Christine Finger Stipendien-Aufenthalt in Chile - Heinz-Kühn-Stiftung
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<strong>Christ<strong>in</strong>e</strong> <strong>F<strong>in</strong>ger</strong> <strong>Chile</strong><br />
Daraufh<strong>in</strong>, erzählt der Journalist, seien junge Mädchen schwanger geworden,<br />
obwohl sie sicher waren, verhütet zu haben. Sie hatten die Kopfschmerztabletten<br />
geschluckt, weil sie nach Ansicht des Werbefilms glaubten,<br />
„Solven“ sei e<strong>in</strong> empfängnisverhütendes Mittel. Der Spot ist daraufh<strong>in</strong> vom<br />
Markt genommen worden. E<strong>in</strong> paar Wochen nach diesem Gespräch startet die<br />
Regierung e<strong>in</strong>e neue Aufklärungskampagne...<br />
5. Bittere Armut und Blumen<br />
An e<strong>in</strong>em me<strong>in</strong>er letzten Praktikumstage besuche ich e<strong>in</strong>en Ort, zu dem<br />
Außenstehende normalerweise ke<strong>in</strong>en Zutritt haben. Wir fahren <strong>in</strong> die „Toma“<br />
von Peñalolen, e<strong>in</strong>em Stadtviertel im Osten Santiagos. „Toma“ bedeutet Besetzung.<br />
Im Sommer 1999 haben wohnungslose Familien das Land besetzt, heute<br />
leben dort etwa 10.000 Menschen. Seitlich der schmalen Wege aus Schotter und<br />
Lehm reihen sich kle<strong>in</strong>e Holz- und Papphütten ane<strong>in</strong>ander, mit allem möglichen<br />
geflickt. Die Menschen der „Toma“ leben <strong>in</strong> großer Armut, aber sie s<strong>in</strong>d gut organisiert.<br />
Heute haben sie e<strong>in</strong>e Pressekonferenz e<strong>in</strong>berufen; sie kämpfen darum, auf<br />
diesem Stück Land bleiben zu dürfen und haben bereits zwei Klagen bei Gericht<br />
e<strong>in</strong>gereicht. Der Eigentümer will se<strong>in</strong>en Besitz an den Staat verkaufen, wohl aber<br />
zu e<strong>in</strong>er unangemessen hohen Summe. So bef<strong>in</strong>det sich die Regierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Dilemma – wenn sie kauft, muss sie e<strong>in</strong>en hohen Preis zahlen, kauft sie nicht,<br />
droht e<strong>in</strong>e humanitäre Katastrophe <strong>in</strong> der Stadt, denn wo sollen die Menschen der<br />
„Toma“ dann leben? Die s<strong>in</strong>d gerade erst dabei, auf dem besetzten Land Gruben<br />
für e<strong>in</strong>e Kanalisation auszuheben, wie sie der Presse stolz zeigen. Während ich<br />
darauf warte, dass der Kameramann se<strong>in</strong>e Aufnahmen beendet, entdecke ich e<strong>in</strong><br />
Stück weiter e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en, liebevoll angelegten Garten. Hier hat jemand e<strong>in</strong>en<br />
Quadratmeter saftiges Grün und bunte Rosen zwischen all das Elend gepflanzt.<br />
6. Das Projekt: Internet <strong>in</strong> <strong>Chile</strong><br />
Das Internet sei entscheidend für die Zukunft <strong>Chile</strong>s, hat der jetzige Präsident<br />
bei se<strong>in</strong>er Regierungsantrittsrede im Mai 2000 erklärt. Und Ricardo Lagos hat<br />
sich diesbezüglich viel vorgenommen, denn auch die Schulen und zwar alle sollen<br />
bis zum Ende se<strong>in</strong>er Amtszeit 2006 vernetzt se<strong>in</strong>. Stößt so e<strong>in</strong> Vorhaben schon<br />
<strong>in</strong> dichtbesiedelten, wohlhabenden Industrienationen auf Schwierigkeiten, so<br />
kann man sich leicht vorstellen, was es für e<strong>in</strong> Land bedeutet, das mehr als 4.300<br />
Kilometer lang ist und <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> Teil der Menschen <strong>in</strong> der Wüste lebt, e<strong>in</strong> anderer<br />
im Süden auf dem Land und e<strong>in</strong> weiterer im tiefsten Patagonien, <strong>in</strong> ewigem<br />
Schnee und Eis.<br />
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