigkeiten angesichts einer möglicherweise<br />
bald durchgängig mobilen Arbeitswelt<br />
künftig zu den Hauptaufgaben von Personalern<br />
zählen werden, lässt sich heute<br />
nur erahnen. Vielleicht werden sie sich künftig<br />
in der Tat eher mit Fragen des Gesundheitsmanagements<br />
und Coachings beschäftigen<br />
und um Regeln und Prozesse und um<br />
deren Koordination kümmern. Im Hinblick<br />
auf den Einsatz immer leistungsfähigerer<br />
und miniaturisierter technischer Arbeitsmittel<br />
ist Augenmaß angesagt: Für bestimmte<br />
Aufgaben sind beispielsweise die Displays<br />
von Smartphones viel zu klein und auch ein<br />
Tablet PC eignet sich bisher kaum für Tastatureingabe-intensive<br />
Tätigkeiten.<br />
Ulli Pesch, freier Journalist, Kirchheim-Heimstetten
V<br />
iele Personalbereiche haben in den<br />
vergangenen Jahren die Effizienz<br />
ihrer Prozesse durch die verstärkte Nutzung<br />
von HR-Software gesteigert. Vor<br />
allem die angespannte Wirtschaftslage<br />
der letzen zwei Jahre hat die Personalabteilungen<br />
wieder stark in die operativen,<br />
die Prozesseffizienz steigernden Themen<br />
gedrängt. Aktuell beobachten und<br />
begrüßen wir, dass wieder vermehrt die<br />
strategischen Themen in den Mittelpunkt<br />
der Betrachtung rücken. Kompetenzentwicklung<br />
der Mitarbeiter und integrierte<br />
HR-Maßnahmen, die die Gesamtstrategie<br />
des Unternehmens flankieren, stehen<br />
im Vordergrund. Oder sollten im Vordergrund<br />
stehen: „Eine notwendige<br />
Voraussetzung ist es, zunächst die administrativen<br />
Dinge im Griff zu haben, als<br />
Basis, um qualitativ arbeiten zu können“,<br />
erklärte Manuel Egger, SAP Deutschland,<br />
bereits 2010.<br />
Und da hinkt die Realität weiter stark den<br />
Erwartungen nach, die Unternehmen an<br />
ihre HR-Software stellen. In einer aktuellen<br />
Studie der Capgemini (HR-Barometer<br />
2011) bewerten immerhin 43 Prozent<br />
der Befragten ihr HR-IT-System als nicht<br />
ausreichend für die effektive Ausführung<br />
und Automatisierung von administrativen<br />
und transaktionalen HR-Aktivitäten. Ganze<br />
60 Prozent sagen, die IT-Systeme seien<br />
Vorsicht, Stolpersteine<br />
Bei der Einführung und dem Einsatz von HR-Software treten<br />
immer wieder ungeahnte Probleme auf. Das muss nicht sein,<br />
wenn man die Stolpersteine rechtzeitig erkennt. Die Mitglieder<br />
der Zukunftsinitiative Personal (ZIP) haben sie für uns analysiert.<br />
nicht ausreichend in ihrer Fähigkeit, die<br />
HR Business Partner zu entlasten, sodass<br />
diese mehr strategische Aufgaben wahrnehmen<br />
können. Schließlich sehen auch<br />
78 Prozent Integrationsprobleme bei ihren<br />
HR-IT-Systemen.<br />
Warum ist das so? Ist die aktuelle HR-Software<br />
nicht auf den Bedarf der Unternehmen<br />
ausgerichtet? Oder nutzen die Unternehmen<br />
ihre Software nicht richtig beziehungsweise<br />
schöpfen die Möglichkeiten<br />
nicht aus? Wir glauben, dass ein hohes<br />
Fehlerpotenzial bereits in der Auswahl und<br />
Einführung der HR-Software liegt. Falsch<br />
oder gar nicht definierte Anforderungen,<br />
unklare Prozess- und Zielvorgaben oder<br />
auch die fehlende Einbindung derjenigen<br />
Mitarbeiter, die später mit dem System<br />
arbeiten sollen, sind nur einige der Fehler,<br />
die die ZIP in vielen Projekten ausmacht.<br />
„Wobei“, so Maik Degner, Perstar GmbH,<br />
„Fehler bei der Einführung einer HR-Software<br />
auch auf der Anbieterseite gemacht<br />
werden, wenn wir beispielsweise aus Vertriebsgründen<br />
den Eindruck vermitteln,<br />
die Einführung einer neuen HR-Lösung<br />
wäre Standard und liefe auf Kundenseite<br />
sozusagen von alleine.“ Degner erklärt,<br />
was sich seiner Meinung nach ändern<br />
muss: „Aus meiner Sicht kommt es vor<br />
allem darauf an, den Interessenten und<br />
Kunden wieder deutlich vor Augen zu<br />
Implementierung HR-SOFTWARE<br />
führen, dass es um ein Projekt geht, das<br />
sich immer lohnt, aber nur gemeinsam<br />
bewältigt werden kann. Es muss uns gelingen,<br />
aus der Konsumentenhaltung der<br />
Kunden-Lieferantenbeziehung eine Partnerschaft<br />
zu entwickeln, in der zwei Projektpartner<br />
gleichberechtigt am langfristigen<br />
Erfolg einer HR-Software-Einführung<br />
arbeiten.“<br />
Als Unterstützung dieser partnerschaftlichen<br />
Beziehung gilt es bereits im Vorfeld,<br />
klassische Fehler zu formulieren,<br />
um sie vermeiden zu können. Im Folgenden<br />
sollen daher typische Stolpersteine<br />
dargestellt werden, die verhindern, dass<br />
HR-Software das tut, wozu sie angeschafft<br />
wurde: Arbeit erleichtern.<br />
Stolperstein 1: Anforderungen und<br />
Ziele – Wo will ich eigentlich hin?<br />
Um zu erhalten, was es braucht, muss<br />
ein Unternehmen formulieren, was es<br />
will. Als Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches<br />
HR-Software-Projekt müssen die<br />
Anforderungen, Ziele und Prioritäten im<br />
Vorfeld genau definiert sein. Doch bereits<br />
hier fehlt oftmals Bereitschaft, Zeit und<br />
Manpower. Auch beobachten wir eine<br />
geringe Akzeptanz für einen extern moderierten<br />
Workshop zur Erstellung eines<br />
Anforderungsprofils. So werden wichtige<br />
Chancen verschenkt, denn gerade ein<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de 13
HR-SOFTWARE Implementierung<br />
Außenstehender kann Prozesse realistisch<br />
beurteilen und davon ausgehend Anforderungen<br />
beschreiben.<br />
Eine HR-Software muss bestehende Aufgaben<br />
