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VERBORGENES PERUGIA Auf ... - Comune di Perugia

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<strong>VERBORGENES</strong> <strong>PERUGIA</strong><br />

<strong>Auf</strong> Entdeckungstour durch <strong>di</strong>e Gassen<br />

Vorschläge für urbanes Trekking


<strong>VERBORGENES</strong> <strong>PERUGIA</strong><br />

<strong>Auf</strong> Entdeckungstour durch <strong>di</strong>e Gassen<br />

Vorschläge für urbanes Trekking


Entwurf und Texte<br />

Lorena Rosi Bonci<br />

Übersetzungen von<br />

A. Katharina Fröhlich für Itaca Servizi Linguistici,<br />

Bastia Umbra, <strong>Perugia</strong><br />

Herstellung<br />

Quattroemme, <strong>Perugia</strong><br />

Unser besonderer Dank gebührt<br />

Stefano Chiabolotti, Luigi Fressoia, Enzo Marcaccioli, Silvia Monacelli<br />

Hinweis für <strong>di</strong>e Besucher der Stadt<br />

Der vorliegende Führer weist dem Besucher den Weg durch <strong>di</strong>e<br />

Gassen und kleinen Plätze der fünf Stadtteile. Die Rundgänge<br />

starten alle im Zentrum (Piazza IV Novembre, Piazza Matteotti<br />

oder Corso Vannucci) und führen, wie Sie den Plänen entnehmen<br />

können, dorthin auch wieder zurück. Sie lassen sich auch je nach<br />

der zur Verfügung stehenden Zeit und persönlichem Interesse<br />

ganz in<strong>di</strong>viduell gestalten: An einigen Punkten sind Varianten<br />

zur Verlängerung oder Abkürzung der Wege vorgesehen.<br />

Die Beschreibungen beziehen sich nur auf <strong>di</strong>e externe<br />

Besichtigung der im Vergleich zu den berühmtesten Bauwerken<br />

der Stadt weniger bekannten Gebäude und Ecken, wobei <strong>di</strong>e<br />

einzelnen Wanderungen jeweils zwischen zwei und drei Stunden<br />

in Anspruch nehmen können.<br />

Für ausführlichere Informationen auch zu internen Besichtigungen<br />

verweisen wir auf den Stadtführer Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006.<br />

Wir empfehlen Ihnen zudem, sich in jedem Fall an <strong>di</strong>e<br />

Touristeninformation „IAT <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>”, Piazza Matteotti 18,<br />

zu wenden.<br />

Alle Informationen <strong>di</strong>eses Führers sind zum Datum der<br />

Drucklegung so sorgfältig wie irgend möglich aktualisiert worden.<br />

Die Daten auf den Karten zu den Rundwegen sind nur als<br />

Anhaltspunkte gedacht. Der Herausgeber ist nicht haftbar für evtl.<br />

Folgen aus der Verwendung <strong>di</strong>eses Führers.


Fünf Rundgänge, um <strong>di</strong>e echte, <strong>di</strong>e wahre Identität<br />

<strong>Perugia</strong>s zu entdecken, <strong>di</strong>e dem herkömmlichen<br />

Tourismus im Allgemeinen entgeht. Zu Fuß durch<br />

ein verzweigtes Netz kleiner Gassen, Sträßchen, über<br />

Plätze und Treppen.<br />

Ausgangspunkt der Wanderungen ist <strong>di</strong>e Akropolis,<br />

dort, wo <strong>di</strong>e touristisch bekanntesten Denkmäler stehen,<br />

um durch <strong>di</strong>e fünf historischen Altstadtviertel mit ihren<br />

fünf Stadttoren in der etruskischen und mittelalterlichen<br />

Stadtmauer zu streifen.<br />

Der Führer enthält ausführliche Wegebeschreibungen,<br />

erklärt <strong>di</strong>e Sehenswür<strong>di</strong>gkeiten und Besonderheiten,<br />

denen man begegnet und geht auch auf „technische“<br />

und sportliche Aspekte ein, wodurch er zu einem<br />

originellen urbanen Trekkingvorschlag wird.<br />

<strong>Auf</strong> den Rundgängen lässt sich <strong>di</strong>e <strong>di</strong>chte Atmosphäre<br />

aus Geschichte, Kultur und alten Handwerks- und<br />

Handeltätigkeiten nachempfinden, <strong>di</strong>e ihren festen<br />

Anteil am Selbstverständnis <strong>Perugia</strong>s haben.<br />

Eine alternative Art der Besichtigung, ein Modell für<br />

sanften Qualitätstourismus, das es dem Besucher<br />

ermöglicht, sich mit der Stadt besser vertraut zu<br />

machen und ein wenig länger in <strong>Perugia</strong> zu verweilen.<br />

Ilio Liberati<br />

Assessor für Wirtschafts- und Fremdenverkehrsentwicklung<br />

<strong>PERUGIA</strong> 5


3. RUNDGANG PORTA SANTA SUSANNA<br />

p. 41<br />

Linea Minimetro<br />

4. RUNDGANG PORTA EBURNEA<br />

p. 53


2. RUNDGANG PORTA SANT’ANGELO<br />

p. 29<br />

Viale S. Antonio<br />

1. RUNDGANG PORTA SOLE<br />

p. 13<br />

5. RUNDGANG PORTA SAN PIETRO<br />

p. 63<br />

<strong>PERUGIA</strong> 7


Einleitung<br />

<strong>Auf</strong> Irrwegen durch das komplizierte Geflecht von steilen, krummen Straßen,<br />

durch <strong>di</strong>ese abschüssigen Passagen mit ihrem losen Ziegelbelag,<br />

mit ihren steinernen Querstreifen, <strong>di</strong>e dem Fuß Einhalt bieten,<br />

inmitten <strong>di</strong>eser eigenartigen Gebäude.<br />

(H.A. Taine, Voyage en Italie, I, Paris 1866)<br />

Sie zogen deshalb bald hierin, bald dorthin,<br />

sich in <strong>di</strong>esen seltsamen und steilen Passagen verlierend,<br />

<strong>di</strong>e man in <strong>Perugia</strong> Straßen heißt.<br />

Manche muten wie Höhlen an, wegen der Bogen,<br />

<strong>di</strong>e sie über <strong>di</strong>e gesamte Länge hinweg überwölben,<br />

unvermittelt in eine ungewisse Dunkelheit eintauchend,<br />

<strong>di</strong>e <strong>di</strong>ch dann, einmal durchmessen,<br />

wieder an das Licht führt, das du beinahe verzweifelt wieder zu sehen wünschtest.<br />

(N. Hawthorne, The marble Faun, Boston 1860)<br />

Nach den Itinerari archeologici (Archäologische Rundgänge) zu den<br />

bedeutenden Zeugnissen der Ursprünge <strong>Perugia</strong>s und der Guida <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong> zu den wichtigsten Denkmälern der fünf Stadtteile befasst sich<br />

der dritte Führer nun mit einer in vielen Aspekten noch unentdeckten,<br />

verborgenen Stadt, <strong>di</strong>e sich dem eiligen, wenig aufmerksamen<br />

Auge entzieht, ein Führer, der den Besuchern den Weg zum<br />

Herzen der Altstadt weist, durch ein <strong>di</strong>cht verzweigtes Netz von kleinen<br />

Gassen und Sträßchen, <strong>di</strong>e von den Hauptwegen der fünf<br />

Stadtteile abgehen, sich steil hinauf und hinab schlängeln, dem<br />

Geländeverlauf und dem großenteils noch mittelalterlichen oder in<br />

späteren Zeiten nur wenig veränderten Gefüge der Stadt folgend.<br />

<strong>Perugia</strong> hat sich in seinen Gassen eine so eindringliche<br />

Ursprünglichkeit und Einzigartigkeit bewahrt, dass Eindrücke und<br />

Empfindungen bei ihren heutigen Besuchern sich nicht wesentlich<br />

unterscheiden von denjenigen wie Taine oder Hawthorne aus dem 19.<br />

Jh. Was aber über <strong>di</strong>e Zeiten hinweg fest und unverändert geblieben<br />

zu sein scheint, verbirgt in Wahrheit eine kontinuierlich Überlagerung<br />

von Zeichen, Geschichten und Erinnerungen an <strong>di</strong>e Ereignisse, an <strong>di</strong>e<br />

Bewohner, an Adelige und einfaches Volk, Handwerker und Soldaten,<br />

unbekannte oder berühmte Persönlichkeiten, Männer oder Frauen.<br />

Die einen wie <strong>di</strong>e anderen hatten ihren Anteil an der Schaffung der<br />

<strong>PERUGIA</strong> 9


Stadt <strong>di</strong>e auf uns überkommen ist. Mit Hilfe des Führers lassen sich<br />

<strong>di</strong>ese Zeichen entziffern, bisher noch Verborgenes entdecken und <strong>di</strong>e<br />

vielen Geschichten wieder ans Licht holen – auf fünf Rundwegen, <strong>di</strong>e<br />

durch das Gewirr der Gassen um <strong>di</strong>e Hauptwege der Stadtteile führen.<br />

Sie bringen ein reiches Vermächtnis zutage, nahezu zweihundert<br />

Gassen und kleine Plätze, deren vielfältige und einzigartige Namen ihre<br />

jeweilige historische Bedeutung darlegen. Sie reichen von<br />

Bezeichnungen nach berühmten Familien und Persönlichkeiten bis<br />

hin zu denjenigen nach unbekannten Frauen (Sposa = Braut, Viola,<br />

Giulia, Gismonda), von Namen, <strong>di</strong>e an <strong>di</strong>e alten Handwerke erinnern<br />

(<strong>di</strong>e „Canapina“ an <strong>di</strong>e Hanfseiler, <strong>di</strong>e „Pellari“ an <strong>di</strong>e Gerber, <strong>di</strong>e<br />

