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Fall I Texttafeln - wirtschaftsrecht@jku.at

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UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/1 – Überblick GewO<br />

A. Berufsrecht – Anlagenrecht<br />

B. Ordnungsrecht<br />

Binder/Trauner, Öffentliches Recht – Grundlagen (2008) [Rz 0895]<br />

C. Gliederung GewO: 7 Hauptstücke<br />

I. Allgemeine Bestimmungen §§ 1 – 93<br />

II. Bestimmungen für einzelne Gewerbe §§ 94 – 160<br />

III. Märkte §§ 286 – 294<br />

IV. Behörden und Verfahren §§ 333 – 365z1<br />

V. Strafbestimmungen §§ 366 - 373<br />

VI. EWR-Anpassungsbestimmungen §§ 373a – 373i<br />

VII. Übergangsbestimmungen und Vollziehung §§ 375 – 382<br />

D. Historische Entwicklung<br />

GewO 1859<br />

Novellen 1883/1885<br />

Novelle 1907<br />

Untersagungsgesetz<br />

1934<br />

GewO 1973<br />

Novelle 1992<br />

Novelle 1997<br />

Novelle 2002<br />

„Zünfte“<br />

Gewerbefreiheit<br />

14 konzessionierte Gewerbe<br />

Handwerk<br />

Befähigungsnachweis<br />

Konkurrenz- und Konsumentenschutz<br />

Ausbau Befähigungsnachweissystem: Handel<br />

(fakult<strong>at</strong>ive) Meisterprüfung<br />

Wirtschaftskrise<br />

gebundene Gewerbe; Kenntnisnahmepflicht<br />

Bindung an Wettbewerbsverhältnisse (Bedarfsprüfung)<br />

Liberalisierungstendenzen<br />

Zurückdrängung Bedarfsprüfung<br />

Neugestaltung Betriebsanlagenrecht<br />

Ausweitung freier Gewerbe<br />

Aufweichung Meisterprüfung<br />

Ausbau vereinfachtes Betriebsanlageverfahren<br />

Teilgewerbe<br />

Ausweitung der Nebenrechte<br />

Verfahrenskonzentr<strong>at</strong>ion Betriebsanlagenrecht<br />

Verfahrenskonzentr<strong>at</strong>ion Bezirksverwaltungsbehörde<br />

Reglementierte Gewerbe<br />

Elektronische Gewerbeanmeldung<br />

Der <strong>Fall</strong> I – „Student/Gärtner“ – ist in Anwendung der Gewerbeordnung (GewO) zu<br />

lösen. Aktuell gilt die GewO 1994 (Wv) idF BGBl I 2008/68.<br />

1


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/2 – Sachlicher Geltungsbereich GewO<br />

A. Kompetenzgrundlage<br />

Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG<br />

Versteinerungstheorie<br />

VfSlg 7074/1973: Priv<strong>at</strong>zimmervermietung [vgl aber Art III B-VG-Novelle BGBl<br />

1974/444]<br />

VfSlg 12.996/1992: Gastgewerbe/Diskothek<br />

B. § 1 Abs 2 GewO<br />

Kriterien der Gewerbsmäßigkeit<br />

• selbständig<br />

• regelmäßig<br />

• Ertragserzielungsabsicht<br />

• nicht gesetzlich verboten<br />

C. Selbständigkeit<br />

Unternehmerrisiko<br />

Weisungsabhängigkeit gegenüber Arbeitgeber<br />

VwSlg 9263A/1977: Tätigkeits- und Zeiteinteilung unterliegt freier Disposition; Provision<br />

D. Regelmäßigkeit<br />

uU auch einmalige Tätigkeit: Wiederholungsabsicht bzw Ausübung auf längere Zeit<br />

