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INTERVIEW ÜBER HOCHWASSER, ASYLANTEN, TOURISMUS, NORDTANGENTE UND KULTUR: OB Jürgen Dupper im Interview Engagiert: OB Jürgen Dupper inmitten in Passau neu angekommener Asylanten. Foto: Duschl Das Jahr 2014 neigt sich in großen Schritten dem Ende zu. Dies nimmt Mein Passau zum Anlass, OB Jürgen Dupper Fragen rückblickend auf dieses Jahr und als Ausblick auf 2015 zu stellen. Mein Passau: Wie ist der aktuelle Stand bei der Hochwasserfolgenbewältigung? Wie vielen Geschädigten Privathaushalten und Unternehmen konnte denn 2014 seitens der Verwaltung geholfen werden bzw. verwaltungsseitig zum Fallabschluss gebracht werden? „DIE STADT PAS- SAU KONNTE BIS HEUTE DIE AN- TRÄGE VON 470 GEBÄUDEEIGEN- TÜMERN UND 120 HAUSRATS- GESCHÄDIGTEN BEWILLIGEN“ Jürgen Dupper: Für hochwassergeschädigte Privathaushalte und Unternehmen konnten wir bisher 56,1 Millionen Euro an staatlichen Hilfen ausbezahlen. Bei Privathaushalten ist in Gebäude- und Hausratschäden zu untergliedern. Die Stadt Passau konnte bis heute die Anträge von 470 Gebäudeeigentümern und 120 Hausratsgeschädigten bewilligen. Insgesamt sind somit rund 80 Prozent aller hochwassergeschädigten Privathaushalte bei der Stadt Passau vorstellig geworden und haben einen positiven Bewilligungsbescheid erhalten. Die Auszahlung der Hilfeleistung erfolgt in Raten, die individuell nach der jeweiligen Sanierungsbzw. Anschaffungssituation berechnet und festgesetzt werden. Vollständig abgeschlossen konnten bislang die Anträge von zirka 100 Hausratsgeschädigten und ebenfalls zirka 100 Gebäu- 10 degeschädigten. Bislang wurden rund 46,8 Millionen Euro bewilligt, ausbezahlt wurden bereits 28,1 Millionen Euro. Von geschädigten Unternehmen wurden bisher 425 Anträge bearbeitet und Hilfsmittel in Höhe von rund 28 Millionen Euro ausbezahlt. Mein Passau: Passau ist als Touristendestination sehr gut platziert, es gab Rekordzahlen bei den anlegenden Kreuzfahrtschiffen. Was zieht die Menschen hierher und ist eigentlich ersichtlich, wie viele Erstbesucher der Dreiflüssestadt darunter sind? Jürgen Dupper: Nicht nur bei den Kreuzfahrtschiffen sondern auch bei den Übernachtungszahlen kann Passau in diesem Jahr Rekordwerte verzeichnen. Nach Passau kommen in erster Linie Städte- und Kulturtouristen, Rad- und Wandertouristen sowie die angesprochenen Schiffstouristen. Sie alle schätzen gleichermaßen die reichhaltige Kultur- und Naturlandschaft sowie unsere breitgefächerte Freizeitinfrastruktur. Neben der barocken Altstadt mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten sind besonders auch das Dreiflüsseeck sowie unsere blühende Innpromenade gern besuchte Ziele. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich auch die Orgel-
INTERVIEW Das Passauer Stadtoberhaupt gibt Mein Passau Einblicke darüber, was heuer war, ist und nächstes Jahr sein wird konzerte im Dom St. Stephan sowie Ausflugsfahrten mit dem Schiff. Eine Gästebefragung hat ergeben, dass 54 Prozent unserer Gäste Erstbesucher, 41 Prozent Wiederholungsbesucher und 5 Prozent Stammgäste sind. Mein Passau: Der Zustrom Asylsuchender scheint zum bestimmenden Jahresthema in Stadt und Landkreis zu werden. Welche Last trägt hierbei gegenwärtig die Stadt Passau sowohl bei erwachsenen Asylbewerbern als auch bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen? Welche besonderen Herausforderungen treffen uns als Grenzstadt, beziehungsweise als Ort des Aufgriffs dieser Personen? Wie viel davon machen Sie gegenüber der Bayerischen Staatsregierung bzw. dem BAMF transparent? Jürgen Dupper: In der Stadt Passau sind derzeit etwa 200 Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften und etwa 60 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Notunterkünften untergebracht. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt durch die Regierung von Niederbayern. Auch die unmittelbaren Kosten werden in vollem Umfang durch den Freistaat Bayern getragen. Die Stadt Passau trägt allerdings den Verwaltungsaufwand für die ausländerrechtliche Bearbeitung, die Auszahlung der Taschengelder und die Ausstellung von Krankenscheinen. Daneben fallen noch indirekte Aufwendungen an, zum Beispiel für den Besuch von Kindertagesstätten. Anders ist die Situation bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Diese fallen seit Jahresbeginn in vollem Umfang unter das Jugendhilferecht. Zuständig ist die Behörde, in deren Bereich die Jugendlichen aufgegriffen werden. Diese Zuständigkeitsbestimmung hat zur Folge, dass Grenzstädte und Landkreise an den Hauptverkehrsrouten und den überregionalen Bahnstrecken in besonderer Weise betroffen sind. Die Jugendlichen