Die Entstehung von Teamkultur
Die Entstehung von Teamkultur
Die Entstehung von Teamkultur
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ten, die dem Team Einheit geben. Zudem sind hier die<br />
Werte angesiedelt, nach denen der Erfolg der Arbeit und<br />
die Bedeutung der einzelnen Handlungen, der Rituale,<br />
Regeln und Strategien bewertet werden. (Simon 1998,<br />
S. 132f) So mag Schnelligkeit für das eine Team wichtiger<br />
sein, Gründlichkeit für das andere und für ein drittes<br />
die konfliktfreie Zusammenarbeit.<br />
<strong>Die</strong> grundlegenden Werte und Rollenidentitäten im<br />
Team sind in diesem Schema dauerhafter und umfassender<br />
prägend als die Rituale, Gewohnheiten, Normen<br />
und Regeln. <strong>Die</strong>se Elemente der zweiten Ebene sind wiederum<br />
dauerhafter als jene der ersten Ebene. Wenn die<br />
Rollenverteilung im Team nicht klar ist, so hat dies Konsequenzen<br />
für die Auswahl der Ziele, auf alle Gewohnheiten<br />
und jede einzelne Handlung. Wenn jedoch eine<br />
Gewohnheit fallen gelassen wird oder durch eine andere<br />
ersetzt wird, so berührt das die zentralen Werte des<br />
Teams meist nicht so stark.<br />
Warum ist die Auftragssituation so wichtig<br />
für die <strong>Entstehung</strong> einer <strong>Teamkultur</strong><br />
Bedeutungen entstehen dadurch, dass Menschen miteinander<br />
interagieren. Damit jedoch die Interaktion über<br />
einen längeren Zeitraum andauern kann, müssen die Beteiligten<br />
ihre unterschiedlichen Bedeutungen einander annähern.<br />
Unbewusst, oft aber auch ganz bewusst, verhandeln<br />
sie beispielsweise, was die Rolle eines Teamchefs<br />
sein soll, was ein gutes oder ein schlechtes Ergebnis ist<br />
oder was überhaupt als Ergebnis gelten kann.<br />
In diesen Verhandlungen haben natürlich manche einen<br />
größeren Spielraum als andere. Der Auftraggeber ist<br />
sicher der stärkste Verhandlungspartner. Er legt fest, was<br />
das Problem oder das Ziel ist, er bestimmt die Kriterien,<br />
nach denen entschieden wird, ob und wie das Ziel<br />
erreicht wurde. Er kann auch festlegen, bis wann er das<br />
Ergebnis haben will. Dadurch definiert er einen wesentlichen<br />
Teil der Rahmenbedingungen, mit denen das Team<br />
leben muss und innerhalb derer sich die Kultur dieses<br />
Teams entfalten kann (oder auch nicht).<br />
Für Teams wie für alle Formen sozialer Gruppen und<br />
Institutionen gilt, dass der Beginn einer Geschichte die<br />
Möglichkeiten für ihren Verlauf und ihren Ausgang festlegt.<br />
(Luhmann 2000, S. 245f) Wer am Anfang dabei ist,<br />
gestaltet die Regeln, Werte und Arbeitsweisen besonders<br />
nachhaltig. <strong>Die</strong> Gründungsmitglieder eines Teams<br />
haben auch noch alle <strong>Entstehung</strong>smythen, die später<br />
manchmal offen, manchmal hinter vorgehaltener Hand<br />
erzählt werden, noch selbst erlebt. Auch haben Veteranen,<br />
die schon länger im Team sind, zumeist größere<br />
Rechte, als solche, die erst später hinzukommen. Wer<br />
später eine Entscheidung trifft, muss sich immer damit<br />
auseinandersetzen, was für Entscheidungen vorher schon<br />
getroffen wurden.<br />
Aus diesen Gründen ist die Auftragssituation zentral für<br />
die <strong>Entstehung</strong> der <strong>Teamkultur</strong>. Hier nun zwei Geschichten<br />
<strong>von</strong> Erfahrungen, die wir mit Teams und deren unterschiedlichen<br />
Anfangsbedingungen machten.<br />
Zwei Beispiele für die Entwicklung <strong>von</strong><br />
<strong>Teamkultur</strong> in der Auftragsphase<br />
Der Teamchef ist Auftraggeber<br />
<strong>Die</strong> erste Geschichte handelt <strong>von</strong> einem Team, dass in<br />
einem klassischen Start-up Unternehmen der 90er Jahre<br />
ins Leben gerufen wurde. Leider waren die Erfahrungen<br />
dieses Teams anfänglich nicht so positiv. Das Unternehmen<br />
entwickelte unterschiedliche Anwendungen<br />
für das WWW. Einer der Geschäftsführer (und Firmengründer)<br />
hatte den Wunsch, eine spezielle Anwendung<br />
zu entwickeln. Begeistert <strong>von</strong> seiner eigenen Idee machte<br />
er sich ans Werk und suchte sich seine Teammitglieder<br />
aus den unterschiedlichen Abteilungen des<br />
Unternehmens zusammen.<br />
Bald zeigten sich jedoch erste Probleme. Der Geschäftsführer<br />
hatte in diesem Team eine Doppelfunktion inne.<br />
Einerseits war er der Teamchef, der im Normalfall das<br />
Team nach außen hin vertritt, andererseits war er auch<br />
in der Rolle des Auftraggebers. Eine formelle Beauftragung<br />
fand nicht statt, denn der Geschäftsführer führte<br />
mit sich selbst keine Auftragsverhandlungen. In der Folge<br />
waren wesentliche Rahmenbedingungen für das Team<br />
nicht geklärt: Es gab kein klares Budget, die Deadlines<br />
änderten sich ständig, denn der Geschäftsführer war sich<br />
selbst gegenüber ein nachgiebiger Teamchef.<br />
Für die Teammitglieder entstand große Unsicherheit.<br />
Analysieren wir diese Anfangssituation und ihre Bedeutung<br />
für die Kultur. Auf der ersten Ebene (Handlungen,<br />
Ereignisse, physische Objekte) zeigte sich zunächst,<br />
dass sich nicht viel ereignete. Es gab selten Sitzungen<br />
und wenn wurde in diesen wenig inhaltliches über das<br />
Projekt gesprochen sondern lange darüber, welche der<br />
unterschiedlichen Deadlines sich wieder geändert hatten<br />
und wie damit wohl umgegangen werden sollte.<br />
Auf der Ebene der Rituale, Strategien und Regeln gab<br />
es dafür schon mehr zu sehen. Von einer Strategie des<br />
Teams als Ganzem konnte man zwar wenig feststellen,<br />
dafür aber umso mehr <strong>von</strong> der Strategie der einzelnen<br />
Teammitglieder. Nachdem das Projekt als unsicher angesehen<br />
wurde, hielten sich die Teammitglieder eher an<br />
ihre Stammabteilungen und die Aufgaben, die sie dort<br />
zu erfüllen hatten. Insgesamt herrschte das stillschweigende<br />
Übereinkommen, dass man in dieser unsicheren<br />
Situation am besten dadurch überlebt, indem man Aufträge<br />
abwehrt und selten anwesend ist. Es entwickelten<br />
sich Rituale des Abschiebens <strong>von</strong> Verantwortung an<br />
doppel punkt 1/2003<br />
15