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DRUCK+PAPIER EXTRA 1/2005

Die Ausgabe Extra 1/2005 der ver.di-Zeitschrift für die ver.di-Mitglieder in den Branchen Druckindustrie, Papier, Pappe, Kunststoffe verarbeitende Industrie.

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Die Branchenzeitung www.gegendruck.info E 12856<br />

DRUCK<br />

PAPIER<br />

<strong>EXTRA</strong>Nr. 1 | Mai <strong>2005</strong><br />

Foto: Christian v. Polentz / transit - berlin<br />

Noch eine Schippe drauflegen<br />

Die Unternehmer der Druckindustrie<br />

und der Papierverarbeitung<br />

tun gern so, als könnten Streiks<br />

sie nicht beeindrucken, nicht aus<br />

der Ruhe bringen. So auch bei den<br />

jüngsten Tarifverhandlungen am<br />

26. April mit dem Hauptverband<br />

Papier- und Kunststoffverarbeitung<br />

(HPV) und am 4. Mai mit<br />

dem Bundesverband Druck und<br />

Medien (bvdm).<br />

Sie pokern hoch, drohen damit,<br />

dass es überhaupt keinen Flächentarifvertrag<br />

mehr gibt, wenn<br />

ver.di nicht vor ihnen kuscht. Aber<br />

in Wirklichkeit sind die meisten<br />

Unternehmer nicht so cool, in<br />

Warnstreiks in mehr als 150 Betrieben der<br />

Papierverarbeitung und der Druckindustrie – Unternehmer<br />

mauern sich mit ihrer harten Haltung ein<br />

Wirklichkeit wissen sie genau, was<br />

der sogenannte Arbeitsfrieden<br />

wert ist, welch unkalkulierbares<br />

Risiko für sie ein tarifloser Zustand<br />

wäre, wenn für die Beschäftigten<br />

keine tarifliche Friedenspflicht<br />

mehr gilt und die Gewerkschaft<br />

sie jederzeit zur Durchsetzung ihrer<br />

Interessen zum Streik aufrufen<br />

kann. Und bereits mehr als 18.000<br />

Beschäftigte in über 150 Betrieben<br />

der Papierverarbeitung, der<br />

Zeitungsverlage und der Druckin-<br />

dustrie haben mit Warnstreiks in<br />

diesem Jahr gezeigt, dass sie mutig<br />

genug sind, stundenweise,<br />

schichtweise, tageweise die Arbeit<br />

niederzulegen: als Gegenwehr<br />

gegen die Kahlschlagpläne der<br />

Arbeitgeber, für Beschäftigungssicherung<br />

und eine Lohnerhöhung<br />

um 3,7 Prozent, wie von ver.di gefordert.<br />

Mit dabei sind in diesem Jahr<br />

auch Belegschaften, die bis dahin<br />

noch nie gestreikt hatten, zum<br />

Beispiel die Kolleginnen und Kollegen<br />

beim Aachener Faltschachtelhersteller<br />

Aug. Heinrigs oder in<br />

Velbert bei Schaaf-Packung. Oder<br />

Belegschaften, die seit 1984 an<br />

keinem Arbeitskampf mehr teilgenommen<br />

hatten, wie etwa beim<br />

Bintz-Verlag (»Offenbach Post«).<br />

Und in Betrieben, die seit vielen<br />

Jahren bei Streiks in vorderster<br />

Front standen und von ihrem Arbeitgeber<br />

akut mit der Vernichtung<br />

ihrer Jobs bedroht werden:<br />

zum Beispiel Bauer-Druck in Köln.<br />

Oder auch Kolleginnen und Kollegen,<br />

die von ihren Geschäftslei-<br />

>>> Bitte umblättern!