VwGH 98/04/0050: voll eingerichteter, strukturierter Gastgewerbebetrieb<br />

VwGH 96/04/0099: mehrtägiges Feuerwehrfest [vgl aber § 2 Abs 1 Z 25 GewO]<br />

E. Ertragserzielungsabsicht<br />

wirtschaftlicher Vorteil (≠ Entgeltlichkeit)<br />

nicht jede Handlung für sich genommen muss abgesonderten Ertrag liefern<br />

VwGH 88/04/0218: PKW-Verkauf deckt Kosten der selbst durchgeführten Repar<strong>at</strong>ur<br />

F. Insuffizienz des Gewerbebegriffs<br />

Vermögensnutzung (zB Wohnungsvermietung) [Garagierungsgewerbe § 4 GewO]<br />

Eigennutzung (zB regelmäßiger Autokauf und -verkauf)<br />

Sammler (zB Briefmarkentausch)<br />

Bag<strong>at</strong>ellgrenze (zB Schulball)<br />

G. Gesetzliche Verbote<br />

VwGH 98/04/0178: Verleih von Mautvignetten<br />

auch Sittenwidrigkeit iSv § 879 ABGB<br />

VwSlg 11.074A/1983: Prostitution<br />

Georg G übernimmt das Rasenmähen und das Anlegen von Blumenbeeten und<br />

Kräutergärten. Er übt diese Tätigkeit selbständig (auf eigene Rechnung und Gefahr),<br />

regelmäßig (mehrmals pro Woche) und in der Absicht einen Ertrag zu erzielen (Entgelt<br />

zur Finanzierung des Studiums) aus. Ein gesetzliches Verbot besteht nicht. Die<br />

Tätigkeit ist somit gewerbsmäßig iSv § 1 GewO und unterliegt dem Anwendungsbereich<br />

der Gewerbeordnung.<br />

2


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/3 – Ausnahmen aus dem sachlichen Geltungsbereich der GewO<br />

A. §§ 2 – 4 GewO<br />

tax<strong>at</strong>ive Aufzählung<br />

weitere ausdrücklich angeordnete Ausnahmen in Bundesgesetzen, zB<br />

§ 2 Abs 3 TKG 2003: Anbieten von Kommunik<strong>at</strong>ionsdiensten<br />

§ 35 Abs 1 Zivilrechts-Medi<strong>at</strong>ions-Gesetz: Tätigkeit der eingetragenen Medi<strong>at</strong>oren<br />

B. Beispiele<br />

Land- und Forstwirtschaft<br />

Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mittels Gartenbau (§ 2 Abs 3 Z 1 GewO)<br />

Verrichtungen einfachster Art gegen Stunden- oder Taglohn (§ 2 Abs 1 Z 8 GewO)<br />

keine besonderen Fachkenntnisse<br />

VwGH 89/04/0242: Raumpflegearbeiten mit Haushaltsreinigern<br />

VwGH 2001/08/0140: Holzhacken<br />

häusliche Nebenbeschäftigung (§ 2 Abs 1 Z 9 GewO)<br />

VwGH 2002/06/0041: Priv<strong>at</strong>zimmervermietung<br />

freie Berufe (Rechtsanwälte, Notare, Ziviltechniker, Ärzte, Apotheker usw)<br />

Betrieb von Bankgeschäften<br />

Betrieb von Eisenbahn- und Luftverkehrsunternehmen<br />

Herausgabe periodischer Druckwerke<br />

Betrieb von Elektrizitätsunternehmen<br />

Georg G mäht den Rasen und legt Blumenbeete und Kräutergärten an. Es liegt keine<br />

landwirtschaftliche Tätigkeit vor, da Georg jeweils auf fremdem Grund tätig wird und<br />

die Pflanzen nicht selbst kultiviert. Weder das Rasenmähen – aufgrund des Umgangs<br />

mit Maschinen – noch das Anlegen von Blumenbeeten und Kräutergärten –<br />

aufgrund der erforderlichen Kenntnisse – zählen zu den Verrichtungen einfachster<br />

Art. Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der GewO liegt somit nicht vor.<br />

3


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/4 – Verbot mit Erlaubnisvorbehalt<br />