erfüllen und für die Zukunft fit sein.<br />
Die Erweiterbarkeit der Lösung auf zukünftige<br />
Anforderungen, zum Beispiel die Skalierbarkeit<br />
auf (ausländische) Filialen oder<br />
geplante Zukunftsprojekte ist maßgeblich<br />
und muss in der Anforderungsdefinition<br />
eine Rolle spielen. Auch und gerade die<br />
zunehmende Erweiterung der HR-Thematiken<br />
auf die Fachabteilungen setzt eine<br />
Reihe von Anforderungen „frei“, die viele<br />
Unternehmen nicht genügend beachten.<br />
Zugriffs- und Benutzerrechte sowie Self-<br />
Services sind wichtige Stichworte. In diesem<br />
Zusammenhang müssen Datenschutzbestimmungen,<br />
Marketingvorgaben und<br />
auch die Interessen des Betriebsrats einbezogen<br />
werden – um nur einen Eindruck<br />
davon zu vermitteln, welche Bandbreite<br />
an Überlegungen in eine Anforderungsdefinition<br />
einfließen sollte.<br />
Aus fehlenden Anforderungen resultieren<br />
fast zwangsläufig fehlende Priorisierungen<br />
und Zielvorgaben. Es entsteht ein<br />
Wildwuchs, der ein erfolgreiches Projekt<br />
verhindert. Daraus erwächst, was wir als<br />
Nachtragsgeschäft bezeichnen: Die tatsächlichen<br />
Anforderungen an die Lösung werden<br />
erst im Lauf der Einführung oder Nutzung<br />
und damit viel zu spät sowie außerhalb<br />
des Gesamtkontexts definiert. „Dieses<br />
Vorgehen ist teuer, lästig und<br />
langwierig – da unstrukturiert – geht oftmals<br />
zulasten der IT-Flexibilität und lässt<br />
auf Kundenseite natürlich den Beigeschmack<br />
eines missglückten Softwareprojekts<br />
zurück“, erklärt Raphaele Rose von<br />
SP Data. Allerdings sei ausdrücklich vor<br />
dem anderen Extrem, zu starren Anforderungskatalogen,<br />
gewarnt. Anpassungen<br />
werden im Projektverlauf immer nötig<br />
sein und harmonieren mit unserem eigentlichen<br />
Ziel, der partnerschaftlichen Projektbeziehung.<br />
Die Hauptanforderung liegt bei uns, der<br />
Anbieterseite. Wenn ein Kunde glaubt,<br />
er kaufe eine „Software“ und alles sei gut,<br />
dann ist es an uns, diesen Zahn zu zie-<br />
14<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
Zukunftsinitiative Personal (ZiP)<br />
Die „Zukunftsinitiative Personal (ZiP)“ will Unternehmen für die Chancen sensibilisieren, die ein<br />
strategisches Management und eine effektiv eingesetzte Software-Lösung im Bereich Human<br />
Resources bieten. Die Kooperation wurde von zehn Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben.<br />
Gründungsmitglieder sind: ATOSS Software AG, Dr. Scherf Schütt & Zander GmbH, GFOS mbH,<br />
Hansalog GmbH & Co. KG, HR Access Solutions GmbH, NetSkill AG, perbit Software GmbH, SAP AG,<br />
SP_Data GmbH & Co. KG, VEDA GmbH.<br />
Weitere Informationen unter: www.competence-site.de/Zukunftsinitiative-Personal-ZiP<br />
hen. Zum einen kann ein Tool niemals eine<br />
prozessorientierte Lösung ersetzen. Zum<br />
anderen müssen wir den Kunden klar<br />
machen, dass auch ein lösungsorientiertes<br />
Projekt nicht 100 Prozent der Wünsche<br />
erfüllen kann. Die Beratungsphase<br />
schafft die Grundlage für ein erfolgreiches<br />
Projektmanagement.<br />
Stolperstein 2: Projektmanagement –<br />
Der richtige Weg nach Rom.<br />
Als Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />
Softwareeinführung dient Projektmanagement<br />
(PM) dazu, alle erforderlichen<br />
Aktivitäten zu planen, zu kalkulieren, in<br />
ihrer Umsetzung zu steuern und zu kontrollieren.<br />
Die formulierten Ziele in den<br />
Bereichen Kosten, Zeit, Qualität und Leistungsumfang<br />
werden im PM systematisch<br />
verfolgt, die Beteiligung aller Betroffenen<br />
sichergestellt. Wenn wir überlegen,<br />
was es bedeuten würde, all diese Dimensionen<br />
außer Acht zu lassen, wird schnell<br />
klar, welch ein riesiger Stolperstein das<br />
ganze oder teilweise Fehlen von PM sowohl<br />
auf Kunden- als auch auf Anbieterseite<br />
wäre.<br />
Ein PM definiert auch die Kommunikation<br />
mit den Beteiligten. Dabei ist es hilfreich,<br />
sowohl Kommunikationsregeln festzulegen<br />
als auch klare Entscheidungswege<br />
zu definieren. So fallen Entscheidungen<br />
schnell, an der richtigen Stelle und<br />
werden nicht ausgesessen. Für uns als<br />
Anbieter ist entscheidend, dass im Rahmen<br />
der Projektorganisation die Key-Player<br />
feststehen und wir wissen, wen wir<br />
wann zu was befragen können und müssen.<br />
Ebenso wichtig ist es für uns, dass<br />
der Kunde die Ausmaße des Projektes<br />
Info<br />
realistisch abschätzt und die nötigen<br />
Ansprechpartner zur Verfügung stellt.<br />
Gleichermaßen sind wir gefragt, unseren<br />
Kunden von Anfang an einen wirklichkeitsnahen<br />
Eindruck von Projektumfang und<br />
-risiken zu vermitteln und nicht aus reinen<br />
Vertriebsgründen die Integration<br />
einer HR-Software auf den Aufwand des<br />
Einlegens einer Speicherkarte schönzureden.<br />
Ein oft gemachter Fehler ist das außer<br />
Acht lassen der Managementebene bei<br />
der Einführung einer HR-Software. Das<br />
Projekt wird – salopp gesagt – nicht hoch<br />
genug aufgehängt und die rein fachliche<br />
Ebene der Softwareintegration steht im<br />
Vordergrund. Das bedingt zum einen,<br />
dass die klassischen Managementziele<br />
(und damit Projektmeilensteine) Zeit, Ziel,<br />
Qualität und Budget nicht geplant und<br />
damit auch nicht systematisch dokumentiert<br />
werden. Zum anderen führt es am<br />
Projektende zu ernsthaften Konflikten<br />
im Rahmen des Freigabeprozesses.<br />