2 <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

tungen unsäglich schikaniert<br />

werden – beispielsweise Rotation<br />

und Weiterverarbeitung der<br />

Koblenzer »Rhein-Zeitung«.<br />

Weder die 12. Verhandlungsrunde<br />

für die Druckindustrie (am<br />

4. Mai) noch die siebente für die<br />

Papierverarbeitung (am 26. April)<br />

haben Verhandlungsfortschritte<br />

gebracht. Die Unternehmer weigerten<br />

sich, ein Lohnangebot vorzulegen,<br />

wollen über Lohnerhöhungen<br />

nur dann reden, wenn<br />

beim Manteltarifvertrag ihre Forderungen<br />

erfüllt sind. »Wir werden<br />

bei den Streiks wohl noch eine<br />

Schippe drauflegen müssen, um<br />

die Verweigerungsfront der<br />

Arbeitgeber aufzubrechen,«<br />

kommentierte ver.di-Tarifsekretär<br />

Andreas Fröhlich.<br />

Für den 17. Mai <strong>2005</strong> sind die<br />

zentralen Tarifkommissionen für die<br />

Druckindustrie und die Papierverarbeitung<br />

eingeladen, um über den<br />

Stand der Dinge und die weiteren<br />

Schritte zu beraten. Als nächster<br />

Verhandlungstermin für die Druckindustrie<br />

wurde der 12. Mai <strong>2005</strong><br />

vereinbart. Mit den Arbeitgebern der<br />

Papierverarbeitung will ver.di am<br />

18. Mai <strong>2005</strong> weiterverhandeln.<br />

HENRIK MÜLLER<br />

Ganz ver.di steht<br />

hinter den Druckern und<br />

Papierverarbeitern<br />

Kämpferische Stimmung herrschte<br />

bei der jüngsten, sehr gut besuchten<br />

Tarifkonferenz des nordrheinwestfälischen<br />

ver.di-Landesfachbereichs<br />

Medien am 30. April<br />

<strong>2005</strong> im Oberhausener Industriemuseum.<br />

Der stellvertretende<br />

ver.di-Bundesvorsitzende und gewerkschaftliche<br />

Verhandlungsführer<br />

Frank Werneke informierte<br />

mehr als 200 Vertreterinnen und<br />

Vertreter der Belegschaften von<br />

Druckereien, Verlagen und Papier<br />

verarbeitenden Betrieben über den<br />

Stand des Arbeitskampfes und<br />

der Tarifverhandlungen. Viele Diskussionsrednerinnen<br />

und -redner<br />

betonten die Bereitschaft ihrer<br />

Kolleginnen und Kollegen, für einen<br />

neuen Flächentarifvertrag zu<br />

kämpfen, der diesen Namen auch<br />

verdient. Die neue ver.di-Landesleiterin<br />

Gabriele Schmidt sicherte<br />

den Druckern und Papierverarbeitern<br />

die solidarische Unterstützung<br />

der Gesamtorganisation zu.<br />

Fotos (2): Jürgen Seidel<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

nach zwölf Verhandlungsrunden über einen neuen<br />

Manteltarifvertrag für die Druckindustrie und acht<br />

für die Papierverarbeitung müssen wir Anfang Mai<br />

feststellen, dass die Arbeitgeber sich inhaltlich nicht<br />

bewegt haben. Die massiven Warnstreiks in fast 100<br />

Betrieben der Papierverarbeitung haben die Vertreter<br />

des Hauptverbands Papier- und Kunststoffverarbeitung<br />

(HPV) zwar veranlasst, an den Verhandlungstisch<br />

zurückzukehren, den sie zuvor verlassen hatten,<br />

und sich im Ton zu mäßigen. Sie beharren aber,<br />

wie die Druck-Unternehmer, auf ihren bekannten<br />

Forderungen nach Öffnungsklauseln, insbesondere<br />

solchen, die in den Betrieben Verlängerungen der<br />

Wochenarbeitszeit und die Reduzierung oder<br />

Streichung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld<br />

ermöglichen sollen. Und sie drohen weiter damit,<br />

dass es überhaupt keinen Flächentarifvertrag<br />

mehr geben könnte, wenn ver.di nicht nach ihrer<br />

Pfeife tanzt.<br />

Am 30. April ist nun auch in der Druckindustrie<br />

die Friedenspflicht ausgelaufen, und auch hier haben<br />

in der ersten Mai-Woche viele tausend Beschäftigte<br />

ihrem Protest gegen die Haltung der Arbeitgeber mit<br />

Warnstreiks Ausdruck verliehen. Allen an Arbeitsniederlegungen<br />

und weiteren Aktionen beteiligten Kolleginnen<br />

und Kollegen gebührt – gerade in Zeiten<br />

wie diesen – ein herzliches Dankeschön für ihren<br />

Mut und ihre Entschlossenheit. Ihr habt gezeigt, dass<br />

Ihr Euch nicht alles gefallen lasst. Die Vereinte<br />

Dienstleitungsgewerkschaft ist nach wie vor zu Veränderungen<br />

des Manteltarifvertrags bereit, aber<br />

eines werden wir gewiss nicht tun: Vereinbarungen<br />

zustimmen, die die Vernichtung von weiteren<br />

zigtausend Arbeitsplätzen und massive Einkommensverluste<br />

zur Folge haben.<br />

Damit die 400.000 Beschäftigten in Druckindustrie,<br />

Zeitungsverlagen und Papierverarbeitung und<br />

ihre Gewerkschaft diese<br />

Manteltarifrunde erfolgreich<br />

meistern können, bedarf es in<br />

den kommenden Wochen<br />

noch erheblichen weiteren<br />

Drucks. Es lohnt sich aber,<br />

Stärke zu zeigen, denn es geht<br />

um die Sicherung des Tarifschutzes.<br />

Mit kollegialen Grüßen,<br />

Frank Werneke, stellv.<br />

ver.di-Bundesvorsitzender


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

3<br />

Systemveränderern das<br />

Handwerk legen<br />

Grundlegende tarifpolitische Errungenschaften<br />

und wohlerworbene Rechte gegen Übergriffe<br />

der Unternehmerverbände verteidigen<br />

In vielen Chefetagen von Druckereien, Verlagen und<br />

papierverarbeitenden Betrieben sind in diesen Tagen<br />

Systemveränderer am Werk: Die Zeiten, in denen sich die<br />

lohnabhängig Beschäftigten und ihre Gewerkschaften<br />

gesellschaftspolitisch in der Defensive sehen und<br />

Millionen ohne Arbeit sind oder Angst vor Arbeitslosigkeit<br />

und Armut haben, wollen sie für einen radikalen Umsturz<br />

der tarifpolitischen Verhältnisse nutzen.<br />

Foto: Jürgen Seidel<br />

157 Jahre nach dem ersten Druckerstreik,<br />

132 Jahre nach Abschluss<br />

des ersten Drucker-Tarifvertrags<br />

wollen viele Prinzipale offensichtlich<br />

aufs Ganze gehen und<br />

können sich allen Ernstes vorstellen,<br />

künftig ohne jegliche Flächentarifverträge<br />

auszukommen. Jedenfalls<br />

möchten sie branchenweit<br />

einklagbare Arbeitsbedingungen<br />

nur noch dann akzeptieren,<br />

wenn die Gewerkschaft sich<br />

ihnen bedingungslos unterwirft<br />

und Vereinbarungen akzeptiert,<br />

die nur noch eine inhaltsleere Hülle<br />

wären.<br />

Wenn Tarifrunden in der Vergangenheit<br />

so abgelaufen sind,<br />

dass die Gewerkschaften Forderungen<br />

erhoben und die Unternehmerverbände<br />

nach und nach<br />

Angebote machten, soll das heute<br />

umgekehrt funktionieren: Die Arbeitgeber<br />

stellen Forderungen,<br />

die – allerdings ziemlich phantasielos<br />

– über die Branchen hinweg<br />

alle auf das Gleiche hinauslaufen:<br />

• Sie wollen in den Betrieben<br />

freie Hand bekommen für die Verlängerung<br />

der Arbeitszeiten –<br />

selbstverständlich auch ohne<br />

Lohnausgleich.<br />

• Sie wollen je nach Kassenlage<br />

in den Betrieben regeln, ob Ur-<br />

laubsgeld und/oder Jahresleistung<br />

gezahlt werden und in welcher<br />

Höhe.<br />

• Sie wollen Erschwerniszuschläge<br />

reduzieren oder abschaffen.<br />

• Sie wollen den Samstag wieder<br />

zum zuschlagsfreien Normalarbeitstag<br />

machen.<br />

• Sie wollen die Belegschaften<br />

spalten, indem Beschäftigte, die<br />

nach dem 1. Mai <strong>2005</strong> eingestellt<br />

werden, grundsätzlich schlechtere<br />

Konditionen bekommen.<br />

Würde ver.di die von den<br />

Unternehmern geforderten Öffnungsklauseln<br />

tarifvertraglich akzeptieren,<br />

hätten selbst starke,<br />

selbstbewusste Belegschaften und<br />

ihre Betriebsräte kaum noch<br />

Druckmittel, Arbeitszeitverlängerungen<br />

und Lohnsenkungen abzuwehren.<br />

Streiks dagegen wären<br />

juristisch jedenfalls kaum noch zulässig.<br />

Insgesamt läuft die aktuelle<br />

Tarifpolitik des Bundesverbandes<br />

Druck und Medien (bvdm), der<br />

Verlegerverbände und des Hauptverbandes<br />

Papier- und Kunststoffverarbeitung<br />

(HPV) auf die Vernichtung<br />

von weiteren zigtausend<br />

Jobs hinaus – und die, die dann<br />

noch Arbeit haben, müssten massive<br />

Einkommensverluste hinnehmen.<br />

Jedes Kind kann sich das an<br />

fünf Fingern ausrechnen, aber die<br />

meisten Unternehmer und ihre<br />

Manager können offensichtlich<br />

keine zehn Meter mehr über den<br />

eigenen Betrieb und keine 14 Tage<br />

über den nächsten Quartalsabschluss<br />

hinausdenken, um zu erkennen,<br />

dass in einem wachstumsorientierten<br />

Wirtschaftssystem<br />

Lohndumping und Verarmung immer<br />

größerer Bevölkerungsschichten<br />

nur zu weiterer ökonomischer<br />

Depression führen. Zeitungen kaufen<br />

bekanntermaßen keine Zeitungen<br />

und Kartonagen keine Kartonagen.<br />

Nicht zuletzt aus volkswirtschaftlicher<br />

Sicht ist es deshalb<br />

auch nur vernünftig, dass ver.di für<br />

die Beschäftigten der Druckindustrie<br />

und der Papierverarbeitung in<br />

diesem Jahr eine Erhöhung der<br />

Löhne und Gehälter um 3,7 Prozent<br />

fordert.<br />

Um den Systemveränderern das<br />

Handwerk zu legen, hilft wohl nur<br />

noch die verstärkte Ingebrauchnahme<br />

des verfassungsrechtlich<br />

garantierten Streikrechts. Auch<br />

hier verkehrte Welt: Wenn Gewerkschafterinnen<br />

und Gewerkschafter<br />

in früheren Zeiten das<br />

Wort Arbeitskampf in den Mund<br />

nahmen, drohte stets der Untergang<br />

des Abendlandes. In der<br />

Druckindustrie sind es heutzutage<br />

die Unternehmer, die schon seit<br />

eineinhalb Jahren die Muskeln<br />

spielen lassen und davon reden,<br />

dass es im Frühjahr <strong>2005</strong> wohl auf<br />

einen Arbeitskampf hinauslaufen<br />

werde, den man aber um der guten<br />

Sache willen in Kauf nehmen,<br />

sprich: aussitzen wolle. Je näher<br />

allerdings der 30. April <strong>2005</strong> herangerückt<br />

ist, also das Ende der so<br />

genannten tariflichen Friedenspflicht,<br />

desto stiller sind die Druckunternehmer<br />

in Sachen Arbeitskampf<br />

geworden.<br />

Ein Dutzend Verhandlungsrunden<br />

sind 2004 und in diesem<br />

Jahr ohne nennenswerte Fortschritte<br />

über die Bühne gegangen, und<br />

nun gab es Anfang Mai die ersten<br />

Streiks in Zeitungsbetrieben und<br />

anderen Druckereien, die aber unter<br />

einem guten Vorzeichen stehen:<br />

In der Schwesterbranche Papierverarbeitung,<br />

die früher tarifpolitisch<br />

immer ein wenig im Windschatten<br />

der Druckindustrie segelte<br />

und wo die Friedenspflicht schon<br />

Ende Dezember 2004 ausgelaufen<br />

war, hatte sich im März und April<br />

<strong>2005</strong> die breiteste und kraftvollste<br />

Streikbewegung seit 1991 entwickelt.<br />

HENRIK MÜLLER


4 <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Die Streikbetriebe<br />

der Papierverarbeitung<br />

In der Zeit zwischen dem 3. März und dem<br />

4. Mai <strong>2005</strong> wurden Streiks in 98 Betrieben der<br />

Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden<br />

Industrie registriert.<br />

Baden-Württemberg: Edelmann, Heidenheim; Edelmann, Weilheim;<br />

Höhn, Ulm; Hummel, Magstadt; Kappa Wellpappe Wiesloch, St. Leon-Rot;<br />

Landerer, Neckarsulm; Nestler Wellpappe, Lahr; SCA Packaging, Mannheim;<br />

MM Packaging Schilling, Heilbronn; Schneider & Söhne, Ettlingen; Straub<br />

Verpackungen, Bräunlingen; Straub Verpackungen, Blumberg<br />

Bayern: A & R Carton, Königsbrunn; Druckverarbeitung Nürnberg;<br />

Kimberly Clark, Forchheim; Meiller direct, Meiller lettershop, Meiller Weiterverarbeitung,<br />

alle Schwandorf; Mondi Packaging Redenfelden, Raubling;<br />

Mondi Packaging, Eschenbach; Oldenbourg Binderei Produktion; Oldenbourg<br />

Technik Service, beide Kirchheim-Heimstetten; Papierwerk Landshut,<br />

Wörth; SCA Packaging, Nördlingen; Smurfit Europa Carton,<br />

Neuburg/Donau; STI, Neutraubling; VG Nicolaus, Kempten.<br />

Hessen: Alcan Packaging, Mühltal; A & R Carton, Kriftel; Amcor Flexibles,<br />

Hochheim; Ebert Folien, Wiesbaden; Hyga Hygienepapiere, Eichenzell; Marburger<br />

Tapetenfabrik, Kirchhain; Schümann, Stadtallendorf; Smurfit eurolok,<br />

Heppenheim.<br />

Niedersachsen/Bremen: A & R Carton, Danapak, beide Bremen; Arwed<br />

Löseke, Hildesheim; Beucke & Soehne, Dissen; Delkeskamp Wellpappen,<br />

Nortrup; Esselte Leitz, Uelzen; Heyne & Penke, Holzminden; Heyne & Penke,<br />

Dassel; Kappa Wellpappe, Sarstedt; Klingele Wellkistenwerk, Delmenhorst;<br />

MM Packaging Behrens, Alfeld; Tapetenfabrik Gebr. Rasch, Bramsche.<br />

Nord: Altonaer Wellpappe, Tornesch; Gruner Druck Weiterverarbeitung,<br />

Itzehoe; H. O. Persiehl, Norderstedt; Hammer, Kappa Wellpappe, beide<br />

Lübeck; Smurfit Europa Carton, Lauenburg; Smurfit Europa Carton, Waren;<br />

Willy Schacht, Ahrensburg.<br />

Nordrhein-Westfalen: A.S. Creation, Gummersbach; Arthur Theis,<br />

Edelmann Systemverpackungen, beide Wuppertal; Cartonic, Cofresco, Melitta<br />

Haushalt, SCA Packaging, alle Minden; Deutsche Benkert, Herne; Gundlach<br />

Display, Gundlach Service, Gundlach Verpackung, Gunova, alle Oerlinghausen;<br />

