Grundlagen des Haushaltsrechts - Finanzministerium NRW
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Direkte Schätzverfahren stützen sich ausschließlich auf Vergangenheitswerte der zu schätzenden<br />
Steuereinnahmen. Aus der Zeitreihe der bisherigen Einnahmen wird ein Trend berechnet und in die<br />
Zukunft extrapoliert. Änderungen der erwähnten exogenen Faktoren, also <strong>des</strong> Verhaltens der Steuerpflichtigen,<br />
der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch <strong>des</strong> Steuerrechts selbst, können bei diesen<br />
Methoden nicht berücksichtigt werden. Sie eignen sich daher hauptsächlich für kurzfristige Schätzungen.<br />
Eine dynamische Betrachtung ist nur mit Hilfe von indirekten Schätzmethoden möglich. Sie simulieren<br />
auf der Ebene der Gesamtwirtschaft die Veranlagung von Durchschnittssteuerpflichtigen. Ausgehend<br />
von einer zunächst selbst zu schätzenden Steuerbemessungsgrundlage oder einer geeigneten Hilfsgröße<br />
ermitteln sie über den Steuertarif die Steuerschuld. In einem zweiten Schritt wird das durch<br />
Veranlagungs- und Zahlungsmodalitäten entstehende kassenmäßige Aufkommen abgeleitet.<br />
Die indirekten Verfahren sind wesentlich komplexer als die direkten Methoden. Sie erfordern eine<br />
breitere Datenbasis. Insbesondere sind Kenntnisse über die Steuerbemessungsgrundlage notwendig.<br />
Sollen Feinheiten und Besonderheiten <strong>des</strong> Steuerrechts berücksichtigt werden, muss die Bemessungsgrundlage<br />
sogar disaggregiert dargestellt werden.<br />
Bereits bei der Datenbeschaffung treten erhebliche Schwierigkeiten auf: Die von der amtlichen Steuerstatistik<br />
bereitgestellten Daten sind bei ihrem Erscheinen bereits veraltet. Die Veranlagungsdaten<br />
aus dem Festsetzungsverfahren werden alle drei Jahre für statistische Zwecke aufbereitet. Zur Zeit<br />
muss z.B. noch mit der Einkommensteuerstatistik 2001 gearbeitet werden.<br />
Für die in die Zukunft gerichtete Steuerschätzung bedarf es weiter eines einigermaßen gesicherten<br />
Anschlusses der Bemessungsgrundlage an die Gegenwart. Bei allen einkommensabhängigen Steuerarten,<br />
also z. B. der Lohnsteuer, der veranlagten Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer<br />
aber auch der Umsatzsteuer greift man hier auf Teilaggregate der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung<br />
zurück. So wird die Bruttolohn- und -gehaltssumme als Hilfsindikator für die steuerpflichtigen<br />
Arbeitslöhne zur Prognose <strong>des</strong> Lohnsteueraufkommens verwendet.<br />
Ausgangspunkt jeder Steuerschätzung ist somit die Analyse und Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />
Auf der Grundlage von Konjunkturprognosen und Wachstumsprojektionen werden Basisdaten<br />
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt. Die wichtigste Größe ist das Bruttoinlandsprodukt,<br />
definiert als der Marktwert aller Güter, die in einer Volkswirtschaft innerhalb einer bestimmten<br />
Periode konsumiert oder investiert werden, zuzüglich <strong>des</strong> Saldos aus Exporten und Importen sowie<br />
seine Teilaggregate Konsumausgaben der privaten Haushalte und der privaten Organisationen ohne<br />
Erwerbszweck, Konsumausgaben <strong>des</strong> Staates, Bruttoinvestitionen und Außenbeitrag. Von der Entstehungsseite<br />
<strong>des</strong> Bruttoinlandsproduktes her müssen die Bruttolöhne und -gehälter und die Unternehmens-<br />
und Vermögenseinkommen prognostiziert werden.<br />
Die indirekten Schätzverfahren werden insbesondere bei den großen Gemeinschaftsteuern wie Lohn-,<br />
Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer angewendet. Die Schätzergebnisse unterstellen damit<br />
immer eine Entwicklung, die dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt entspricht.