Kirchenmusikalische Mitteilungen Nr 124 - April 2008 - Amt für ...
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Festgottesdienst zum 10jährigen Bestehen der Hochschule für Kirchenmusik<br />
3<br />
für Kirchenmusik<br />
es der Musik in besonderer Weise gegeben,<br />
uns hinüber horchen zu lassen<br />
in die Unendlichkeit des Raumes, in<br />
die transzendente Welt Gottes. Ob wir<br />
damit unseren Blick automatisch von<br />
der Erde, vom tatsächlichen Leben abziehen?<br />
Ich glaube nicht. Denn gerade die<br />
Musik kann auch helfen, den großen<br />
Spannungsbogen des Lebens zwischen<br />
Freude und Leid, zwischen Annahme<br />
und Aufbegehren, zwischen<br />
Größe und Ohnmacht, zwischen Antwort<br />
und bleibenden Fragen, bewusst<br />
zu machen und bewusst zu halten, ihn<br />
nicht vorschnell oder harmonisierend<br />
aufzulösen, die Menschen vielmehr in<br />
dieser Spannung zu begleiten. Wir haben<br />
in der Liturgie keine heile Welt zu<br />
feiern, sondern das Leben in seinen<br />
Spannungen und Zerreißproben. Spannungen<br />
und Konflikte sind Grundbedingungen<br />
unseres Daseins, auch unserer<br />
Seele, und es bleibt immer die<br />
Frage, wohin lösen wir sie auf: in Gewalt<br />
oder in einen Frieden, der die Kraft<br />
hat zu integrieren.<br />
Von solchem Frieden hat die Lesung<br />
aus dem Buch Jesaja gesprochen. Eine<br />
kühne Vision entwirft der Prophet für<br />
sein Volk, das in Bedrängnis lebt. Die<br />
Völker ziehen zum Berg des Herrn.<br />
„Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg<br />
des Herrn“, so hörten wir. Und diese<br />
gemeinsame Ausrichtung auf Gott wird<br />
ein ganz neues Miteinander entstehen<br />
lassen. Es ist die Vision von einer<br />
Schlichtungsinstanz, die über den In -<br />
teressensgegensätzen steht, das heißt<br />
jedem Volk zu seinem Recht verhilft<br />
und jedes dahin bringt, nicht nur seine<br />
Ansprüche anzumelden, sondern auch<br />
seine Grenzen zu akzeptieren, so dass<br />
möglich wird, von dem wir bisher nur<br />
träumen können: „Man zieht nicht<br />
mehr das Schwert, Volk gegen Volk und<br />
übt nicht mehr den Krieg“. Schluss also<br />
mit Kriegsrhetorik, Schluss mit Abschreckungsdoktrinen,<br />
Schluss mit so<br />
genannten Schutzschildern im Weltraum,<br />
Schluss mit allen versteckten<br />
oder offenen Anfeindungen zwischen<br />
einzelnen Menschen. Statt dessen<br />
weltweite Abrüstung: „Dann schmieden<br />
sie Pflugscharen aus ihren Schwertern<br />
und Winzermesser aus ihren Lanzen“.<br />
Was für ein Menschheitstraum!<br />
Wuchtig ragt die konkrete Situation unserer<br />
Welt in unsere feierliche Liturgie<br />
herein. Das darf so sein, das muss so<br />
sein.<br />
Diese Vision des Jesaja, die dem<br />
Volk Israel in einer schweren Krise geholfen<br />
hat, könnte auch uns Mut machen<br />
in einer Zeit, in der es an mitreißenden<br />
Perspektiven fehlt, in der sich<br />
viel Resignation breit macht, in einer<br />
Zeit des Entsetzens über so viel Hass<br />
und Gewalt. Diese Vision spricht unsere<br />
adventliche Sehnsucht an. Es muss<br />
doch heute noch so etwas wie „verrükkte<br />
Hoffnungen“ geben. Ob wir uns –<br />
gerade im Advent – neu anziehen<br />
lassen von den Bildern gelingenden<br />
Lebens, die uns in der Bibel angeboten<br />
sind. Ich bin sehr froh, dass es diese<br />
Bilder gelingenden Lebens, diese<br />
Bilder von Gerechtigkeit, von Frieden,<br />
von Heil in der Bibel gibt. Auch die<br />
zweite Lesung hat, wenn in ihr vom Heil<br />
die Rede war, vom Heil, dem wir näher<br />
gerückt sind und näher kommen, gesprochen.<br />
„Denn jetzt ist das Heil uns<br />
näher als zu der Zeit, da wir gläubig<br />
wurden“, schrieb der Apostel Paulus<br />
an die Gemeinde von Rom. Was ist mit<br />
dem Heil, das uns nahe sei, gemeint?<br />
Dieses Heil ist das beständige und<br />
schöpferische Kommen Gottes, für das<br />
Jesus vor 2000 Jahren mit seiner Botschaft<br />
und mit seinem Leben gebürgt<br />
hat. Gott kam nicht nur damals in Jesus<br />
in unsere Welt, kommt auch nicht erst