Instrument des Ordnungsrechts: „Erlaubnis“<br />

Bewilligung<br />

• Antrag auf Erteilung<br />

• Rechtsanspruch<br />

• Ermessensfeindlichkeit aus grundrechtlichen Gründen<br />

• Bewilligung als Rechtsgestaltungsbescheid<br />

• Verwaltungsverfahren<br />

Anmeldung (Kurzform)<br />

• Anmeldung ist Mitteilung von Fakten<br />

• Gewerbeberechtigung entsteht im Zeitpunkt der Anmeldung (wenn alle gesetzlichen<br />

Voraussetzungen gegeben sind; § 5 Abs 1)<br />

• Erledigung durch Eintragung in das Gewerberegister und Übermittlung eines Gewerberegisterauszugs<br />

(§ 340 Abs 1)<br />

• Verwaltungsverfahren<br />

Mit der Anmeldung entsteht die Gewerbeberechtigung, wenn alle Voraussetzungen<br />

gegeben sind. Im anschließenden Verwaltungsverfahren prüft die Behörde, ob das<br />

der <strong>Fall</strong> ist.<br />

4


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/5 – Mittelbare Bundesverwaltung<br />

Binder/Trauner, Rz [0695], [0734], [2479]<br />

Gewerbebehörden sind Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung<br />

organis<strong>at</strong>orische Instanzen<br />

• Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmann bzw Bürgermeister in St<strong>at</strong>utarstadt)<br />

• LH<br />

• BM für Wirtschaft und Arbeit<br />

administr<strong>at</strong>ive Instanzen<br />

• LH (Art 103 Abs 4 B-VG!)<br />

• UVS: Berufungsbehörde in Verfahren betreffend Betriebsanlagen (§ 359a) und im<br />

Verwaltungsstrafverfahren (§ 51 Abs 1 VStG)<br />

Die für Georg G zuständige Behörde (Standort, nicht Wohnort!) ist gem § 3 Z 2 AVG<br />

der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz in mittelbarer Bundesverwaltung.<br />

5


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/6 – Verwaltungsverfahren<br />

A. Verwaltungsverfahren nach AVG<br />

Binder/Trauner, Rz [1013] ff<br />

B. Verfahrensgrundsätze<br />

Binder/Trauner, Rz [1017] ff<br />

C. Parteistellung<br />

Binder/Trauner, Rz [1116] ff<br />

6


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/7 – M<strong>at</strong>erielle Berufsantrittsvoraussetzungen<br />

A. Freie und reglementierte Gewerbe<br />

119 reglementierte Gewerbe in 80 Gruppen (§ 94), davon 80 Handwerke<br />

unbegrenzte Anzahl an freien Gewerben (mehrere Hundert)<br />

B. Allgemeine Voraussetzungen (persönliche und sachliche)<br />

Gewerberechtsfähigkeit – Eigenberechtigung<br />

Nichtvorliegen von Ausschlussgründen<br />

antragsgebundenes Nachsichtsverfahren<br />

[Sta<strong>at</strong>sbürgerschaft]<br />

Inländervorbehalt Rauchfangkehrer (§ 121 Abs 1 Z 2), (zT) Waffengewerbe (§<br />

141 Abs 1 Z 1): Rechtfertigung des Eingriffs in die gemeinschaftsrechtlich gebotene<br />

Niederlassungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit<br />

und Gesundheit (Art 46 Abs 1 EGV)<br />

[Wohnsitz]<br />

Nichtvorliegen von Ausübungsverboten<br />

zB Verbot für Inkassoinstitute, Forderungen gerichtlich einzutreiben (§ 118<br />