Heinrigs, Aachen; Jackstädt, Schwelm; Kappa RapidCorr, Euskirchen;<br />

Kappa Wellpappe, Brühl; Klingele Papierwerke, Werne; May & Spies, Düren;<br />

Mondi Packaging, Sendenhorst; MM Graphia, Bielefeld; PPC card-systems,<br />

SCA Packaging, beide Paderborn, Procter & Gamble, Neuss; PVG, Spenge;<br />

VG Nicolaus,SCA Packaging, Pulheim; SCA Packaging, Hövelhof; Schaaf<br />

Packung, Velbert; SIG Combibloc, Sopal PKL, beide Linnich;<br />

Smurfit Europa Carton, Walki Wisa, beide Jülich; Smurfit Europa<br />

Carton, Lübbecke; Walki Wisa, Steinfurt; Wellpappe<br />

Gelsenkirchen; Wellpappe Otto Hampel, Remscheid;<br />

Wolf, Vlotho; WS Quack & Fischer, Viersen.<br />

Rheinland-Pfalz/Saar: C.P. Schmidt, Kaiserslautern;<br />

Elopak, Speyer; Smurfit Europa Carton, Germersheim;<br />

Thimm, Alzey; Wellpappe Sausenheim, Grünstadt.<br />

Südost: SIG Combibloc, Wittenberg.<br />

Fotos (5): Jürgen Seidel<br />

Foto: transit, Leipzig


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

5<br />

Die Streikbetriebe<br />

der Druckindustrie<br />

Zwischen dem 2. und 4. Mai <strong>2005</strong> wurden 55 Betriebe<br />

bekannt, in denen sich Belegschaften an der ersten<br />

Warnstreikwelle der Druckindustrie beteiligten.<br />

Fotos (2): Werner Bachmeier<br />

Baden-Württemberg: Ebner & Spiegel, Druckhaus Ulm-Oberschwaben, beide<br />

Ulm; Schlott, Freudenstadt.<br />

Bayern: Der Neue Tag, Weiden; Amberger Zeitung, Amberg; Presse-Druck und<br />

Verlag, Augsburg; Druckhaus Dessauer Straße, SV-Druckzentrum Steinhausen,<br />

München; U. E. Sebald, Nürnberg; Tiefdruck Schwann-Bagel, Oberschleißheim;<br />

Oberbayerisches Volksblatt, Rosenheim; Allgäuer Zeitungsverlag,<br />

AZ Industrieservice, beide Kempten; Main-Presse + Volksblatt, Schweinfurter<br />

Tagblatt, beide Würzburg; Main-Echo, Aschaffenburg.<br />

Berlin-Brandenburg: Axel Springer Druckhaus, Berlin.<br />

Hessen: Springer, Medienhaus Südhessen/»Darmstädter Echo«, beide<br />

Darmstadt; Druck- und Verlagshaus Frankfurt/Main/»Frankfurter Rundschau«,<br />

Neu-Isenburg; Hersfelder Zeitung, Bad Hersfeld; Wetzlarer Neue Zeitung,<br />

Wetzlar; Dierichs Zeitungsdruck, Kassel; Bintz-Verlag, Offenbach.<br />

Niedersachsen/Bremen: Westermann-Druck, Braunschweiger Zeitungsverlag,<br />

beide Braunschweig; Madsack, Hannover; C.W. Niemeyer, Hameln;<br />

WE-Druck, Oldenburg; Bremer Tageszeitungen AG, Bremen; Nordsee-Zeitung,<br />

Bremerhaven; Zeitungsverlag Krause, Stade.<br />

Nord: Gruner Druck, Itzehoe; Springer Tiefdruck, Springer Offsetdruck, beide<br />

Ahrensburg; Clausen & Bosse, Leck; Broschek; Hamburg.<br />

Nordrhein-Westfalen: DuMont Schauberg, Bauer-Druck, Bachem, alle Köln,<br />

Generalanzeiger, Bonn; Tiefdruck Schwann-Bagel, Mönchengladbach; RBD<br />

(»Rheinische Post«), Düsseldorf; PD Pressedruck (»Westfalenblatt«), Küster<br />

Presse-Druck, beide Bielefeld; JCC Bruns Vorstufe; Minden; Druckhaus WAZ,<br />

Axel Springer, beide Essen; RBD, Wuppertal; Metz Tiefdruck, Brimberg,<br />

Aachener Presseversand, alle Aachen.<br />

Rheinland-Pfalz /Saar: Verlagsgruppe Rhein-Main, Mainz; Mittelrhein-Verlag,<br />

Koblenz.


6 <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Bis hierher und nicht weiter!<br />