„Mar telli“ an <strong>di</strong>e Hammerschmiede, <strong>di</strong>e „Solfaroli“ an <strong>di</strong>e Schwe -<br />

felverarbeitung, <strong>di</strong>e „Oro“ an <strong>di</strong>e Goldschmiede, <strong>di</strong>e „Cera“ an <strong>di</strong>e<br />

Wachszieher, <strong>di</strong>e „Spade“ an <strong>di</strong>e Schwertschmiede) oder auf <strong>di</strong>e<br />

Eigenart der Straßen hinweisen (Cupa = Senke, Rupe = Steilhang,<br />

Labirinto = Labyrinth, Ritorta = krumm, Scura = dunkel, Chiara =<br />

hell, Streghe = Hexen, Baciadonne = Küss-<strong>di</strong>e-Frauen), über Namen,<br />

<strong>di</strong>e sich von exotischen und einheimischen Tieren ableiten (Drago =<br />

Drachen, Orso =Bär, Struzzo = Strauß, Bufalo = Büffel, Aquila =<br />

Adler, Pernice = Rebhuhn, Piccione = Taube, Cane = Hund, Gatti =<br />

Katzen, Lucertola = Eidechse, Tartaruga = Schildkröte) bis hin zu<br />

Namen, <strong>di</strong>e auf Dialektausdrücke zurückgehen (Prome, Piscinello,<br />

Cuccuina, Bulagaio, Barutoli).<br />

Ein einzigartiges Bild der Stadt, <strong>di</strong>e zu dem spricht, der zuzuhören<br />

weiß und sich dem zeigt, der mit etwas anderen Augen zu sehen weiß.<br />

Lorena Rosi Bonci


Rundgänge


PORTA SOLE<br />

Symbol des Stadtviertels ist <strong>di</strong>e Sonne, auch wegen seiner Ausrichtung nach Osten; seine<br />

Farbe ist weiß – weiß wie das Licht, aber auch weiß wie das Mehl, das von den<br />

Mühlen am Tiber über <strong>di</strong>e hier beginnenden Ausfallstraße in <strong>di</strong>e Stadt gebracht wurde.<br />

Der Schutzheilige des Viertels ist der Hl. Romualdo, ein Camaldolesermönch, eines<br />

Ordens, der um das Jahr 1000 ein Kloster über den Resten eines alten Tempels auf der<br />

Akropolis gegründet hatte.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 13


m slm<br />

492<br />

482<br />

472<br />

462<br />

452<br />

442<br />

432<br />

422<br />

412<br />

3<br />

RUNDGANG PORTA SOLE<br />

1<br />

40<br />

39<br />

9 14<br />

2<br />

5<br />

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3<br />

6<br />

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300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />

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31<br />

29<br />

30<br />

<strong>PERUGIA</strong><br />

1 Piazza IV Novembre<br />

2 Via Calderini<br />

3 Via Volte della Pace<br />

4 Piazza Piccinino<br />

5 Piazza Danti<br />

6 Via del Sole<br />

7 Via delle Prome<br />

8 Piazza Rossi Scotti<br />

9 Piazza Michelotti<br />

10 Via dell’Aquila<br />

11 Piazzetta Raffaello<br />

12 Via Raffaello<br />

13 Via Mattioli<br />

14 Via Cesarei<br />

15 Via Bontempi<br />

16 Via degli Azzi<br />

17 Via del Duca<br />

18 Piazzetta del Duca<br />

19 Via della Viola<br />

20 Via del Prospetto<br />

21 Via e piazzetta San<br />

Giovanni del Fosso<br />

22 Via della Madonna<br />

23 Via Imbriani<br />

24 Via Bonaccia<br />

25 Via Baciadonne<br />

26 Via Abruzzo<br />

27 Via Orizzonte<br />

28 Piazza del Carmine<br />

29 Via dell’Asilo<br />

30 Via Enrico Dal Pozzo<br />

31 Via dei Lanari<br />

32 Via della Torricella<br />

33 Corso Bersaglieri<br />

34 Via del Roscetto<br />

35 Via Sdrucciola<br />

36 Via della Pazienza<br />

37 Via Cartolari<br />

38 Via Alessi<br />

39 Via del Forno<br />

40 Via Fani<br />

Piazza IV Novembre<br />

Zusatzvarianten<br />

über <strong>di</strong>e Via Dal Pozzo<br />

und den Corso Bersaglieri<br />

<strong>PERUGIA</strong> 15


Von der Piazza IV Novembre nimmt<br />

man <strong>di</strong>e Via Calderini, <strong>di</strong>e heute nach<br />

dem großen Peruginer Architekten<br />

(<strong>Perugia</strong> 1837-Roma 1916) heißt. Die<br />

frühere Via degli Scudellari wurde 1591<br />

durch den Kar<strong>di</strong>nal und päpstlichen<br />

Legaten Pinelli erweitert, deshalb eine<br />

Zeitlang nach ihm genannt, also Via<br />

Pinella, und später umgeändert in Via<br />

del Commercio. In der Piazza Matteotti<br />

angekommen, erreicht man links <strong>di</strong>e<br />

Via Volte della Pace (Bild), eine der<br />

charakteristischsten Straßen der Stadt<br />

unter Kreuzrippengewölben, <strong>di</strong>e von<br />

der Piazza Matteotti abgeht und dem<br />

kurvigen Verlauf des etruskischen Mau -<br />

errings folgt, der von den Geschäften<br />

unterhalb der Via Alessi noch zu sehen<br />

ist.<br />

Unterhalb der Straße wurde 1899 ein<br />

Epigraph gefunden, das Bezug nimmt<br />

auf den römischen chalci<strong>di</strong>cum (Säu -<br />

lengang), oberhalb der etruskischen<br />

Mauern ist ein langer, gotischer, nach<br />

Osten geöffneter Säulengang dokumentiert,<br />

der auf Säulen aufstützte und<br />

von den Historikern als wichtiger politischer<br />

und sozialer Ort für <strong>di</strong>e Stadt<br />

angesehen wurde.<br />

Folgen Sie der Straße bis zur Via Bon -<br />

tempi und zur Piazza Piccinino (<strong>di</strong>e<br />

früher bereits Piazza dei Gigli, degli<br />

Eugeni und della Compagnia della<br />

Morte hieß), so benannt nach dem berühmten<br />

Nicolò der zwar von kleiner<br />

Statur war (piccinino), aber ein großer<br />

Kondottiere und Kamerad Braccio<br />

Fortebraccis, mal Verbündeter, mal<br />

Feind von Francesco Sforza (<strong>Perugia</strong>,<br />

1368-Milano, 1444).<br />

In der Platzmitte der Pozzo Sorbello.<br />

Der Platz entstand auf Anweisung des<br />

Kar<strong>di</strong>nals Crispo in der zweiten Hälfte<br />

des 16. Jh., auf der Seite, wo <strong>di</strong>e Chiesa<br />

della Compagnia della Morte (Bru -<br />

derschaft des Todes) (1573-1603), <strong>di</strong>e<br />

auch Chiesa della Misericor<strong>di</strong>a hieß gebaut<br />

wurde, um nicht beer<strong>di</strong>gten Toten<br />

oder solchen, <strong>di</strong>e auf nicht geweihter<br />

Erde ausgesetzt wurden, eine letzte<br />

Ruhestätte zu geben.<br />

Der ursprüngliche Plan von Vincenzo<br />

Danti wurde nach seinem Tod (1576)<br />

von Bino Sozi umgesetzt. Die aufgrund<br />

Geldmangels unvollendet gebliebene<br />

Fassade zeigt oben am Portal das<br />

Symbol der Stadt, den Greif, und <strong>di</strong>e<br />

drei Wappen von Papst Clemens VII.,<br />

Kar<strong>di</strong>nal Bevilacqua und Prälat Maggi<br />

(Bild). Das Innere wurde im 18. Jh. neu<br />

gestaltet.<br />

Haus Nr. 9 ist der Palazzo Bourbon<br />

Sorbello, der sich wie manche andere<br />

auch auf einer Seite an <strong>di</strong>e etruskischen<br />

Stadtmauern und mittelalterlichen<br />

Gebäudereste anlehnt. Hingewiesen<br />

werden soll auch auf <strong>di</strong>e Überbleibsel<br />

eines mittelalterlichen Turms mit einer<br />

Steintafel und der Jahreszahl 1639, <strong>di</strong>e<br />

besagt, dass er den Od<strong>di</strong> gehörte. Der<br />

Turm ging erst von Diomede degli Od<strong>di</strong><br />

an 1666 an <strong>di</strong>e Eugeni über, beherbergte<br />

1734 König Karl III. von Spanien und<br />

wurde schließlich 1785 gegen den<br />

Palazzo <strong>di</strong> Porta Eburnea der Marchesi<br />

<strong>di</strong> Sorbello getauscht. Ihnen und insbesondere<br />

auch Uguccione sind <strong>di</strong>e<br />

Restaurierungen zu verdanken und <strong>di</strong>e<br />

Schaffung einer umfangreichen Biblio -<br />

thek. Hier befindet sich seit 1970 das<br />

Haus der Freimaurergroßloge Grande<br />

Oriente d’Italia, <strong>di</strong>e alle Peru giner Logen<br />

vereint. Unterhalb der Pozzo Sorbello


(Eingang von der Piazza Danti; s. Guida<br />

<strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 28).<br />

Sie erreichen jetzt Piazza Danti, <strong>di</strong>e frühere<br />

Piazza delle Erbe und della Paglia,<br />

wie kleine Reliefs auf den Seitenfas -<br />

saden des Palazzo del Turreno Richtung<br />

Via Bartolo und Richtung Via del Sole<br />

zeigen - mit Händen, <strong>di</strong>e Weizenähren<br />

Die Ortsbezeichnung Danti kommt von<br />

der berühmten Peruginer Familie aus<br />

dem 16. Jh., <strong>di</strong>e sich zu Ehren Dante<br />

Alighieris nicht mehr Ranal<strong>di</strong>, sondern<br />

Danti nennen wollte; Piervincenzo<br />

Ranal<strong>di</strong> (1460-1512) hatte den<br />

Spitznamen „Dante” wegen seiner leidenschaftlichen<br />

Verehrung des größten<br />

aller Dichter. Der Familie entstammen<br />

Giovan Battista, Mathematiker und<br />

Ingenieur; Giulio (1500-75), Sohn des<br />

Piervincenzo, Goldschmied und Archi -<br />

tekt, der Sangallo beim Bau der Rocca<br />

Paolina half; <strong>di</strong>e Schwester Teodora, eine<br />

faszinierende und mysteriöse<br />

Person, Mathematikerin und Astro -<br />

nomin, Kunsttheoretikerin und<br />

Malerin; Vincenzo (1530-76), Sohn des<br />

Giulio, Bildhauer, Architekt und Ver -<br />

fasser von Traktaten, und <strong>di</strong>e Brüder<br />

Egnazio und Girolamo: ersterer Dome -<br />

nikanermönch, Mathematiker und<br />

Kartograph im Dienste Gregors XIII.,<br />

berühmt für <strong>di</strong>e vierzig Landkarten in<br />

Form von Fresken in der Galleria del<br />

Belvedere im Vatikan, für den Lehrstuhl<br />

für Mathematik in Florenz und Bologna<br />

und als Bischof von Alatri (1583); letzterer<br />

Maler und Goldschmied, aktiv in<br />

<strong>Perugia</strong>, wo er <strong>di</strong>e Sakristei von San<br />

Pietro als guter Manierist ausmalte.<br />

umfassen (Bild), als Hinweis darauf, dass<br />

hier „Futter und Brot verkauft wurden”<br />

(Gigliarelli, 1907). In der Tat lagen hier, in<br />

den Kellern der Rocca del Monmaggiore,<br />

<strong>di</strong>e Kornkeller. <strong>Auf</strong> dem einstigen mittelalterlichen<br />

Marktplatz wird noch heute<br />

jeden Dienstag und Samstag ein kleiner<br />

Terracotta-Markt abgehalten. Der Platz<br />

entstand durch <strong>di</strong>e Teilung der platea<br />

magna im 15. Jh. durch den Neubau der<br />

Kathedrale. An dem Platz erhebt sich<br />

das 1891 eingeweihte Teatro Turreno<br />

1891, erbaut mit Geldern des reichen<br />

Rechtsanwalts Bianchi nach Entwürfen<br />

von Arienti; <strong>di</strong>e Innenstruktur besteht<br />

aus Eisen und Gusseisen. Sein heutiges<br />

Aussehen erhielt das Theater während<br />

des Umbaus von 1953, der <strong>di</strong>e ursprüngliche<br />

Struktur und Dekoration<br />

veränderte. Es war das demokratische<br />

Theater der neuen Bevölkerungs -<br />

schichten schlechthin, aus Mauerwerk<br />

über einem ehemaligen Amphitheater<br />

aus Holz, das 1879 mit einer<br />

Vorstellung des Zirkus Guil laume eingeweiht<br />

worden war. 1896 wurde hier der<br />

erste Kinofilm in <strong>Perugia</strong> vorgeführt,<br />

Das Familiengrab befindet sich in der<br />

Kirche San Domenico (auf dem linken<br />

Pfeiler des Presbyteriums, in der Apsis,<br />

mit einem Grabstein und einer Portrait-<br />

Büste von Vincenzo; s. <strong>Perugia</strong>, 1993, S.<br />

146). Die Ortsbezeichnung bezieht sich<br />

in erster Linie auf Vincenzo Danti,<br />

Autor der wertvollen Bronzestatue von<br />

Papst Julius III. (1553), ein Jugendwerk,<br />

das heute an der Südflanke der<br />

Kathedrale steht, bis 1899 aber auf der<br />

Piazza Danti war. Der Platz hieß deshalb<br />

auch „Piazza del Papa”, bis <strong>di</strong>e<br />

Statue versetzt wurde, um Raum zu<br />

schaffen für eine elektrische Straßen -<br />

bahn, <strong>di</strong>e in dem Jahr in <strong>Perugia</strong> eingeweiht<br />

wurde. Vincenzo arbeitete in<br />

Rom, in Florenz (ab 1557) unter Cosimo<br />

I. und kehrte im Jahr 1573 endgültig<br />

nach <strong>Perugia</strong> zurück. 1566 war er zusammen<br />

mit seinem Vater und dem<br />

Bruder Girolamo an dem illegalen<br />

Abtransport der Statue des „Arringa -<br />

tore“ von Pila für Papst Cosimo I. von<br />

<strong>Perugia</strong> nach Florenz verwickelt.<br />

Vincenzo Danti galt als der einzige<br />

wirklich große Bildhauer aus <strong>Perugia</strong>.<br />

Er bemühte sich zusammen mit anderen<br />

um <strong>di</strong>e Gründung der Accademia<br />

del Disegno (Akademie für Zeichen -<br />

kunst) in <strong>Perugia</strong>.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 17


1897 waren <strong>di</strong>e Brüder Lumière hier.<br />

1926 erhielt das Theater ein großzügiges<br />

Atrium und Dekorationen von<br />

Ulisse Ribustini (Portraits von Sängern,<br />

Dichtern und Musikern aus Umbrien)<br />

und Fresken von Migliorati, <strong>di</strong>e aber bei<br />

den jüngsten Umbauten entfernt wurden.<br />

Bei Haus Nr. 28 der Palazzo Conestabile<br />

della Staffa, erbaut im 14. Jh. durch<br />

Cherubino degli Ermanni, Schwager<br />

von Braccio Fortebracci. Der Name leitet<br />

sich ab von den Ridolfi, <strong>di</strong>e von<br />

Papst Eugen IV. zu Konnetablen der<br />

Kirche ernannt worden waren, nachdem<br />

sie zuvor durch Heirat den Namen<br />

und <strong>di</strong>e Güter der Alfani della Staffa erworben<br />

hatten. Die Ridolfis restaurierten<br />

das Gebäude am Ende des 18. Jh.<br />

und gaben ihm sein heutiges Aussehen.<br />

1819 wohnte hier Franz I., Kaiser von<br />

Österreich.<br />

Der Rundgang geht weiter durch <strong>di</strong>e<br />

Via del Sole (Bild), <strong>di</strong>e zum Monte del<br />

Sole, der heutigen Piazza Michelotti<br />

führt, in einem der höchstgelegenen<br />

Stadtteile.<br />

Hier befand sich einst <strong>di</strong>e Akropolis mit<br />

ihren Tempeln, danach, von 1373 bis<br />

1376 <strong>di</strong>e Festung von Monmaggiore,<br />

<strong>di</strong>e der Delegat Papst Gregors XI. errichtete<br />

(„um der Stadt und ihren<br />

Bürgern Einhalt zu gebieten”; s. Zap -<br />

pelli, 1999, S. 197) und <strong>di</strong>e von den<br />

Perguinern geschleift wurde. Hier sind<br />

mehrere sich überlagernde architekto-<br />

nische Schichten zu erkennen, auch<br />

wenn heute <strong>di</strong>e Adelpaläste aus dem<br />

16./17. Jh. das Aussehen prägen – im<br />

Gefolge der großen städtebaulichen<br />

Eingriffe durch den Kar<strong>di</strong>nal Tiberio<br />

Crispo, päpstlicher Legat von 1545 bis<br />

1548.<br />

Der Weg setzt sich nach links fort in der<br />

Via delle Prome, so genannt nach den<br />

Vorsprüngen der unterhalb liegenden<br />

Festungsmauern aus dem 14. Jh. im<br />

Stadtteil Porta Sole, <strong>di</strong>e ihrerseits<br />

wiederum auf etruskische Mauern aufstützen.<br />

Zu Anfang der Straße, bei den<br />

Hausnr. 1 - 2 zu beachten ein Eisentor,<br />

das zu der „Fabbrica del ghiaccio”<br />

(Trockeneisfabrik) gehörte, mit Eingang<br />

in der Via Bartolo unterhalb (ebenda, S.<br />

158). Bei Haus Nr. 6 ein Haus mit Balkon<br />

und der Jahreszahl 1447, eingemeißelt<br />

auf dem Torbalken mit Wappen (Bild).<br />

Bei Haus Nr. 15 der Palazzo Conestabile<br />

della Staffa, der Familie, <strong>di</strong>e auch an<br />

der Piazza Danti Besitze hatte, errichtet<br />

im 17. Jh. für den reichen Händler<br />

Ferretti. Das Gebäude ging dann über in<br />

<strong>di</strong>e Hände der Piazza, war anschließend<br />

bewohnt von der Gräfin Maria Valentini<br />

Bonaparte, Nichte Napoleons I. (Tochter<br />

seines jüngeren Bruders). Ab 1850 befand<br />

sich hier der bevorzugte literarische<br />

und politische Salon der Peruginer<br />

Oberschicht und der Anhänger des<br />

Risorgimento. Danach Wohnsitz der<br />

Konnetablen, bis 1964, <strong>di</strong>e hier eine<br />

wertvolle Gemäldesammlung schufen,<br />

darunter auch <strong>di</strong>e Madonna del libro<br />

von Raffaello, <strong>di</strong>e an <strong>di</strong>e Ermitage in St.