Abs 2)<br />

C. Besondere Voraussetzungen (persönliche und sachliche)<br />

Befähigungsnachweis §§ 16 ff<br />

reglementierte Gewerbe (insb Handwerke [Meisterprüfung])<br />

verbundene Gewerbe §§ 6, 30<br />

Zuverlässigkeit § 95<br />

„sensible“ Gewerbe<br />

Prognosebeurteilung ex ante<br />

Durchbrechung Anmeldesystem: Genehmigung durch Bescheid (§ 340 Abs 2)<br />

[Bedarfsprüfung]<br />

Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG)<br />

VfSlg 10.932: Taxikonzession<br />

VfSlg 12.296: Rauchfangkehrer<br />

Rauchfangkehrer (§ 121 Abs 1 Z 4)<br />

Die zuständige Verwaltungsbehörde prüft im Zuge des Anmeldungsverfahrens, ob<br />

die für Gewerbeantritt und -ausübung erforderlichen (m<strong>at</strong>eriellen) Voraussetzungen<br />

vorliegen (§ 340 GewO). Georg G h<strong>at</strong> das 18. Lebensjahr vollendet und ist somit eigenberechtigt<br />

und gewerberechtsfähig. In Bezug auf seine Person liegen keine Ausschlussgründe<br />

vor, ebenso wenig existiert ein Ausübungsverbot. Das Gewerbe des<br />

Gärtners zählt als Handwerk zu den reglementierten Gewerben (§ 94 Z 24 GewO),<br />

nicht jedoch zu den in § 95 GewO aufgezählten Gewerben mit Zuverlässigkeitsprüfung.<br />

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UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/8 – Befähigungsnachweis<br />

A. Nachweis der fachlichen und kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und<br />

Erfahrungen<br />

B. Genereller Befähigungsnachweis (§§ 16 ff)<br />

standardisierte Zugangsverordnungen BMWA<br />

zB Meisterprüfung (Handwerke), Befähigungsprüfung, Ausbildungszeugnisse<br />

zB Verordnung über die Zugangsvoraussetzungen für das verbundene Handwerk der<br />

Gärtner und der Blumenbinder BGBl II 2003/49 idgF<br />

C. Individueller Befähigungsnachweis (§ 19)<br />

Nachweis durch Beweismittel, die nicht der standardisierten Zugangsverordnung entsprechen<br />

Befähigungsmaßstab analog der entsprechenden Zugangsverordnung<br />

zu bestimmen<br />

ehemals „Nachsicht“ vom Befähigungsnachweis<br />

D. Teilgewerbe (§ 31 Abs 2)<br />

Teiltätigkeiten eines reglementierten Gewerbes mit vereinfachten Befähigungsnachweisen<br />

TeilgewerbeVO BGBl II 1998/11 idgF<br />

Friedhofsgärtnerei § 13<br />

E. Einfache Teiltätigkeiten (§ 31 Abs 1)<br />

Georg übt nicht nur die Friedhofsgärtnerei aus, sondern das Gewerbe des Gärtners<br />

iSv § 94 Z 24 GewO. Er muss somit den vollen Befähigungsnachweis erbringen. Die<br />

Zugangsverordnung für das Handwerk der Gärtner BGBl II 2003/49 idgF nennt die<br />

fachlichen Qualifik<strong>at</strong>ionsvoraussetzungen, deren Nachweis Georg G mangels entsprechender<br />

Ausbildung bzw ausreichender einschlägiger fachlicher Tätigkeit misslingt.<br />

Das von Georg vorgelegte Zeugnis über seine (aushilfsweise) Ferialtätigkeit<br />

reicht – am Maßstab des Anforderungsniveaus der Zugangsverordnung – nicht aus,<br />

um seine individuelle (fachliche) Befähigung nachzuweisen. Die erforderlichen kaufmännischen<br />

Kenntnisse kann die Behörde mangels Vorlegen des Abschlusszertifik<strong>at</strong>s<br />

des betriebswirtschaftlichen Lehrgangs nicht feststellen, es besteht keine Verpflichtung<br />

der Behörde (arg Wortlaut § 19 GewO; VwGH 2004/04/0047), die Nachweise<br />

von Amts wegen beizuschaffen bzw den Anmelder im Sinne von § 13 Abs 3<br />

AVG zur Verbesserung aufzufordern. Die Behörde h<strong>at</strong> mit Bescheid die mangelnde<br />