Warum in diesem Frühjahr in Druckereien, Zeitungsverlagen<br />

und Papier verarbeitenden Betrieben gestreikt wird<br />

Foto: transit, Leipzig<br />

Wo man auch nachfragt: Die meisten Beschäftigten in den<br />

deutschen Druckereien, Zeitungsverlagen und Papier verarbeitenden<br />

Betrieben haben die Schnauze gestrichen voll<br />

von den ewigen Drohungen ihrer Arbeitgeber, Arbeitsplätze<br />

zu streichen und menschliche Existenzen zu vernichten,<br />

und von dem nicht enden wollenden Gejammer über<br />

angeblich zu hohe Lohnkosten und mangelnde Flexibilität.<br />

Viele von ihnen haben deshalb in diesem Jahr schon aus<br />

Protest bei Warnstreiks die Arbeit niedergelegt, viele sind<br />

bereit, auch länger zu streiken. Ulla Lessmann hat sich für<br />

<strong>DRUCK+PAPIER</strong> an der Basis umgehört.<br />

Michaela van Houten<br />

ist gelernte Schriftsetzerin, Betriebsratsmitglied<br />

und Schwerbehindertenvertreterin<br />

und arbeitet<br />

in der Druckformherstellung im<br />

Druckzentrum des Süddeutschen<br />

Verlages in München: »Ich streike,<br />

weil ich nicht einsehe, dass uns<br />

das, wofür wir jahrelang gekämpft<br />

haben, mir nichts dir nichts einfach<br />

weggenommen werden soll.<br />

30 Prozent weniger an Gehalt<br />

würde das ausmachen; die Arbeitgeber<br />

selber schreien doch schon,<br />

wenn wir mal fünf Prozent fordern.<br />

Und ich bin auch nicht bereit,<br />

40 Stunden zu arbeiten, denn<br />

wenn der Arbeitgeber uns 40<br />

Stunden braucht, hat er offensichtlich<br />

zu wenig Personal und<br />

sollte welches einstellen! Bei uns<br />

sieht es gut aus mit der Solidarität<br />

und der Streikbereitschaft; es sind<br />

sogar Kollegen in die Gewerkschaft<br />

eingetreten, an die man früher<br />

gar nicht rangekommen ist.«<br />

Gerd Grüning<br />

ist Sachbearbeiter in der Betriebsabrechnung<br />

bei der A &R Carton<br />

GmbH in Bremen, seit 30 Jahren<br />

Betriebsratsmitglied, jetzt stellvertretender<br />

Betriebsratsvorsitzender:<br />

»Die A&R Carton produziert Faltschachteln<br />

in drei Werken in<br />

Deutschland und gehört zu einem<br />

schwedischen Konzern mit weiteren<br />

Standorten in Europa. Im Werk<br />

Bremen arbeiten 120 Leute. Ich<br />

streike zusammen mit meinen Kolleginnen<br />

und Kollegen, um weitere<br />

Verschlechterungen für die<br />

Beschäftigten aufzuhalten. Die<br />

Auseinandersetzungen beim Übergang<br />

vom Druck- in den Papierverarbeitungs-Tarifvertrag<br />

und bei<br />

den jüngsten Rationalisierungswellen<br />

mit etlichen Entlassungen<br />

haben uns gelehrt, dass man sich<br />

gerade in schwierigen Zeiten gemeinsam<br />

wehren muss. Deshalb<br />

streiken bei uns auch die Angestellten<br />

mit. Über 90 Prozent sind<br />

inzwischen auch hier Gewerkschaftsmitglied.<br />

Öffnungsklauseln<br />

und Arbeitszeitverlängerungen<br />

sind die größten Gefahren, weil<br />

sie in der Branche eine Abwärtsspirale<br />

bei Einkommen und Arbeitszeit<br />

in Gang setzen würden.<br />

Entlassungen wären die schnelle<br />

Folge.«


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

7<br />

Hans-Peter Rauh<br />

ist Offsetdrucker und Betriebsratsvorsitzender<br />

bei der Artur Theis<br />

GmbH, Hersteller von pharmazeutischen<br />

Verpackungen, in Wuppertal:<br />

»Ich streike für meine Rechte<br />

und für den Erhalt des Manteltarifvertrages,<br />

damit ich nicht über<br />

den Tisch gezogen werde. Das ist<br />

im Moment nicht einfach. Viele<br />

Kollegen stehen unter Druck oder<br />

lassen sich von den Arbeitgebern<br />

unter Druck setzen. Einige glauben<br />

auch den Argumenten der Arbeitgeber,<br />

dass ein paar Stunden<br />

mehr Arbeit ohne mehr Geld nicht<br />

so schlimm sind. Aber die vergangenen<br />

Jahrzehnte haben eben gezeigt,<br />

dass man ohne Widerstand<br />

nichts erreicht.«<br />

Joe Reed<br />

aus den USA ist gelernter Verpackungsmittelmechaniker<br />

und Betriebsratsvorsitzender<br />

und arbeitet<br />

in der Druckvorbereitung bei SCA<br />

Packaging im Werk Pulheim bei<br />

Köln: »Wir müssen streiken, es<br />

gibt keine Alternative. Die Forderungen,<br />

die die Arbeitgeber gestellt<br />

haben, würden uns ins 19.<br />

Jahrhundert zurückwerfen. Natürlich<br />

haben viele Kollegen Angst,<br />

das nutzen die Arbeitgeber aus.<br />

Aber wir haben hier eine sehr<br />

selbstbewusste, kampferprobte<br />

Belegschaft, wir Betriebsräte sprechen<br />

viel mit den Leuten und informieren<br />

sie.«<br />

Heinz Josef Lange<br />

arbeitet in der Druckvorbereitung<br />

und ist Betriebsratsvorsitzender<br />

bei Arwed Löseke Papierverarbeitung<br />

und Druckerei in Hildesheim:<br />

»Ich streike, weil das, was wir in<br />

40, 50 Jahren erkämpft haben,<br />

nicht mit einem Federstrich wieder<br />

verschwinden soll. Auf der einen<br />

Seite hat jeder Angst um seinen<br />

Job, auf der anderen Seite werfe<br />

ich deshalb nicht meine Prinzipien<br />

über den Haufen. Auch in der Vergangenheit<br />

gab es, wenn es Betrieben<br />

wirtschaftlich schlecht<br />

ging, immer schon Vereinbarungen<br />

zwischen Belegschaft und<br />

Arbeitgeber. Jetzt läuft es darauf<br />

hinaus, dass Belegschaften erpressbar<br />

werden.«<br />

Peter Werkmann<br />

arbeitet im Anzeigenumbruch des<br />

»Mannheimer Morgen« und ist<br />

engagiertes ver.di-Mitglied: »Der<br />

Manteltarifvertrag ist unheimlich<br />

wichtig – von der Arbeitszeit, den<br />

Urlaubsregelungen, den Schichtzuschlägen<br />

bis zum 13. Monatsgehalt<br />

enthält er viele Dinge, für die<br />

schon unsere Eltern gekämpft haben.<br />

Die kann man doch nicht einfach<br />

aufgeben! Die Arbeitgeber<br />

müssen merken, dass jetzt für uns<br />

der Punkt ist zu sagen: Bis hierher<br />

und nicht weiter! Die stellen jeden<br />

Tag neue Forderungen auf, und<br />

jetzt muss mal Schluss sein mit<br />

den Erpressungsversuchen. Die<br />

haben uns den Streik damit aufgezwungen.<br />

Politisch hat man auch<br />

keinen Rückhalt mehr; die Regierung<br />

gibt dauernd den Forderungen<br />

der Arbeitgeber nach, weil sie<br />

glaubt, dass die Arbeitsplätze<br />

schaffen. Aber das tun die nicht.«<br />

Michaela Lindner<br />

arbeitet in der Weiterverarbeitung<br />

der »Augsburger Allgemeinen«:<br />

»Ich bin ja erst vor vier Monaten in<br />

die Gewerkschaft eingetreten,<br />

weil es jetzt wirklich zu hart ist.<br />

Früher bin ich auch mal dringeblieben<br />

beim Streik, aber jetzt gehe<br />

ich wirklich mit raus! Weil das mit<br />

dem Manteltarifvertrag eine Obergemeinheit<br />

ist. Freischichten wollen<br />

sie uns wegnehmen, und dann<br />

sollen wir noch mehr arbeiten ohne<br />

Lohnausgleich. Bei mir bringt<br />

die Nachtschicht ja das Geld. Ich<br />

arbeite von Sonntag bis Samstag<br />

früh, und wenn sie mir die paar<br />

Kröten für den Nachtzuschlag<br />

auch noch wegnehmen wollen,<br />

reicht’s mir.«<br />

Hildegard Assel-Nicklas<br />

arbeitet in der Texterfassung beim<br />

»Mannheimer Morgen« und ist<br />

Betriebsratsmitglied: »Ich bin unheimlich<br />

wütend, richtig zornig.<br />

Ich will das behalten, wofür wir<br />

lange genug gekämpft und vor<br />

der Tür gestanden haben. Die Herren,<br />

die zwanzigmal mehr verdienen<br />

als ich, erzählen mir jeden Tag<br />

im Fernsehen und im Radio, dass<br />

ich mit weniger auskommen soll,<br />

als ich jetzt habe. Ich mache meine<br />

Arbeit sehr gut und mir steht<br />

der Lohn dafür auch zu. Angst habe<br />

ich keine, und wenn sie mich<br />

entlassen wollen, entlassen sie<br />

mich, ob ich streike oder nicht. Davon<br />

lasse ich mich nicht beeinflussen.<br />

Das habe ich nie gemacht.«<br />

Karin Hoffmann<br />

ist Betriebsrätin und Mitglied der<br />

Streikleitung und arbeitet als kaufmännische<br />

Angestellte beim Faltschachtelhersteller<br />

Höhn in Ulm:<br />

»Es kann ja einfach nicht sein, dass<br />

wir um Jahrzehnte zurückgeworfen<br />

werden! Für mich gibt es gar<br />

keine andere Möglichkeit als zu<br />

streiken, um das zu erhalten, wofür<br />

wir gekämpft haben. Mir geht<br />

es sehr gut dabei, weil in unserem<br />

Betrieb die Streikbereitschaft hoch<br />

ist und die Kollegen sehr motiviert<br />

sind. Wir hatten schon zwei erfolgreiche<br />

Warnstreiks. Wie es<br />

letztlich ausgeht, weiß ich nicht.<br />

Vielleicht können wir nicht alles<br />

erhalten, aber wenigstens können<br />

wir es versuchen.«<br />

Diese Broschüre ist erhältlich in den Bezirksbüros<br />

des ver.di-Fachbereichs Medien.


8 <strong>EXTRA</strong>.Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Bischof+Klein:<br />

Großer Erfolg für<br />

das ver.di-Team<br />

Nach der Neuwahl des Betriebsrats<br />

beim Verpackungshersteller<br />

Bischof+Klein in münsterländischen<br />

Lengerich ist der bisherige stellvertretende<br />

BR-Vorsitzende Uwe<br />

Dohe nun Vorsitzender des Gremiums.<br />

Das ver.di-Team hatte einen<br />

großen Erfolg erzielt: Statt, wie bis Uwe Dohe ist neuer BR-Vorsitzender<br />

bei Bischof+Klein.<br />

dato, mit sieben ist ver.di jetzt mit<br />

zwölf Kolleginnen und Kollegen in<br />

der 15köpfigen Interessenvertretung präsent. Auch die ersten<br />

drei Ersatzmitglieder gehören noch zum ver.di-Team, das mit<br />

dem Slogan »Zukunft mit Sicherheit« in den betriebsinternen<br />

Wahlkampf gezogen war. Die Wahlbeteiligung der 1.350<br />

Beschäftigten war mit 84,3 Prozent ausgesprochen hoch.<br />

Der nordrhein-westfälische Landesleiter des Fachbereichs<br />

Medien, Kunst und Industrie, Willi Vogt, sagte: »Wir haben uns<br />

in einer harten Konfliktsituation klar positioniert und dadurch<br />

gewonnen. Diese Einsicht sollten wir auch mit in den Tarifkonflikt<br />

in der Papierverarbeitung nehmen. Jedenfalls wird jetzt<br />

niemand mehr sagen können, dass die Gewerkschaften automatisch<br />

verlieren, wenn sie sich klar gegen Arbeitsverlängerungen<br />

aussprechen.« Bei Bischof+Klein, wo flexible Verpackungen<br />

aus Papier und Kunststoff produziert werden, sind<br />

1.350 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt. DFB<br />

Tiefdruck-Fusion von EU<br />

ohne Auflagen gebilligt<br />

Als »sträfliche Missachtung« aller sozialpolitischen Grundsätze<br />

der EU wertet Josef Peitz, ver.di-Bundesfachgruppenleiter für<br />

die Druckindustrie, die Entscheidung der EU-Kommission vom<br />

3. Mai <strong>2005</strong>, die Mega-Fusion der deutschen Tiefdruckereien<br />

von Bertelsmann und Springer trotz klarer Marktführerschaft<br />

ohne Wettbewerbsauflagen zu genehmigen. Die beteiligten<br />

Betriebsräte und die Gewerkschaft seien im Hauptverfahren<br />

nicht einmal mehr angehört worden. Peitz weiter: »Die Vereinte<br />

Dienstleistungsgewerkschaft und die beteiligten Betriebsräte<br />

bestehen bei der Fusion weiterhin auf verbindlichen Regelungen<br />

zur Standort- und Beschäftigungssicherung und zur Tarifbindung.«<br />

Unterdessen gab Bertelsmann bekannt, dass der<br />

43jährige Stephan Krauss (43) Chief Executive Officer (CEO, früher<br />

hieß das Generaldirektor) des neuen Unternehmens werden<br />

soll. Krauss ist derzeit Mitglied des Bereichsvorstands der Arvato<br />

AG und Vorsitzender der Geschäftsführung von Maul-Belser<br />

Nürnberg.<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>DRUCK+PAPIER</strong> <strong>EXTRA</strong> – Sonderausgabe der ver.di-Branchenzeitung für die<br />

Mitglieder in den Fachgruppen Druckindustrie und Papierverarbeitung (Mai<br />

<strong>2005</strong>). Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand<br />

/ Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, Frank Bsirske und Frank Werneke.<br />

Redaktion: Henrik Müller (verantwortlich), Telefon 030/6956-1076, Andreas<br />

Fröhlich (-2344), Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin, Fax 030/6956-3012,<br />

drupa@verdi.de. Design und Vorstufe: werkzwei, Bielefeld / Lage. Druck:<br />

apm AG, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.


Die Branchenzeitung www.gegendruck.info E 12856<br />

<strong>EXTRA</strong><br />

DRUCK PAPIER<br />

Nr. 1 aktualisiert | Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie und Papierverarbeitung<br />

Warnstreiks<br />

ausgeweitet<br />

Arbeitskampf in 230 Betrieben<br />

Die Unternehmerverbände bleiben stur: Auch in<br />

der 13. Verhandlungsrunde über einen neuen<br />

Manteltarifvertrag für die Druckindustrie und in<br />

der siebenten für die Papierverarbeitung bewegten<br />

sie sich nicht vom Fleck. Sie beharren auf<br />

ihren tarifpolitischen Kahlschlagplänen (Seite 8).<br />

ver.di hat die Warnstreiks ausgeweitet.<br />

Foto: Christian v. Polentz / transit - berlin<br />

Arbeitszeitverlängerung, regelmäßige Samstagsarbeit, Lohnkürzungen<br />

– die Unternehmerpläne würden tausende von<br />

Jobs vernichten. Nur ein absurdes Beispiel: Bei unregelmäßiger<br />

Verteilung der Arbeitszeit soll die durchschnittliche tarifliche<br />

Wochenarbeitszeit in einem Zeitraum von fünf Jahren<br />

erreicht werden können. Und die Unternehmer weigern sich,<br />

die von ver.di geforderten Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung<br />

zu akzeptieren und ein Lohnangebot vorzulegen.<br />

Unterdessen haben bis Pfingsten weit mehr als 25.000<br />

Beschäftigte in fast 230 Betrieben (Seiten 4/5) mit Warnstreiks<br />

der ver.di-Verhandlungskommission den Rücken gestärkt und<br />

deutlich gemacht, dass sie hinter den Forderungen und der<br />

Haltung ihrer Gewerkschaft stehen. Angesichts der Blockadepolitik<br />

der Unternehmerverbände bleibt ver.di und den Beschäftigten<br />

nichts anderes übrig, als die Arbeitskampfmaßnahmen<br />

weiter auszudehnen und zu verschärfen.<br />

Für den Dienstag nach Pfingsten waren die zentralen<br />

Tarifkommissionen nach Frankfurt/Main eingeladen, um über<br />

die weiteren Schritte zu beraten. Als nächster Verhandlungstermin<br />

für die Papierverarbeitung war der 18. Mai <strong>2005</strong><br />

angesetzt. Mit den Arbeitgebern der Druckindustrie will sich<br />

die ver.di-Verhandlungskommission am 31. Mai <strong>2005</strong> erneut<br />

treffen – zum 14. Male.<br />

HENRIK MÜLLER


2 <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Was weg ist, kommt nicht wieder<br />

