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Diplomarbeit Maya Meiners - Aktionsbündnis gegen Geschlossene ...

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<strong>Geschlossene</strong> Unterbringung in der fachlichen Diskussion<br />

Spezialdienste“ (1990, 80). THIERSCH spricht von einer „strukturellen Verführung für die<br />

Heimerziehung“: Institutionen der Heimerziehung müssten durch das Bestehen von<br />

Spezialinstitutionen ihr eigenes Handeln nicht mehr ausreichend reflektieren und<br />

modifizieren. Sie könnten die Frage verdrängen, warum sie mit bestimmten Kindern<br />

und Jugendlichen nicht zurecht kommen (vgl. 1994, 278).<br />

Durch die hierdurch entstehenden Verlege- und Abschiebeprozesse produziert das<br />

Jugendhilfesystem den Bedarf und die Adressaten für geschlossene Einrichtungen<br />

quasi selbst, weil, so PETERS, „(...) es ein abgestuftes System vorhält, aus dem immer wieder<br />

Minderjährige herausfallen und ob des Vorhandenseins spezialisierter Treatmentsysteme an ‚die<br />

nächste Instanz‛ verwiesen (d.h. versetzt und abgeschoben) werden, an derem Ende die g.U. steht“<br />

(1988, 133). Die schädlichen Folgen von Abschiebe- und Verlegeprozessen, die so<br />

genannte „Heimkarrieren“ produzieren, hat FREIGANG (1986) ausführlich<br />

beschrieben.<br />

Das Existieren von geschlossenen Einrichtungen im Jugendhilfesystem stellt eine<br />

massive Drohkulisse für Kinder und Jugendliche dar (vgl. STRUCK 2002, 9;<br />

WOLF 1995a, 67; PANKOFER 1997). Dieses Drohpotenzial verursacht bei den<br />

Minderjährigen eine Anpassung an bestehende stationäre Systeme der Jugendhilfe,<br />

nicht aber eine konstruktive Auseinandersetzung mit Problemen des realen Lebens.<br />

WOLF beschreibt aus Sicht der Jugendlichen das Drohpotenzial wie folgt: „Die<br />

Drohung mit der Verlegung in eine geschlossene Einrichtung (...) überschattet so das Leben sehr<br />

vieler Kinder in öffentlicher Erziehung. Insbesondere bei Jugendlichen spielt die Drohung eine<br />

wesentliche Rolle: Sie kennen solche Drohungen, haben von geschlossenen Heimen Schlimmes gehört<br />

und haben ggf. selbst erlebt, wie sie nach einer Zeit der Drohungen tatsächlich auch in eine andere<br />

Einrichtung verlegt worden sind. Aus solchen Prozessen, die hier nur angedeutet werden können,<br />

ergibt sich die besondere Bedeutung der geschlossenen Unterbringung für die gesamte Heimerziehung“<br />

(1995a, 67).<br />

Die Forderung nach freiheitsentziehenden Einrichtungen ist nach Meinung<br />

verschiedener Autoren abhängig von dem Angebot bestehender ambulanter<br />

Jugendhilfe-Angebote bzw. dem Fehlen von Alternativen im Umgang mit jungen<br />

gefährdeten Menschen (vgl. AFET 1995, 139; SCHRÖER 1994, 308). So würde in<br />

Regionen, wo sich eine flächendeckende ambulante und flexible Angebotsstruktur<br />

entwickelt hätte, die Nachfrage nach geschlossener Heimunterbringung für die<br />

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