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Improvisation - Sanitas Troesch AG

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te das für seine Mitarbeiter? «Es war Samstag und ein Team von<br />

NAZ-Mitarbeitern verfolgte bereits die Ereignisse. Ein Grossteil<br />

von uns musste jedoch alles stehen und liegen lassen und hier<br />

einrücken», berichtet er. Normalerweise arbeitet die NAZ oberirdisch;<br />

in einem modernen Glasbau in der Nähe. Im Ernstfall<br />

gehts in den Untergrund — so auch während der Katastrophe<br />

in Fukushima: Die Lage wurde ständig analysiert, die Auswirkungen<br />

auf die Schweiz wurden abgeklärt. So beriet die NAZ beispielsweise<br />

laufend die Swiss. Bei Gefahr wäre der Swiss-Flug von Zürich nach<br />

Tokio abgesagt oder nach Hongkong umgeleitet worden. Während<br />

Fukushima bildeten die Schweizer in Japan eine wichtige Zielgruppe.<br />

An der Wand hängt ein Zettel mit der Aufschrift «Aufsteller». Dort<br />

verewigt Christian Fuchs Dankesmails, zum Beispiel von der<br />

Schweizer Botschaft in Japan. «Wer rund um die Uhr im Einsatz<br />

steht, soll sehen, wofür er diesen Einsatz leistet», betont er.<br />

Glaubwürdigkeit, Planung und <strong>Improvisation</strong><br />

Ein weiterer Raum, eine Wand voller TV-Bildschirme. Hier wird beobachtet,<br />

wie die Medien über eine Krise berichten. Das ist wichtig,<br />

denn die NAZ sammelt, strukturiert und gewichtet laufend Informationen<br />

zu einer Krise, die sie dann den Behörden zur Verfügung<br />

stellt. «Wir sind im Krisenfall ständig für die Medien erreichbar»,<br />

erklärt Alain Vuitel. Auch der Draht zur Bevölkerung ist wichtig. «Wir<br />

28 casanova November 2011 sanitas troesch<br />

müssen auf die offenen Fragen der Bevölkerung rasch reagieren»,<br />

weiss Christian Fuchs. Doch was tut die NAZ konkret in einer<br />

Krise — beispielsweise bei einem atomaren Störfall im Mittelland?<br />

«Es ist unsere Aufgabe, die Bevölkerung zu schützen. Daraus ergeben<br />

sich vier Haupttätigkeiten, die wir in den ersten Stunden einer<br />

Krise leisten müssen», beginnt Alain Vuitel. «Primär geht es darum,<br />

«Erst beim Versuch, mögliche Katastrophen real<br />

zu bekämpfen, erkennt man die Schwächen<br />

einer Planung.»<br />

die ganze Notfallorganisation zu aktivieren, also alle beteiligten Be-<br />

hörden zu orientieren. Zweitens alarmieren und informieren wir die<br />

Bevölkerung. Drittens geben wir ihr Verhaltens- und Schutzanweisungen<br />

und begründen, warum diese Massnahmen nötig sind.<br />

Viertens erstellen wir ein Lagebild: Was ist passiert? Welche Folgen<br />

werden erwartet? Was könnte es für zusätzliche Konsequenzen geben?<br />

Dieses Lagebild ist für alle Behörden entscheidend, die<br />

anhand dieser Gesamtsicht ihre Aufgaben koordiniert anpacken<br />

können.» In der NAZ werde schon improvisiert, erläutert der Chef<br />

NAZ. Basis sei jedoch immer die Vorbereitung auf bestimmte<br />

Krisen und die Einübung von Gegenmassnahmen. «Nur wenn man<br />

diese Grundlage hat, sozusagen den Tisch, kann man drauf improvisieren.»<br />

Bei Übungen sei es gar nicht so wichtig, was genau<br />

geübt werde, sondern dass geübt werde. «Erst beim Versuch,<br />

sanitas troesch November 2011 casanova 29<br />

mögliche Katastrophen real zu bekämpfen, erkennt man die<br />

Schwächen einer Planung.»<br />

Als Laie glaubt man, dass die Bevölkerung um ein leckes Atomkraftwerk<br />

evakuiert würde. Trifft das zu? Das hänge von den Zeitverhältnissen<br />

ab, erklärt Christian Fuchs. «Bei einer Freisetzung<br />

von Radioaktivität gehen wir von einer vorbeiziehenden Wolke aus.<br />

«Nur wenn man diese Grundlage hat, sozusagen<br />

den Tisch, kann man drauf improvisieren.»<br />

Oft lässt sich aber nicht genau sagen, wann diese freigesetzt wird.<br />

Deshalb lautet die Faustregel: Fenster und Türen schliessen und im<br />

Haus, im Keller oder im Schutzraum bleiben. Wände und Erdreich<br />

schützen vor der vorbeiziehenden Strahlung.» Evakuiert wird nach<br />

heutigen Planungen nur, wenn das Zeitfenster genügend gross ist,<br />

die Bevölkerung vor der Freisetzung einer radioaktiven Wolke in<br />

Sicherheit zu bringen. «In Fukushima kannten die japanischen Behörden<br />

dieses Fenster nicht. In so einem Fall ist Evakuieren heikel»,<br />

präzisiert Christian Fuchs.<br />

Schmutzige Bomben und gute Seelen<br />

Im Fall eines Terroranschlags mit radioaktivem oder chemischem<br />

Material würde die NAZ den betroffenen Kanton mit Know-how und<br />

dem Aufgebot von Mitteln des Bundes unterstützen. 2010 beschäf-<br />

tigten sich Fachleute der NAZ zusammen mit zahlreichen Partnern<br />

übungshalber mit dem Szenario einer «schmutzigen Bombe».<br />

Christian Fuchs hat viel daraus gelernt: «Wenn in einer unserer<br />

Städte eine Bombe explodieren würde, dann würden alle Ambulanzen<br />

an den Ort des Geschehens strömen. Doch was würde<br />

passieren, wenn dieser radioaktiv verseucht wäre?» Die Frage<br />

hängt im Raum, der Informationschef lehnt sich zurück. «Bei einer<br />

Explosion mit unklarer Ursache sind die betroffenen Behörden neu<br />

angewiesen, möglichst rasch die Radioaktivität zu messen. Dank<br />

dieser einfachen Massnahme gewinnen wir viel Zeit!»<br />

Mittlerweile sind wir im 2. Untergeschoss des Gebäudes. Ein<br />

Speisesaal, eine Küche und mehrere Schlafsäle warten hier auf<br />

den nächsten Einsatz. Hauswart Fredi Huggenberger, die gute<br />

Seele der Anlage, führt gerade einige Unterhaltsarbeiten aus. «Die<br />

Anlage ist gut im Schuss, aber trotzdem muss man immer wieder<br />

etwas dran machen», meint er. Nach diesem Motto führt auch Alain<br />

Vuitel die Nationale Alarmzentrale: mit wachen Sinnen, stets bereit,<br />

das Wissen und die Erfahrung aus Übungen und bestandenen<br />

Krisen kreativ anzuwenden.

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