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Handwerk<br />
Ton als Motor der Region<br />
von Mario Gongolsky<br />
Zeitgenösische Keramik<br />
Foto: Töpferei Zöller Eulerhof<br />
Foto: Römertopf Keramik GmbH<br />
Ton aus dem Westerwald ist der Stoff, aus dem die Ideen der Töpfer zu Dekorations-<br />
und Gebrauchsgegenständen werden. Das Töpferhandwerk und der Tonbergbau<br />
trotzen im Westerwald allen Krisen und Modetrends.<br />
Erst vor wenigen Monaten wurden<br />
bei Ausgrabungen in Höhr-Grenzhausen<br />
Funde gemacht, die belegen, dass in der<br />
Region bereits im Mittelalter Tonwaren<br />
hergestellt wurden. Die Fundstücke wurden<br />
auf das 13. bis 15. Jahrhundert geschätzt.<br />
Dort, im südwestlichen Westerwald,<br />
wurde im 18. Jahrhundert der Begriff<br />
des „Kannenbäckerlandes“ geprägt. Es<br />
bezeichnet dem Ursprung nach Höhr-<br />
Grenzhausen, Alsbach, Hilgert, Hillscheid,<br />
Ransbach-Baumbach und Mogendorf,<br />
hinunter bis ins Rheintal nach Bendorf<br />
und Vallendar. Besonders der Hafen<br />
von Vallendar ist verantwortlich für<br />
den Siegeszug der Tonwaren aus dem<br />
Westerwald. Von Vallendar aus, wurde<br />
der Ton bereits in der Mitte des 18.<br />
Jahrhunderts in weite Teile Europas geliefert.<br />
Klassisches Steinzeug<br />
Für das traditionelle Westerwälder<br />
Steinzeug ist der „graue Scherben“ - so<br />
werden selbst intakte Tonwarestücke genannt<br />
- mit kobaltblauer oder mangan-<br />
violetter Bemalung und seinem glänzenden<br />
Überzug, der so genannten<br />
Salzglasur, typisch. Die Salzglasur entsteht<br />
bei den hohen Brenntemperaturen<br />
von mehr als 1250 Grad. Das in den<br />
Ofen eingeführte Salz zerfällt in seine<br />
Bestandteile, wobei sich Natrium auf die<br />
Tonwaren niederschlägt und für eine dauerhafte<br />
glasartige Beschichtung sorgt.<br />
Foto: Clem Cutter (Wikimedia)<br />
Die handwerkliche Qualität der Waren<br />
aus dem Kannenbäckerland sprach sich<br />
schnell herum: Der „Bembel“, eine<br />
bauchige Steingutkanne, die in südhessischen<br />
Gaststätten zum Ausschenken des<br />
Apfelweins auf den Tisch kommt, wird<br />
traditionell in Handarbeit im Westerwald<br />
gefertigt.<br />
Immer lecker: Der Römertopf<br />
Doch hat der Westerwald weit mehr<br />
zu bieten als den „grauen Scherben“<br />
und den Brottopf. Neben einer Fülle<br />
moderner Farben und Formen, hat das<br />
Töpferhandwerk mit immer neuen Ideen<br />
sein eigenes Überleben gesichert.<br />
Mit dem „Römertopf“ stammt ein<br />
weiterer Welthit aus dem Westerwald.<br />
1967 wurde ein Tonbräter mit glatter<br />
Innenseite präsentiert, der inzwischen 25<br />
millionenfach produziert wurde.<br />
Dabei kam der Römertopf, so bekundet<br />
der gleichnamige Hersteller aus Ransbach-<br />
Baumbach, praktisch ohne Krise durch<br />
die Krise. Im Gegenteil, der Tonbräter<br />
scheint offenbar wieder an Beliebtheit zu<br />
gewinnen. Er ermöglicht eine fett- und<br />
kalorienarme Zubereitung. Der zuvor gewässerte<br />
Tonbräter speichert das Wasser<br />
und fungiert so als Dampfgarer. Er sorgt<br />
dafür, dass Fleisch und Geflügel beim<br />
Garvorgang nicht austrocknet und seinen<br />
charakteristischen Geschmack voll<br />
entfalten kann. Damit punktet er heute<br />
auch wieder in den jungen Haushalten,