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Kurzmanuskript<br />
» Forum 1<br />
Dr. Jochen Walter, Vorstand, Stiftung Pfennigparade, München<br />
Unternehmen <strong>der</strong> Sozial- und Gesundheitswirtschaft:<br />
Mit welchen strategischen Konzepten wird den Herausfor<strong>der</strong>ungen an das Personalmanagement begegnet?<br />
Kurzfassung (Thesen und Fragen)<br />
1. Hausaufgaben machen!<br />
In <strong>der</strong> Pfennigparade, einer Stiftung mit 13 Tochtergesellschaften,<br />
ist vor über einem Jahr ein unternehmensübergreifendes<br />
strategisches Projekt „Personalmarketing“ mit<br />
5 Teilprojekten gestartet: Personalgewinnung/Arbeitgebermarketing,<br />
Personalbindung, Aus- und Weiterbildung,<br />
Rekrutierung von Quereinsteigern, Wohnraumbeschaffung<br />
für (neue) Mitarbeiter in München. Erste Ergebnisse sind<br />
erarbeitet und müssen nun umgesetzt o<strong>der</strong> weiter verfeinert<br />
werden. Neben <strong>der</strong> Erledigung dieser „handwerklichen<br />
Aufgaben“, denen sich in etwa wohl fast jedes sozialwirtschaftliches<br />
Unternehmen stellen muss, bedarf es allerdings<br />
weiterer Überlegungen.<br />
2. Droht eine „strategische Falle“?<br />
Für die durch die öffentliche Hand refinanzierten Geschäftsfel<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Pfennigparade (Behin<strong>der</strong>tenhilfe) gibt<br />
es eine bewusste strategische Entscheidung, die Mitarbeiter<br />
auch zukünftig tariflich und mit zusätzlicher Altersversorgung<br />
zu vergüten. Es wird jedoch zunehmend<br />
schwieriger, die – meist jährlichen – Tarifsteigerungen<br />
über die öffentlichen Entgelte vollständig zu decken. Hier<br />
droht möglicherweise eine strategische Falle, die mittel<br />
und langfristig auch die Gewinnung und Bindung von<br />
Fach- und Führungskräften erschweren könnte. Nehmen<br />
die öffentlichen Finanzierungsträger ihren gesetzlichen<br />
Auftrag ernst, so kann dies auch nicht in ihrem Interesse<br />
sein. Die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler machte<br />
jüngst im Bayerischen Landtag zudem auf eine „moralische<br />
Falle“ in Bezug auf die Mitarbeiter in <strong>der</strong> <strong>Sozialwirtschaft</strong><br />
aufmerksam: „Dauernde finanzielle Deckelung<br />
verletzt auch die Würde <strong>der</strong> Frauen und Männer, die …<br />
an<strong>der</strong>e auf ihrem Lebensweg begleiten.“<br />
3. Die <strong>Sozialwirtschaft</strong> muss sich teilweise „neu<br />
erfinden“<br />
Glaubt man einschlägigen Untersuchungen zu den Haltungen<br />
und Wertevorstellungen jüngerer Fach- und Führungskräfte,<br />
so müssen sicherlich Teile <strong>der</strong> bei uns<br />
eingeübten Unternehmenskultur auf den Prüfstand, um<br />
auch zukünftig ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wenn<br />
beispielsweise die tendenzielle Ablehnung von Hierarchie<br />
und Unterordnung, die Einfor<strong>der</strong>ung von 360-Grad-<br />
Feedback einschließlich einer sog. Aufwärtsbeurteilung<br />
bis zur obersten Leitung o<strong>der</strong> die umfassende und selbstverständliche<br />
Nutzung von Social Media die heranwachsende<br />
Generation von Fach- und Führungskräften<br />
kennzeichnen, dann sind sozialwirtschaftliche Unternehmen<br />
gefor<strong>der</strong>t, diese Motivationslage konstruktiv<br />
aufzugreifen und in ihre zukünftige Organisationsentwicklung<br />
zu integrieren.<br />
4. Welche weiteren strategischen Optionen gibt es?<br />
Es gibt eine Reihe zusätzlicher Potenziale, die je nach<br />
Branche und Charakter des Sozialunternehmens mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger erfolgsversprechend sein können, wie<br />
beispielsweise:<br />
Trendsetting – Offensive Umsetzung („als Spitzenreiter“)<br />
vermeintlicher Mega-Trends (z. B. Sozialraumorientierung,<br />
Inklusion), um Anziehungspunkt für beson<strong>der</strong>s innovative<br />
Fach- und Führungskräfte zu sein.<br />
Gezieltes Abwerben aus <strong>der</strong> gewerblichen Wirtschaft –<br />
Fach- und Führungskräfte mit beson<strong>der</strong>s hoher Werteorientierung<br />
sind überdurchschnittlich häufig unzufrieden<br />
mit ihren bisherigen Arbeitgebern und entsprechend<br />
wechselwillig, wenn beson<strong>der</strong>s „sinnstiftende“ und<br />
„erfüllende“ Arbeitsaufgaben geboten werden.<br />
Hybridstrategien – Wasel/Haas haben kürzlich in Anlehnung<br />
an Bleicher ein Konzept hybri<strong>der</strong> Organisationen<br />
skizziert, mit dem sich insbeson<strong>der</strong>e große sozialwirtschaftliche<br />
Unternehmen, die in unterschiedlichen Branchen<br />
(z. B. Gesundheitswesen, Altenhilfe, Behin<strong>der</strong>tenhilfe,<br />
Dienstleistungen) tätig und mit unterschiedlichen staatlichen<br />
o<strong>der</strong> marktlichen Steuerungsmechanismen konfrontiert<br />
sind, ganz bewusst (vorübergehend) ambivalent<br />
positionieren können. Dieser Ansatz könnte möglicherweise<br />
auch vielversprechend sein für die werteorientierte<br />
Bindung unterschiedlich sozialisierter Personaltypen an<br />
das Unternehmen. ««<br />
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Forum 1 | Kurzmanuskript Dr. Jochen Walter<br />
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