Ein erfolgreiches PM setzt die vertragliche<br />
Dokumentation der von beiden Seiten<br />
zu erbringenden Leistungen voraus.<br />
Der Anbieter sichert Funktionen zu, der<br />
Kunde beschreibt die vorhandene IT-Infrastruktur<br />
und die Managementziele Zeit,<br />
Qualität und Kosten werden (schriftlich)<br />
vereinbart. Vertraglich vereinbart werden<br />
sollten zudem alle wichtigen Details<br />
wie Lizenzen und Versionen, der Umgang<br />
mit individuellen Anpassungen oder die<br />
Bedingungen für künftige Updates. Speziell<br />
das gesamte Prozedere zu Einführung<br />
und Support sowie zur Abnahme muss<br />
genau beschrieben sein. Auch Meilensteine<br />
sowie regelmäßige Projektreviews
sollten festgelegt werden. Sie gewährleisten<br />
das regelmäßige Monitoring der Leistungserbringung<br />
beider Seiten. Da „Vertrag“<br />
von „vertragen“ kommt, hilft es,<br />
wenn auch die monetären Konditionen und<br />
Zahlungsbedingungen bis zu den anfallenden<br />
Reisekosten und -zeiten schriftlich<br />
fixiert sind. Wer jetzt fragt, wo da die eingangs<br />
gewünschte vertrauensvolle Partnerschaft<br />
bleibt, dem sei versichert, dass<br />
diese gerade in der Sicherheit eines vertraglichen<br />
Rahmens hervorragend gedeiht.<br />
Stolperstein 3: Kommunikation – Alle<br />
Mann an Bord?<br />
Zukünftig werden immer mehr Mitarbeiter<br />
Zugriff auf Funktionen der HR-Software<br />
benötigen. Bereits die Anforderungsdefinition<br />
muss daher fragen: Wen alles<br />
interessiert das, was wir hier vorhaben?<br />
Dabei ist zu beachten, dass ganz unterschiedliche<br />
Personen oder Gruppen mit<br />
ebenso unterschiedlichen Zielen einen<br />
Anspruch an die Lösung haben. Da es<br />
wenig zielführend ist, alle vermutlichen<br />
Anwender um ihre Ansprüche an neue HR-<br />
Systeme zu bitten, empfiehlt sich die Einbindung<br />
der Key-User. Diese Mitarbeiter,<br />
die im Einsatz der neuen Software eine<br />
fachliche Schlüsselrolle spielen, müssen<br />
bereits bei der Auswahl und später bei der<br />
Einführung eine zentrale Rolle spielen. Zum<br />
einen sichern sie die fachlichen Anforderungen<br />
an die Lösung, zum anderen sind<br />
sie die Wegbereiter für die Akzeptanz der<br />
neuen Lösung. Fehlende Akzeptanz auf<br />
Mitarbeiterseite lässt sich vermeiden,<br />
indem diese durch eine projektbegleitende<br />
Kommunikation (zum Beispiel über<br />
Newsletter oder Intranet) schon von den<br />
ersten Schritten an über Sinn, Zweck und<br />
Nutzen der neuen Lösung informiert werden.<br />
Diese Legitimation durch Kommunikation<br />
verhindert zudem, dass die zwangsläufigen<br />
Störungen des Arbeitsprozesses<br />
schon zu Ressentiments führen, bevor<br />
die Systeme im Einsatz sind. Auch eine<br />
stufenweise Einführung der neuen Lösung<br />
– sei sie modul-, prozess- oder abteilungsbezogen<br />
– kann helfen, die Akzeptanz zu<br />
steigern. Vorausgesetzt, die ersten Stufen<br />
weisen bereits echte Vorteile zu bisherigen<br />
Verfahren auf.<br />
Das schrittweise Integrieren reduziert<br />
den Stress natürlich auch bei den Projektverantwortlichen<br />
und erlaubt einen<br />
schnelleren Nutzen. Vor allem aber sorgt<br />
es bei den Anwendern für das allmähliche<br />
Erlernen und damit Akzeptieren der<br />
neuen Lösungen. Wenn liebgewordene<br />
Funktionen nicht alle auf einmal wegfallen,<br />
sondern schrittweise durch neue Features<br />
und Arbeitserleichterungen ersetzt<br />
werden, kann das viel zum positiven Erleben<br />
einer HR-Software beitragen. Dr. Winfried<br />
Felser, Netskill AG, gibt außerdem<br />
zu bedenken: „Wenn etwas zu kompliziert<br />
ist, lassen die Mitarbeiter es oft bleiben.“<br />
Im Zweifelsfall entscheidet man<br />
sich also lieber zugunsten der Anwender-<br />
freundlichkeit und verzichtet auf die 100prozentige<br />
Abbildung aller Prozesse im<br />
System.<br />
Stolperstein 4: Der Blick in die Zukunft<br />
– schon morgen wieder alt?<br />
Die Einführung einer HR-Softwarelösung<br />
ist keine Momentaufnahme, sie muss,<br />
wie anfangs dargestellt, die Zukunft bestmöglich<br />
antizipieren. Wer eine moderne,<br />
zyklische Prozesssicht bereits in der Planungsphase<br />
und auch weiterhin in der<br />
Betriebsphase der Software einsetzt, sorgt<br />
für ihre dauerhafte Aktualität und Funktionstüchtigkeit.<br />
Regelmäßige (institutionalisierte)<br />
Rückkopplungen aus den Fachabteilungen<br />
und von den Anwendern sorgen<br />
inhaltlich für „frisches Blut“. In Kombination<br />
mit einer zukunftsoffenen<br />
Softwarelösung lassen sich Funktionserweiterungen<br />
in die Releases einbauen, so<br />
dass die HR-Software mit den Anforderungen<br />
wächst. Wachsen wird, wie die bereits<br />
zitierte Capgemini-Studie feststellt, auch<br />
die Bedeutung von HR-Software. Auch<br />
wenn sie nicht der Motor der Human<br />
Resources ist, hat sie doch immerhin den<br />
essenziellen Stellenwert des Getriebes<br />
erreicht.<br />
Autor<br />
Dr. Ralf Gräßler,<br />
Geschäftsführer der VEDA<br />
GmbH, Mitglied der „Zukunftsinitiative<br />
Personal (ZIP)“
HR-SOFTWARE Self Services<br />
Es tut sich was<br />
Über die Verbreitung von HR Self Services und<br />
Prozessautomatisierung im Mittelstand gibt es bisher<br />
kaum greifbare Informationen. Eine Marktstudie der<br />
Perbit Software GmbH erlaubt nun interessante Einblicke.<br />
S<br />
eit einiger Zeit beobachten wir zwei<br />
Tendenzen: Zum einen eine Tendenz zur<br />
Zentralisierung, im Sinne von Bündelung<br />
verschiedener Personalfunktionen, zum<br />