Auch die Beschäftigten der Druckindustrie verteidigen ihre wohlerworbenen<br />

tariflichen Rechte – eine Streikreportage aus Südhessen<br />

Die Zeit des Stillhaltens<br />

ist vorüber. Nach einem<br />

guten Dutzend erfolglosen<br />

Verhandlungsrunden legen<br />

jetzt auch Belegschaften<br />

der technischen Zeitungsproduktion<br />

und anderer<br />

Druckbetriebe die Arbeit<br />

nieder. Sie streiken,<br />

weil sie sich erpresst<br />

fühlen. Die Arbeitgeber<br />

der Druckindustrie drohen<br />

damit, dass es keinen<br />

Flächentarifvertrag mehr<br />

geben wird, wenn die<br />

Gewerkschaft nicht klein<br />

beigibt.<br />

Fotos: Bert Postelmann<br />

Die beiden Tore sind dicht. Trotzdem<br />

fährt der Lkw anstandslos<br />

aufs Werksgelände der Frankfurter<br />

Societätsdruckerei. Obwohl<br />

heute keiner der Kollegen beim<br />

Entladen anpackt, werden die<br />

Papierrollen nicht auf der Ladefläche<br />

vergammeln. Die Lieferfirma<br />

bringt ihre eigenen Entlader<br />

mit. Jörg Tenholtern zuckt mit<br />

den Achseln. »Nicht so tragisch«,<br />

findet der Sprecher der ver.di-<br />

Vertrauensleute. Hauptsache, die<br />

Rechnung der Geschäftsleitung<br />

geht nicht auf.<br />

Streikbrecher nach<br />

Mörfelden geordert<br />

Pünktlich nach dem Ende der Friedenspflicht<br />

sind – nachdem die<br />

Papierverarbeitung vorgelegt<br />

hatte – Belegschaften aus vielen<br />

Zeitungsdruckereien in den Warnstreik<br />

getreten. Auch die Verlagsmanager<br />

der Societätsdruckerei,<br />

wo u.a. die »Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung«, deren »Sonntagszeitung«<br />

