2009/20010 Ausgabe 15 Preis: 1,00 € - alle ausgaben
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Bildquelle: www.grenzlandtheater.de<br />
Wie sind Sie auf die Idee gekommen,<br />
Schauspieler zu werden?<br />
Die Idee hatte ich eigentlich gar nicht, es<br />
kam irgendwann – wie soll ich sagen, irgendwann<br />
fiel mir die Decke auf den Kopf<br />
und ich wollte etwas neues ausprobieren.<br />
Und da mir früher immer schon gesagt<br />
wurde: mach irgendwas im Bereich Schauspiel;<br />
wenn du nichts mit Schauspielern<br />
machst, dann weiß ich auch nicht! Und so<br />
habe ich dann bei einem Workshop an einer<br />
Theaterschule mitgemacht, der gefiel mir<br />
so gut, dass ich dann direkt dageblieben<br />
bin. Das war jetzt vor 5 Jahren. Ein paar<br />
Monate später hatte ich dann dieses Studium<br />
begonnen.<br />
Auf welche Schauspielschule sind Sie gegangen?<br />
Ich war auf der Arturo-Schauspielschule<br />
Köln. Das ist eine private Schauspielschule.<br />
Die Aufnahmegrenze bei staatlichen<br />
Theaterschulen liegt zwischen 16 und 25<br />
Jahren und da mir die Zeit davon lief, bin<br />
ich auf die Arturo-Schule gegangen.<br />
Wie lange dauert so eine Ausbildung?<br />
Die Ausbildung dauert vier Jahre.<br />
Was lernt man <strong>alle</strong>s in der Schauspielausbildung?<br />
Viel. Man lernt jetzt nicht unbedingt Schauspieler<br />
zu sein, sondern man bekommt ein<br />
gewisses Handwerkszeug beigebracht.<br />
Manchen gefällt es total gut auf der Bühne<br />
zu stehen, anderen halt nicht. Deswegen<br />
bekommt man in der Schauspielschule einfach<br />
nur das Rüstzeug – also einen Werkzeugkoffer,<br />
mit verschiedenen Werkzeugen<br />
und damit kannst du etwas bauen. Damit<br />
bastel ich dann meine Rollen, meine Figuren.<br />
Man lernt in der Schauspielschule seinen<br />
Körper kennen: also was kann ich damit<br />
machen? Wie gehe ich damit um? Wie kann<br />
ich mich einfach darauf konzentrieren etwas<br />
zu schmecken oder zu fühlen, ertasten<br />
K o g e l S t r e e t N e w s<br />
Was kann man <strong>alle</strong>s machen, wenn man seinen<br />
Alles nur Theater<br />
Abschluss in der Tasche hat? Man könnte<br />
Schauspieler werden!<br />
Doch was macht ein Schauspieler eigentlich? Wie lernt man in Rollen zu schlüpfen? Das und noch viel mehr wollten<br />
Schülerinnen der 10B (Schuljahr 2<strong>00</strong>8/<strong>2<strong>00</strong>9</strong>) wissen. Sie gingen ins Theater und interviewten den Schauspieler<br />
Matthias Brüggenolte. Dafür trafen sie ihn knapp 3 Stunden vor der Aufführung. Über eine Stunde lang stellten<br />
sie Fragen und lauschten sehr gespannt den Antworten. Später sahen sie den Schauspieler live auf der Bühne im<br />
Grenzlandtheater in dem Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“.<br />
oder mich auf jemand anderes einzulassen?<br />
Oder wie gehe ich mit meinen Kameraden<br />
und Mitschülern um? Die Ausbildung ist<br />
ein ständiges Geben und Nehmen: ich bekomme<br />
etwas, zum Beispiel ein Gesicht,<br />
eine Geste, eine Mimik, verarbeite das und<br />
gebe das wieder zurück, so dass mein Gegenüber<br />
auch was damit anfangen kann.<br />
Ich lerne mit meinem Körper umzugehen:<br />
ich lerne zu atmen, so dass ich die Sätze,<br />
die ich gelernt hab, auch perfekt wiedergeben<br />
kann ohne ständig Luft zu holen. Ich<br />
lerne auch vernünftig zu sprechen, mich zu<br />
artikulieren, Dialekte werden abtrainiert,<br />
was nicht heißt, dass sie verboten sind…<br />
