Improvisation - Sanitas Troesch AG
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44 casanova November 2011 sanitas troesch<br />
<strong>Improvisation</strong> als Lebensmotto<br />
Stadtoriginale im Porträt.<br />
In jeder Stadt trifft man auf<br />
Menschen, die sich von der<br />
Masse abheben. Manchmal<br />
ist es nur die Kleidung,<br />
manchmal die gesamte<br />
Ausstrahlung, die auf einen<br />
Lebensstil ausserhalb der<br />
gängigen Muster hinweist.<br />
Diese Personen bereichern<br />
aber nicht nur optisch die<br />
Strassen und Quartiere, mit<br />
ihrem Charisma führen sie<br />
uns auch vor Augen, wie<br />
überraschend anders das<br />
Leben sein kann. In den<br />
hier vorgestellten Porträts<br />
kommen fünf sogenannte<br />
Stadtoriginale aus Basel,<br />
Biel, Mastrils, Luzern und<br />
Zürich in Kürze zu Wort.<br />
Ein Plädoyer für mehr Mut<br />
zur <strong>Improvisation</strong> in einer<br />
Welt, die zunehmend von<br />
normiertem Scheuklappendenken<br />
geprägt ist.<br />
Angy Burri aus Luzern<br />
Musiker und Indianerexperte<br />
Wenns um seinen besonderen Lebensstil geht,<br />
macht der Kultmusiker aus der Innerschweiz keinerlei<br />
Kompromisse.<br />
Was verstehen Sie unter <strong>Improvisation</strong>?<br />
«Ich bin ein ‹Chrampfer›, der gern verschiedene Dinge<br />
parallel anpackt und diese dann auch von A bis Z durchzieht.<br />
Deshalb muss ich oft improvisieren. Wie etwa bei<br />
meinem letzten Ausstellungsprojekt oder bei der US-<br />
Postmail-Kutsche, die ich originalgetreu im 1:1-Format<br />
rekonstruiert habe. Die einzige Ausnahme ist die Musik.<br />
Da haben Experimente keinen Platz.»<br />
Kuke aus Biel<br />
Dekorateurin und Mode-Crack<br />
Mit ihren selbst gemachten Modekreationen<br />
erfindet Christiane Steinmann sich und die<br />
Welt immer wieder neu.<br />
Was verstehen Sie unter <strong>Improvisation</strong>?<br />
«Blitzideen zu haben, das ist für mich <strong>Improvisation</strong>.<br />
In meinem Job ist das fast schon<br />
Pflicht: Das Schaufenster ist leer und plötzlich<br />
pressierts. Das erlebe ich tagtäglich, deshalb<br />
werde ich die Fähigkeit, zu improvisieren,<br />
auch nicht so schnell verlieren.»<br />
Bäumli aus Zürich<br />
Baumkünstler und Bonvivant<br />
Hinter Peter Kunz’ Bäumen aus Draht steht<br />
ein klares Statement: «Im Übrigen bin ich der<br />
Meinung, es braucht mehr Bäume.»<br />
Was verstehen Sie unter <strong>Improvisation</strong>?<br />
«Die Kunst der <strong>Improvisation</strong> besteht für mich<br />
darin, im richtigen Moment einen geschickten<br />
Griff in die Trickkiste zu machen. So kann man<br />
auch aus schwierigen Momenten etwas Neues<br />
kreieren.»<br />
sanitas troesch November 2011 casanova 45<br />
Socka Hitsch aus Mastrils<br />
Marktfahrer und Fähnrich<br />
Die Welt verändert sich. Was bleibt, ist das<br />
Original. Passend dazu das Credo von Christian<br />
Zwicky alias Socka Hitsch: «I bin immer gliich.»<br />
Was verstehen Sie unter <strong>Improvisation</strong>?<br />
«Mein Stand, an dem ich unter anderem Socken<br />
und Hosenträger verkaufe, ist für mich <strong>Improvisation</strong>.<br />
Da muss nicht alles ordnungsgemäss<br />
sein, im Gegenteil — je improvisierter, desto besser!<br />
Die Leute, die mich besuchen, wollen gerne<br />
in den Sachen herumwühlen und sich von einem<br />
neuen Gag überraschen lassen.»<br />
Jacques Thurneysen aus Basel<br />
Fährmann und Weltbürger<br />
Der Fährmann geht barfuss durchs<br />
Leben und möchte seinen Beruf bis<br />
siebzig ausüben.<br />
Was verstehen Sie unter <strong>Improvisation</strong>?<br />
«<strong>Improvisation</strong> kann nur stattfinden, wenn<br />
man das Leben nicht verplant. Überhaupt<br />
entfaltet das Leben erst dann seine tiefen<br />
Qualitäten, wenn man diesem genügend<br />
Freiraum gibt.»