NFV_09_2009 - Rot Weiss Damme
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Interview<br />
24<br />
nen Jahren hervorgebracht? Diese lassen sich<br />
an einer Hand abzählen. Die Spielerinnen gehen,<br />
weil wir ihnen hier nichts bieten. Von<br />
den Vereinen her, aber auch von den Spielstrukturen.<br />
Eine talentierte Spielerin mit 15<br />
oder 16 Jahren kann in Bayern in der höchsten<br />
B-Juniorinnenliga auf Verbandsebene<br />
spielen, der Bayernliga. In Niedersachsen dagegen<br />
haben wir keine Leistungsklasse. Deshalb<br />
müssen wir wie gesagt den Aufbau einer<br />
zweigeteilten Oberliga im B-Juniorinnenbereich<br />
vorantreiben.<br />
Fußball-Journal: Wer sich im<br />
Teenageralter leistungsorientiert entwickeln<br />
möchte, dem bleibt also nur der Weggang<br />
aus Niedersachsen?<br />
<strong>Rot</strong>ter: So hart würde ich es nicht<br />
ausdrücken. Aber, ganz klar, wir müssen<br />
strukturell bessere Bedingungen schaffen.<br />
Es wird zwar der Mädchenfußball in den<br />
Teilbereichen und Bereichen (Talentförderkonzept<br />
des <strong>NFV</strong>; d. Red.) leistungsorientiert<br />
gefördert, aber die Vereine müssen<br />
noch mitziehen.<br />
Fußball-Journal: Einem 15-jährigen<br />
Mädchen bietet sich als jüngere B-Juniorin<br />
aber auch die Möglichkeit, in den Frauenbereich<br />
aufzurücken.<br />
<strong>Rot</strong>ter: Das ist eine Kann-Bestimmung.<br />
Eine Freigabe wird nur erteilt, wenn die Spielerin<br />
keine andere adäquate Spielmöglichkeit<br />
hat. Wenn sie aber bei einem Verein in der<br />
näheren Umgebung spielen kann oder es sogar<br />
eine Möglichkeit im eigenen Verein gibt,<br />
sei es bei den C-Mädchen oder den C-Junioren<br />
und B-Junioren auf Kreisebene, dann<br />
kommt eine Freigabe nicht in Frage. Wir wollen<br />
jedes 15-jährige Mädchen im Jugendspielbetrieb<br />
halten. Nur so kann der Aufbau<br />
eines qualitativ guten Nachwuchsbereiches<br />
in Form von Leistungsstaffeln erfolgen.<br />
Fußball-Journal: Ein großes Problem<br />
ist der Abbruch von Spielerinnen an der<br />
Schnittstelle B-Juniorinnen/Frauen. Woran<br />
liegt das?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Damit sprechen Sie einen wichtigen<br />
Aspekt an. Wir haben vorhin die Problematik<br />
angerissen, dass wir in Niedersachsen<br />
für die B-Juniorinnen bis zur vergangenen<br />
Saison nur einen Spielbetrieb auf Kreisebene<br />
und mit 7er-Mannschaften hatten.<br />
Stellen wir uns jetzt mal vor, dass eine Spielerin<br />
in eine Frauenmannschaft aufrückt, die in<br />
der Bezirksoberliga und auf einem 11er Feld<br />
spielt. Da ist der Bruch zum Teil einfach zu<br />
groß. Oder, auch dieses Thema hatten wir,<br />
eine 17-Jährige hat keinen Bock, mit über<br />
30-Jährigen zu spielen. Manchmal ist es auch<br />
so, dass die eigene Frauenmannschaft recht<br />
schwach ist, so dass sich die Jugendliche<br />
sagt: Nee, das tue ich mir nicht mehr an,<br />
dann bleibe ich lieber weg vom Fußball.<br />
Fußball-Journal: Immer stärker wird<br />
vor diesem Thema die Einführung eines<br />
Spielbetriebes für A-Juniorinnen diskutiert.<br />
<strong>Rot</strong>ter: Nicht nur diskutiert. Der Verbandsvorstand<br />
