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Improvisation - Sanitas Troesch AG

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Vom Mechaniker zum Extremalpinisten<br />

So richtig als Profi wahrgenommen wird Dani Arnold erst, seit<br />

er am 20. April 2011 in der Eigernordwand auf der legendären<br />

Heckmair-Route einen Speedrekord aufgestellt hat, den vorher<br />

Ueli Steck hielt. Dani Arnold grinst wie ein Lausbub und runzelt<br />

dann die Stirn: «Ich habe zuvor bereits die erste Winterbesteigung<br />

des ‹Torre Egger› in Patagonien geschafft und erhielt dafür auch<br />

einige Medienpräsenz. Natürlich hatte ich schon davor gute<br />

Sachen gemacht — nur hat das damals niemanden interessiert!»<br />

Das ist wohl das Los vieler Alpinisten zwischen Hobby und<br />

Profitum — was nicht in den Medien steht, hat nicht stattgefunden.<br />

Dani Arnold ist trotz seiner Erfolge auf dem Boden geblieben und<br />

arbeitet auch weiterhin als Bergführer. «Wenn ich Leute führe,<br />

dann ist das, wie wenn ein anderer ‹gaht ga müre›», erklärt er.<br />

Führen ist seine Arbeit, Bergsteigen ist seine Leidenschaft. Notfalls<br />

könne er auch wieder als Mechaniker arbeiten, sagt Dani<br />

Arnold. «Es braucht nur einen blöden Unfall, dann ist fertig mit<br />

Bergsteigen — das ist mir klar.» Doch momentan muss er sich<br />

keine Gedanken zu Keilriemen und Batterien machen, eher über<br />

Vorträge und Medientermine: Kürzlich war er für seine Hauptsponsoren<br />

Mammut und Victorinox an einer Outdoormesse in Friedrichshafen.<br />

In der Garage hängen Seile diverser Längen, Farben<br />

und Durchmesser. Und auch im Büro stapeln sich Ausrüstungsge-<br />

10 casanova November 2011 sanitas troesch<br />

«Es braucht nur einen blöden Unfall, dann<br />

ist fertig mit Bergsteigen — das ist mir klar.»<br />

genstände wie Schuhe, Eispickel und Steigeisen. Darunter sind<br />

Prototypen, die er gerade für seine Sponsoren testet. Seine Erfahrung<br />

und sein Fachwissen sorgen auch dafür, dass die Klettermaterialien<br />

immer besser und sicherer werden.<br />

Von Vorbildern und Zielen<br />

Hat er Vorbilder am Berg? Die Antwort kommt schnell: «Nein, die<br />

gibts nicht. Früher waren das sicher Ueli Steck und Stephan Siegrist.<br />

Sie sind schon noch irgendwie Vorbilder, aber nicht mehr<br />

im Bereich des Bergsteigens, sondern punkto Vermarktung», erklärt<br />

Dani Arnold. Es tönt nicht arrogant, sondern geerdet und<br />

selbstbewusst, so wie er das sagt. Hier weiss einer, was er kann. Die<br />

Arbeit für seine Vorträge bereitet ihm offensichtlich noch Kopfzerbrechen,<br />

auch wenn er sie mag. Dafür scheint ihn die Aussicht<br />

auf kommende Touren zu beflügeln. Die Stärke eines Bergsteigers<br />

liegt im Kopf, das betont er immer wieder. Man dürfe keine Angst<br />

vor der Niederlage haben. Und: «Du musst auch Dinge wagen, die<br />

noch niemand gemacht hat.» Ein Mensch, der immer nur auf der<br />

sicheren Seite sein wolle, erreiche als Bergsteiger nicht viel.<br />

Bergsteigen — Planung oder <strong>Improvisation</strong>?<br />

Wir verlassen die Wohnung, überqueren den eisblauen Fluss. An<br />

Einfamilienhäusern vorbei gehts ins nahe Wäldchen zum Foto-<br />

«Du musst erkennen, wenn du einen guten Tag<br />

hast. An so einem Tag ist fast alles möglich.»<br />

sanitas troesch November 2011 casanova 11<br />

termin. Dani Arnold schreitet voran, nur selten läuft er direkt neben<br />

seinen Begleitern. Die Macht der Gewohnheit als Bergführer? Er<br />

blinzelt zufrieden in die Sonne Richtung Berge, als die Fotografin<br />

neue Anweisungen gibt. Ob Bergsteigen eher Planung oder <strong>Improvisation</strong><br />