Petersburg verkauft wurde. Die Familie<br />

verteilte im Erdgeschoss in Absprache<br />

mit den Suore Stimatine <strong>di</strong> Porta<br />

Sant’Angelo Essen und Kleidung an<br />

Bedürftige. Bereits einmal erweitert<br />

1818 (nach einem Entwurf von<br />

Giovanni Cerrini) erlitt der Bau weitere<br />

Änderungen, um den Anforderungen<br />

einer Bibliothek gerecht zu werden, <strong>di</strong>e<br />

1969 vom Palazzo dei Priori hierher<br />

umzog. Grundstock der Bibliothek waren<br />

insbesondere <strong>di</strong>e Schenkung von<br />

7000 Bänden durch Prospero Po<strong>di</strong>ani im<br />

Jahr 1582 und <strong>di</strong>e während der<br />

Säkularisation enteigneten kirchlichen<br />

und klösterlichen Sammlungen.<br />

Gegenüber ein Gebäude mit manieristischem<br />

kleinen Portal, das bis 1812 Sitz<br />

der Accademia del Disegno war (daneben,<br />

zwischen Hausnr. 16 und 18 <strong>di</strong>e<br />

Inschrift von 1638 auf rotem Stein, <strong>di</strong>e<br />

an den ersten Sitz der Accademia <strong>di</strong><br />

Belle Arti erinnert). Daneben <strong>di</strong>e Chiesa<br />

<strong>di</strong> Sant’Angelo della Pace (s. Guida <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong>, 2006, S. 17) aus dem 16. Jh.,<br />

<strong>di</strong>e im <strong>Auf</strong>trag von Crispo über einer<br />

früheren Loggia von 1548 durch Alessi<br />

(nach Angabe anderer durch Sangallo)<br />

errichtet wurde, wie der lateinischen<br />

Inschrift auf dem Architrav zu entnehmen<br />

ist, <strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e von Papst Paul<br />