Textarbeit: wie gehe ich an Texte ran? Wie<br />
pflücke ich den Text auseinander? Theater<br />
ist sehr viel Textarbeit.<br />
Im Grundlagenkurs wie elementare Atem-<br />
und Bewegungslehre lerne ich Konzentrationsübungen<br />
wie beispielsweise Yoga, Modern<br />
Dance – das war am anstrengensten,<br />
klassischer Tanz usw. Im Grundlagenkurs<br />
wird auch sehr viel improvisiert: uns wird<br />
eine Situation vorgegeben auf die wir dann<br />
einfach eingehen und schauen, wie es wirkt.<br />
Einmal sind wir zum Flughafen Köln/Bonn<br />
gefahren und haben uns 6 Stunden hingesetzt<br />
und Menschen beobachtet: Wie telefoniert<br />
zum Beispiel ein Bänker oder wie hält<br />
jemand sein Handy? Alles wird ganz genau<br />
beobachtet und später dann auch nachgespielt.<br />
Kamera und Mikrophontraining kommt<br />
dann hinterher: Wie bewege ich mich vor<br />
der Kamera? Wie verhalte ich mich am<br />
Mikrophon? Zum Beispiel, dass ich aufrecht<br />
vor dem Mikrophon stehe, mich auch<br />
vor dem Mikrophon bewege, den Text so<br />
herüberbringe, dass er nicht wie gelesen<br />
klingt, sondern mit Leben gefüllt wird. Ich<br />
lerne, mit der Stimme Inhalte so wiederzugeben,<br />
dass der Zuhörer am anderen Ende<br />
nicht einfach abschaltet, sondern immer<br />
dran bleibt und sich fragt, was kommt als<br />
nächstes?<br />
Es ist halt ziemlich viel was uns da mitge-<br />
geben wird, es wird Stunde für Stunde immer<br />
ein bisschen mitgeben.<br />
Sie haben während Ihrer Ausbildung<br />
einen Workshop bei dem Kameramann<br />
von „Harry Potter“ Slawomir Idziak<br />
mitgemacht, erzählen Sie davon!<br />
Da der Workshop, der war witzig. Ich bin<br />
da mehr durch Zufall drangekommen: Ich<br />
hatte ein Casting für ein Szenenstudium an<br />
der KHM Köln mitgemacht und bin dabei<br />
mit der Studentin ins Gespräch gekommen.<br />
Sie meinte, da gäbe etwas für mich, das<br />
wäre wohl sehr kurzfristig, in Polen ca.<br />
90km von Danzig. Das Ganze lief über eine<br />
Seite im Internet, wo sich Schauspieler,<br />
Regisseure, Kameramänner usw. anbieten<br />
ohne „Materielles“ (Geld) zu bekommen.<br />
Man macht den Workshop aus Spaß mit<br />
und um etwas zu lernen. Es war ein europäischer<br />
Workshop. Alles lief auf Englisch ab.<br />
Ich hab gelernt meine erste Figur für einen<br />
Film herzustellen. Ein Pole hat mit uns das<br />
Drehbuch entwickelt; die ersten drei Tage<br />
haben wir nur über das Drehbuch gesprochen.<br />
Dann haben wir geprobt und ein<br />
wenig improvisiert, Slawomir Idziak hat<br />
mit uns abgesprochen, wie man das ganze<br />
szenisch umsetzen kann und das dann direkt<br />
auch aufgenommen. Und da habe ich<br />
gemerkt, dass die Filmwelt etwas ganz anderes<br />
ist als die Theaterwelt. In der Filmwelt<br />
gibt es ein ganz eigenes Vokabular,<br />
das musste ich erst mal lernen und <strong>alle</strong>s auf<br />
Englisch. Es gab einen strickten Ablaufplan,<br />
nach dem vorgegangen wurde und<br />
es wurde sehr darauf geachtet, dass dieser<br />
eingehalten wurde, weil wir einen knappen<br />
Zeitplan hatten. So wurde par<strong>alle</strong>l gedreht<br />
und geschnitten, Szenen gedreht an verschiedenen<br />
Orten, nicht nach chronologischer<br />
Reihenfolge, so dass das Filmmaterial<br />
schnell zusammen kam. Irgendwann zum<br />
Schluss haben wir die fünfte Szene gedreht<br />
und ganz am Anfang die Schlussszene. Das<br />
ganze mit fünf verschiedenen Regisseuren,<br />
jeder hat eine andere Herangehensweise an