Befähigung festzustellen und die Gewerbeausübung zu untersagen.<br />

8


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/9 – Besonderheiten zum Befähigungsnachweis<br />

A. Industriebetrieb (§ 7)<br />

Ausnahme vom Erfordernis des Befähigungsnachweises<br />

bewegliches System bestimmender betrieblicher Merkmale („überwiegen“), zB<br />

• hoher Kapitaleins<strong>at</strong>z<br />

• Vielzahl von Maschinen mit gleichem Verwendungszweck<br />

• serienmäßige Erzeugung<br />

• Arbeitsteilung und autom<strong>at</strong>isierte Betriebsweise<br />

Komplexität/Technisierung/investiertes Kapital verlangen ohnehin nach dem Eins<strong>at</strong>z<br />

Qualifizierter, aufgrund des Betriebsumfangs ist prägender Einfluss des Gewerbetreibenden<br />

beschränkt<br />

B. Gewerberechtlicher Geschäftsführer (§ 39)<br />

verantwortlich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften<br />

fakult<strong>at</strong>iver GF<br />

oblig<strong>at</strong>orischer GF<br />

• juristische Personen<br />

• n<strong>at</strong>ürliche Personen: bei Mangel an Befähigungsnachweis/an inländischem<br />

Wohnsitz<br />

GF muss allgemeine und besondere Antrittsvoraussetzungen erfüllen (insb Befähigungsnachweis)<br />

und in der Lage sein, sich im Betrieb „entsprechend“ zu betätigen<br />

(oblig<strong>at</strong>orischer GF muss sich im Betrieb t<strong>at</strong>sächlich „entsprechend“ betätigen)<br />

Bestellung – Anzeige/Genehmigung<br />

Die Ausübung des Gewerbes in der Form eines Industriebetriebs ist zwar nicht auf<br />

produzierende Gewerbe beschränkt, in Georgs <strong>Fall</strong> liegen die Merkmale des § 7 GewO<br />

jedoch nicht vor. Georg könnte jedoch Josef J zum Geschäftsführer bestellen.<br />

Dieser erfüllt die m<strong>at</strong>eriellen Antrittsvoraussetzungen, insbesondere kann er seine<br />

Befähigung im Sinne der Zugangsverordnung (§ 1 Z 3) nachweisen. Priv<strong>at</strong>konkurs ist<br />

kein Hinderungsgrund, da einerseits der Konkurs nicht mangels hinreichendem Vermögen<br />

nicht eröffnet wurde und andererseits dieser Ausschlussgrund auf GF keine<br />

Anwendung findet (arg § 13 Abs 3 1. S<strong>at</strong>z „von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende“).<br />

Da die GF-Bestellung oblig<strong>at</strong>orisch ist, muss Josef J jedoch nicht nur in<br />

der Lage sein, sich im Betrieb seiner Funktion entsprechend zu betätigen, sondern<br />

dies auch t<strong>at</strong>sächlich tun. Eine Bestellung des GF „auf dem Papier“ scheidet somit<br />

aus [Prüfung dieses Kriteriums jedoch erst bei Ausübung des Gewerbes; allenfalls<br />

Strafverfahren nach § 367 Z 7 GewO]. Die Bestellung zum GF ist – nach der von Josef<br />