III. errichtete Loggia bezieht; bitte beachten<br />

Sie auf dem Vorsprung der<br />

Dachrinne kleine Regenspeiermasken<br />

(Bild).<br />

Das Gebäude war Sitz der Compagnia<br />

dei Muratori (Maurerzunft), dei Lanari<br />

(Wollweberzunft), della Santa Croce<br />

(Bruderschaft Santa Croce) (im 19. Jh.)<br />

und ist heute Lager der Bibliothek.<br />

Daneben nimmt <strong>di</strong>e spektakuläre gewundene<br />

Treppe der Via delle Prome ihren<br />

Anfang, <strong>di</strong>e drei Rampen hat (Bild),<br />

deren zweite auf etruskischen Mauern<br />

stützt und <strong>di</strong>e eine atemberaubende<br />

Aussicht auf Borgo Sant’Angelo bietet.<br />

Sie mündet schließlich ein in <strong>di</strong>e Via<br />

Bartolo und <strong>di</strong>e Via Scoscesa. Wir bleiben<br />

auf der Piazzetta delle Prome, der<br />

heutigen Piazza Rossi Scotti wo sich<br />

ein schönes Panorama von Porta San -<br />

t’An gelo bis Borgo Sant’Antonio bietet,<br />

das echteste und einmaligste, laut<br />

Walter Binni (1984).<br />

Der Name des Platzes leitet sich ab von<br />

dem Palast aus dem 17.Jh., der über den<br />

Resten der Fortezza von Monmaggiore,<br />

auf der Ostseite des Platzes errichtet<br />

wurde und seinen Besitzern, Gegnern<br />

der Savoia, mit einer bemerkenswerten<br />

künstlerischen, kulturellen und päpstlichen<br />

Kultur. Unter ihnen ragt Conte<br />

Giovan Battista (1863-1926) heraus,<br />

Journalist, Schriftsteller, Archäologe<br />

(Leiter des damaligen Museo Archeo -<br />

logico), Sammler von Antiquitäten,<br />

Büchern und Kunstwerken. Die Samm -<br />

lungen und kostbaren Einrichtungs -<br />

gegenstände des Palastes kamen nach<br />

seinem Tod unter den Hammer, wurden<br />

aufgeteilt und zerstreut (der große<br />

Leuchter aus dem 19. Jh. befindet sich<br />

heute im Speisesaal des Hotels Brufani).<br />

Der Palazzo ging zum Teil an <strong>di</strong>e Familie<br />

Mescolini Romizi, zum Teil an öffentliche<br />

Einrichtungen über. Erwähnt werden<br />

soll auch der Garten, der so genannte<br />

Giar<strong>di</strong>no dell’Usignolo<br />

(Nachtigall en garten, Privateigentum),<br />

der auf <strong>di</strong>e Stützmauern der Festung<br />

hinausgeht und auf Reste der etruskischen<br />

Mauer, von wo sich ein herrlicher<br />

Ausblick bietet auf den mittelalterlichen<br />

Mauerring des Borgo Sant’An -<br />

tonio und den nahe gelegenen<br />

Kirchturm von Santa Maria della Mi -<br />

sericor<strong>di</strong>a.<br />

Es geht hinauf auf <strong>di</strong>e Piazza Miche lot -<br />

ti, der früheren Piazza del Monte <strong>di</strong><br />

Por ta Sole, <strong>di</strong>e 1870 nach dem berühmten<br />

Söldnerführer Biordo Michelotti<br />

benannt wurde, der hier in den Häusern<br />

der Michelotti geboren wurde und auch<br />

starb (<strong>Perugia</strong>, 1352-98). Er stand im<br />

Dienste der Visconti und der Stadt<br />

Florenz. Nach seiner Rückkehr nach<br />

<strong>PERUGIA</strong> 19


<strong>Perugia</strong> setzte er sich an <strong>di</strong>e Spitze der<br />

Volkspartei der Raspanti und besiegte<br />

<strong>di</strong>e Adligenfamilie Beccherini; übernahm<br />

1393 <strong>di</strong>e Regierung der Stadt<br />

und unterwarf als Regent von <strong>Perugia</strong><br />

<strong>di</strong>e Borghi (Vorstädte) und Burgen des<br />

Umlands. 1397, ein Jahr vor seinem Tod<br />

ging er <strong>di</strong>e Ehe mit einem sehr jungen<br />

Mädchen aus der Familie der Orsini ein.<br />

Seine unangefochtene Rolle als An -<br />

führer der Raspanti beunruhigte den<br />

Peruginer Adel so sehr, dass er ihn<br />

durch den Abt von San Pietro,<br />

Francesco Guidalotti, am 10. März 1398<br />

ermorden ließ. Das Volk rächte seinen<br />

Tod durch <strong>di</strong>e Ermordung von<br />

Mitgliedern der Familie Guidalotti und<br />

den Brand von San Pietro. Die<br />

Ereignisse waren so schwer wiegend<br />

und lang anhaltend, dass erst 1497 <strong>di</strong>e<br />

Familie des Abts bei Beato Angelico das<br />

Polittico dei Domenicani für <strong>di</strong>e Cap -<br />

pella Guidalotti in San Domenico in<br />

<strong>Auf</strong>trag gab (heute in der Galleria<br />

Nazionale dell’Umbria).<br />

Bei Haus Nr. 1 der Palazzo Veracchi Cri -<br />

spolti (ehemals Palazzo <strong>di</strong> Biordo). Die<br />

heutige Fassade kann auf 1550 datiert<br />

werden, ist unterteilt durch große<br />

Gurtgesimse, quadratische Fenster, wie<br />

sie im 15. Jh. üblich waren und einem<br />

Portal im Stil Alessis. Darüber <strong>di</strong>e<br />

Inschrift RESTAURUS CAST.I.C/, <strong>di</strong>e an<br />

den ehemaligen Eigentümer, den berühmten<br />

Juristen Ristoro Castal<strong>di</strong> erinnert.<br />

Rechts ein Gedenkstein zu Ehren<br />

Mazzinis vom 30. April 1872, links einer<br />

zu Ehren eines Patrioten des Risor -<br />

gimento, Quadrio Di Maurizio. Im<br />

Innenhof ein geschichtsträchtiger Zieh -<br />

brunnen (1371-74): Er gehörte zu dem<br />

Papstsitz auf dem Monmaggiore, der zur<br />

Festung ausgebaut worden war.<br />

Angeblich wurde hier der Leichnam<br />

Biordos hineingeworfen, der Brunnen<br />

sei Zeuge der „blutigen” oder auch „roten<br />

Hochzeit” von 1500 gewesen. Der<br />

Palast war in der Tat der Hauptwohnsitz<br />

der Baglioni auf dem Colle del Sole,<br />

Wohnsitz von Astorre Baglioni, der auf<br />

der Höhe seiner Macht am 28. Juni 1500<br />

Lavinia Orsini Colonna heiratete. Die<br />

prunkvolle Hochzeit dauerte zwei<br />

Wochen, als in der Nacht vom 14. auf<br />

den 15. Juli eine Gruppe Verschwörer<br />

unter der Führung der Cousins Carlo<br />

und Grifonetto Baglioni sich Zutritt zum<br />

Palast schuf und Astorre und <strong>di</strong>e<br />

Verwandten niedermetzelten. Die<br />

Folgen waren blutige Racheakte. Grifo -<br />

netto entging ihnen nicht. Er ist abgebildet<br />

auf dem berühmten Gemälde<br />

Deposizione Baglioni, das Raffaello 1507<br />

im <strong>Auf</strong>trag der Mutter Atalanta schuf<br />

(zunächst war es im Familiengrab in San<br />

Francesco al Prato aufbewahrt, dann gestohlen<br />

worden und heute befindet es<br />

sich im Museo Borghese in Rom).<br />

Bei Haus Nr. 4 ist auf dem Gebäude eines<br />

Pflegeheims ein Architrav zu sehen<br />

mit der lateinischen Inschrift: „non è al<br />

sicuro chi è ospite al nemico” (Keiner, der<br />

sich zu Gast bei seinem Feind befindet,<br />

ist sicher). Bei Haus Nr. 5 der Palazzo<br />

Cesarei, so genannt nach der Patri -<br />

zierfamilie, <strong>di</strong>e hier wohnte und welcher<br />

auch Conte Giulio (1744 - 1829) angehörte,<br />

liberaler Bürgermeister unter<br />

Napoleon (s. Via Cesarei, p. 21); in dem<br />

Bogengang war 1864 das Osservatorio<br />

meteorologico (Meteorologische Beob -<br />

ach tungsstelle) untergebracht.<br />

Weiter geht es durch <strong>di</strong>e Via dell’A -<br />

quila, <strong>di</strong>e höchst gelegene Straße<br />

<strong>Perugia</strong>s (493 m ü. d. M.), deshalb auch<br />

der Name. Eine dunkle, schmale Straße,<br />

<strong>di</strong>e zur Piazzetta Raffaello oder San<br />

Severo führt, so geheißen nach der<br />

Fassade der Kirche San Severo (Bild). Sie<br />

wurde in der Mitte des 18. Jh. über einer<br />

vorherigen mittelalterlichen Kirche<br />

errichtet, neben einem Kloster der<br />

Camaldoleser von Ravenna, das vom Hl.<br />

Romualdo gegründet worden war.<br />

Das Kloster erlebte im Laufe der Zeit<br />

zahlreiche Umbauten, es wurde<br />

Druckerei, im 19. Jh., danach Kaserne<br />

für <strong>di</strong>e Stadtwache, dann königliche<br />

Knabenschule, und ist heute ein<br />

Wohnhaus. Daneben <strong>di</strong>e Kapelle aus


dem 15. Jh., <strong>di</strong>e das einzige Gemälde<br />

beherbergt, das Raffaello der Stadt Pe -<br />

ru gia überlassen hatte, mit der<br />

Darstellung der Trinità (Trinität) von<br />

1505, das zunächst nur halb fertig geblieben<br />

war und dann durch Perugino<br />

im unteren Teil vollendet wurde (1521).<br />

Das Wohnhaus daneben zeigt Verse von<br />

Dante (Par, XI, V. 43-48: <strong>di</strong>e Einführung<br />

des Orients, wo Franziskus geboren<br />

wurde) (Bild).<br />

Von hier nimmt <strong>di</strong>e Via Raffaello (ehemals<br />

Via San Severo) ihren Anfang, <strong>di</strong>e<br />

dem großen Maler aus Urbino gewidmet<br />

ist; bergab Richtung Via Bontempi<br />

trifft man rechts auf <strong>di</strong>e Via Mattioli,<br />

vielleicht nach dem berühmten Arzt<br />

Mattiolo Mattioli, der auch Astronom,<br />

Theologe, Philosoph war (Anfang des<br />

15. Jh.), und als „Fürst der freien<br />

Künste” angesehen wurde (Briganti,<br />

1954, S. 85). Er lehrte Me<strong>di</strong>zin, nicht<br />

nur in <strong>Perugia</strong>, sondern auch in Siena<br />

und Padua. In einem kleinen, bescheidenen<br />

Haus in der Gasse (Haus Nr. 7,<br />

heute Nr. 17) (Bild) wurde am 12. Juni<br />

1906 Sandro Penna geboren (als Sohn<br />

von Armando und Angela Antonione<br />

Satta), lebte dort aber nur ein Jahr.<br />

Hinter dem Platz geht es hinunter<br />

durch <strong>di</strong>e Via Cesarei, so genannt nach<br />

einer Adelsfamilie, um dann wieder <strong>di</strong>e<br />

via Raffaello bis zur Via Bontempi zu<br />

nehmen (Bild).<br />

Diese Ortsbezeichnung leitet sich ab<br />

von der gleichnamigen alteingesessenen<br />

Peruginer Adelsfamilie, <strong>di</strong>e hier ihre<br />

Häuser hatte. Sie stand auf der Seite<br />

der dem Adel gegnerisch gesinnten<br />

Raspanti. Aus ihr stammen ein Bischof<br />

in <strong>Perugia</strong>, Andrea Bontempi, der 1352<br />

Kar<strong>di</strong>nal wurde, und verschiedene<br />

Literaten. Im Verlauf des 15. Jh. gingen<br />

einige Bontempi bankrott oder ins Exil<br />

und erlangten ihre Würde und Ehre erst<br />

nach dem Ende der Baglioni wieder zurück.<br />

Die Straße wurde durch Kar<strong>di</strong>nal<br />

Crispo, Legat des Papstes Paul III., während<br />

der Stadtsanierung von 1547 entlang<br />

des alten etruskisch-römischen<br />

Dekumanus erbaut. Die Palazzi, welche<br />

<strong>di</strong>e Straße säumen, gehen größtenteils<br />

auf das 17. Jh. zurück.<br />

Rechts, <strong>di</strong>e Straße abwärts, befindet<br />

sich der Palazzo Baldelli Bombelli<br />

(1644); hinter der dem Übergang, auf<br />

der Höhe der Hausnr. 28, befand sich<br />

links das Warenlager der Familie<br />

Cavaceppi, einer reichen Kaufmanns -<br />

dynastie, Eigentümerin verschiedener<br />

Häuser und Geschäfte im Viertel Porta<br />

Sole. Ihr Wappen zeigt innerhalb einer<br />

Girlande auch den Rost des Hl. Lorenz,<br />

zur Erinnerung daran, dass sie einst<br />

auch das Kapitelamt in San Lorenzo innehatten.<br />

Das Wappen ist auf dem kleinen<br />

gemeißelten Balkon zu sehen mit<br />

<strong>PERUGIA</strong> 21


Durchbrüchen und vier korinthischen<br />

Säulen (Bild).<br />

Rechts treffen Sie nun auf <strong>di</strong>e Via Degli<br />

Azzi, eine kleine Sackgasse, neben dem<br />

Palazzo Degli Azzi (früher auch Palazzo<br />

Ticchioni, heute Palazzo Rizzoli), der<br />

den Namen einer aus Arezzo stammenden<br />

Patrizierfamilie trägt. Sie war im<br />

17. Jh. nach <strong>Perugia</strong> umgezogen, wo sie<br />

sich in <strong>di</strong>e „edle Zunft der Wechsler und<br />

der Händler” einschrieb. Zu Beginn des<br />

19. Jh. heiratete Ugo Maria Degli Azzi<br />

eine Vitelleschi und vereinte so <strong>di</strong>e beiden<br />

Geschlechternamen. Es soll auch an<br />

Giustiniano Degli Azzi erinnert werden,<br />

Dozent des römischen Rechts von 1841<br />

bis 1860 an der Università degli Stu<strong>di</strong> <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong> und bekannter Rechtsanwalt<br />