sei, wollen wir von ihm wissen. Er lacht: «Das ist fast<br />

nur <strong>Improvisation</strong>! Man versucht schon, mit einer genauen Planung<br />

Unvorhergesehenes zu vermeiden. Aber als wir zum Beispiel in<br />

Patagonien sechs Tage unterwegs waren, wollten wir uns zuerst<br />

auf Skiern bewegen; doch dafür hatte es schlicht zu wenig<br />

Schnee», erinnert er sich. Schliesslich musste die Gruppe zu Fuss<br />

gehen und benötigte wesentlich mehr Zeit. So sei es oft, erklärt<br />

der Urner. Man setze sich ein Tagesziel und je nach Wetter und<br />

eigener Verfassung sei das Resultat am Abend ein ganz anderes.<br />

An manchen Tagen habe man schlicht auch nicht die richtige<br />

Form, um Höchstleistungen zu vollbringen. Umso wichtiger sei<br />

die absolute Offenheit und Bereitschaft im Kopf. «Du musst erkennen,<br />

wenn du einen guten Tag hast. An so einem Tag ist fast<br />

alles möglich.» Von mentalem Training hält Dani Arnold persönlich<br />

wenig. Das sei halt Mode, sagt er bloss.<br />

Der Umgang mit dem Risiko<br />

Seine Freundin stösst dazu. Auch sie ist Bergsteigerin und hat viel<br />

Verständnis für das, was Dani Arnold tut. Sein Bergsteigerkollege<br />

Stephan Siegrist hat bereits Kinder. Ist das auch ein Thema für<br />

Dani Arnold? Oder anders gefragt: Sollte ein Bergsteiger überhaupt<br />

Kinder haben? «Ich glaube schon, ja. In den nächsten Jahren<br />

ist das vom Alter her noch kein Thema, aber nachher schon»,<br />

antwortet er. Das Hauptproblem sei wohl, dass man als Alpinist<br />

oft abwesend sei. Doch andere Väter mit fordernden Jobs seien<br />

ebenso häufig weg. Freunde seien beim Bergsteigen noch keine<br />

verstorben, ihm bekannte Bergsteiger aber schon, verrät Dani<br />

Arnold auf Nachfrage. Würde ihn das am Bergsteigen hindern?<br />

«Ich bin mir nicht sicher, wenn es mich ganz nah angeht, dann<br />

würde ich möglicherweise aufhören. Auf der anderen Seite<br />

dominieren vielleicht dann trotzdem wieder die schönen Seiten<br />

des Sports», meint er nachdenklich.<br />

Bald jedoch beginnen seine Augen wieder zu strahlen, als er<br />

seine nächsten Abenteuer beschreibt. Noch in diesem Herbst<br />

gehts auf Expedition in den Himalaya. «7200 Meter über Meer»,<br />

sagt er. Und dann noch: «so mittelhoch». Für Nicht-Alpinisten<br />

wohl eher: extrem hoch. «Im Frühling 2012 möchte ich auf einen<br />

8000er. Weil ich noch nie in dieser Höhe war, ist die diesjährige<br />

Expedition auch ein Test, um zu sehen, ob ich mit der Höhe zurechtkomme.<br />

Nicht, dass ich dann mehr als nötig improvisieren<br />

muss», erzählt Dani Arnold. Und wie um seine Worte zu unterstreichen,<br />

schweift sein Blick schon wieder Richtung Berge.

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