J zu erteilenden Zustimmung – der Behörde anzuzeigen.<br />

9


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/10 – Bescheid<br />

A. Bescheid<br />

verfassungsrechtlicher Begriff – Rechtsschutzsystem<br />

individuelle Rechtsnorm einer Verwaltungsbehörde<br />

Beurkundungen<br />

VwGH 2001/11/0051: Führerschein als Urkunde mit Bescheidcharakter<br />

VwGH 2004/04/0002: Gewerberegisterauszug kein Bescheid<br />

B. Bescheidarten<br />

Rechtsgestaltungsbescheid – Leistungsbescheid – Feststellungsbescheid<br />

Binder/Trauner, Rz [0921]<br />

C. Bescheidmerkmale<br />

konstitutive (nach B-VG)<br />

• Behörde (inkl Name und Unterschrift des Genehmigenden)<br />

• Bescheidadress<strong>at</strong> (Individualisierung)<br />

• norm<strong>at</strong>ive Anordnung (Spruch)<br />

deklar<strong>at</strong>ive (nach AVG)<br />

• Bescheidbezeichnung<br />

• Begründung<br />

• Rechtsmittelbelehrung<br />

• D<strong>at</strong>um der Erledigung<br />

D. Fehlerhaftigkeit<br />

Fehlerkalkül<br />

absolute Nichtigkeit – Nichtigerklärung (bloße Rechtswidrigkeit) – Fehlerberichtigung<br />

Georg G erfüllt die Voraussetzungen für Antritt und Ausübung des Gewerbes des<br />

Gärtners mangels ausreichender (genereller oder individueller) Befähigung nicht. Die<br />

Behörde h<strong>at</strong> dies gemäß § 340 Abs 3 mit Bescheid festzustellen und die Gewerbeausübung<br />

zu untersagen. Es handelt sich bei der Untersagung um einen gemischten<br />

Feststellungs- und Leistungsbescheid. [Für den <strong>Fall</strong> der Geschäftsführerbestellung<br />

des Josef J h<strong>at</strong> die Behörde Georg G als Gewerbeinhaber in das Gewerberegister<br />

einzutragen und ihm einen entsprechenden Registerauszug zu übermitteln.]<br />

10


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/11 – Wirkung – Rechtskraft – aufschiebende Wirkung<br />

A. Rechtskraft<br />

Rechtssicherheit vor Rechtsrichtigkeit (§ 68 AVG)<br />

Bescheid wird formell rechtskräftig<br />

• nach Ablauf der Rechtsmittelfrist<br />

• mit Zustellung des administr<strong>at</strong>iv letztinstanzlichen Bescheids<br />

• mit Rechtsmittelverzicht<br />

auch die Behörde kann einen formell rechtskräftigen Bescheid grundsätzlich nicht<br />

abändern (gesetzliche Ausnahmen – „Durchbrechung der m<strong>at</strong>eriellen Rechtskraft“<br />

– in § 68 Abs 2 bis 4 AVG und in Sondergesetzen)<br />

B. Wirkung<br />

Bescheid ist grundsätzlich mit Zustellung wirksam (= bei Leistungsbescheiden: Vollstreckbarkeit,<br />

= bei Gestaltungsbescheiden: Recht der Gebrauchnahme, = bei<br />

Feststellungsbescheiden: bindende Wirkung)<br />

sondergesetzliche Ausnahmen: Wirkung erst mit Rechtskraft (zB BauO, § 95 Abs 1<br />

letzter S<strong>at</strong>z: „Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft<br />

des Bescheides gemäß § 340 beginnen.“)<br />

C. Aufschiebende Wirkung<br />

durch rechtzeitig eingebrachte und zulässige Berufungen gegen Bescheide, die in<br />

Rechtspositionen eingreifen<br />

Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gem § 64 Abs 2 AVG durch gesonderten<br />

Spruchteil: vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen<br />

Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten<br />

aufschiebende Wirkung auch im VStG (§ 24 VStG)<br />

11


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/12 – Rechtsmittel AVG, VStG<br />

A. Verwaltungsverfahren nach AVG<br />

Binder/Trauner, Rz [0990] ff, [1013], [2837]<br />

B. Verwaltungsstrafverfahren nach VStG<br />

Binder/Trauner, Rz [1035] ff, [2835]<br />

12


UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/13 – Allgemeiner Teil VStG<br />

A. Verfahrensbesonderheiten<br />

Bestimmungen des AVG subsidiär anzuwenden; grundsätzlich – wie im AVG – ordentliches<br />