für Zivil- und Strafsachen.<br />

Rechts befand sich in einem Hof von<br />

1884 bis 1984 <strong>di</strong> Druckerei Benucci. 1903<br />

wurde hier <strong>di</strong>e erste elektrische Druck -<br />

maschine in Betrieb genommen, in einem<br />

Gebäude, das den Oliveta ner mön chen<br />

gehörte und vielleicht als Getrei delager<br />

genutzt worden war, wie einer Inschrift<br />

Montis Morcini und dem Kranz aus<br />

Olivenzweigen zu entnehmen ist (Bild).<br />

Daneben, bei Haus Nr. 21, eine Mauer mit<br />

einem Einzelbogenfenster, Zeugnis der<br />

Kirche Santa Maria Maddalena aus dem<br />

13. Jh., <strong>di</strong>e zunächst den Terziari francescani<br />

gehörte, dann den Olivetanern (bevor<br />

der Konvent Montemorcino Vecchio<br />

errichtet wurde).<br />

Kurz vor der Porta dei Gigli befindet<br />

sich der Palazzo Montesperelli, der. Das<br />

Gebäude entstand an der Straße, <strong>di</strong>e<br />

nach San Severo hoch ging. Die Porta<br />

dei Gigli (Bild) so genannt nach den<br />

Blumen, <strong>di</strong>e oben im Gewölbe gemalt<br />

waren, das Wappenbild der Familie<br />

Farnese.<br />

Dass das Stadttor auf <strong>di</strong>e Etruskerzeit<br />

und das Mittelalter zurückgeht, ist<br />

durch den gotischen Bogen und den<br />

Rundbogen bezeugt (s. Guida <strong>di</strong> Peru -<br />

gia, 2006, S. 13). Von hier ging der<br />

Haupt-Dekumanus der etruskisch-römischen<br />

Stadt ab, hier nahm im Mit -<br />

telalter auch <strong>di</strong>e Ausfallstraße Richtung<br />

Tiber ihren Anfang, über den Carmine<br />

und Fontenuovo.<br />

Wenn Sie ihren Weg jetzt fortsetzen<br />

über <strong>di</strong>e schöne Treppe hinab, kommen<br />

Sie am Ende in <strong>di</strong>e Via del Duca und<br />

weiter zur Piazzetta del Duca, <strong>di</strong>e nach<br />

dem <strong>Auf</strong>traggeber für den Palazzo aus<br />

dem späten 16. Jh. heißt, Diomede<br />

Della Corgna (eine Adelsfamilie aus der<br />

Nähe von Passignano, Schützlinge des<br />

Papstes Julius III., aber unbeliebt bei<br />

Paul IV., nach dessen Tod aber rehabilitiert).<br />

Der Palazzo ging über an <strong>di</strong>e


Ranieri, <strong>di</strong>e hier ein bis 1770 aktives<br />

Theater bauten, das sich dann bis 1812<br />

in den Kellern jenseits der Treppe der<br />

Via del Carmine befand. In den 30er<br />

Jahren wurde es zum Cinema Carmine,<br />

dann Modernissimo, ein Treffpunkt für<br />

das Essay-Kino, von den 60er Jahren<br />

bis zu seiner Schließung in den 90er<br />

Jahren. Hier rundum lagen auch sehr<br />

bekannte Geschäfte, wie das Lebens -<br />

mittelgeschäft Sartoretti, seit 1880.<br />

Nehmen Sie nun <strong>di</strong>e Via della Viola<br />

(vielleicht so genannt nach der Blume<br />

oder nach einer bekannten Frau aus<br />

dem Volk, <strong>di</strong>e in Vergessenheit geraten<br />

ist) (Bild), mit ihren langen und schmalen<br />

Häuserblocks und dunklen, steilen<br />

Gassen, <strong>di</strong>e manchmal mit der darunter<br />

liegenden Parallelstraße Via Imbriani<br />

kommunizieren, manchmal Sackgassen<br />

sind – eine finstere, aber wichtige<br />

Verkehrsader der Unterstadt von Pe -<br />

rugia.<br />

Links <strong>di</strong>e Via del Pro spetto, in den 30er<br />

Jahren Sitz eines der berühmtesten<br />

Bordelle (Pianesi, 1998, S. 15).<br />

Es folgen <strong>di</strong>e Via und <strong>di</strong>e Piaz zetta San<br />

Giovanni del Fosso (Bild), sehr charakteristisch,<br />

<strong>di</strong>e in den 70er und 80er<br />

Jahren viel benutzt wurden für<br />

Platztheateraufführungen; in ihrem<br />

Namen hat sich derjenige einer Kirche<br />

erhalten, <strong>di</strong>e hier im Mittelalter stand,<br />

im Laufe der Jahrhunderte umgebaut<br />

wurde und bis zur zweiten Hälfte des<br />

18. Jh. über dem Vertei<strong>di</strong>gungsgraben<br />

entlang des mittelalterlichen Mau er -<br />

rings (der in <strong>di</strong>esem Abschnitt verschwunden<br />

ist), aber auch über dem<br />

Graben von Santa Margherita stand.<br />

Die Straße verbindet über <strong>di</strong>e Via<br />

Pulchra mit der Via del Balcone, einer<br />

steilen Gasse zwischen der Via della<br />

Viola und der Via Imbriani.<br />

Der Rundgang setzt sich fort durch <strong>di</strong>e<br />

Via della Viola bis zu den Stufen der Via<br />

della Madonna, <strong>di</strong>e – zusammen mit<br />

den Nachbargassen Via Pulchra und Via<br />

Speciosa einen alten Marienkult bezeugen,<br />

wie das wundertätige Bildnis einer<br />

Madonna con il Bambino belegt, dessen<br />

Original abgenommen wurde und<br />

seit 1770 in San Fiorenzo aufbewahrt<br />

ist. Am Ende gelangt man zur Via<br />

Imbriani (der ehemaligen Via Antica<br />

bzw. Borgo San Fiorenzo), benannt<br />

nach Matteo Renato Imbriani, einem<br />

Patrioten aus Neapel, Offizier, der 1859<br />

an der Irredentistenbewegung und der<br />

Republikanischen Versammlung für <strong>di</strong>e<br />

Menschenrechte teilnahm, dann Ab ge -<br />

ordneter der Linken im Parlament wurde.<br />

Sie erreichen jetzt <strong>di</strong>e Kreuzung mit<br />

der Via Alessi, mit der mächtigen Apsis<br />

und den Klostermauern von San Fio -<br />

renzo. Die Kirche wurde hier ab dem 8.<br />

Jh. in mehreren Bauabschnitt bis 1770<br />

errichtet, als <strong>di</strong>e Umbauten an Kirche<br />

und Konvent nach einem Entwurf von<br />

Pietro Carattoli beendet waren. Im<br />

Innenraum über dem Altar das Fresko<br />

aus dem 14. Jh. mit der Darstellung einer<br />

Maria in trono con il Bambino, aus<br />

dem Vicolo della Ma don na, das man<br />

abnehmen ließ, nachdem es 1617 angeblich<br />

wundertätig geworden war.<br />

Hier liegt auch Galeazzo Alessi begraben.<br />

Nach 1860 wurde der Konvent zur<br />

<strong>PERUGIA</strong> 23


Schule, anschließend Sitz der Casa delle<br />

associazioni (Vereinshaus). Zu besichtigen<br />

(Hausnr. 2 in der Via della Viola)<br />

der Kreuzgang mit seiner großen<br />

Libanonzeder.<br />

Nun geht es durch <strong>di</strong>e Via Bonaccia<br />

nach unten, <strong>di</strong>e zur Porta Santa Mar -<br />

gherita führt, über den Mauern der<br />

Papstfestung aus dem 16. Jh. (Bild).<br />

Die mittelalterliche Porta Santa Mar -<br />

gherita heißt so nach dem gleichnamigen<br />

alten Kloster, das 1818 in ein psychiatrisches<br />

Krankenhaus umgewandelt<br />

wurde. Die Porta wurde 1821 wegen der<br />

Eröffnung des später wieder ver-<br />

schwundenen Tors aus dem 19. Jh. zur<br />

heutigen Via XIV Settembre zugemauert<br />

und 1934 wieder geöffnet. Neben der<br />

Porta ein Bastionsturm aus Ziegelwerk,<br />

Teil der päpstlichen Festungsbauten des<br />

16. Jh., wie auch derjenige in der Via<br />

Cial<strong>di</strong>ni und <strong>di</strong>e verschwundenen Türme<br />

unter dem Carmine. Oben eine<br />

Gedenktafel für <strong>di</strong>e sar<strong>di</strong>nischen Gre -<br />

na<strong>di</strong>ere im Zusammenhang mit den<br />

Ereignissen vom 20. Juni 1859.<br />

Von der Porta Santa Margherita nehmen<br />

Sie nun <strong>di</strong>e erste Gasse rechts, <strong>di</strong>e<br />

Via Baciadonne mit einer steilen Treppe<br />

wieder nach oben, <strong>di</strong>e vielleicht so<br />

heißt, weil sie in ihrem dunkelsten und<br />

engsten Abschnitt geeignet war für den<br />

Austausch von Zärtlichkeiten. Sie führt<br />

bis zur Via Abruzzo (Bild).<br />

Laut dem Peruginer Historiker Crispolti<br />

rührt der Name von Milizen aus den<br />

Abruzzen her, <strong>di</strong>e hier 1580 zur<br />

Bekämpfung der Straßenkriminalität<br />

stationiert waren.<br />

Der Weg geht weiter durch <strong>di</strong>e Via<br />

Abruzzo bis zur Via Orizzonte – so genannt<br />

wegen der schönen Aussicht<br />

Richtung Assisi –, über <strong>di</strong>e sie mit der<br />

Via Imbriani verbunden ist. Hier steht<br />

eine Ä<strong>di</strong>kula mit einem Fresko der<br />

Madonna del Carmelo, con Bambino,<br />

angeli e santi, und der Inschrift Mater<br />

decori Carmeli; wir befinden uns auf<br />

der Rückseite des großen Gebäu -<br />

dekomplexes von Santa Maria del<br />

Carmine, von dem sich eine Kapelle mit<br />

einem Einzelbogenfenster erkennen<br />

lässt. Bei der Hausnr. 4 ein schönes kleines<br />

Portal aus Ziegeln (Wohnhaus) und<br />

bei der Hausnr. 2 Sitz des Centro internazionale<br />

Montessori.<br />

An der Piazza del Carmine ist <strong>di</strong>e<br />

gleichnamige Straße mit ihrer schönen<br />

Treppe zu sehen (Bild). Beide sind benannt<br />

nach der Chiesa <strong>di</strong> San Simone<br />

del Carmine, oder auch Chiesa dei Santi<br />

Simone e Giuda, vom Ende des 13. Jh.,<br />

umgebaut 1377 mit Material der zerstörten<br />

Festung von Porta Sole, aber<br />

auch in späteren Zeiten, zuletzt 1747,<br />

als nach einem Brand eine Rekon -<br />

struktion nötig wurde. <strong>Auf</strong> der Konter -<br />

fassade im Inneren eine Orgel aus dem<br />

17. Jh. mit zwölf Statuen des


Karmeliterordens, Ölgemälden und einem<br />

bemalten Kreuz aus dem 17. Jh.; in<br />

der Apsis ein kleiner Banner (gonfalone)<br />

von Bonfigli; im alten Refektorium<br />

Fresken aus dem 17.Jh.<br />

In dem Konvent San Simone neben der<br />

Kirche in der Via dell’Asilo (Bild), <strong>di</strong>e so<br />

heißt, weil nach der Säkularisierung von<br />

1861, <strong>di</strong>e aus dem Konvent ein<br />

Kinderheim machte, am 14. September<br />

1861 das Kinderheim Santa Croce hier<br />

eingeweiht wurde, das erste, das in<br />

Italien nach der Montessori-Methode<br />

arbeitete. Die Via dell’Asilo führte zum<br />

mittelalterlichen Stadttor Porta <strong>di</strong> San<br />

Simone oder auch Porta del Carmine im<br />

Mauerring aus dem 14. Jh., der hier<br />

durchging und seit 1277 dokumentiert<br />

ist. Seine Reste sind begraben unter den<br />

Erdaufschüttungen für den Bau der Via<br />

XIV Settembre (1818 - 22). 1516 wurde<br />

neben ihr ein runder Bastion sturm errichtet,<br />

der 1822 für den Bau der oben<br />

verlaufenden Straße abgerissen wurde.<br />

Abstecher durch <strong>di</strong>e Via Enrico Dal Pozzo<br />

Von hier ist es möglich, nach der<br />

Abzweigung der Via XIV Settembre<br />

durch <strong>di</strong>e Via Enrico Dal Pozzo (<strong>di</strong>e früher<br />