und die »Frankfurter<br />

Neue Presse« gedruckt werden,<br />

richteten sich auf Streik ein. Jedes<br />

Mal, wenn die Vertrauensleute im<br />

Betrieb auftauchten, jedes Mal,<br />

wenn wieder eine Schicht über<br />

den Stand der Verhandlungen<br />

informiert wurde, dachten sie:<br />

Gleich ist es so weit, jetzt werden<br />

die Leute von den Maschinen<br />

geholt. Vorsorglich orderte die<br />

Geschäftsleitung Streikbrecher<br />

nach Mörfelden. Nichts da. Kein<br />

Streik. Beruhigt fuhren die Verlagsmanager<br />

über Himmelfahrt in den<br />

Kurzurlaub. Ausgetrickst. Freitag<br />

früh ab 6 Uhr streikten Drucker,<br />

Plattenhersteller und Männer aus<br />

der Weiterverarbeitung – zwei<br />

Tage lang. Sie haben sich am Tor<br />

abgewechselt, morgens Kaffee,<br />

mittags Würstchen, nachts Schlafsack,<br />

mit klammen Klamotten im<br />

Regen unterm Zeltdach.<br />

Pforzheim in der<br />

Druckindustrie<br />

Arbeitskraft gegen Lohn. Mehrbelastung<br />

gegen mehr Lohn. Lange<br />

Zeit funktionierte der Tauschhandel.<br />

Bis Siemens in den Handy-<br />

Werken von Bocholt und Kamp-<br />

Lintfort die 40-Stunden-Woche<br />

ohne Lohnausgleich durchgedrückt<br />

hat. Lohnsenkung durch<br />

die Hintertür wollen nun auch die<br />

Druckunternehmer. Pforzheim in<br />

der Druckindustrie, das hätten sie<br />

gern: Arbeitgeber und IG Metall<br />

hatten in Pforzheim vereinbart,<br />

dass auf betrieblicher Ebene auch<br />

aus Wettbewerbsgründen vom<br />

Flächentarifvertrag abgewichen<br />

werden kann. Die Unternehmer


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

3<br />

der Druckindustrie setzen noch<br />

eins drauf: Entweder ver.di akzeptiert<br />

Öffnungsklauseln, Arbeitszeitverlängerung<br />

und Einkommenseinbußen<br />

oder es gibt überhaupt<br />

keinen Tarifvertrag mehr. Antrittsgebühr,<br />

Zuschläge, Urlaubsgeld,<br />

Jahresleistung, Freischichten, alles<br />

soll gekappt oder gestrichen werden,<br />

bis nichts mehr bleibt als<br />

der nackte Lohn. Und auch der<br />

rutscht weg, wenn 40 statt 35<br />

Stunden gearbeitet werden.<br />

trauensleute im Druck- und Verlagshaus.<br />

»Das darf nicht sein,<br />

wir können nichts hergeben!« –<br />

ob sie vorm Tor des »Main Echo«<br />

in Aschaffenburg stehen, vor der<br />

»Offenbach Post«, der Societätsdruckerei<br />

oder in Neu-Isenburg,<br />

wo die »Frankfurter Rundschau«<br />

gedruckt wird – sie sind wütend,<br />

dass die Druckunternehmer<br />

ihren Tarifvertrag nach Gutdünken<br />

zurechtstutzen wollen.<br />

»Wir kaufen doch<br />

schon bei Aldi«<br />

Freischichten und Zuschläge sind<br />

für die Beschäftigten ein gerechter<br />

Ausgleich für ein Arbeitsleben,<br />

das sich ausschließlich an den<br />

Produktionsbedingungen orientiert.<br />

»Guck mal«, sagt Adriano<br />

und zieht die Minikopie seines<br />

Schichtplans aus dem Geldbeutel:<br />

Sonntag 19.45 bis 3.30 Uhr,<br />

Dienstag 18 bis 3.30 Uhr, Samstag<br />

6 bis 13 Uhr. Mal neuneinhalb<br />

Stunden, mal sieben, mal nachts<br />

um vier ins Bett, mal nachmittags<br />

um vier. »Du musst schlafen,<br />

obwohl du nicht müde bist, und<br />

essen, wenn du keinen Hunger<br />

hast«, sagt Marino, der wie Adriano<br />

in der Weiterverarbeitung des<br />

Druck- und Verlagshauses arbeitet.<br />

Und jetzt wollen sie uns auch<br />

noch Geld abnehmen »Wir kaufen<br />

doch schon bei Aldi.«<br />

Während die Kollegen der<br />

Societätsdruckerei streikten,<br />

haben rund ein Dutzend Schichtführer<br />

die Wochenendausgabe der<br />

FAZ und der »Frankfurter Neuen<br />

Presse« sowie die Sonntags-FAZ<br />

zusammengeschustert. Ohne Werbebeilagen<br />

und ohne die tags<br />

zuvor angekündigte Hörbuch-CD.<br />

»Streikbrecher!«, haben die Kollegen<br />

geschimpft, die Wut sollte<br />

lauter sein als die Enttäuschung.<br />

Die komplette Mannschaft streikt –<br />

und trotzdem gibt’s eine Zeitung<br />

Streiken ist heute komplizierter<br />

als noch vor zehn, 15 Jahren.<br />

Selbst wenn alle Beschäftigten<br />

ihre Arbeit niederlegen, holen die<br />

Abonnenten am nächsten Tag<br />

trotzdem eine Zeitung aus dem<br />

Kasten. Für den Leser ist ein Streik<br />

kaum erkennbar. Muss er auch<br />

nicht. Der Streik ist vielmehr ein<br />

Signal an die Unternehmensleitungen.<br />

Und die spüren sehr wohl,<br />

Die Leute vor dem<br />

Tor sind wütend<br />

»Wenn wir länger arbeiten, dann<br />

würden bald weniger Leute gebraucht«,<br />

sagt ein Schriftsetzer<br />

der »Offenbach Post«. Noch mehr<br />

Arbeitslose Er schüttelt den Kopf.<br />

Geschlossen sind die Kollegen der<br />

technischen Produktion vors Tor<br />

gegangen und haben den Druckereileiter<br />

allein an den Maschinen<br />

zurückgelassen. »Schon ein<br />

komisches Gefühl«, meint Ramazan,<br />

der zum ersten Mal streikt.<br />

»Aber es ist unser Recht.«<br />

»Das darf nicht sein, dass die<br />

Neueingestellten für die gleiche<br />

Arbeit weniger verdienen«, sagt<br />

Kai, der vorm Haupttor der Societätsdruckerei<br />

steht. Das würde<br />

die Belegschaft spalten, fürchtet<br />

er. »Ist erst die Billiglohngruppe<br />

im Betrieb, werden bald auch<br />

unsere Löhne abgesenkt«, sagt<br />

Marcel Bathis, Sprecher der Verwenn<br />

ganze Schichten aus dem<br />

Werk verschwinden. Zeitungen<br />

erscheinen nicht in vollem Umfang<br />

und nicht mit allen Anzeigen,<br />

ohne Beilagen, in grafischer Einfachausstattung<br />

und etwa so<br />

aktuell wie die 16-Uhr-Nachrichten<br />

vom Vortag. Nichts ist mehr<br />

planbar, das ausgeklügelte Distributionssystem<br />

bricht zusammen.<br />

Deutschland-Ausgaben verpassen<br />

den Flieger und müssen<br />

für viel Geld mit Autos durch die<br />

Republik gefahren werden. Just in<br />

time Von wegen! Just, wenn wir<br />

wollen.<br />

Streik ist heute mehr denn<br />

je eine Frage der Taktik<br />

»Für ein paar Stunden, für ein<br />

paar Schichten bestimmen allein<br />

wir, wann, was und wie produziert<br />

wird«, sagt Viktor Kalla,<br />

ver.di-Vorsitzender des Fachbereichs<br />

Medien, Kunst und Industrie<br />

in Hessen. Streik ist heute<br />

mehr denn je eine Frage der<br />

Taktik. Die komplette Produktion<br />

lahm legen Das gelingt heute<br />

nicht mehr, weil die Produkte<br />

ganz schnell in einer anderen<br />

Druckerei hergestellt würden.<br />

Oder Streikbruch im Betrieb organisiert<br />

wird.<br />

Nur die »Frankfurter Rundschau«<br />

(FR) bestreiken Heikel in<br />

einer Stadt wie Frankfurt, die drei<br />

Tageszeitungen hat. Die FR gäbe<br />

es nicht zu kaufen, wohl aber die<br />

FAZ. Also wird etappenweise<br />

gestreikt: von 10 bis 14 Uhr, von<br />

18 bis 22 Uhr, dann wieder ab<br />

2 Uhr. Während des Streiks ist es<br />

im Druck- und Verlagshaus in<br />

Neu-Isenburg tatsächlich still: Die<br />

Maschinen sind abgeschaltet, hier<br />

druckt auch kein Schichtführer.<br />

Jeder Streikbruch reißt die Belegschaft<br />

auseinander, jeder Streikbruch<br />

legt sich bleischwer auf den<br />

Betriebsfrieden – nach dem Streik.<br />

Bis dahin wird es noch dauern.<br />

ver.di hat sich auf einen zähen<br />

Kampf eingerichtet. »Ist okay«,<br />

sagt ein Drucker. »Nur nichts<br />

kampflos hergeben. Was weg ist,<br />

kommt nicht wieder.«<br />

MICHAELA BÖHM


4 <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Die Streikbetriebe<br />