anderen eine Tendenz zur Dezentralisierung<br />
der Personalarbeit und damit verbunden<br />
eine verstärkte Einbindung der Mitarbeiter<br />
und Führungskräfte in die HR-Prozesse.<br />
Die Zielsetzung dahinter scheint klar:<br />
Prozesse sollen effizienter und kundennäher<br />
gestaltet werden.<br />
HR Self Services und Prozessautomatisierungssysteme<br />
bieten dabei nicht nur die Möglichkeit,<br />
die Personalabteilung in administrativer<br />
Hinsicht zu entlasten, sie unterstützen<br />
darüber hinaus Führungskräfte in<br />
ihrer Führungsfunktion und in strategischen<br />
Fragestellungen.<br />
Der Markt für derlei IT-Lösungen ist seit einigen<br />
Jahren zweifelsohne vorhanden, doch<br />
bislang ist dieser wenig transparent. Ein Ziel<br />
der vorliegenden Studie ist es daher, Markttransparenz<br />
im deutschsprachigen Raum<br />
herzustellen, insbesondere unter Einbeziehung<br />
des Mittelstands. Für die Online-Befragung<br />
konnten insgesamt 420 Teilnehmer<br />
aus dem Adresspool von HR Networx und<br />
der XING-Gruppe Human Resourcess gewonnen<br />
werden. Knapp die Hälfte der Befragten<br />
stammt aus Unternehmen mit weniger<br />
als 500 Beschäftigten, rund ein Viertel der<br />
Befragten arbeitet in Unternehmen mit<br />
mehr als 5000 Beschäftigten.<br />
16<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
Etwas mehr als die Hälfte (57 Prozent) aller<br />
teilnehmenden Unternehmen haben bereits<br />
IT-gestützte HR Self Services im Einsatz. Drei<br />
Viertel davon nutzen diese schon seit mindestens<br />
zwei Jahren, 37 Prozent sogar seit<br />
über fünf Jahren.<br />
Die Zufriedenheit mit den eingesetzten HR<br />
Self Services ist insgesamt sehr groß. So<br />
sind 81 Prozent der Unternehmen zumindest<br />
weitgehend zufrieden, 17 Prozent dagegen<br />
wenig und nur zwei Prozent sind mit<br />
dem Einsatz der HR Self Services gar nicht<br />
zufrieden.<br />
Nachholbedarf erkannt<br />
Unter Berücksichtigung der Annahme, dass<br />
sich an der Befragung überwiegend solche<br />
Unternehmen beteiligten, die sich bereits<br />
intensiver mit dem Thema HR Self Services<br />
auseinandergesetzt haben, erscheint<br />
der Anteil derer, die bereits Self Services<br />
in ihrem Unternehmen nutzen, verhältnismäßig<br />
gering. Dies relativiert sich jedoch<br />
dadurch, dass über die Hälfte der Unternehmen<br />
(58 Prozent), die zur Zeit keine HR Self-<br />
Services im Einsatz haben, diesen zumindest<br />
für die Zukunft planen.<br />
Knapp die Hälfte davon (47 Prozent) plant<br />
die Einführung innerhalb der nächsten drei<br />
Jahre. 42 Prozent dagegen haben nicht vor,<br />
in nächster Zeit HR Self Services einzuführen.<br />
Als Hauptgrund dafür wurde die kleine<br />
Unternehmensgröße genannt, gefolgt<br />
von den hohen zu erwartenden Kosten.<br />
Aber auch die nicht dazu passende Unternehmenskultur<br />
spricht bei einigen Unternehmen<br />
gegen einen Einsatz von HR Self<br />
Services.<br />
Arten von Self Services<br />
Grundsätzlich lassen sich HR Self Services<br />
in zwei Kategorien unterscheiden: Self Services<br />
für Mitarbeiter (Employee Self Services<br />
= ESS) und Self Services für Führungskräfte<br />
(Management Self Services = MSS).<br />
Employee Self Services werden am häufigsten<br />
im Rahmen der Zeitwirtschaft eingesetzt,<br />
gefolgt von der Stammdatenpflege<br />
und dem Reisemanagement.<br />
Dies sind auch die drei Bereiche, die in den<br />
Planungen derjenigen Unternehmen, die<br />
HR Self Services in der nächsten Zeit einführen<br />
möchten, die größte Rolle spielen.<br />
Hinzu kommen hier noch die Themen Weiterbildung<br />
und Zielvereinbarung. Auch<br />
der interne Stellenmarkt, der in engem<br />
Bezug zu einem elektronischen Bewerbermanagementsystem<br />
steht, ist bei vielen<br />
Unternehmen im Fokus. Dagegen spielen<br />
Bescheinigungswesen, Qualifikationsda-<br />
Mehr zum Thema<br />
Die 28-seitige Marktstudie „HR Self Services<br />
und Prozessautomatisierung” kann kostenlos<br />
angefordert werden unter info@perbit.de
Einsatzbereiche von HR Self Services (hier: ESS)<br />
tenpflege und Ideen-/Wissensmanagement<br />
im Rahmen von ESS eine vergleichsweise<br />
kleinere Rolle, wenngleich der Anteil derer,<br />
die den Einsatz von ESS in diesen Bereichen<br />
planen, höher ist als der Anteil derer,<br />
die sie bereits einsetzen.<br />
Auch bei den Management Self Services werden<br />
am häufigsten eher „klassische“ Funktionen<br />
wie Zeitwirtschaft und Reisemanagement<br />
abgedeckt. Daneben spielen das<br />
Bewerber- und das Performance Management<br />
eine große Rolle.<br />
Hohe Akzeptanz<br />
Zeitwirtschaft<br />
Stammdatenpflege<br />
Reisemanagement<br />
Interner Stellenmarkt<br />
Weiterbildung (Seminarbuchungen etc.)<br />
Entgeltabrechnung<br />
Performance Management/Leistungsbeurteilung<br />
Zielvereinbarung (Einsicht/Zustimmung)<br />
Der Schwerpunkt der Self Services liegt auf administrativen Aufgaben der Personalarbeit. Zukünftig<br />
werden aber auch qualitative Talent Management-Prozesse mit Self Services unterstützt.<br />
In den Unternehmen, die HR Self Services<br />
im Einsatz haben, ist die Akzeptanz seitens<br />
der Mitarbeiter und Führungskräfte auf<br />
einem recht hohen Niveau. Das größte Nutzenpotenzial<br />
von HR Self Services liegt<br />
nach Ansicht aller Teilnehmer im Zeitgewinn<br />
bei Arbeitsabläufen und Prozessen.<br />
Bei denjenigen Unternehmen, die Self Services<br />
im Einsatz haben, folgt an zweiter<br />
