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factum - Hochschule Ulm

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tatsächlich nicht weit entfernt vom Stadtzentrum<br />

zu liegen. Orientierungslos irrte ich nun<br />

auf der Suche nach Straßennamen umher.<br />

Wenn Helfer nahen<br />

Ich musste extrem verloren und hilfl os gewirkt<br />

haben, denn nach wenigen Sekunden<br />

geschah es: Meine Erretter! Zwei gutgelaunte<br />

junge Mexikaner kamen strammen Schrittes<br />

auf mich zu und fragten, ob sie mir helfen<br />

könnten. Eher genervt, da ich mir eigentlich<br />

nur in Ruhe etwas Orientierung verschaffen<br />

wollte und keine Lust hatte, mein brüchiges<br />

Spanisch schon wieder anwenden zu müssen,<br />

lehnte ich zunächst einmal dankend<br />

ab. Schließlich war ich ja erst vor circa einer<br />

Minute aus dem Bus gestiegen. Doch meine<br />

zwei hartnäckigen Helfer ließen nicht locker<br />

und drückten mir ein Gespräch aufs Auge.<br />

Nach ungefähr drei Minuten waren dann<br />

meine Sprachkünste endgültig aufgebraucht,<br />

und ich konnte außer „Perdone, no entiendo!“<br />

nichts mehr antworten. Trotzdem blieben<br />

sie standhaft und wollten mir unbedingt<br />

weiterhelfen. Dann dachte ich, dass wenn<br />

die beiden mir wirklich helfen wollen, sie<br />

mir die Bushaltestelle zeigen und die Buslinie<br />

nennen könnten, die mich zurück bringen<br />

würde. Sie meinten, ich solle einfach mitkommen,<br />

dann würden sie mir zeigen, wo<br />

ich später wieder einsteigen müsse.<br />

Wenn einem die Worte fehlen<br />

Wir liefen also los. Nach wenigen Metern<br />

rief einer der Mexikaner etwas, das ich nicht<br />

verstanden hatte. Nun packten mich die<br />

beiden und begannen zu rennen. Wir liefen<br />

direkt auf einen an der Straße haltenden<br />

Bus zu. An diesem bereits fast angekommen,<br />

begriff ich endlich, was sie vorhatten. Dann<br />

ging alles sehr schnell. Einer der Mexikaner<br />

holte vier Pesos aus seinem Geldbeutel und<br />

bezahlte, während mich der andere mit aller<br />

Kraft in den Bus schob. Verzweifelt versuchte<br />

ich dem entgegen zu wirken und meinen<br />

Rettern zu erklären, dass ich doch erst heute<br />

Abend zurück fahren wollte. Es war sinnlos.<br />

Der Busfahrer wusste bereits Bescheid, wo er<br />

mich aus dem Bus rauslassen sollte. Das Tikket<br />

war gelöst und die beiden schoben mich<br />

mit einer Kraft, die ich den meist kleinen<br />

Mexikanern nie zugetraut hätte, weiter in<br />

den Bus.<br />

So kann es gehen. Dies war mein erster<br />

Ausfl ug allein in die Innenstadt. Er bestand<br />

aus circa zweimal 50 Minuten Busfahrt und<br />

weniger als 10 Minuten orientierungslosem<br />

Aufenthalt. Jörg Schetter<br />

n Der Originalbeitrag ist veröffentlicht in „Das<br />

wäre mir in Deutschland nicht passiert..“, herausgegeben<br />

vom Akademischen Auslandsamt. Die<br />

Broschüre ist das Ergebnis eines vom DAAD und<br />

BMBF geförderten Schreibwettbewerbs des Akademischen<br />

Auslandsamtes, bei dem Jörg Schetter mit<br />

seinem Beitrag den ersten Preis gewonnen hat. Der<br />

damalige Student der Fahrzeugtechnik verbrachte<br />

Juli bis Oktober 2007 an der Universität Autónoma<br />

de Guadalajara.<br />

STUDIUM & LEHRE 17

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