der Papierverarbeitung<br />

In der Zeit zwischen dem 3. März und dem 13. Mai <strong>2005</strong><br />

wurden Streiks in 97 Betrieben der Papier, Pappe<br />

und Kunststoffe verarbeitenden Industrie registriert.<br />

Baden-Württemberg: Edelmann, Heidenheim; Edelmann, Weilheim;<br />

Höhn, Ulm; Hummel, Magstadt; Kappa Wellpappe Wiesloch, St. Leon-Rot;<br />

Landerer, Neckarsulm; Nestler Wellpappe, Lahr; SCA Packaging, Mannheim;<br />

MM Packaging Schilling, Heilbronn; Schneidersöhne, Ettlingen; Straub Verpackungen,<br />

Bräunlingen; Straub Verpackungen, Blumberg.<br />

Bayern: A & R Carton, Königsbrunn; Druckverarbeitung Nürnberg;<br />

Kimberly Clark, Forchheim; Meiller direct, Meiller lettershop, Meiller Weiterverarbeitung,<br />

alle Schwandorf; Mondi Packaging Redenfelden, Raubling;<br />

Mondi Packaging, Eschenbach; Oldenbourg Binderei Produktion; Oldenbourg<br />

Technik Service, beide Kirchheim-Heimstetten; Papierwerk Landshut,<br />

Wörth; SCA Packaging, Nördlingen; Smurfit Europa Carton,<br />

Neuburg/Donau; STI, Neutraubling; VG Nicolaus, Kempten.<br />

Hessen: Alcan Packaging, Mühltal; A & R Carton, Kriftel; Amcor Flexibles,<br />

Hochheim; Ebert Folien, Wiesbaden; Hyga Hygienepapiere, Eichenzell;<br />

Marburger Tapetenfabrik, Kirchhain; Schümann, Stadtallendorf;<br />

Smurfit eurolok, Heppenheim.<br />

Niedersachsen/Bremen: A & R Carton, Danapak, beide Bremen; Arwed<br />

Löseke, Hildesheim; Beucke & Soehne, Dissen; Delkeskamp Wellpappen,<br />

Nortrup; Esselte Leitz, Uelzen; Heyne & Penke, Holzminden; Heyne & Penke,<br />

Dassel; Kappa Wellpappe, Sarstedt; Klingele Wellkistenwerk, Delmenhorst;<br />

MM Packaging Behrens, Alfeld; Tapetenfabrik Gebr. Rasch, Bramsche.<br />

Nord: Altonaer Wellpappe, Tornesch; H. O. Persiehl, Norderstedt; Hammer,<br />

Kappa Wellpappe, beide Lübeck; Smurfit Europa Carton, Lauenburg; Smurfit<br />

Europa Carton, Waren; Willy Schacht, Ahrensburg.<br />

Nordrhein-Westfalen: A.S. Creation, Gummersbach; Arthur Theis,<br />

Edelmann Systemverpackungen, beide Wuppertal; Cartonic, Cofresco, Melitta<br />

Haushalt, SCA Packaging, alle Minden; Deutsche Benkert, Herne; Gundlach<br />

Display, Gundlach Service, Gundlach Verpackung, Gunova, alle Oerlinghausen;<br />

Heinrigs, Aachen; Jackstädt, Schwelm; Kappa RapidCorr, Euskirchen;<br />

Kappa Wellpappe, Brühl; Klingele Papierwerke, Werne; May & Spies, Düren;<br />

Mondi Packaging, Sendenhorst; MM Graphia, Bielefeld; PPC card-systems,<br />

SCA Packaging, beide Paderborn; Procter & Gamble, Neuss; PVG, Spenge;<br />

VG Nicolaus, SCA Packaging, Pulheim; SCA Packaging, Hövelhof; Schaaf<br />

Packung, Velbert; SIG Combibloc, Sopal PKL, beide Linnich; Smurfit Europa<br />

Carton, Walki Wisa, beide Jülich; Smurfit Europa Carton, Lübbecke; Walki<br />

Wisa, Steinfurt; Wellpappe Gelsenkirchen; Wellpappe Otto Hampel, Remscheid;<br />

Wolf, Vlotho; WS Quack & Fischer, Viersen.<br />

Rheinland-Pfalz/Saar: C.P. Schmidt, Kaiserslautern; Elopak, Speyer;<br />

Smurfit Europa Carton, Germersheim; Thimm, Alzey; Wellpappe Sausenheim,<br />

Grünstadt.<br />

Südost: SIG Combibloc, Wittenberg.<br />

Foto: Bert Postelmann<br />

Fotos(3): Jürgen Seidel<br />

Fotos(3): Werner Bachmeier


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

5<br />

Die Streikbetriebe<br />

der Druckindustrie<br />

Zwischen dem 2. und 13. Mai <strong>2005</strong> wurden 129 Betriebe<br />

bekannt, in denen sich Belegschaften an den ersten<br />

Warnstreikwellen der Druckindustrie beteiligten.<br />

Fotos(2): Bildfolio<br />

Baden-Württemberg: Badenia, Karlsruhe; Pressehaus-Druck, Pressehaus -<br />

Infotechnik, beide Stuttgart; Backnanger Zeitung/Stroh-Druck, Backnang,<br />

Mannheimer Morgen, Mannheim; Hohenloher Druck- und Verlagshaus,<br />

Gerabronn; Druckerei Konstanz, Konstanz; Schwarzwälder Bote/Druckzentrum<br />

Südwest, Villingen-Schwenningen; Freiburger Druck, Freiburg; Ebner<br />

& Spiegel, Druckhaus Ulm-Oberschwaben, Höhn alle Ulm; Schlott, Freudenstadt;<br />

Schwarzwälder Bote/Mediengesellschaft, Oberndorf; Ludwigsburger<br />

Kreiszeitung, Ludwigsburg; Gäubote, Herrenberg; Bechtle, Esslingen;<br />

Druckhaus, Waiblingen; Höhn, Biberach.<br />

Bayern: Der Neue Tag, Weiden; Amberger Zeitung, Amberg; Presse-Druck<br />

und Verlag, Schoder, Augsburger Druck- und Verlagshaus, alle Augsburg;<br />

Druckhaus Dessauer Straße, SV-Druckzentrum Steinhausen, Druckhaus Wolfratshausen,<br />

alle München; Willmy Print Media, U. E. Sebald, Heckel Druck und<br />

Verpackung, Verlag Nürnberger Presse, alle Nürnberg; Tiefdruck Schwann-<br />

Bagel, Oberschleißheim; Oberbayerisches Volksblatt, Rosenheim; Allgäuer<br />

Zeitungsverlag, AZ Industrieservice, beide Kempten; Main-Presse, Volksblatt,<br />

Stürtz, alle Würzburg; Tagblatt, Schweinfurt; Main-Echo, Aschaffenburg;<br />

C. H. Beck, Nördlingen; Auer-Druck, Donauwörth; Alois Erdl, Erdl Druck<br />

Medien, beide Trostberg; Fränkischer Tag, Bamberg; Münchner Offsetdruck<br />

Bogen- und Endlosdruck, Oldenbourg Technik Service, Oldenbourg Binderei Produktion<br />

München, alle Kirchheim-Heimstetten; Schwarz Druck, Hausham;<br />

Giesecke & Devrient, Gmund; Druckhaus, Bayreuth; Mittelbayerische Zeitung,<br />

Mittelbayerische Werbegesellschaft, Pustet, alle Regensburg; Holzer, Weiler;<br />

Eberl, Immenstadt; Huhtamaki, Ronsberg.<br />

Berlin-Brandenburg: Bundesdruckerei, Axel Springer Druckhaus, beide Berlin.<br />

Hessen: Springer/Prinovis, Darmstädter Echo, apm, alle Darmstadt; Frankfurter<br />

Rundschau, Field Boxmore, beide Neu-Isenburg; Hersfelder Zeitung,<br />

Bad Hersfeld; Wetzlarer Neue Zeitung, Wetzlar; Verlag Dierichs, Dierichs<br />

Zeitungsdruck, Dierichs Druck und Media, alle Kassel; Bintz-Verlag,<br />

Offenbach; Societätsdruckerei, Mörfelden; Oberhessische Presse, Eukerdruck,<br />

beide Marburg; Waldeckische Landeszeitung, Korbach.<br />

Niedersachsen/Bremen: Westermann-Druck, Braunschweiger Zeitungsverlag,<br />

beide Braunschweig; Madsack, Schlütersche, beide Hannover; C.W. Niemeyer,<br />

Hameln; WE-Druck, Oldenburg; Bremer Tageszeitungen AG, Bremen;<br />

Nordsee-Zeitung, Bremerhaven; Zeitungsverlag Krause, Stade; Kreiszeitung,<br />

Syke; Neue Osnabrücker Zeitung, Druckzentrum, beide Osnabrück; Schlaeger,<br />

Peine; Zeitungsgruppe Ostfriesland, Leer; Oldenburger Volkszeitung, Vechta.<br />

Nord: Gruner Druck Weiterverarbeitung und Logistik, Gruner Druck, beide<br />

Itzehoe; Springer Tiefdruck, Springer Offsetdruck, beide Ahrensburg; Clausen<br />

& Bosse, Leck; Broschek; Bergedorfer Buchdruckerei v. Ed. Wagner, beide<br />

Hamburg; Schur Pack, Büchen; Hammer Faltschachtel, Lübeck.<br />

Nordrhein-Westfalen: DuMont Schauberg, Bauer-Druck, Bachem, Kölner Verlags-Druckerei,<br />

Locher, alle Köln; Generalanzeiger, Bonn; Tiefdruck Schwann-<br />

Bagel, Mönchengladbach; RBD/Rheinische Post, Düsseldorf; Westfalenblatt,<br />

Küster Presse-Druck, Gieselmann, Tiemann, alle Bielefeld; JCC Bruns Vorstufe;<br />

Minden; Druckhaus WAZ, Springer, Krupp, alle Essen; RBD/Westdeutsche Zeitung,<br />

W .Wandt, beide Wuppertal; Metz Tiefdruck, Brimberg, Aachener Presseversand,<br />

alle Aachen; Druckerei Hoffmann, Solingen; Knaup, Kirchlengern;<br />

MM Graphia, Dortmund; Vereinsdruckerei, Ibbenbüren; Der Patriot, Lippstadt.<br />

Rheinland-Pfalz/Saar: Verlagsgruppe Rhein-Main; Mainz; Mittelrhein-Verlag,<br />

Koblenz; Raiffeisen-Druckerei, Neuwied; WWK-Druck, Landau.<br />

Südost: Sachsendruck, Plauen.