Stelle die Verbesserung der Datenqualität.<br />
Auffällig ist, dass die Nutzenpotenziale derjenigen<br />
Unternehmen, die noch keine Self<br />
Services nutzen, fast durchweg höher eingeschätzt<br />
werden, als sie tatsächlich zu<br />
sein scheinen. Insbesondere hinsichtlich<br />
der Produktivitätssteigerung und der Ver-<br />
Prozent<br />
77<br />
60<br />
56<br />
61<br />
52<br />
50<br />
44<br />
40<br />
41<br />
50<br />
39<br />
23<br />
39<br />
36<br />
36<br />
45<br />
im Einsatz Einsatz geplant<br />
besserung der Zusammenarbeit sollten<br />
Unternehmen darauf bedacht sein, keine<br />
überzogenen Erwartungen zu haben.<br />
Prozessdokumentation<br />
Abbildung<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die<br />
Prozessautomatisierung ist die Prozessdokumentation.<br />
Was diese angeht, sind die<br />
Unternehmen überraschend gut aufgestellt.<br />
Drei Viertel (75 Prozent) der teilnehmenden<br />
Unternehmen haben die wichtigsten HR-<br />
Prozesse (zum Beispiel Personaladministration,<br />
Personalbeschaffung, Personalabrechnung)<br />
schriftlich dokumentiert. Allerdings<br />
ist der Anteil der Unternehmen, die<br />
hierfür eine IT-mäßige Unterstützung in<br />
Anspruch nehmen, noch relativ gering. Viele<br />
Unternehmen möchten jedoch in den<br />
nächsten Jahren in die HR-Prozessautomatisierung<br />
investieren. IT-seitig ist dies heute<br />
bereits auch ohne hohe Investitionen<br />
möglich.<br />
Autoren<br />
Wolfgang Witte,<br />
Geschäftsführer der perbit Software GmbH,<br />
wwitte@perbit.de<br />
Prof. Dr. Wolfgang Jäger,<br />
Hochschule RheinMain, Wiesbaden,<br />
w.jaeger@djm.de<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de 17
HR-SOFTWARE Ausbildungsmanagement<br />
Hohe Qualität auch in der Berufsausbildung<br />
Die BMW AG setzt bei der Verwaltung und Betreuung von Auszubildenden eine auf das<br />
Unternehmen abgestimmte Software ein. Damit konnten die Prozesse der Berufsausbildung deutlich<br />
verbessert und effizienter gestaltet werden.<br />
D<br />
ie BMW Gruppe ist mit den Marken<br />
BMW, MINI und Rolls-Royce der weltweit<br />
größte und erfolgreichste Premiumhersteller<br />
von Automobilen und Motorrädern.<br />
Mit „Berufsausbildung Dynamic<br />
Drive“, sowie dem Ausbildungsziele-,<br />
Feedback- und Coachingprozess der<br />
Berufsausbildung, verfolgt das Unternehmen<br />
auch für seine Auszubildenden ambitionierte<br />
Ziele. Und dies, dank professioneller<br />
technischer Unterstützung, mit<br />
großem Erfolg.<br />
Der Prozess der betrieblichen Ausbildung<br />
ist durch permanente Bewegung und kontinuierliche<br />
Veränderungen gekennzeichnet.<br />
In zahlreichen Unternehmen wird<br />
die Organisation und Administration der<br />
Berufsausbildung dennoch oftmals mit<br />
herkömmlichen Hilfsmitteln, wie etwa<br />
Excel, erledigt. Dies führt zu mangelhafter<br />
Effizienz, einer hohen Fehlerquote<br />
und der unnötigen Bindung von Ressourcen.<br />
Nicht so bei BMW. Denn seit der Vereinheitlichung<br />
der Ausbildungsprozesse<br />
im Rahmen des Projektes „Berufsausbildung<br />
Dynamic Drive“, werden Rückmeldungen<br />
(Feedback) und individuelle Unter-<br />
18<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
stützung (Coaching) sowie die Definition<br />
der übergeordneten Ausbildungsziele mithilfe<br />
eines standardisierten Softwarewerkzeugs<br />
realisiert. Primäres Ziel bei dessen<br />
Auswahl und Einführung war es, die<br />
Qualität der Berufsausbildung durch die<br />
permanente Überwachung der berufsspezifischen<br />
Ausbildungsziele dauerhaft<br />
sicherzustellen und die Eigenverantwortung<br />
der Auszubildenden durch die transparente<br />
Zieleverfolgung zu stärken.<br />
Die Auswahl der geeigneten<br />
Softwarelösung<br />
Um den hohen Qualitätsanforderungen an<br />
die Berufsausbildung gerecht zu werden<br />
und diese auf eine solide Basis zu stellen,<br />
wurde bei BMW 2005 eine unternehmensweit<br />
aufgestellte Projektgruppe zur Überarbeitung<br />
des kompletten Ausbildungsprozesses<br />
eingerichtet. Durch diese Gruppe<br />
erfolgte gleichzeitig auch die Suche nach<br />
einer unterstützenden technischen Lösung.<br />
In einer gründlichen Bestandsaufnahme<br />
und Marktanalyse wurden zu diesem<br />
Zweck zahlreiche geeignete Softwarelösungen<br />
gesichtet. Vorbereitend wurde<br />
eine Beschreibung der Soll-Prozesse vorgenommen,<br />
anschließend die technische<br />
Machbarkeit geprüft und eine erste Kostenund<br />
Nutzenbewertung geliefert. Auch eine<br />
grobe Umsetzungsplanung und Entscheidungsempfehlung<br />
wurde zu diesem Zeitpunkt<br />
schon abgegeben. Anschließend<br />
wurden die im Rennen verbliebenen Anbieter<br />
aufgefordert, ein konkretes Angebot<br />
abzugeben. Alles Unternehmen, die durchaus<br />
geeignete Lösungen zur Unterstützung<br />
der Berufsausbildung im Portfolio<br />
hatten. Nach dieser gründlichen Evaluierungsphase<br />
entschied man sich bei<br />
BMW für den deutschen Softwareanbieter<br />
Persis. Denn dieser entsprach mit seinem<br />
Angebot den vorab sehr genau definierten<br />
Bedürfnissen bezüglich des BMW<br />
„Berufsausbildung Dynamic-Drive“-Ansatzes<br />
am weitestgehenden. Entscheidendes<br />
Kriterium der Auswahl war genau diese<br />
präzise Bestimmung von Prozessen und<br />
Funktionen. Nur so war es möglich, zielgenau<br />
nach einer passenden Lösung zu<br />
suchen. Denn letztlich hat sich die ausgewählte<br />
Lösung ja nach den Anforderungen<br />
der Anwender zu richten.