hat im Mai die Satzung dahingehend<br />
verändert, dass die für den Frauen-<br />
und Juniorinnenfußball zuständigen Ausschüsse<br />
in den Kreisen berechtigt sind, einen<br />
Spielbetrieb für A-Juniorinnen aufzubauen.<br />
Mit Beginn dieser Saison haben dies bereits<br />
sieben Kreise umgesetzt.<br />
Fußball-Journal: Welche?<br />
September 20<strong>09</strong><br />
<strong>Rot</strong>ter: In Cuxhaven, Emsland, Harburg,<br />
Northeim-Einbeck, <strong>Rot</strong>enburg und Soltau-Fallingbostel<br />
gibt es eine Kreisliga, in<br />
Diepholz eine 1. Kreisklasse.<br />
Fußball-Journal: Die Einführung von<br />
Spielklassen für A-Juniorinnen dürfte aber zu<br />
Beeinträchtigungen im Frauenspielbetrieb<br />
führen.<br />
<strong>Rot</strong>ter: Natürlich müssen hier Vor- und<br />
Nachteile gegeneinander abwägt werden.<br />
Für mich überwiegen aber eindeutig die Vorteile,<br />
da die Mädchen nun länger unter sich<br />
und sich besser auf den Frauenbereich vorbereiten<br />
können. Was spricht dagegen, dass<br />
eine geschlossene B-Jugend erst einmal<br />
zu einer A-Jugend wird?<br />
Fußball-Journal: Am 1. September<br />
werden es zehn Monate, seit<br />
dem Sie zur Vorsitzenden des neu ge-<br />
bildeten Frauen- und Mädchenausschusses<br />
gewählt wurden. Wie zufrieden sind Sie mit<br />
ihrer bisherigen Amtsperiode?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Mit der Bildung eines eigenen<br />
Ausschusses für Frauen- und Mädchen wurde<br />
eine wesentliche Voraussetzung für eine<br />
erfolgreiche Arbeit geschaffen. Dadurch haben<br />
wir innerhalb des <strong>NFV</strong> ein anderes Standing.<br />
Der Kontakt Richtung Vorstand und<br />
Präsidium verläuft jetzt auf direktem Wege.<br />
Vieles ist einfacher und schneller auf die Beine<br />
zu bringen, als wenn wir über den Jugendausschuss<br />
gehen müssten. Positiv ist zudem,<br />
dass mein Ausschuss so gewählt worden<br />
ist, wie ich es mir gewünscht habe, so<br />
dass wir einheitlich arbeiten können. Wir haben<br />
viele Visionen. Zu ihnen gehört auch die<br />
Einführung eines Pokalwettbewerbes für B-<br />
Juniorinnen auf Niedersachsenebene. Und<br />
wir wollen im Frauenbereich auch mal an die<br />
Seniorinnen denken.<br />
Fußball-Journal: Was bedeutet das<br />
konkret?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Angebote für die Altersklassen<br />
Ü 32/Ü 35. Wieso müssen 38-Jährige immer<br />
bei den Frauen mitspielen und nicht unter<br />
sich? Was wir vorhaben, tangiert nicht den<br />
Frauenspielbetrieb. Angedacht sind zusätzliche<br />
Spieltage in der Woche oder auch Turniere.<br />
Erst auf Kreis-, dann auf Bezirks- und<br />
schließlich auf Niedersachsenebene. Eine<br />
Konkurrenz zum Frauenspielbetrieb wird<br />
nicht entstehen.<br />
Fußball-Journal: Im Gespräch ist auch<br />
eine Art „TÜV-Plakette“ für Vereine.<br />
<strong>Rot</strong>ter (lacht): … Über dieses Thema<br />
haben wir im Ausschuss kontrovers diskutiert.<br />
Wir werden dem Präsidium dem-<br />
nächst den Vorschlag unterbreiten, ein Zertifikat<br />
für Vereine mit vorbildlicher Arbeit<br />
im Frauen- und Mädchenfußball einzuführen.<br />
Eine Art Gütesiegel, das für zwei, drei<br />
Jahre verliehen wird.<br />