auch Via del Buon riposo bzw. Via<br />

Fontenuovo hieß) weiter zu gehen. Sie<br />

heißt nach dem berühmten Wissen -<br />

schaft ler und ehemaligen Barnabiter -<br />

mönch aus der zweiten Hälfte des 19.<br />

Jh., der <strong>di</strong>e Kutte an den Nagel hing, um<br />

sich dem Stu<strong>di</strong>um der Physik und<br />

Mineralogie zu widmen. Danach war er<br />

tätig als Dozent in Parma, Livorno und<br />

schließlich in <strong>Perugia</strong>, wo er einer der<br />

ersten war, der sich mit elektrischer<br />

Beleuchtung befasste anlässlich der<br />

Feierlichkeiten für Pius IX., <strong>di</strong>e in der<br />

Stadt abgehalten wurden. Er starb 1892<br />

in dem Haus, das dann an <strong>di</strong>e Piccole<br />

suore überging, für ein 1866 eröffnetes<br />

Altersheim. Hier war eine Gedenktafel<br />

angebracht, <strong>di</strong>e später in <strong>di</strong>e Universität<br />

versetzt wurde (Nr. 31). Unter ihrem<br />

Platz eine andere, <strong>di</strong>e an den schweren<br />

Zwischenfall erinnert, als <strong>di</strong>e Intoleranz<br />

der Schwestern zur Entfernung der ersten<br />

Gedenktafel führte.<br />

Die Ortsbezeichnung Fontenuovo erinnert<br />

am Ende der Straße (gegenüber<br />

dem Gebäude, das einmal <strong>di</strong>e Villa von<br />

Rinaldo Ridolfini war und dann an <strong>di</strong>e<br />

Paolucci, <strong>di</strong>e Lecconi, <strong>di</strong>e Crispolti und<br />

schließlich an den Cavaliere Fabrizio<br />

della Penna überging), an <strong>di</strong>e mittelalterliche<br />

Anlage mit zwei Wasserbecken,<br />

<strong>di</strong>e bis ins 20. Jh. als öffentliches<br />

Waschhaus benutzt wurde (Bild) (noch<br />

zwei andere waren bekannt: eines im<br />

<strong>PERUGIA</strong> 25


Borgo Sant’Angelo und eines in der Via<br />

Fonti Coperte); vielleicht rührt der<br />

Name aber auch von einem anderen<br />

Brunnen her, der sich in der Nähe der<br />

ehemaligen Porta del Carmine befand.<br />

Ein weiteres wichtiges mittelalterliches<br />

Zeugnis sind <strong>di</strong>e Reste der Chiesa <strong>di</strong> San<br />

Crispino (14./15 Jh.), der Arte dei<br />

Calzolai (Schusterzunft), dem im 15. Jh.<br />

ein Hospiz angegliedert wurde, das im<br />

18. Jh. ein Heim für „Schwindsüchtige<br />

und Schwachsinnige” wurde.<br />

Außerhalb des Borgo führt <strong>di</strong>e Straße<br />

an der alten, von Resten von Mausoleen<br />

gekennzeichneten etruskisch-römischen<br />

Straße Richtung Tiber und <strong>di</strong>e<br />

Ausfallstraße entlang, vom Portale dei<br />

leoni bis zu San Bevignate und dem<br />

Gedächtnisfriedhof. �<br />

Von der Via dell’Asilo nimmt man dann<br />

bis zur Via della Torricella, Via dei La -<br />

na ri (Bild), eine der unbequemsten,<br />

aber wegen ihrer Abfolge an Kurven,<br />

Treppen und Gewölben interessantesten<br />

Straßen, <strong>di</strong>e den engen Eingang,<br />

<strong>di</strong>e geringe Höhe und das Dunkel wettmachen.<br />

Hierher war <strong>di</strong>e Arte dei Lanari<br />

(Wollweberzunft) aus der heutigen Via<br />

Danzetta (der ehemaligen Via della<br />

Salsa) aufgrund des schlechten Ge -<br />

ruchs, den <strong>di</strong>e Wollverarbeitung mit<br />

sich bringt, umgezogen. Sie war eine<br />

der ältesten Zünfte (gegründet von den<br />

Frati Umiliati, <strong>di</strong>e von den Prioren der<br />

Stadt aus der Lombardei aufgrund ihrer<br />

Kenntnisse in der Wollverarbeitung gerufen<br />

worden waren).<br />

Via della Torricella geht hinaus auf<br />

den heutigen kleinen Platz der Porta<br />

Pesa, wo, nachdem der Borgo Porta Sole<br />

größer wurde, ein Stadttor stand (in<br />

Linie mit der heutigen Via dei Ciechi<br />

und der Via del Pasticcio). Das Tor wurde<br />

bis 1824 immer wieder restauriert,<br />

dann abgerissen und durch <strong>di</strong>e Zoll -<br />

schranke „della Pesa” ersetzt, <strong>di</strong>e ebenfalls<br />

heute nicht mehr existiert, mit drei<br />

Eisentoren und zwei Gebäuden daneben<br />

für <strong>di</strong>e Zollbüros. Außen, vor dem<br />

Tor, befand sich eine Waage für <strong>di</strong>e<br />

Karren, von daher auch der Name (Pesa<br />

= Waage).<br />

Weiter zum Arco dei Tei (Bild) aus<br />

Sandstein (der ehemaligen Porta <strong>di</strong><br />

San ta Maria Nuova), so benannt nach<br />

der Familie, <strong>di</strong>e in den Häusern unweit<br />

des Bogens im Borgo Sant’Antonio resi<strong>di</strong>erte,<br />

der in einer ersten Wach -<br />

stumsphase der Stadt entstand, noch<br />

bevor der endgültige mittelalterliche<br />

Mauerring gebaut wurde.<br />

Abstecher durch <strong>di</strong>e Corso Bersaglieri<br />

Von hier kann der Corso Bersaglieri genommen<br />

werden, das Rückgrat des Bor -<br />

go Sant’Antonio, für eine interessante<br />

Verlängerung des Rundgangs durch <strong>di</strong>e<br />

Gassen (Via del Pasticcio, Via della For -<br />

mica, Via del Cane und andere) bis zur<br />

Via Cial<strong>di</strong>ni und nach Monteluce. �<br />

Hinter dem Arco dei Tei erreicht man


Via del Roscetto (<strong>di</strong>e ehemalige Via dei<br />

Servi) (Bild), <strong>di</strong>e seit 1871 Cesarino<br />

Rossetti (<strong>Perugia</strong>, 1450-1550) gewidmet<br />

ist, dem „Roscetto“ (wegen seiner<br />

roten Haare) - ein Goldschmied, Maler,<br />

Bildhauer und Architekt, Schüler des<br />

Perugino und Freund von Raffaello, der<br />

ihn in <strong>di</strong>e römischen Kreise einführte;<br />

unter anderem Schöpfer wundervoller<br />

Silberstücke für <strong>di</strong>e festlich gedeckte<br />

Tafel der Prioren – wie ein Kuchenteller<br />

in Form eines Schiffs (der während des<br />

Salzkriegs verloren ging) und der<br />

Reliquienschrein für den Santo Anello<br />

(der Verlobungsring Mariä). Bergauf<br />

rechts <strong>di</strong>e Seitenfassade von Santa<br />

Maria Nuova, in der noch zwei gotische<br />

Bogen der ursprünglichen mittelalterlichen<br />

Struktur erhalten sind. Links<br />

(Hausnr. 21) der Eingang in das Oratorio<br />

della Confraternita <strong>di</strong> San Benedetto<br />

(heute Sitz des Centro turistico studentesco),<br />

entworfen von Valentino Mar -<br />

telli (1598) und ausgeschmückt mit<br />

Fresken von Matteo Salvucci (um 1610).<br />

Parallel zum Verlauf der etruskischen<br />

Stadtmauern zeigt <strong>di</strong>e Straße linkerhand<br />

<strong>di</strong>e typischen kleinen, senkrecht<br />

abgehenden Gässchen: Via dei Ciechi,<br />

Via Bella, Via del Lupo (Bild). <strong>Auf</strong> der<br />

Höhe der Nr. 14, rechts, der Palazzo<br />

Spinola, ein Beispiel für <strong>di</strong>e industrielle<br />

Nutzung ehemaliger Adelspaläste gegen<br />

Ende des 19. Jh. – hier wurden<br />

Seidenraupen gezüchtet.<br />

Der Weg geht wieder hinauf durch <strong>di</strong>e<br />

Via Bontempi, wo sich ein schöner Blick<br />

von der Treppe auf den Arco dei Gigli<br />

bietet, um über <strong>di</strong>e Via Sdrucciola, eine<br />

kurze Stufengasse, hinunter zu gehen,<br />

deren Namen ihre Besonderheit<br />

nennt (sdrucciolare - rutschen) und <strong>di</strong>e<br />

uns wieder in <strong>di</strong>e Via della Viola bringt.<br />

Gleich anschließend soll rechts hingewiesen<br />

werden auf <strong>di</strong>e Via della Pa -<br />

zien za, eine Sackgasse über einem noch<br />

sichtbaren schönen Abschnitt des etruskischen<br />

Mauerrings. Ganz am Ende der<br />

Via della Viola geht es rechts wieder<br />

hinauf über <strong>di</strong>e Via Cartolari (Bild), <strong>di</strong>e<br />

frühere Via della Berta, <strong>di</strong>e ihren<br />

Namen von den Cartolari hat, den<br />

Verkäufern von Papier und Büchern, <strong>di</strong>e<br />

gleichzeitig auch Buchbinder und<br />

<strong>PERUGIA</strong> 27


Drucker waren. Sie hatten mit ihren<br />

Nachkommen eine eigene Zunft gegründet,<br />

von der noch Spuren erhalten<br />

sind in der Werkstatt von Francesco <strong>di</strong><br />

Baldassarre und Girolamo <strong>di</strong> Francesco,<br />

mit Sitz vermutlich im Haus Nr. 3 mit<br />

einem schönen Portal, über dem ein<br />

Architrav <strong>di</strong>e Inschrift Concors industria<br />

trägt. <strong>Perugia</strong> war in der Tat eine<br />

der ersten italienischen Städte, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e<br />