Die verfolgten Ziele<br />
• Standardisierung von ausgewählten Prozessen in der Berufsausbildung.<br />
• Unterstützung der definierten Ausbildungsprozesse durch eine Standardsoftware.<br />
• Gleichzeitige Ablösung alter IT-Werkzeuge durch diese neue Lösung.<br />
• Verkürzung der Planungszeit durch einen Planungsgenerator.<br />
• Vereinfachte unterjährige Planung bei Änderungen.<br />
• Transparenz für alle Prozessbeteiligten durch eine Intranetanwendung.<br />
• Verfolgung der Zielerreichung auf der Basis von Ausbildungszielen.<br />
• Tagesaktuelle Berichte ohne Zusatzaufwand.<br />
• Umfassende, individuelle Auswertungsmöglichkeiten.<br />
Der Start des technischen Projektes<br />
Nach Abschluss der Evaluierungsphase<br />
wurde ein erstes Pilotprojekt initiiert. Der<br />
Start dazu erfolgte, einschließlich der Altdatenübernahme,<br />
im Jahr 2007. Dessen<br />
erfolgreicher Beendigung folgte der unternehmensweite<br />
Rollout der angepassten<br />
Softwareapplikation im Jahr 2008, begleitet<br />
von einem Pilotlauf für ausgewählte<br />
Berufe in allen inländischen Werken. 2009<br />
ging das System dann endgültig in den<br />
produktiven Betrieb. Die eigentliche Herausforderung<br />
in dieser ersten Phase war<br />
die Anpassung des Softwarestandards an<br />
die spezifischen Anforderungen der<br />
Berufsausbildung von BMW. So wurde<br />
beispielsweise die gewünschte Ampelfunktion<br />
für Ausbildungsziele über neue<br />
Masken auf der Webplattform individuell<br />
realisiert. Da die Anpassbarkeit aber<br />
schon in der Auswahlphase besondere<br />
Beachtung erfahren hatte, gab es an dieser<br />
Stelle keine Überraschungen. Seit<br />
dem 1. September 2008 steht der betrieblichen<br />
Ausbildung daher der maßgeschneiderte<br />
BMW-Ausbildungsmanager flächendeckend<br />
zur Verfügung.<br />
Der Umgang mit dem System<br />
Die Einführung des BMW-Ausbildungsmanagers<br />
wurde bei den relevanten Zielgruppen<br />
durch zahlreiche begleitende<br />
Maßnahmen unterstützt. So wurden mehr<br />
als 100 Ausbilder auf einem Ausbildertag<br />
und durch Präsenzschulungen an<br />
allen Standorten fit für den Umgang mit<br />
der neuen Softwarelösung gemacht. 1000<br />
Ausbildungskoordinatoren und zunächst<br />
2500 Auszubildende wurden danach ebenfalls<br />
geschult. Die Mitglieder des Projektteams<br />
übernahmen hier die Rolle von<br />
Multiplikatoren. Ihre Aufgabe bestand<br />
dabei auch darin, die Einführung der<br />
Anwendung am Standort zu forcieren.<br />
Rückmeldungen von Koordinatoren und<br />
Auszubildenden wurden und werden über<br />
den jeweils zuständigen Ausbilder gesammelt<br />
und an das Projektteam zurückgespielt.<br />
Ein wichtiger Aspekt bezüglich der<br />
Akzeptanz. Daneben entwickelte das Projektteam<br />
begleitende Materialien für die<br />
Systemeinführung. Dazu gehörten eine Einstiegsseite<br />
im Intranet mit aktuellen Infos<br />
und Downloads, eine Standardpräsentation<br />
und ein Schulungshandbuch für Ausbilder,<br />
Flyer für die Koordinatoren sowie<br />
konkrete Handlungsanleitungen für Auszubildende<br />
und Koordinatoren. Berufspädagogen<br />
entwickelten in diesem Zusammenhang<br />
Lernbausteine zum Thema<br />
„Feedback geben und nehmen”.<br />
Der BMW-Ausbildungsmanager<br />
Info<br />
Der Ausbildungsmanager lässt sich heute<br />
als das zentrale Qualitätsmanagementsystem<br />
der Berufsausbildung bei BMW<br />
betrachten. Dieses zeigt das „Was“ und das<br />
„Wie“ in der Berufsausbildung. Was wurde<br />
im Sinne der angestrebten Ausbildungsziele<br />
erreicht? Und wie wurde es<br />
erreicht? Das „Was“ wird beispielsweise<br />
durch die bereits erwähnte Ampelfarbe<br />
im Ausbildungsmanager visualisiert. Das<br />
„Wie“ bezieht sich auf das Feedback zum<br />
persönlichen Einsatz des Auszubildenden<br />
sowie dem Coaching zwischen dem<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de 19
HR-SOFTWARE Ausbildungsmanagement<br />
Ausbilder und dem Azubi und kann ebenfalls<br />
im Ausbildungsmanager hinterlegt<br />
werden. Da sich die Abläufe in der Berufsausbildung<br />
kontinuierlich entwickeln,<br />
war eine gleichermaßen flexible technische<br />
Unterstützung besonders wichtig.<br />
Der BMW-Ausbildungsmanager leistet<br />
genau dies. Damit konnte auch die Qualität<br />
der Berufsausbildung gesteigert werden.<br />
Im Detail beinhaltet das neue Softwaresystem<br />
einen Planungsgenerator für die<br />
Ausbildungspläne der Auszubildenden<br />
sowie einen Gesprächsmanager zur Steuerung<br />
von Feedback- und Coachinggesprächen.<br />
Und dies inklusive der geschilderten<br />
Ampelfunktion bezüglich der Ausbildungsziele<br />
sowie einer Lösung zur<br />
Bearbeitung und <strong>Archiv</strong>ierung von Feedbackbögen.<br />
Der Planungsgenerator berücksichtigt<br />
dabei die Reihenfolge der Ausbildungsabschnitte,<br />
die Dauer einer bestimmten<br />
Ausbildungsphase oder die verfügbaren<br />
Kapazitäten im Unternehmen. Auf<br />
aktuelle Entwicklungen kann somit sehr<br />
kurzfristig reagiert werden und Ausbildungsstätten<br />
sind immer optimal ausgelastet.<br />
Die Auszubildenden können optional auch<br />
eine Selbsteinschätzung zu Ausbildungszielen<br />
und dem erfolgten Feedback vornehmen.<br />
Alles Maßnahmen, die zur Entlastung<br />
der Verantwortlichen beitragen.<br />
So ist beispielsweise der Ausbildungsstand,<br />
auch der aktuelle Versetzungsplan,<br />
für die fachlichen Trainer vor Ort jederzeit<br />
verfügbar und für alle Verantwortlichen<br />
im gesamten Unternehmen online<br />
abrufbar. Da die Azubis Verantwortung<br />
für ihren Ausbildungsstand übernehmen,<br />
ist auch deren Motivation merklich gestiegen.<br />
Ein willkommener zusätzlicher Effekt<br />
des neuen Systems.<br />
Die technische Grundlage des BMW-Ausbildungsmanagers<br />
bildet ein Apache<br />
Webserver, der Applikationsserver Glassfish<br />
ML sowie eine Datenbank von Oracle.<br />
Diese Kombination garantiert ein hohes<br />
Sicherheitsniveau, sodass auch die hohen<br />
Anforderungen des Datenschutzes in<br />
Bezug auf die Speicherung von personen-<br />
20<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
Merkmale der Software<br />
