factum - Hochschule Ulm
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ation wiederkehren. Durch diese Bestrahlungsstrategie<br />
kann es jeoch vorkommen,<br />
dass gesunde Hirnareale zerstört werden und<br />
das sogar unnötigerweise. Es gibt nämlich<br />
klinische Hinweise, dass Tumore aufgrund<br />
anatomischer Barrieren nur in eine Richtung<br />
wachsen können, beispielsweise wenn<br />
sich der Tumor in unmittelbarer Nähe der<br />
Trennlinie zwischen den beiden Hirnhälften<br />
befi ndet. Der Sicherheitssaum hätte dann zur<br />
Folge, dass auch Gewebe der gesunden Hirnhälfte<br />
bestrahlt würde.<br />
Umfassende Statistik weist den Weg<br />
Im Bereich der evidenzbasierten Medizin<br />
- und auf diesem Level sollte sich auch die<br />
Wissenschaft abspielen – ist das „Expertenwissen“<br />
die niedrigste Stufe der Evidenz.<br />
Es werden also höhere Evidenzstufen gebraucht,<br />
um irgendwann vielleicht einen<br />
neuen „Goldstandard“ für die Behandlung<br />
von bösartigen Hirntumoren einführen zu<br />
können. Bis dahin ist es, um es gleich vorweg<br />
zu nehmen, noch ein langer Weg. In der Medizin<br />
müssen derartige Behauptungen oder<br />
Hypothesen eines „Experten“ durch Studien<br />
belegt sein, bevor sie allgemein akzeptiert<br />
werden können. Hierfür muss anhand größerer<br />
Fallzahlen und mit Hilfe statistischer<br />
Verfahren untersucht werden, ob die Hypothesen<br />
stimmen.<br />
Durch die spezielle Situation in Alberta liegen<br />
in Edmonton sehr viele Daten zu solchen<br />
Patienten vor. Die Universitäten in Edmonton<br />
und in Calgary sind die beiden grossen<br />
Gesundheitszentren in der Provinz Alberta.<br />
Die Provinz hat circa 3,5 Millionen Einwohner,<br />
und die meisten Menschen leben in den<br />
beiden grossen Städten. Dabei ist zu bemerken,<br />
dass die Provinz Alberta fast doppelt so<br />
groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland!<br />
In Edmonton – der Hauptstadt von Alberta<br />
– und auch in Calgary leben jeweils ca. eine<br />
Million Menschen. Patienten aus dem übrigen<br />
Gebiet reisen jedoch zur Behandlung<br />
aus den ländlichen Gegenden in die Zentren,<br />
um Dienstleistungen im Gesundheitsbreich<br />
in Anspruch zu nehmen. Dies geschieht vor<br />
allem dann wenn es sich um sehr ernsthafte<br />
und bedrohliche Erkrankungen handelt. In<br />
der Bundesrepublik verteilen sich die Patienten<br />
auf mehr Krankenhäuser und dies<br />
erklärt warum in Edmonton, auch bei nicht<br />
so häufi gen Erkrankungen, größere Patientenzahlen<br />
zusammenkommen, als wir es von<br />
deutschen Gesundheitszentren gewohnt sind.<br />
Medizinische Informatik fürs Daten-Handling<br />
In Edmonton stehen der Forschungsgruppe<br />
Daten von über 880 Patienten mit den dazu<br />
notwendigen radiologische Bilddaten zur<br />
Verfügung. Durch die Kombination von verschiedenen<br />
radiologischen Verfahren müssen<br />
pro Patient ganz erhebliche Mengen an<br />
Daten verwaltet werden. Die Kunst besteht<br />
nun darin, diese Daten sinnvoll auszuwerten.<br />
Allein die Datenmenge erfordert eine entsprechend<br />
geeignete Softwarebasis. Hier setzt<br />
die medizinische Informatik an, weshalb<br />
ich mich mit meinem speziellen Knowhow<br />
in den Bereichen Radioonkologie und medizinische<br />
Informationssysteme in die Forschungsgruppe<br />
einbringen konnte.<br />
Medizinisch gesehen, geht es zunächst einmal<br />
darum, ein sinnvolles Zielvolumen für<br />
die Bestrahlung festzulegen. Hierzu gilt es<br />
folgende Fragen zu beantworten: Welcher<br />
Tumor in welcher Lage wächst in welche<br />
21<br />
Richtung? Und langfristig gesehen, in welchem<br />
Hirnareal kann der Tumor erneut<br />
auftreten? Um Antworten hierauf zu fi nden,<br />
müssen die Bilddaten der jeweiligen<br />
Untersuchungen der einzelnen Patienten<br />
entsprechend verarbeitet und analysiert werden.<br />
Voraussetzung hierfür ist, die Lage des<br />
Tumors möglichst exakt und vergleichbar zu<br />
beschreiben.<br />
FORSCHUNG & TRANSFER<br />
23<br />
Schritt für Schritt zur Daten-Interpretation<br />
Als erster Schritt muss auf den Bildern des<br />
Gehirns der Tumor identifi ziert werden<br />
können. Diesen Vorgang nennt man Segmentierung,<br />
und er ist unter Umständen ein<br />
schwieriges Unterfangen. Die Forschungsgruppe<br />
hat hierfür bereits eine Software entwickelt,<br />
die den Ärzten die Segmentierung<br />
erleichtert, wie Bild 1 zeigt.<br />
Der nächste Schritt wäre die Lage des Tumors<br />
in einer vergleichbaren Form zu beschreiben.<br />
Derzeit existiert noch keine Klassifi kation für<br />
die Lage oder die Größe von Hirntumoren.<br />
Die Klassifi kation der World Health Organization<br />
(WHO) beschreibt momentan nur