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a lt v a t e r<br />
Organ des mährisch-schlesischen Sudeten-Gebirgs-Vereines.<br />
Kedigiert von Adolf Kettner in Freiwaldau.<br />
Für M itglieder unentgeltlich; für Nichtmitglieder pro Jah r 1 fl. 50 kr. oder 3 Mark<br />
Nr. 1. Freiwaldau, 15. Jänner 1889. VII. Jahrg.<br />
Die mähr.-schles. Sudeten.<br />
X<br />
Von F rz. Reinsebmied.<br />
Der Name Sudeten begegnet uns schon bei Geografen<br />
der römischen Kaiserzeit; doch steht durchaus nicht fest,<br />
welcher Theil der heutzutage sogenannten Sudeten damit<br />
gem eint ist. Ebensowenig ist Gewissheit vorhanden<br />
über den Gebrauch, die Bedeutung und die allmähliche<br />
Einbürgerung dieses Namens in späteren Zeiten. In den<br />
Kreisen und Werken der Wissenschaft und Schule ist der<br />
Nam e in unserem Jahrhundert, besonders aber in den<br />
jüngsten Jahrzehnten desselben, mehr und m ehr in<br />
Gebrauch und zur erweiterten Geltung gekommen, so dass<br />
gegenwärtig nicht mehr blos, wie früher, der südöstliche<br />
Theil des Gebirges, das sogenannte Gesenke, sondern<br />
meist auch das Glatzer-, Waldenburg-Landshuter-Gebirgs-<br />
land, das Biesen-, Iser- und Lausitzer-Gebirge bis zum<br />
sächsischen Sandstein-Terrain östlich von der Elbe damit<br />
bezeichnet werden.<br />
In dieser Ausdehnung betrachtet, in welcher im<br />
Ganzen die Richtung von Siidost nach Nordwest vorherrscht,<br />
erhalten die Sudeten schon durch ihre Lage eine<br />
höhere Bedeutung: sie bilden gewissermassen die Mitte<br />
der grossen Gebirgsdiagonale Europas und hiedurch die<br />
für unseren Erdtheil so wichtige Wasserscheide zwischen<br />
FEUILLETON.<br />
Der lebende Christbaum.*)<br />
(Alle R echte Vorbehalten.)<br />
Der 24. December 1870 war ein echter klarer<br />
Wintertag. Zu jener unvergesslichen Weihnachtszeit herrschte<br />
bekanntlich auch in dem schönen Frankreich anhaltend<br />
strenge Kälte; selbst während der Mittagstunden wies das<br />
Thermometer meist noch 10 Grad Réaumur unter Null.<br />
Dies schien uns gerade die richtige Tem peratur zu<br />
einem munteren Ritt; denn kaum gibt es etwas, das dem<br />
gesunden Manne so Herz und Leib erfrischt und das<br />
Blut in angenehme Wallung bringt, als schneidiger Ritt<br />
an einem echten frischen heiteren Wintertage.<br />
W ir lagen im Kantonnement zu Morsang sur Orge,<br />
wo in dem öden verlassenen Schlosse eines ehemaligen<br />
türkischen Werft-Directors, Monsieur Collas. das 5. Feld-<br />
Lazareth des 6. Armee-Corps etablirt war, welchem ein<br />
Detachement vom 63. Infanterie-Regiment, geführt von<br />
Lieutenant Trappe, zur Bedeckung beigegeben war.<br />
*) Wegen Baumm, verspätet. Die Eed.<br />
Elbe, Oder und Donau, also zwischen der Nord- und<br />
Ostsee und dem schwarzen Meere.<br />
Den südöstlichen Theil des etwa 340 km. langen<br />
Gebirgszuges bilden die mährisch-schlesischen Sudeten oder<br />
das mährische Gesenke, oder auch die Sudeten iin engeren<br />
Sinne. Die Benennung „mährisches Gesenke“ ist wohl<br />
daher entstanden, weil sich das ganze Gebirge, das den<br />
erwähnten Namen führt, nach dem nahen mährischen<br />
Flusse March und dessen -bunten Wiesen und Ackerthälern<br />
hinabsenkt.<br />
Das Gesenke gehört in seinen südlichen Abschnitten<br />
zu Mähren, im innern Kern zu Österr. Schlesien und in<br />
den nördlichen und nordöstlichen Ausläufern zu preussiseh<br />
Schlesien. Die westöstliche sowie südnördliche Ausdehnung<br />
beträgt etwa 75 km. Die südöstliche Hälfte der mähr.-<br />
schles. Sudeten, das niedere Gesenke genannt, erstreckt<br />
sich vom östlichen Fusse des Altvaters bis zum Thale der<br />
Betschwa und Oder und kann eigentlich nur als eine<br />
Zusammensetzung und Anhäufung von niedrigen Bergen<br />
und wellenförmigen Flächen gelten, welche in der Regel<br />
eine Höhe von 370 bis 630 m. über dem Meere erreichen<br />
und über dieses Mass hinaus nur äusserst wenige Punkte<br />
aufzuweisen haben. Es stellt eine liie und da bewaldete,<br />
weit mehr jedoch bebaute Berglandschaft dar, welche zu<br />
Letzterer, sowie meine Kameraden vom Lazareth<br />
hatten mit m ir verabredet, unseren Leuten am Christabend<br />
eine gemeinsame kleine Weihnachtsbescheerung in meinem<br />
Zimmer zu bereiten, und es hielt denn auch nicht schwer,<br />
nach Beendigung des gewöhnlichen Tagesdienstes, Urlaub<br />
zu einem Ritt in umliegende Orte behufs einiger Einkäufe<br />
zu erlangen. U nser lieber Chef ritt schliesslich selbst gern<br />
mit und meinte treffend: „Man muss die Gegend fleissig<br />
studieren, denn sobald kommen w ir doch nicht wieder<br />
hierher.“<br />
In m unterem Trabe gieng unser R itt durch reizende<br />
waldreiche Hügellandschaft nach Grigny, Viry, Juvisy, wo<br />
überall Bekannte zu begrüssen waren, dann aber wurde<br />
in Savigny sur Orge längerer Halt gemacht, um dort<br />
Geschenke für unsere Burschen aufzutreiben.<br />
Während meine Begleiter durch freigebigen Einkauf<br />
nützlicher Kleinigkeiten verschiedene Ladenbesitzer des<br />
Städtchens erfreuten, suchte ich besonders nach Schreibmaterialien.<br />
Als auch diese Gegenstände in dem kleinen<br />
Laden eines Buchbinders glücklich erstanden waren und<br />
ich mich vou dem freundlichen Manne, den sein wohl-<br />
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