Der Ausbildungsmanager von Persis ist eine Softwarelösung, die speziell für Unternehmen mit mehr<br />
als 50 Ausbildungsplätzen konzipiert wurde. Sie bietet umfassende Möglichkeiten der Verwaltung und<br />
Betreuung von Auszubildenden. Dazu gehören:<br />
• Erstellung des IHK-Vertrages.<br />
• Verwaltung von Stammdaten wie Ausbildungsgang, Ausbildungsstätte oder Berufsschule.<br />
• Planung und Organisation des Einsatzes von Auszubildenden.<br />
• Parameter zur automatischen Optimierung und Bearbeitung von Ausbildungsplänen.<br />
• Hinterlegung von Zeugnissen und Bildungswerdegang.<br />
• Planung und Verwaltung interner Weiterbildungsmaßnahmen.<br />
• Automatische Erkennung des Lehrjahrwechsels und nicht erfüllter Lerneinheiten.<br />
• Erinnerung an Prüfungen, Beurteilungen und Versetzungen.<br />
• Jahreskalender mit Berufsschulzeiten, Seminaren oder Lernblöcken.<br />
• Automatische Generierung von Vorgängen zur Entlastung von Routineaufgaben.<br />
• Onlinezugriff auf alle relevanten Daten.<br />
• Anbindung an alle Module von Persis und an Gehaltssysteme wie SAP oder PAISY.<br />
bezogenen Daten mit der neuen Lösung<br />
umgesetzt wurden.<br />
Lessons Learned<br />
Das Thema Berufsausbildung wird in den<br />
kommenden Jahren zu einem Kernthema<br />
arbeitsmarktpolitischer Anstrengungen<br />
im Unternehmen. Denn allein die demografische<br />
Entwicklung sorgt schon für<br />
deren kontinuierlich steigende Bedeutung.<br />
Nur mit einer guten betrieblichen<br />
Ausbildung werden Unternehmen in der<br />
Lage sein, über dringend benötigte Qualifikationen<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
langfristig zu sichern. BMW sieht sich<br />
hierfür mit Dynamic Drive bestens gerüstet.<br />
Auch wenn die Einführung des dazugehörigen<br />
Ausbildungsmanagers insgesamt<br />
gut funktionierte, hat es bei der Einführung<br />
des neuen Systems durchaus<br />
auch Herausforderungen gegeben. Gut<br />
bewährt hat sich das Standort- und Zielgruppenübergreifende<br />
Projektteam. Ebenso<br />
wie die frühe Einbindung von Betriebsrat<br />
und Jugendvertretung. Dank der frühzeitigen<br />
Integration der zuständigen IT-<br />
Stellen war auch die technische Einführung<br />
kein Problem. Wichtig war in diesem<br />
Zusammenhang allerdings eine ausreichend<br />
dimensionierte Testphase. Daneben<br />
gab es auch Hindernisse. Die Konzeptionsphase<br />
des Projektes wurde am Anfang<br />
zu sehr auf externe Berater fokussiert. Hier<br />
Info<br />
wäre es besser gewesen, den Softwarehersteller<br />
sofort in allen Projektphasen eng<br />
einzubinden. Und auch die Einweisung der<br />
Fachbereiche erforderte mehr Zeit als<br />
ursprünglich gedacht.<br />
Da sich der BMW-Ausbildungsmanager insgesamt<br />
aber sehr gut bewährt hat, wird<br />
mit ihm bereits für die Zukunft geplant.<br />
Anvisiert ist beispielsweise ein Online-<br />
Berichtsheft und eine Online-Schnittstelle<br />
zu Kammern und Berufsschulen. Um<br />
zusätzlichen Wünschen von Ausbildern<br />
und Ausbildungsleitern Rechnung zu tragen,<br />
stehen die dazugehörigen Erweiterungen<br />
ebenfalls bereits auf der Agenda<br />
von BMW. Eine Tatsache, die für die hohe<br />
Akzeptanz des softwaregestützten Ausbildungsmanagements<br />
spricht und die Qualität<br />
von BMW auch in der Ausbildung dauerhaft<br />
sichert.<br />
Autor<br />
Rainer Kolb,<br />
Persis GmbH, Geschäftsführer,<br />
Heidenheim, rk@persis.de<br />
Autor<br />
Manfred Theunert,<br />
BMW Gruppe, Bildungsakademie,<br />
Leiter Aus- und Weiterbildung,<br />
Standort München,<br />
manfred.theunert@bmw.de.
HR-SOFTWARE Zeitwirtschaft<br />
Es werde Licht<br />
BJB, der sauerländische Zulieferer für Lichttechnik,<br />
hat ein modernes Zeitwirtschaftssystem eingeführt,<br />
das Workflow, Zutritt und die Personaleinsatzplanung<br />
integriert. Mehr Transparenz im Schichtbetrieb und<br />
Kosteneinsparungen in der Personalverwaltung sind<br />
das Ergebnis dieser Mühe.<br />
S<br />
eit 140 Jahren ist BJB in der Lichttechnik<br />
zu Hause. Mit Petroleumleuchten<br />
gestartet, ist das Kerngeschäft inzwischen<br />
die elektrische Verbindung zwischen<br />
Stromquelle und Lampe. Bis heute<br />
werden immer wieder neue, anwenderfreundliche<br />
Fassungssysteme, Klemmen<br />
und Schalter für Märkte in der ganzen Welt<br />
angefertigt. Weitere Standbeine der Produktion<br />
sind kundenspezifische Anlagen<br />
zur Automatisierung der Leuchtenfertigung<br />
und Beleuchtungslösungen für<br />
Hausgeräte.<br />
Für BJB gilt der Leitsatz, dass man mit<br />
kontinuierlichen Innovationen und weltweiter<br />
Präsenz stets die Nähe zum Kunden<br />
sucht sowie gemeinsam mit großen<br />
Entwicklungspartnern Fortschritte in der<br />
Licht- und Leuchtentechnik macht. Diesen<br />
hohen Anspruch hat BJB auch an die<br />
Software, die man im Unternehmen einsetzt.<br />
Daher werden hier Zuverlässigkeit<br />
und Innovationskraft groß geschrieben.<br />
Das 1867 gegründete Unternehmen<br />
beschäftigt rund 650 Mitarbeiter am<br />
Hauptsitz in Arnsberg und rund 30 Mitarbeiter<br />
bei der Tochter Mellert in Bretten.<br />
In beiden Unternehmen ist mittlerweile<br />
die Zeitwirtschaftssoftware X/Time<br />
des Essener Anbieters GFOS im Einsatz.<br />
Diese Software löste die bestehende Zeiterfassung<br />
beim sauerländischen Zulieferer<br />
für die Leuchten- und Hausgeräteindustrie<br />
ab. Da das Altsystem die gestie-<br />
22<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de<br />
genen Anforderungen an ein modernes<br />
Zeitwirtschaftssystem, das Workflow, Zutritt<br />
und auch die Personaleinsatzplanung<br />
integriert, nicht mehr erfüllte, machte<br />
man sich 2009 auf die Suche nach einer<br />
zukunftsorientierten Alternative.<br />
Komplexe Anforderungen<br />
Die zu lösende Aufgabe ist recht anspruchsvoll,<br />
da im Unternehmen zahlreiche Zeitmodelle<br />
nebeneinander existieren. So finden<br />
sich verschiedene Schichtsysteme<br />
mit Früh-, Spät- und Nachtschicht sowie<br />
Schichtrhythmen. Dabei wird in fast allen<br />
Bereichen des Unternehmens in Gleitzeit,<br />
sowohl im kaufmännischen wie auch<br />
im gewerblichen Bereich, gearbeitet. Allerdings<br />
gibt es in einzelnen Abteilungen<br />
ebenso feste Arbeitszeiten wie auch bei<br />
