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TITELTHEMA<br />
Suprafasziale Veneninsuffizienz /<br />
primäre Varikosis<br />
Die wichtigste Erkrankung des oberflächlichen<br />
Beinvenensystems ist die<br />
primäre Varikosis. Nicht mehr schließende<br />
Venenklappen, verursacht durch<br />
Klappenagenesie, häufiger jedoch<br />
durch Gefäßdilatation, führen zu insuffizienten<br />
Venen, den Krampfadern.<br />
Da nur etwa 10% des venösen Blutes<br />
über die oberflächlichen Venen zum<br />
Herzen zurücktransportiert werden,<br />
kann ein Funktionsausfall einzelner<br />
Venenabschnitte durch Ausweichen<br />
auf andere Venengeflechte oder aber<br />
durch Übernahme der Transportaufgaben<br />
durch die intakten Leitvenen meist<br />
ohne Probleme kompensiert werden.<br />
Das klinische Bild verändert sich<br />
jedoch gravierend, wenn Lumenerweiterung<br />
und Klappeninsuffizienz auf die<br />
Perforansvenen und subfaszialen Venen<br />
übergreifen. Es kommt zur Umkehr<br />
der venösen Fließrichtung und damit zu<br />
Störungen des geregelten Rücktransportes.<br />
Der beim Gehen durch die Wadenmuskelpumpe<br />
einsetzende Druckabfall<br />
ist vermindert oder fehlt völlig (ambulatorische<br />
venöse Hypertonie), die Funktionsfähigkeit<br />
der Venenklappen wird<br />
zunehmend eingeschränkt. Die Auswirkungen<br />
manifestieren sich als chronische<br />
Veneninsuffizienz, gekennzeichnet<br />
durch die oben bereits beschriebenen<br />
pathophysiologischen Mikrozirkulationsstörungen<br />
in Kutis und Subkutis,<br />
die schließlich in der Ausbildung eines<br />
Ulcus cruris varicosum gipfeln.<br />
Bei intaktem, suffizientem Klappenapparat<br />
können Ulzerationen bei primärer<br />
Varikosis aber auch auf Verletzungen,<br />
stumpfe Traumen oder Varizenrupturen<br />
zurückzuführen sein.<br />
Subfasziale Veneninsuffizienz /<br />
postthrombotisches Syndrom<br />
Eine Insuffizienz subfaszialer Venen<br />
kann ebenfalls primär als Folge einer<br />
angeborenen Klappenagenesie und<br />
Hypoplasie auftreten, zumeist entsteht<br />
sie jedoch sekundär nach einer tiefen<br />
Beinvenenthrombose. Danach wird<br />
zwar die Mehrzahl der Gefäße früher<br />
oder später rekanalisiert, die Rekanalisierung<br />
führt jedoch nur äußerst selten<br />
zu einer Restitutio ad integrum der betroffenen<br />
Venenklappen. Zumeist werden<br />
sie morphologisch so verändert,<br />
daß sie nicht mehr funktionsgerecht<br />
schließen.<br />
Insgesamt entsteht durch die vernarbten<br />
Gefäßwände neuer Totraum für<br />
die Wadenmuskelpumpe, so daß nicht<br />
mehr ausreichend Blut abgeschöpft<br />
werden kann und der intravasale ambulatorische<br />
Druck ansteigt. Der fortdauernde<br />
Rückstau führt wiederum zu<br />
Stoffwechselstörungen in den peripheren<br />
Zonen, im schlimmsten Fall bis hin<br />
zur Ulzeration.<br />
Darüber hinaus bewirkt die erhöhte<br />
Druckbelastung nicht selten eine Undichtigkeit<br />
der Ventilschranken der Perforansvenen,<br />
so daß Blut aus dem subfaszialen<br />
in das suprafasziale System<br />
zurückfließt. Die Folgen sind sekundäre<br />
Varizen sowie ebenfalls eine Infiltration<br />