Ermittlungsverfahren; Strafbescheid, der aufgrund eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens<br />

ergeht, heißt Straferkenntnis<br />

B. Abgekürzte Verfahren<br />

Strafverfügung (= Strafmand<strong>at</strong>) gem §§ 47 ff VStG: Binder/Trauner, Rz [1043]<br />

Organstrafverfügung (= Organmand<strong>at</strong>) gem § 50 VStG: Binder/Trauner, Rz [1044]<br />

Anonymverfügung gem § 49a VStG: Binder/Trauner, Rz [1045]<br />

C. Berufungsinstanz<br />

gegen Straferkenntnis: UVS<br />

Strafbehörde I. Instanz h<strong>at</strong> die Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung<br />

D. Verschlechterungsverbot (= Verbot der reform<strong>at</strong>io in peius)<br />

nicht für Organstrafverfügung und Anonymverfügung, weil diese Strafen ohne Verfahren<br />

ergehen; im <strong>Fall</strong> der Gegenwehr des Bestraften hinfällig, das ordentliche<br />

Verfahren beginnt dann erst<br />

aber: für Strafverfügung ordnet § 49 Abs 2 VStG ausdrücklich die Geltung des Verbots<br />

der „reform<strong>at</strong>io in peius“ an<br />

E. Verschulden<br />

Vors<strong>at</strong>z: Wissen und Wollen<br />

Fahrlässigkeit: Sorglosigkeit (Sorgfaltswidrigkeit)<br />

Verschuldensvermutung (§ 5 Abs 1 S<strong>at</strong>z 2 VStG): Annahme von Fahrlässigkeit; Entlastungsbeweis<br />

durch Täter (zB wirksames Kontrollsystem)<br />

Absehen von der Strafe (§ 21 Abs 1 VStG) unter bestimmten Umständen (geringfügiges<br />

„Verschulden“, Folgen der Übertretung unbedeutend); lt Judik<strong>at</strong>ur kein<br />

Ermessen der Behörde, sondern Rechtsanspruch<br />

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UE Verwaltungsrecht <strong>Fall</strong> I Bruno Binder<br />

SS 2009<br />

Student/Gärtner<br />

Texttafel I/14 – Verwaltungsvollstreckung<br />

A. Vollstreckungstitel<br />

Bescheid, Vollstreckbarkeitsbestätigung, ua<br />

B. Vollstreckungsverfügung<br />

Bescheid mit eingeschränkter Berufungsmöglichkeit<br />

C. Zuständigkeit Vollstreckungsbehörde<br />

örtlich: § 10 Abs 1 VVG verweist auf § 3 AVG<br />

sachlich: idR Bezirksverwaltungsbehörde (§ 1 Abs 1 VVG)<br />

D. Geldleistungen<br />

durch die Vollstreckungsbehörde oder auf deren Veranlassung im Wege der ordentlichen<br />

Gerichten (§ 3 VVG)<br />

E. Andere Leistungen und Unterlassungen<br />

Erzwingung vertretbarer Leistungen durch Ers<strong>at</strong>zvornahme (§ 4 VVG)<br />

Erzwingung unvertretbarer Leistungen und Unterlassungen durch Zwangsstrafen (§ 5<br />

VVG)<br />

Anwendung unmittelbaren Zwangs (§ 7 VVG)<br />

Die Vollstreckung des jeweils Georg betreffenden Verwaltungsstraferkenntnisses und<br />

des Untersagungsbescheids obliegt dem Bürgermeister von Linz als der sachlich und<br />

örtlich zuständigen Vollstreckungsbehörde. Bei der Vollstreckung der Verwaltungsstrafe<br />

handelt es sich um die Eintreibung einer Geldleistung iSv § 3 VVG, bei jener<br />

des Untersagungsbescheids um die Erzwingung einer Unterlassung, die mittels<br />

Zwangsstrafen gemäß § 5 VVG durchzusetzen ist.<br />

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