Fußball-Journal: Warum gab es zu diesem<br />
Thema ein Pro und Contra?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Wir waren uns zunächst nicht<br />
einig, welche Kriterien ein Verein erbringen<br />
muss, um das Zertifikat zu erhalten.<br />
Fußball-Journal: Kommen Sie als Rektorin<br />
der Realschule Wedemark eigentlich<br />
noch selbst dazu, Fußball zu unterrichten?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Ja, klar. Wobei ich, ehrlich gesagt,<br />
im Klassenverband lieber Futsal unterrichte.<br />
Beim Fußball ist die Schere zwischen<br />
Jungen und Mädchen in der Sekundarstufe 1<br />
einfach zu groß. Die Einsicht, sich zurückzunehmen,<br />
ist bei vielen Jungen nicht gegeben.<br />
Als sehr gute Alternative hat sich Futsal erwiesen.<br />
Der Ball ist für Anfänger besser beherrschbar,<br />
der Körperkontakt nicht so intensiv.<br />
Interessanterweise werden beim<br />
Futsal die schwächeren Schüler oder Schülerinnen<br />
von den Guten viel mehr ins Spiel<br />
mit einbezogen als beim Fußball. Das<br />
sind nicht nur meine Erfahrungen, sondern<br />
auch die meiner Referendarin, die über das<br />
Thema Futsal ihre Hausarbeit geschrieben<br />
hat.<br />
Fußball-Journal: Welchen<br />
Stellenwert hat Futsal im<br />
niedersächsischen Mädchen- und<br />
Frauenbereich?<br />
<strong>Rot</strong>ter: Wir haben mal eine Abfrage<br />
unter unseren Kreisen gemacht, wie ihre Angebote<br />
zum Futsal aussehen. Nicht ein einziges<br />
Turnier ist mit einem Futsal gespielt worden.<br />
Wohlgemerkt, in ganz Niedersachsen.<br />
Demgegenüber stehen gute Erfahrungen<br />
des Hamburger Fußballverbandes, der bei einer<br />
Hallenrunde nach Fußballregeln, aber<br />
mit einem Futsal gespielt hat. Um einfach<br />
das „Gebolze“ gegen die Wand oder die<br />
Bande zu minimieren. Um einfach mehr<br />
Spielkultur hineinzubekommen. Das sind für<br />
mich interessante Ansätze. Es geht nicht darum,<br />
Futsal als das Nonplusultra des Hallenfußballs<br />
darzustellen. Aber für Alternativen<br />
sollte man immer offen sein.<br />
Fußball-Journal: Neue Wege haben<br />
Sie bereits in der Öffentlichkeitsarbeit beschritten.<br />
Es gibt inzwischen ein eigenes<br />
Logo für Mädchenfußball in Niedersachsen,<br />
ein Werbevideo des <strong>NFV</strong> und auf der jährlichen<br />
Tagung der Kreismädchenreferentinnen<br />
wurde eine Powerpoint-Präsentation<br />
vorgestellt, deren Inhalte nun verstärkt in<br />
den Vereinen kommuniziert werden sollen.<br />
<strong>Rot</strong>ter: Wir haben zum ersten Mal eine<br />
solche Präsentation erstellt. Die vergangenen<br />
Jahre haben gezeigt, dass an der Basis zum<br />
Teil noch sehr viel Unwissenheit vorherrscht.<br />
Wie Meisterschaften ablaufen, welche Förderprogramme<br />
es gibt oder was es mit dem<br />
Norweger-Modell auf sich hat. Manche Vereine<br />
wissen zum Beispiel gar nicht, dass man<br />
auch gemischte Staffeln spielen kann oder<br />
das Mädchenmannschafen in Jungenstaffeln<br />
mitspielen dürfen. Auch dieses Serviceangebot<br />
ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung<br />
des Mädchenfußballs in Niedersachsen.<br />
Fußball-Journal: Frau <strong>Rot</strong>ter, vielen<br />
Dank für das Gespräch. ■