den technischen Auszubildenden im Unternehmen.<br />
Hinzu kommen variable Schichtrhythmen<br />
und die Berücksichtigung von<br />
Springern, die die Zeitmodelle automatisch<br />
erkennen sollen.<br />
Bei BJB werden Kostenstellen und Kostenarten<br />
am Zeiterfassungsterminal und mittels<br />
Workflow erfasst. Dadurch kann eine<br />
Bewertung der Personalzeit auf Basis von<br />
Tätigkeiten (Kostenarten) durchgeführt<br />
werden. Kostenstellen sowie Kostenarten<br />
bilden im Unternehmen die Grundlage für<br />
ein umfassendes und projektgenaues Controlling.<br />
Zudem ermittelt das Unternehmen<br />
differenzierte Zuschläge für Mehr-<br />
arbeit, Lärm, Samstags- und Sonntagszulagen<br />
sowie Bereitschaftsdienste. Diese<br />
Daten müssen sauber berechnet und für<br />
das Abrechnungssystem aufbereitet werden.<br />
Die Qualität der Lohndatenaufbereitung<br />
ist sehr wichtig, da für jede Abrechnung<br />
und vor allem Rückrechnung extra<br />
an den externen Entgeltabrechner gezahlt<br />
werden muss und man insgesamt die<br />
Kosten minimieren wollte.<br />
Die komplexen Details des Gesamtprojektes<br />
bestehend aus Zeiterfassung, Zutritt und<br />
Personaleinsatzplanung wurden zunächst<br />
in einem Pflichtenheft erfasst. Dieses diente<br />
als Basis für die Auswahl der Softwareanbieter.<br />
Nur diejenigen Anbieter, die einen<br />
Großteil der Anforderungen abdeckten,<br />
kamen in die engere Wahl.<br />
Ergänzend entschloss man sich für die<br />
umfassenden Workflow-Funktionalitäten<br />
der Software. Der Zugriff der Mitarbeiter<br />
und deren Selbstbestimmung sollte so<br />
nachhaltig gefördert werden. Inzwischen<br />
wird der Webclient von fast allen Mitarbeitern<br />
genutzt. Gerade in Bereichen mit<br />
vielen Mitarbeitern stellt dies eine erhebliche<br />
Vereinfachung des Beantragungsverfahrens<br />
von Urlaubsanträgen, Dienstreisen,<br />
Fehlzeiten et cetera. dar.<br />
Die Einführung des Systems erfolgte im<br />
Testbetrieb in mehreren Bereichen des<br />
Unternehmens, darunter Contischicht,<br />
Gleitzeit und Teilzeit. Zudem bildete man<br />
gleichzeitig Beispielfälle im eigens dafür
installierten Testsystem ab. Die Einführung<br />
der Zeitwirtschaft mit dem Workflow<br />
erfolgte dabei vom Kick-Off bis zum Go<br />
Live in rund vier Monaten.<br />
Wie immer, wenn eine neue Software eingeführt<br />
wird, kam es auch in diesem Projekt<br />
zu kleineren Stolpersteinen zu Beginn.<br />
In engem Dialog zwischen BJB und GFOS<br />
konnten diese unmittelbar beseitigt werden.<br />
Zuverlässige Schichtplanung<br />
In Arnsberg entschloss man sich für eine<br />
schichtbezogene Personaleinsatzplanung<br />
(PEP) in allen Fertigungsbereichen (Kunststoffverarbeitung,<br />
Montage sowie Werkzeugbau),<br />
aber auch im Versand und der<br />
Instandhaltung. Die Planung des Personaleinsatzes<br />
erfolgt auf Arbeitsplatzebene<br />
recht differenziert und detailliert.<br />
Hierbei müssen Qualifikationen ebenso<br />
berücksichtigt werden wie verschiedene<br />
Schichtgruppen und die Planung von<br />
Zusatzschichten. Es ist wichtig, dass die<br />
richtigen Personen an der richtigen Maschine<br />
in der richtigen Schicht arbeiten. Nur<br />
so kann sichergestellt werden, dass die zum<br />
Teil recht komplexen Produkte auch qualitätsgesichert<br />
gefertigt werden.<br />
Die Einführung der PEP dauerte netto<br />
drei Monate mit Vorarbeiten, die von BJB<br />
geleistet wurden. So übernahm der BJB<br />
beispielsweise die Ist-Aufnahme.<br />
Im Rahmen des Projektes ist ein umfassender<br />
Know-how-Transfer gelungen,<br />
sodass BJB mittlerweile in der Lage ist,<br />
selbstständig Parametrierungen und Einrichtungen<br />
am System durchzuführen.<br />
Beispielsweise haben Marc Wenzel (Projektleiter<br />
Personalwesen) und Ingolf Böhmer<br />
(Projektleiter IT) nahezu alleine den<br />
Rollout der Zeiterfassung für Mellert und<br />
auch den Rollout der PEP für weitere Fertigungsbereiche<br />
selbstständig durchgeführt.<br />
Beide haben zudem auch eine eigene<br />
Dokumentation für die Mitarbeiter<br />
erstellt.<br />
Den Zutritt unter Kontrolle<br />
Um ein einheitliches System im Unternehmen<br />
zu haben, setzte man auch bei der<br />
Zutrittskontrolle auf GFOS mit dem Ziel,<br />
ein integriertes System zu haben. Zielsetzung<br />
einer solchen Zutrittskontrolle war<br />
damals wie heute, Werksgelände und Verwaltungsgebäude<br />
vor unberechtigtem<br />
Zutritt zu schützen. Auslöser, sich<br />
grundsätzlich für eine Zutrittskontrolle<br />
zu entscheiden, waren seinerzeit Diebstähle<br />
und das Auffinden unberechtigter<br />
Personen auf dem Werksgelände. Diese<br />
gingen nach Einführung der Software<br />
deutlich zurück.<br />
Das ZK-System regelt den Zutritt so, dass<br />
dieser zu bestimmten Zeiten nur mit<br />
einem Ausweischip erfolgen kann. Der<br />
Zutritt zum Verwaltungsgebäude ist generell<br />
außerhalb der regulären Arbeitszeiten<br />
nur mit besonderen Berechtigungen<br />
möglich. Die jeweiligen Berechtigungen<br />
werden in der Personalabteilung vergeben.<br />
Zeitersparnis und Transparenz<br />
Insbesondere durch die Workflow-Funktionalitäten<br />
haben sich große Zeitersparnisse<br />
ergeben. Zudem können durch zahlreiche<br />
Auswertungsmöglichkeiten Informationen<br />
zu den Arbeitszeiten sowohl<br />
von Mitarbeitern als auch von Vorgesetzten<br />
und Zeitbeauftragten jederzeit abgerufen<br />
werden.<br />
Auch wenn der gesamte Nutzen noch nicht<br />
abschließend bewertet werden kann, beziffert<br />
man die Einsparungen in der Personalabteilung<br />
durch die Arbeitsentlastung<br />
aktuell mit rund 50 000 Euro pro Jahr. Die<br />
erhöhte Datentransparenz zwischen den<br />
Abteilungen ist für das gesamte Unternehmen<br />
von großem Nutzen und erleichtert<br />
die Arbeit des Controllings deutlich. BJB<br />
geht davon aus, dass sich das System nach<br />
zwei Jahren amortisiert hat.<br />
Autoren<br />
Dr. Christine Lötters,<br />
Head of Marketing and Communication,<br />
GFOS GmbH, loetters.christine@gfos.com<br />
Horst Hufenbach,<br />
Leiter Personal, BJB GmbH & Co. KG,<br />
horst.hufenbach@bjb.com<br />
Sonderheft 06 |2011 www.personalwirtschaft.de 23