durchlaufen zunächst ein „Clearingverfahren“, das von der Stadt Passau zu organisieren ist. Derzeit sind etwa 15 Mitarbeiter mit dieser Aufgabe, der Übernahme von Vormundschaften und von Abrechnungsaufgaben beschäftigt. Zur Durchführung des Clearingverfahrens sind die Jugendlichen derzeit in Notunterkünften (Anm. d. Red.: Turnhalle, Stadionnebengebäude) untergebracht. Die Kosten für die Betreuung und Verpflegung werden nach einem bundesweiten Verrechnungsverfahren – auf derzeit noch ungesicherter rechtlicher Basis - anderen Behörden in Rechnung gestellt. Nicht verrechnungsfähig sind die im Jugendamt oder im Ausländeramt selbst anfallenden Kosten für derzeit etwa zehn Vollzeitäquivalente (Anm. d. Red.: Vormundschaften, Abrechnungen sowie alle mit dem Clearing zusammenhängenden Rechts- und Verwaltungsfragen). Die Stadt Passau wendet auf der Basis der derzeitigen Flüchtlingszahlen und auf das Jahr hochgerechnet deutlich mehr als 500.000 Euro auf, um diesen Aufgaben gerecht zu werden. Es ist ungeklärt, ob, beziehungsweise in welcher Höhe diese Kosten durch den Freistaat Bayern erstattet werden. Mein Passau: Die Nordtangente war eines der bestimmenden Themen aller Kandidaten bei der Kommunalwahl im Frühjahr. Im Frühherbst holen Sie auch einige Wirtschaftsakteure erneut aufs Tapet. Wie ist hier der momentane Sachstand? Wie sind die Meinungen in den städtischen Gremien? Wann wird darüber entschieden? Jürgen Dupper: Der Bau einer Nordumfahrung und die damit verknüpfte „DIE VERKEHR- LICHEN ENT- LASTUNGSWIR- KUNGEN EINER STADTNAHEN UMFAHRUNG WERDEN DEUT- LICH ÜBER- SCHÄTZT“ Hoffnung, den Verkehrsfluss im Stadtgebiet zu verbessern, beschäftigt die Stadt bereits seit vielen Jahren. In mehreren Gutachten wurden die Wirkungen von verschiedenen Trassenvarianten untersucht. Das übereinstimmende Ergebnis aller Untersuchungen ist, dass die verkehrlichen Entlastungswirkungen einer stadtnahen Umfahrung deutlich überschätzt werden. Zuletzt wurden im Rahmen des Verkehrsentwicklungsplans 2012 vier stadtnahe Trassenkorridore von Verkehrsgutach- 11 tern untersucht. Bei allen Varianten wurden nur sehr begrenzte Entlastungswirkungen im Stadtgebiet prognostiziert. Selbst für den östlichen Landkreis Passau hat sich gezeigt, dass die untersuchten Varianten nicht nachhaltig wirksam sind. Dies gilt insbesondere auch für den Lkw-Verkehr. Diesem geringen verkehrlichen Nutzen stehen aber erhebliche Kosten gegenüber. Vor diesem Hintergrund hat sich der Passauer Stadtrat mit großer Mehrheit gegen eine stadtnahe Nordumfahrung ausgesprochen. Unser Ziel ist es daher, gemeinsam mit dem Staatlichen Bauamt, die Leistungsfähigkeit im vorhandenen Straßennetz rund um die Franz-Josef-Strauß-Brücke weiter zu verbessern. Hier konnte in diesem Jahr mit dem Planfeststellungsbeschluss für die Abfahrtsrampe von der B 12 zur B 8 ein entscheidender Schritt gemacht werden, sodass wir davon ausgehen, in 2015 mit der Bau der Rampe beginnen zu können. Mein Passau: Als OB sind Sie natürlich das ganze Jahr auf diversen Terminen unterwegs. Können Sie sich an einen besonders schönen Anlass oder Besuch in diesem Jahr erinnern? Jürgen Dupper: Ich genieße die direkten Begegnungen mit den Menschen, der kleine oder große „Ratsch“ am Rande eines Festes oder einer Veranstaltung ist das Besondere. Mein Passau: Bei unserem letzten Interview sprachen wir unter anderem über das Thema „Kunstnacht“. Ab nächstem Jahr obliegt die Organisation dieser Veranstaltung federführend der Stadt. Was wünschen Sie sich persönlich von diesem Fest? Was soll und wird sich ändern? Jürgen Dupper: Um nicht alle organisatorischen Verantwortlichkeiten auf private Schultern zu legen, wird sich die Stadt Passau stärker einbringen. Die Kunstnacht soll deshalb im Rahmen einer Kooperation mit dem bisherigen Veranstalter Till Hoffmann durchgeführt werden. Inhaltlich soll der Fokus wieder primär auf die Bereiche „Kunst und Kultur“ gerichtet werden. Die musikalische Umrahmung, bei der auch auf die Belange der Altstadtbewohner Rücksicht genommen werden soll, werden Künstler aus Passau übernehmen. Für das leibliche Wohl sollen in erster Linie die Gastronomen aus der Altstadt sorgen. Insgesamt soll die Kunstnacht wieder zu ihrem ursprünglichen Charakter zurückgeführt werden. Mein Passau: Und weil wir so schon quasi durch die Hintertür im kommenden Jahr gelandet sind, bitten wir Sie abschließend um eine kleine Vorschau: Was sind Ihre Wünsche für das Jahr 2015. Jürgen Dupper: Es wäre schön, wenn wir die letzten Hochwasserschäden auch noch beseitigen könnten. Das Gespräch führten Katharina Krückl und Tobias Schmidt.
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