6 <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Bis hierher und nicht weiter!<br />

Warum in diesem Frühjahr in Druckereien, Zeitungsverlagen<br />

und Papier verarbeitenden Betrieben gestreikt wird<br />

Foto: transit, Leipzig<br />

Wo man auch nachfragt: Die meisten Beschäftigten in den<br />

deutschen Druckereien, Zeitungsverlagen und Papier verarbeitenden<br />

Betrieben haben die Schnauze gestrichen voll<br />

von den ewigen Drohungen ihrer Arbeitgeber, Arbeitsplätze<br />

zu streichen und menschliche Existenzen zu vernichten,<br />

und von dem nicht enden wollenden Gejammer über<br />

angeblich zu hohe Lohnkosten und mangelnde Flexibilität.<br />

Viele von ihnen haben deshalb in diesem Jahr schon aus<br />

Protest bei Warnstreiks die Arbeit niedergelegt, viele sind<br />

bereit, auch länger zu streiken. Ulla Lessmann hat sich für<br />

<strong>DRUCK+PAPIER</strong> an der Basis umgehört.<br />

Michaela van Houten<br />

ist gelernte Schriftsetzerin, Betriebsratsmitglied<br />

und Schwerbehindertenvertreterin<br />

und arbeitet<br />

in der Druckformherstellung im<br />

Druckzentrum des Süddeutschen<br />

Verlages in München: »Ich streike,<br />

weil ich nicht einsehe, dass uns<br />

das, wofür wir jahrelang gekämpft<br />

haben, mir nichts dir nichts einfach<br />

weggenommen werden soll.<br />

30 Prozent weniger an Gehalt<br />

würde das ausmachen; die Arbeitgeber<br />

selber schreien doch schon,<br />

wenn wir mal fünf Prozent fordern.<br />

Und ich bin auch nicht bereit,<br />

40 Stunden zu arbeiten, denn<br />

wenn der Arbeitgeber uns 40<br />

Stunden braucht, hat er offensichtlich<br />

zu wenig Personal und<br />

sollte welches einstellen! Bei uns<br />

sieht es gut aus mit der Solidarität<br />

und der Streikbereitschaft; es sind<br />

sogar Kollegen in die Gewerkschaft<br />

eingetreten, an die man früher<br />

gar nicht rangekommen ist.«<br />

Gerd Grüning<br />

ist Sachbearbeiter in der Betriebsabrechnung<br />

bei der A &R Carton<br />

GmbH in Bremen, seit 30 Jahren<br />

Betriebsratsmitglied, jetzt stellvertretender<br />

Betriebsratsvorsitzender:<br />

»Die A&R Carton produziert Faltschachteln<br />

in drei Werken in<br />

Deutschland und gehört zu einem<br />

schwedischen Konzern mit weiteren<br />

Standorten in Europa. Im Werk<br />

Bremen arbeiten 120 Leute. Ich<br />

streike zusammen mit meinen Kolleginnen<br />

und Kollegen, um weitere<br />

Verschlechterungen für die<br />

Beschäftigten aufzuhalten. Die<br />

Auseinandersetzungen beim Übergang<br />

vom Druck- in den Papierverarbeitungs-Tarifvertrag<br />

und bei<br />

den jüngsten Rationalisierungswellen<br />

mit etlichen Entlassungen<br />

haben uns gelehrt, dass man sich<br />

gerade in schwierigen Zeiten gemeinsam<br />

wehren muss. Deshalb<br />

streiken bei uns auch die Angestellten<br />

mit. Über 90 Prozent sind<br />

inzwischen auch hier Gewerkschaftsmitglied.<br />

Öffnungsklauseln<br />

und Arbeitszeitverlängerungen<br />

sind die größten Gefahren, weil<br />

sie in der Branche eine Abwärtsspirale<br />

bei Einkommen und Arbeitszeit<br />

in Gang setzen würden.<br />

Entlassungen wären die schnelle<br />

Folge.«


DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

7<br />

Hans-Peter Rauh<br />

ist Offsetdrucker und Betriebsratsvorsitzender<br />

bei der Artur Theis<br />

GmbH, Hersteller von pharmazeutischen<br />

Verpackungen, in Wuppertal:<br />

»Ich streike für meine Rechte<br />

und für den Erhalt des Manteltarifvertrages,<br />

damit ich nicht über<br />

den Tisch gezogen werde. Das ist<br />

im Moment nicht einfach. Viele<br />

Kollegen stehen unter Druck oder<br />

lassen sich von den Arbeitgebern<br />

unter Druck setzen. Einige glauben<br />

auch den Argumenten der Arbeitgeber,<br />

dass ein paar Stunden<br />

mehr Arbeit ohne mehr Geld nicht<br />

so schlimm sind. Aber die vergangenen<br />

Jahrzehnte haben eben gezeigt,<br />

dass man ohne Widerstand<br />

nichts erreicht.«<br />

Joe Reed<br />

aus den USA ist gelernter Verpackungsmittelmechaniker<br />

und Betriebsratsvorsitzender<br />

und arbeitet<br />

in der Druckvorbereitung bei SCA<br />

Packaging im Werk Pulheim bei<br />

Köln: »Wir müssen streiken, es<br />

gibt keine Alternative. Die Forderungen,<br />

die die Arbeitgeber gestellt<br />

haben, würden uns ins 19.<br />

Jahrhundert zurückwerfen. Natürlich<br />

haben viele Kollegen Angst,<br />

das nutzen die Arbeitgeber aus.<br />

Aber wir haben hier eine sehr<br />

selbstbewusste, kampferprobte<br />

Belegschaft, wir Betriebsräte sprechen<br />

viel mit den Leuten und informieren<br />

sie.«<br />

Heinz Josef Lange<br />

arbeitet in der Druckvorbereitung<br />

und ist Betriebsratsvorsitzender<br />

bei Arwed Löseke Papierverarbeitung<br />

und Druckerei in Hildesheim:<br />

»Ich streike, weil das, was wir in<br />

40, 50 Jahren erkämpft haben,<br />

nicht mit einem Federstrich wieder<br />

verschwinden soll. Auf der einen<br />

Seite hat jeder Angst um seinen<br />

Job, auf der anderen Seite werfe<br />

ich deshalb nicht meine Prinzipien<br />

über den Haufen. Auch in der Vergangenheit<br />

gab es, wenn es Betrieben<br />

wirtschaftlich schlecht<br />

ging, immer schon Vereinbarungen<br />

zwischen Belegschaft und<br />

Arbeitgeber. Jetzt läuft es darauf<br />

hinaus, dass Belegschaften erpressbar<br />

werden.«<br />

Peter Werkmann<br />

arbeitet im Anzeigenumbruch des<br />

»Mannheimer Morgen« und ist<br />

engagiertes ver.di-Mitglied: »Der<br />

Manteltarifvertrag ist unheimlich<br />

wichtig – von der Arbeitszeit, den<br />

Urlaubsregelungen, den Schichtzuschlägen<br />

bis zum 13. Monatsgehalt<br />

enthält er viele Dinge, für die<br />

schon unsere Eltern gekämpft haben.<br />

Die kann man doch nicht einfach<br />

aufgeben! Die Arbeitgeber<br />

müssen merken, dass jetzt für uns<br />

der Punkt ist zu sagen: Bis hierher<br />

und nicht weiter! Die stellen jeden<br />

Tag neue Forderungen auf, und<br />

jetzt muss mal Schluss sein mit<br />

den Erpressungsversuchen. Die<br />

haben uns den Streik damit aufgezwungen.<br />

Politisch hat man auch<br />

keinen Rückhalt mehr; die Regierung<br />

gibt dauernd den Forderungen<br />

der Arbeitgeber nach, weil sie<br />

glaubt, dass die Arbeitsplätze<br />

schaffen. Aber das tun die nicht.«<br />

Michaela Lindner<br />

arbeitet in der Weiterverarbeitung<br />

der »Augsburger Allgemeinen«:<br />

»Ich bin ja erst vor vier Monaten in<br />

die Gewerkschaft eingetreten,<br />

weil es jetzt wirklich zu hart ist.<br />

Früher bin ich auch mal dringeblieben<br />

beim Streik, aber jetzt gehe<br />

ich wirklich mit raus! Weil das mit<br />

dem Manteltarifvertrag eine Obergemeinheit<br />

ist. Freischichten wollen<br />

sie uns wegnehmen, und dann<br />

sollen wir noch mehr arbeiten ohne<br />

Lohnausgleich. Bei mir bringt<br />

die Nachtschicht ja das Geld. Ich<br />

arbeite von Sonntag bis Samstag<br />

früh, und wenn sie mir die paar<br />

Kröten für den Nachtzuschlag<br />

auch noch wegnehmen wollen,<br />

reicht’s mir.«<br />

Hildegard Assel-Nicklas<br />

arbeitet in der Texterfassung beim<br />

»Mannheimer Morgen« und ist<br />

Betriebsratsmitglied: »Ich bin unheimlich<br />

wütend, richtig zornig.<br />

Ich will das behalten, wofür wir<br />

lange genug gekämpft und vor<br />

der Tür gestanden haben. Die Herren,<br />

die zwanzigmal mehr verdienen<br />

als ich, erzählen mir jeden Tag<br />

im Fernsehen und im Radio, dass<br />

ich mit weniger auskommen soll,<br />

als ich jetzt habe. Ich mache meine<br />

Arbeit sehr gut und mir steht<br />

der Lohn dafür auch zu. Angst habe<br />

ich keine, und wenn sie mich<br />

entlassen wollen, entlassen sie<br />

mich, ob ich streike oder nicht. Davon<br />

lasse ich mich nicht beeinflussen.<br />

Das habe ich nie gemacht.«<br />

Karin Hoffmann<br />

ist Betriebsrätin und Mitglied der<br />

Streikleitung und arbeitet als kaufmännische<br />

Angestellte beim Faltschachtelhersteller<br />

Höhn in Ulm:<br />

»Es kann ja einfach nicht sein, dass<br />

wir um Jahrzehnte zurückgeworfen<br />

werden! Für mich gibt es gar<br />

keine andere Möglichkeit als zu<br />

streiken, um das zu erhalten, wofür<br />

wir gekämpft haben. Mir geht<br />

es sehr gut dabei, weil in unserem<br />

Betrieb die Streikbereitschaft hoch<br />

ist und die Kollegen sehr motiviert<br />

sind. Wir hatten schon zwei erfolgreiche<br />

Warnstreiks. Wie es<br />

letztlich ausgeht, weiß ich nicht.<br />

Vielleicht können wir nicht alles<br />

erhalten, aber wenigstens können<br />

wir es versuchen.«<br />

Foto: Jürgen Seidel<br />

Diese Broschüre ist erhältlich in den Bezirksbüros<br />

des ver.di-Fachbereichs Medien.


8 <strong>EXTRA</strong> . Mai <strong>2005</strong><br />

Druckindustrie<br />

DRUCKINDUSTRIE / PAPIERVERARBEITUNG<br />

Systemveränderern das Handwerk legen<br />

Lasst Euch nicht zur Heuschrecke machen<br />

Es begab sich zu der Zeit, als das<br />

Ende des stetigen Wachstums verkündet<br />

wurde. Die Kunde erfasste<br />

bald das ganze Land. Und die<br />

Unternehmer fürchteten sich.<br />

Weil sie nicht länger weilen wollten<br />

im Tal der Finsternis, folgten<br />

die Prinzipale der Druckindustrie<br />

ihrem Arbeitgeberverband und<br />

begaben sich in den großen Saal<br />

des Wiesbadener Kurhauses zum<br />

Personalkongress.<br />

Die Leidenden kamen in Scharen,<br />

und sie waren von den verschiedensten<br />

Krankheiten und Schmerzen geplagt:<br />

von der 40-Stunden-Woche Besessene und Mondsüchtige,<br />

die den Mitarbeiter zum Unternehmer im<br />

Unternehmen machen wollten. Wahrlich, es stand in<br />

den Betrieben nicht zum Besten. So senkten sie die<br />

Köpfe, als sie hörten, dass sich das Klima in ihren<br />

Unternehmen verschlechtert habe und die Motivation<br />

gesunken sei. Und sie hofften, mit dem Wasser<br />

der Erleuchtung getauft zu werden, auf dass »Motivation<br />

und Personalentwicklung« wieder mehr Lust<br />

denn Frust würden. Denn sie wussten nicht mehr,<br />

wie sie die Botschaft ins Volk bringen sollten: Du<br />

sollst länger arbeiten, auf dass dein Unternehmer ins<br />

Himmelreich eingehe.<br />

Weil sie von schriftgelehrten Unternehmensberatern<br />

keine Heilsbotschaft mehr erwarteten, holten sie<br />

den Kapuziner-Bruder Paulus Terwitte zu sich. Als der<br />

die Mittelständler sah, stieg er auf die Bühne, barfuss<br />

In vielen Chefetagen von Druckereien, Verlagen und<br />

papierverarbeitenden Betrieben sind in diesen Tagen<br />

Systemveränderer am Werk: 157 Jahre nach dem<br />

ersten Druckerstreik, 132 Jahre nach Abschluss des<br />

ersten Drucker-Tarifvertrags wollen viele Prinzipale<br />

offensichtlich aufs Ganze gehen und können sich<br />

allen Ernstes vorstellen, künftig ohne jegliche Flächentarifverträge<br />

auszukommen. Jedenfalls möchten<br />

sie branchenweit einklagbare Arbeitsbedingungen<br />

nur noch dann akzeptieren, wenn ver.di sich ihnen<br />

bedingungslos unterwirft und Vereinbarungen akzeptiert,<br />

die nur noch eine inhaltsleere Hülle wären.<br />

Sie wollen in den Betrieben freie Hand bekommen<br />

für die Verlängerung der Arbeitszeiten – selbstverständlich<br />

auch ohne Lohnausgleich. Sie wollen je<br />

nach Kassenlage in den Betrieben regeln, ob Urlaubsgeld<br />

und/oder Jahresleistung gezahlt werden und in<br />

welcher Höhe. Sie wollen Erschwerniszuschläge reduzieren<br />

oder abschaffen. Sie wollen den Samstag wieder<br />

zum zuschlagsfreien Normalarbeitstag machen.<br />

Sie wollen die Belegschaften spalten, indem Beschäftigte,<br />

die nach dem 1. Mai <strong>2005</strong> eingestellt werden,<br />

grundsätzlich schlechtere Konditionen bekommen.<br />

Um den Systemveränderer das Handwerk zu<br />

legen, hilft nach 13 ergebnislosen Verhandlungsrunden<br />

in der Druckindustrie und sieben in der Papierverarbeitung<br />

wohl nur die verstärkte Ingebrauchnahme<br />

des verfassungsrechtlich garantierten Streikrechts.<br />

Der stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende Frank<br />

Werneke dazu: »Die Vereinte Dienstleitungsgewerkschaft<br />

ist nach wie vor zu Veränderungen des Manteltarifvertrags<br />

bereit, aber eines werden wir gewiss<br />

nicht tun: Vereinbarungen zustimmen, die die Vernichtung<br />

von weiteren zigtausend Arbeitsplätzen und<br />

massive Einkommensverluste zur Folge haben.«<br />

HENRIK MÜLLER<br />

und in brauner Kutte, und als er den Mund öffnete,<br />

schwiegen sie, und er lehrte sie: Wer sich in die Tasche<br />

wirtschaftet, ist ein Sünder. Da fürchteten sie,<br />

das Himmelreich sei noch sehr fern. Doch alsbald erlöste<br />

der Bruder seine Brüder: Kein Sünder ist, wer<br />

allen in die Tasche wirtschaftet und den Ruf an sich<br />

ergangen weiß, die Welt zu gestalten.<br />

Schon frohlockten sie, denn ein Jeder hatte den<br />

Ruf gehört, und sie spürten, was er sie lehren wollte:<br />

Selig sind die Schaffenden, die 40 Stunden arbeiten<br />

und auch mehr, denn sie werden keinen Müßiggang<br />

mehr leiden, und der Zank unter den Eheleuten wird<br />

schwinden. Selig die Arbeitslosen, denn sie müssen<br />

nicht mehr fürchten den Zorn des Herrn aus der Geschäftsleitung.<br />

Selig seid Ihr, wenn sie Euch schmähen<br />

wie der Münte und alles Böse lügnerisch nachsagen.<br />

Lasst Euch nicht zur Heuschrecke machen!<br />

MICHAELA BÖHM<br />

NACHRICHTEN<br />

Trauer um Günter<br />

Weißmüller: Der stellv. Bundesvorsitzende<br />

der ver.di-Fachgruppe<br />

Verlage und Agenturen ist am 7. Mai<br />

<strong>2005</strong> im Alter von 57 Jahren gestorben:<br />

Krankheit und Tod kamen völlig<br />

überraschend. Seit 1974 Mitglied in<br />

der IG Druck und Papier, war Weißmüller<br />

vor allem im Verlagsbereich gewerkschaftlich<br />

aktiv, u. a. als Betriebsratsvorsitzender<br />

des Otto-Schmidt-Verlages<br />

in Köln.<br />

Die IG-Metall-Tarifkommission<br />

der Eisen- und<br />

Stahlindustrie NRW hat ihre Solidarität<br />

mit den streikenden Kolleginnen und<br />

Kollegen in Druckindustrie und Papierverarbeitung<br />

erklärt. IG-Metall-Bezirksleiter<br />

Detlef Wetzel schrieb: »Die Angriffe<br />

der Arbeitgeber gegen den Flächentarifvertrag<br />

sowie beschäftigungsschädliche<br />

Arbeitszeitverlängerung<br />

müssen deutlich zurückgewiesen werden.<br />

Die Forderung nach 3,7 Prozent<br />

mehr Lohn und Gehalt ist berechtigt.«<br />

Den Blaumann musste die<br />

Gattin des Inhabers der Solinger<br />

Druckerei Hoffmann ihrem Mann in<br />

den Betrieb bringen, weil vier Angehörige<br />

der siebenköpfigen Belegschaft<br />

dem ver.di-Streikaufruf gefolgt waren<br />

und der Prinzipal selber an die Maschine<br />

wollte, um Streikbrucharbeiten zu<br />

erledigen. Sie beschimpfte deswegen<br />

die Streikposten, denen sich auch sieben<br />

streikende Kollegen von der RBD<br />

Wuppertal hinzugesellt hatten. Die<br />

Streikposten haben aber nur gelacht.<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>DRUCK+PAPIER</strong> <strong>EXTRA</strong> – Sonderausgabe der<br />

ver.di-Branchenzeitung für die Mitglieder in den<br />

Fachgruppen Druckindustrie und Papierverarbeitung<br />

(Mai <strong>2005</strong> – aktualisiert). Herausgeber:<br />

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand<br />

/ Fachbereich Medien, Kunst und Industrie,<br />

Frank Bsirske und Frank Werneke. Redaktion:<br />

Henrik Müller (verantwortlich), Telefon<br />

030/6956-1076, Andreas Fröhlich (-2344), Paula-Thiede-Ufer<br />

10, 10179 Berlin, Fax 030/6956-<br />

3012, drupa@verdi.de. Design und Vorstufe:<br />

werkzwei, Bielefeld / Lage. Druck: apm AG,<br />

Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt.

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