NFV_09_2009 - Rot Weiss Damme
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Interview<br />
8<br />
„Lage ist derzeit<br />
sehr angespannt“<br />
Niedersächsischer Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler<br />
zur aktuellen Wirtschaftskrise<br />
und seine Verbundenheit zum Fußball<br />
Von REINER KRAMER<br />
Fußball-Journal: Sehr geehrter Herr<br />
Dr. Rösler, die Sportförderung in Niedersachsen<br />
ist für den Fußball in den vergangenen<br />
zehn Jahren um mehr als zehn Prozent<br />
gekürzt worden. Die Sportförderung fällt<br />
zwar nicht in Ihr Wirtschaftsressort. Dennoch<br />
die Frage: Wird der Sport in den kommenden<br />
Jahren noch weitere Kürzungen<br />
vom Land hinnehmen müssen?<br />
Rösler: Die Lage insgesamt ist derzeit<br />
sehr angespannt. Es ist ja bekannt, welche<br />
Belastungen mit der Wirtschaftskrise auch<br />
für die öffentlichen Haushalte einhergehen.<br />
Ich kann ihnen aus eigener Erfahrung aus<br />
dem Wirtschaftsministerium sagen, wie<br />
schwierig es ist, sich die entsprechenden finanziellen<br />
Handlungsspielräume offen zu<br />
September 20<strong>09</strong><br />
halten. Es wäre auch niemandem geholfen,<br />
jetzt die Glaskugel anzuschmeißen und Prophezeiungen<br />
für die nächsten Jahre zu machen.<br />
Fußball-Journal: Die Sportförderung<br />
in Niedersachsen hängt vom Erhalt des<br />
Glücksspielmonopols ab. Der Vertrag läuft<br />
noch bis zum 31. Dezember 2011. Sehen<br />
Sie Chancen, dass der Vertrag noch mal verlängert<br />
wird bzw. können sie sich auch Lizenzen<br />
für private Wettanbieter vorstellen?<br />
Rösler: Zunächst einmal gilt der<br />
Staatsvertrag. Man muss sich aber durchaus<br />
Gedanken über eine Weiterentwicklung des<br />
Glücksspielrechts machen. Darüber wird in<br />
den nächsten Jahren zu reden sein. In der<br />
Diskussion müssen die ordnungs- und gesellschaftspolitischen<br />
Gesichtspunkte, aber<br />
auch die Entwicklungen auf europäischer<br />
Ebene Berücksichtigung finden. Eine mögliche<br />
Öffnung auch für private Wettanbieter<br />
könnte hier einen Weg darstellen.<br />
Fußball-Journal: Der Profifußball ist<br />
stark abhängig von der Wirtschaft. Wird<br />
sich die Weltwirtschaftskrise auf den Sport<br />
in Deutschland negativ auswirken?<br />
Rösler: Im Gegensatz zu den Ligen in<br />
anderen Ländern hat die Bundesliga eine<br />
breite Basis an Einnahmequellen und einen<br />
starken Zuschauerzuspruch in modernen<br />
Stadien. Daher halte ich die Bundesliga für<br />
wirtschaftlich gesund. Sie ist nicht von Einzelinvestoren<br />
abhängig, die wie in England<br />
teilweise selber massiv von der Wirtschaftskrise<br />
betroffen sind. Dennoch wird die Krise<br />
auch an der Bundesliga nicht spurlos vorüber<br />
gehen, wenn Unternehmen ihre Ausgabenstrukturen<br />
überdenken und in der Folge<br />
bei Sponsoring, Werbeverträgen sowie bei<br />
Logen und Business-Seats in den Stadien<br />
Einsparungen vornehmen. Ich gehe aber<br />
davon aus, dass die meisten Klubs diese<br />
Verluste kompensieren können und die Attraktivität<br />
der Liga im internationalen Vergleich<br />
eher zunehmen wird. Das zeigen die<br />
guten Dauerkartenverkäufe für die aktuelle<br />
Saison.<br />
Fußball-Journal: Die Kommerzialisierung<br />
des Fußballs ist in den vergangenen<br />
Jahren weit vorangeschritten. Da kauft der<br />
Russe Roman Abramovich mit dem FC Chelsea<br />
einen Verein aus der englischen Premier<br />
League und kaum jemand regt sich heute<br />
noch darüber auf. Wie beurteilen Sie als<br />
Wirtschaftsminister diese Entwicklung im<br />
Fußball?<br />
Rösler: Der Profifußball ist heute ein<br />
wichtiger Wirtschaftsfaktor, der nicht nur<br />
Millionen Zuschauer bewegt, sondern auch<br />
viele Tausend Arbeitsplätze schafft. Ich<br />
möchte daher Investoren im Fußball nicht<br />
verurteilen, sie sind auch kein neues Phänomen.<br />
So wären die internationalen Erfolge<br />
von Juventus Turin oder der Mailänder Vereine<br />
ohne die über Jahrzehnte dahinter stehenden<br />
Unternehmerfamilien kaum vorstellbar<br />
und auch in Spanien war es schon<br />
lange üblich, dass sich Präsidenten wie bei<br />
Real Madrid massiv mit ihrem Privatvermögen<br />
engagieren. Ebenso hat die Verbindung<br />
von Fußballklubs und Unternehmerpersönlichkeiten<br />
in Deutschland eine lange Tradition.<br />
Ein Beispiel in Niedersachsen war Eintracht<br />
Braunschweig und Günter Mast, mit<br />
ihm und der ersten Trikotwerbung spielte<br />
Braunschweig in den 70er Jahren in der Ligaspitze<br />
mit, nach seinem Ausstieg erfolgte<br />
der Abstieg in die Drittklassigkeit. Investoren<br />
werden allerdings dann zum Problem,<br />
wenn sie einen Verein nur als Spielzeug für<br />
ihr persönliches Ego betrachten und später<br />
ihr Interesse verlieren und den Verein wieder<br />
abstoßen wollen. Ebenso ist es ein moralisches<br />
Problem, wenn Investoren ihr Vermögen<br />
nicht unter rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen<br />
und nach den Prinzipien<br />
der sozialen Marktwirtschaft erworben haben.<br />
Fußball-Journal: 96-Präsident Martin<br />
Kind, erfolgreicher Unternehmer, möchte<br />
die in der Bundesliga bestehende 50+1-Regel<br />
kippen. Der Ligavorstand hat sich jedoch<br />
im Herbst vergangenen Jahres für die Beibehaltung<br />
ausgesprochen. So sollen Investoren<br />
auch in Zukunft keine Mehrheit und damit<br />
auch keine uneingeschränkte Macht in<br />
den Vereinen erwerben können. Wie bewerten<br />
Sie persönlich die 50+1-Regel? ➤