# 31 | März 2008 readmypony.com | Göttingen | im Frühling Punk ...
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Vortrag Markus Bernhardt<br />
Gefährliche<br />
Schnittmengen<br />
Jan Langehein<br />
Jonathan Littells Roman »Die Wohlgesinnten« ist<br />
der Aufreger des laufenden Bücherfrühlings: Die Geschichte<br />
des Holocaust, erzählt von dem SS-Offizier<br />
Max Aue, der mit Eichmann und H<strong>im</strong>mler Kaffee<br />
trank, nach Kriegsende in Frankreich untertauchte<br />
und dort als Fabrikdirektor Spitzen für Tischdeckchen<br />
und Damenunterwäsche produziert. Die Romanfigur<br />
Aue ist nicht nur überzeugter Nationalsozialist,<br />
sondern auch schwul. Die schwulenfeindliche Ideologie<br />
der NSDAP, die reale Unterdrückung schwulen Lebens<br />
durch den Herrschaftsapparat, dessen Teil er ist<br />
– all das steht für Aue nicht gegen, sondern neben der<br />
homoerotischen und latent sadistischen Faszination,<br />
die wohl für manche Homosexuelle von der faschistischen<br />
Männerbünderei ausging.<br />
Max Aue hat es nie gegeben, schwule Nazis dagegen<br />
schon; der 1934 von der SS ermordete SA-Chef Ernst<br />
Röhm ist nur das prominenteste Beispiel. Den Raum<br />
zwischen offenem Hass und gehe<strong>im</strong>er Attraktion lotet<br />
Markus Bernhardt in seinem Buch »Schwule Nazis«<br />
aus – allerdings bezieht er sich weniger auf den<br />
historischen Nationalsozialismus als auf die heutige<br />
Neonaziszene. Bernhardt zeigt einerseits, wie Schwule<br />
zu Opfern nazistischer Gewalt werden; andererseits<br />
untersucht er die (kleine) Schnittmenge, die es zwischen<br />
Schwulen- und Naziszene eben auch gibt: »Auch<br />
in der gegenwärtigen Neonazi-Szene finden sich aktive<br />
Schwule, und der Hang zum Fetisch ‚NS-Symbole‘ innerhalb<br />
von Teilen der schwulen Szene scheint nicht<br />
<strong>im</strong>mer ‚nur‘ sexuell motiviert zu sein.«<br />
Genannten Teilen der Schwulenszene attestiert<br />
Bernhardt einen Rechtsruck. Minderheitenfeindlichkeit<br />
und offen rassistische Positionen seien<br />
keine Seltenheit und würden flankiert von der<br />
Übernahme eines Körperkults, der sich an Leni Riefenstahls<br />
Arierästhetik orientiere.<br />
Wie es in der (Vorstellungs-)Welt der schwulen<br />
Nazis aussieht, und wie sie zu kritisieren<br />
ist, darüber referiert Markus Bernhardt am<br />
3.3.08 um 19:30 Uhr <strong>im</strong> Café Kabale.<br />
Das Buch »Schwule Nazis und der Rechtsruck<br />
in Gesellschaft und schwuler Szene«<br />
(163 Seiten, 16,90 EUR) ist 2007 bei Pahl-<br />
Rugenstein Nachfolger erschienen.<br />
Konzert Captain Planet & Fake Problems<br />
Lagerfeuer und<br />
Hamburger<br />
Michael Saager<br />
Erinnert sich jemand an Captain Planet? Nein,<br />
nicht an die Band, sondern an die amerikanische,<br />
pädagogisch wertvolle Zeichentrickserie aus den<br />
frühen 90ern, gedreht, um jungen Menschen ein gewisses<br />
Maß an Umweltbewusstsein einzub<strong>im</strong>sen?<br />
Die Serie war nach ihrem Helden benannt, der so<br />
albern angezogen durch die Gegend sauste wie alle<br />
Superhelden, und <strong>im</strong>mer dann gerufen wurde, wenn<br />
das esoterisch beknackte Planetenteam gegen Graf<br />
Atomar, Doktor Plage oder Big Matsch allein nicht<br />
zurechtkam. Und wüsste man es nicht, müsste<br />
man nun fragen: Warum nennen sich die Hamburger<br />
ausgerechnet Captain Planet? Wir verraten es<br />
trotzdem: Weil Hamburger <strong>Punk</strong>-Bands Humor haben,<br />
deshalb. Spätestens seit Jens Rachut die Hanse-Szene<br />
aufzumischen begann.<br />
Nur wer so nahe am Meer wohnt, kommt vermutlich<br />
auf so einen herrlich bescheuerten Plattentitel wie<br />
»Wasser kommt, Wasser geht«. Und selbstverständlich<br />
erinnert dieses Debüt mit seiner ganzen, gut geölten<br />
<strong>Punk</strong>-Leidenschaft und -Pracht, seinen Powerchords,<br />
dem Rappelschlagzeug, dem heftigen Bass<br />
und den einfachen Melodien an Dackelblut und Oma<br />
Hans, an Turbostaat und Muff Potter. Traditionell<br />
verbindet all diese Gruppen ein Hang zum nachdenklichen<br />
In-die-Fresse-Texten. Deshalb singen Captain<br />
Planet: »Und ich les ein Buch, das ich schon gelesen<br />
habe / Und ich reiß all die Seiten raus, auf denen steht<br />
/ Dass wir die gleiche Sprache sprechen.«<br />
Wo wir gerade dabei sind: Eine andere Sprache<br />
sprechen tatsächlich Fake Problems aus Naples in<br />
Florida, nämlich englisch. Wobei das nicht der einzige<br />
Unterschied zu Captain Planet ist, denn Folk,<br />
Rock, Country und Ami-<strong>Punk</strong> derart zu verquirlen,<br />
dass man nicht anders kann, als sich an die Angry<br />
Samoans, The Pogues oder Against Me! erinnert zu<br />
fühlen, wäre den Hamburgern vermutlich nicht in<br />
den Sinn gekommen. Sie lieben das theatralisch Melancholische<br />
<strong>im</strong> straighten Gewand. Fake Problems<br />
wiederum bevorzugen den rootsmäßig genährten<br />
Mitgröhlsong, der am Lagerfeuerrand mit zehn Flaschen<br />
Bier wie selbstverständlich verschmilzt.<br />
Captain Planet & Fake Problems: 15.3.08,<br />
21:00 Uhr, T-Keller<br />
Klare Trennung!<br />
Porreereste, Bananenschalen,<br />
Möhrengrün …<br />
Zahnbürste, Windeln,<br />
Glühbirnen …<br />
Konservendosen, Milchtüten,<br />
Shampooflaschen …<br />
Zeitungen, Zeitschriften,<br />
Kartons …<br />
Weinflaschen, Saftflaschen …<br />
Eigenbetrieb der Stadt <strong>Göttingen</strong><br />
www.stadtreinigung.goettingen.de · Servicenummer 400 5 400<br />
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