# 31 | März 2008 readmypony.com | Göttingen | im Frühling Punk ...
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Es war einmal. In diesem Fall: ein toller Plattenladen<br />
namens DIS-Records in der Goetheallee 20.<br />
Der ist jetzt weg, hat sich nicht mehr getragen bzw.<br />
schon länger nicht mehr, wie so viele Plattenläden in<br />
den letzten Jahren. Die Krise der Tonträger-Industrie<br />
betrifft eben zunehmend auch kleinere Labels,<br />
so genannte Indie-Labels, und damit auch kleinere<br />
Plattenläden, wo man vor allem die Musik solcher<br />
Labels kaufen kann. Indes: Richtig gut leben ließ es<br />
sich vom Verkauf von Platten und CDs vor fünfzehn<br />
Jahren schon nicht mehr. Wahrscheinlich noch nie,<br />
denn die Gewinnmargen in dieser Branche waren<br />
seit jeher äußerst mau.<br />
Das hatte auch Gereon Klug, als er in den 90ern<br />
DIS-Records übernahm, der sich damals übrigens<br />
noch in der Düsteren Straße befand und ursprünglich<br />
einmal »Der Indie-Schocker« geheißen hatte,<br />
sehr früh und zähneknirschend feststellen müssen.<br />
Doch ging es bei DIS-Records, auch nachdem<br />
Christian Giedow das Geschäft Anfang des neuen<br />
Jahrtausends übernommen hatte, niemals nur<br />
um Verkäufe. Alle Betreiber hatten mit viel Idealismus<br />
und starkem Willen zur Selbstausbeutung ihr<br />
Hobby zum Beruf gemacht, und gemeinsam mit einer<br />
kleinen Schar meist ziemlich kompetenter Verkäufer<br />
und Einkäufer persönliche Lieblingsmusik,<br />
Raritäten, Elektronisches, Indierock und -pop,<br />
ausgesuchten HipHop und zig andere Musiksorten<br />
an die Kundschaft, Freunde und Freundinnen<br />
gebracht. Und natürlich war DIS-Records deshalb<br />
auch <strong>im</strong>mer mehr als ein Musikgeschäft, eher ein<br />
gleichermaßen hippes wie kuscheliges Soziotop für<br />
Musikinteressierte dieser Stadt. Das ist nun vorbei.<br />
Und damit auch eine kleine Ära Independent-Musik-Geschichte<br />
<strong>Göttingen</strong>s. Schade ist das falsche<br />
Wort. Vielleicht trifft es traurig etwas besser.<br />
Offiziell beendet scheinen seit Anfang Februar<br />
auch die Auseinandersetzungen um das Freiraum-<br />
Café <strong>im</strong> Blauen Turm der Göttinger Uni, nachdem<br />
es Ende Januar von der Polizei geräumt worden war,<br />
weil durch die Besetzung des Raumes angeblich der<br />
Lehrbetrieb gestört worden war. Die emanzipatorische<br />
Linke wird sich wohl oder übel einen anderen<br />
Raum suchen müssen, um sich etwa über die Strukturen<br />
und Konsequenzen eines beinahe komplett<br />
durchökonomisierten MA/BA-Studienalltags in <strong>Göttingen</strong><br />
weitere Gedanken zu machen, oder einfach,<br />
um einen Raum zu haben, in dem es sich netter Kaffee<br />
trinken lässt als anderswo auf dem Uni-Gelände.<br />
Nicht sehr beliebt bei Vegetariern, dafür umso begehrter<br />
bei manchem Fleischfresser unter den späten<br />
Nachtschwärmern sind die leckeren Rahmschnitzel,<br />
die es seit 34 Jahren in Wölfi’s Bierstube in der<br />
Güterbahnhofstraße 2 zu essen gibt. Auch das wird<br />
bald vorbei sein, denn das Ehepaar Helga und Wolfgang<br />
Fischer wird den Laden zum 1. April schließen.<br />
Aus zwei Gründen: Zum einen sind beide schon über<br />
60, zum anderen hat ihnen die trendige Billig-Gastronomie<br />
zunehmend zu schaffen gemacht.<br />
So, das war’s. Und natürlich haben wir es selbst<br />
bemerkt: Dieser pony.Hof ist depressiv, was weniger<br />
am Temperament des Autors liegt als an den traurigen<br />
Meldungen. Umso mehr freuen uns auf den<br />
<strong>Frühling</strong>. Auf Wiedersehen!<br />
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