von Kutis und Subkutis mit den bekannten<br />
Folgezuständen. Das postthrombotische<br />
Syndrom (PTS) ist die häufigste<br />
Ursache eines Ulcus cruris venosum<br />
(Ulcus cruris postthromboticum).<br />
KLINIK UND DI<strong>AG</strong>NOSTIK DES<br />
ULCUS CRURIS VENOSUM<br />
Beinulzerationen entstehen zu etwa<br />
90% auf dem Boden einer venösen<br />
Hypertonie als Folge einer ausgeprägten<br />
chronischen Veneninsuffizienz.<br />
Schematische Darstellung<br />
der Entstehung einer sekundären<br />
Varikosis: Tiefe Leitvene<br />
nach Thrombose vernarbt<br />
und rekanalisiert (1).<br />
Blow out durch erweiterte<br />
Verbindungsvene (2).<br />
Sekundäre Varize (3).<br />
Etwa 6% der Ulzerationen sind auf eine<br />
periphere arterielle Minderversorgung<br />
und ca. 4% auf spezifische Hauterkrankungen<br />
zurückzuführen. Eine exakte<br />
Diagnose, die auch differentialdiagnostische<br />
Maßnahmen umfaßt, ist daher<br />
unerläßlich, auch wenn für den Erfahrenen<br />
in der Regel die klinische Symptomatik<br />
zur Diagnosestellung ausreicht.<br />
Klinisch imponiert die venöse Ulzeration<br />
als mehr oder weniger ausgedehnter,<br />
unregelmäßig begrenzter Hautdefekt.<br />
Bei ausgedehnten Geschwüren,<br />
die zirkulär den gesamten Unterschenkel<br />
befallen, spricht man daher von<br />
„Gamaschenulzera“.<br />
Vom klinischen Aspekt her unterscheidet<br />
man bei der Beurteilung des<br />
Ulkusgrundes eine Reinigungs-, Granulations-<br />
und Epithelisierungsphase,<br />
die jeweils zur Beurteilung der voraussichtlichen<br />
Heilungsdauer herangezogen<br />
werden können.<br />
Die Ausdehnung der Ulzeration<br />
spielt hierbei eine eher sekundäre Rolle.<br />
Häufig sind es gerade die kleinen, in<br />
Zonen einer Capillaritis alba auftretenden<br />
Ulzerationen, die dem Patienten erhebliche<br />
Schwierigkeiten bereiten und<br />
ausgesprochen schlechte Heilungstendenzen<br />
aufweisen.<br />
Ulzerationen bei primärer Varikosis<br />
verursachen zumeist wesentlich geringere<br />
Beschwerden – auch ist hier das<br />
Ödem weniger ausgeprägt – als jene,<br />
die sich in Folge einer postthrombotisch<br />
bedingten chronischen Veneninsuffizienz<br />
entwickeln.<br />
Bei Postthrombotikern findet sich als<br />
Begleiterkrankung häufig ein sekundäres<br />
Lymphödem. Spitzfuß-Stellungen<br />
und selten Ankylosen im Bereich des<br />
oberen Sprunggelenks sind Zeichen<br />
einer schon jahrezehntelang bestehenden<br />
Ulkuskrankheit mit häufigen Rezidiven.<br />
Zumeist findet sich auch in der<br />
Ulkusumgebung ein mehr oder minder<br />
ausgeprägtes Begleitekzem.<br />
Wie bereits erwähnt, läßt sich das<br />
venöse Ulkus meist schon aufgrund<br />
des Aspektes diagnostizieren. Trotzdem<br />
gehört zu jeder klinischen Untersuchung<br />
die Palpation der Fußpulse<br />
und die Überprüfung der Beweglichkeit<br />
in den großen Gelenken, wobei insbesondere<br />
auf beginnende Versteifungen<br />
im Bereich der Sprunggelenke geachtet<br />
werden muß.<br />
Bei stärkeren Ödemen sind vergleichende<br />
Umfangmessungen unum-<br />
12 HARTMANN WundForum 3/94