Druckerkunst förderte, um 1471. Nur<br />

wenig weiter, bei Haus Nr. 9, das Haus<br />

des großen Peruginer Architekten<br />

Galeazzo Alessi (1512-71), der in Pe ru -<br />

gia und Rom seine Ausbildung gemacht<br />

hatte und später vor allem in Genua<br />

und Mailand tätig war. <strong>Auf</strong> dem rosettengeschmückten<br />

und von einem<br />

Wappen überkrönten Portal eine steinerne<br />

Gedenktafel für Alessi. Er hinterließ<br />

in <strong>Perugia</strong> große Werke, darunter<br />

den Ausbau der Strada nuova (der heutigen<br />

Via Mazzini), verschiedene Erwei -<br />

terungsbauten der Palazzo dei Prio ri,<br />

hatte, nach Sangallo, <strong>di</strong>e Bauleitung<br />

inne für <strong>di</strong>e Rocca Paolina und entwarf<br />

<strong>di</strong>e Villa del Car<strong>di</strong>nale.<br />

Alessi, der in der Kirche San Fiorenzo begraben<br />

liegt, wurde 1871 <strong>di</strong>e anschließende<br />

Straße, <strong>di</strong>e heutige Via Alessi<br />

(ehemals Via dei Calderari) gewidmet,<br />

<strong>di</strong>e uns wieder nach oben bringt<br />

Richtung Piazza Matteotti. Von hier aus<br />

geht es zur Via del Forno (Bild), einer historischen<br />

Gasse mit herrlicher Treppe<br />

auf der Rückseite des Palazzo Capocci<br />

(Bild); ihr Name erinnert an den<br />

Backofen des Lebensmittelgeschäfts<br />

Vitalesta, das hier seit den Anfängen des<br />

20. Jh. bestand; lange Zeit gab es noch<br />

eine Frittierküche, <strong>di</strong>e bei den Perugi -<br />

nern sehr bekannt war. Die Gasse mündet<br />

in <strong>di</strong>e Via Fani, <strong>di</strong>e früher rimbocco<br />

dei Pollaioli, Via della Chiavica und Via<br />

del Mercato hieß, als Hinweis auf das<br />

Marktareal del Sopramuro. Die Straße<br />

heißt heute nach Fani, einem Patrioten<br />

aus <strong>Perugia</strong> (1844-1914), Anhänger Ga -<br />

ri bal<strong>di</strong>s, Rechtsanwalt und zuletzt<br />

Justizminister 1898, wie <strong>di</strong>e steinerne<br />

Gedenktafel in der parallelen Via Maz -<br />

zi ni besagt, <strong>di</strong>e auf der Fassade seiner<br />

ehemaligen Kanzlei auf der Höhe der<br />

Hausnr. 14 angebracht ist. Schließlich<br />

geht es zurück auf den Corso Van nucci<br />

und danach auf <strong>di</strong>e Piazza IV No -<br />

vembre.


PORTA SANT’ANGELO<br />

Das Stadtviertel erhielt seinen Namen nach der alten Kirche zu Ehren des Erzengels<br />

Michael, dessen Feiertag der 29. September ist. Von ihm leitet sich auch das Wappen<br />

ab mit dem Bildnis, das den Erzengel oder einfach nur zwei Flügel und ein Schwert darstellt.<br />

Es ist rot, wie das Flammenschwert des Kriegerengels oder das Feuer, das mit dem<br />

Holz entzündet wurde, das durch <strong>di</strong>eses nach Norden zeigende Tor in <strong>di</strong>e Stadt gebracht<br />

wurde. Von hier ging <strong>di</strong>e Hauptstraße ab, <strong>di</strong>e in das nördliche Umland führte, <strong>di</strong>e „Via<br />

della Lungara“, der heutige „Corso Garibal<strong>di</strong>“. Das Viertel entwickelte sich im Laufe des<br />

13. Jh. zwischen dem Etruskischen Bogen und dem Convento <strong>di</strong> Monteripido und wurde<br />

dann durch den Mauerring aus den ersten Jahrzehnten des 14. Jh. in <strong>di</strong>e Stadt integriert.<br />

Trotz des Einzugs des Modernen hat sich das Viertel seinen ursprünglichen<br />

Charakter als Wohnviertel und Sitz von Kirchen und Klöstern erhalten.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 29


RUNDGANG PORTA SANT’ANGELO<br />

1 Piazza Danti<br />

2 Via delle Cantine<br />

3 Via Baldeschi<br />

4 Via Appia<br />

5 Via dell’Eremita<br />

6 Via San Sebastiano<br />

7 Via Santa Elisabetta<br />

8 Via del Poeta<br />

9 Via Lupattelli<br />

10 Via Piacevole<br />

11 Corso Garibal<strong>di</strong><br />

12 Via Benedetta<br />

13 Via del Fagiano<br />

14 Via della Ron<strong>di</strong>ne<br />

15 Vicolo <strong>di</strong> Sant’Agnese<br />

16 Via Persa<br />

17 Via Fuori le Mura<br />

18 Via del Tempio<br />

19 Via della Spada<br />

20 Via del Canerino<br />

21 Via della Torretta<br />

22 Via Ombrosa<br />

23 Via della Cera<br />

24 Via Lucida<br />

25 Via del Mogherino<br />

26 Via del Pepe<br />

27 Via Cometa<br />

28 Via dell’Oro<br />

29 Via dei Martelli<br />

30 Via dei Solfaroli<br />

18<br />

17<br />

16<br />

15<br />

31 Piazza Lupattelli<br />

32 Via dei Pellari<br />

33 Via dei Barutoli<br />

34 Via del Piccione<br />

35 Via del Bulagaio<br />

36 Piazza Braccio Fortebracci<br />

37 Via Ulisse Rocchi<br />

38 Via Pozzo Campana<br />

39 Via della Nespola<br />

40 Piazzetta Alfani<br />

41 Piazzetta Ansidei<br />

Piazza Danti<br />

Alternativer Rundgang von<br />

der Via Appia über <strong>di</strong>e Via<br />

dell’Acquedotto und <strong>di</strong> Via del<br />

Fagiano bis zur Via Benedetta<br />

19<br />

14<br />

21<br />

20<br />

22<br />

25 26<br />

24<br />

23<br />

12<br />

13<br />

28 29<br />

27<br />

11<br />

30


31<br />

34<br />

m slm<br />

492<br />

482<br />

472<br />

462<br />

452<br />

442<br />

432<br />

422<br />

412<br />

32<br />

33<br />

4<br />

9<br />

7<br />

35<br />

10<br />

8<br />

7<br />

12<br />

36<br />

6<br />

5<br />

17<br />

37<br />

19<br />

21<br />

38<br />

40<br />

39<br />

41<br />

4<br />

3<br />

<strong>PERUGIA</strong><br />

300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />

36<br />

2<br />

1<br />

m<br />

<strong>PERUGIA</strong> 31


Von der Piazza Danti aus kann entlang<br />

der Seitenfasse der Kathedrale San<br />

Lorenzo das Äußere der Cappella Ora -<br />

<strong>di</strong>ni oder „del Santissimo Sacra mento”<br />

(Kapelle des Heiligsten Sakra ments) bewundert<br />

werden, ein architektonisch<br />

bedeutender, Alessi (1576)<br />

zugeschriebener Nebenbau der Kathe -<br />

drale. Er umfasst mehrere Abschnitte<br />

aus verschiedenen Epochen, von denen<br />

der erste unten eine Reihe sich abwechselnder<br />

Türen und Fenster hat, <strong>di</strong>e<br />

heute zu Geschäften gehören.<br />

<strong>Auf</strong> dem abschließenden Gesims tritt ein<br />

Löwenkopf hervor (Bild), zu Ehren des<br />

<strong>Auf</strong>traggebers Leo Balionis Archi pre -<br />

sbiter, dessen Initialen auf den Archi -<br />

traven zu sehen sind. Im oberen Teil des<br />

Mauerwerks hingegen sind mit farbigen<br />

Ziegeln geschmückte Felder zu sehen.<br />

Im ersten Stockwerk befindet sich das<br />

mit einer hübschen Kuppel gekrönte<br />

Baptisterium, das der Kapelle zuletzt<br />

angefügt wurde.<br />

Die erste Gasse links geht es bergabwärts<br />

durch <strong>di</strong>e Via delle Cantine (Bild),<br />

deren Namen auf <strong>di</strong>e großartigen Keller<br />

des Palazzo dei Canonici zurückgeht,<br />

<strong>di</strong>e berühmt waren für ihren Überfluss<br />

an Wein, der laut Überlieferung sogar<br />

dazu <strong>di</strong>ente, den Brand von 1315 zu löschen.<br />

Parallel zu der Außenmauer mit<br />

Polsterquadern verläuft intern eine<br />

mächtige etruskische Travertinsteinmauer<br />

aus derselben Zeit wie <strong>di</strong>e Stadtmauer,<br />

<strong>di</strong>e vermutlich als Stützmauer für das<br />

etruskisch-römische Forum <strong>di</strong>ente.<br />

Nun erreicht man Via Baldeschi, <strong>di</strong>e<br />

1871 nach der Familie benannt wurde,<br />

<strong>di</strong>e auf den berühmten Rechtsgelehrten<br />

Baldo degli Ubal<strong>di</strong> zurück geht. Das<br />

Haus mit der Nr. 2 ist einer der beiden<br />

Stadtpaläste der Baldeschi, heißt aber<br />

heute Palazzo Bonucci. Filippo, Sohn<br />

des Gentile <strong>di</strong> Baldo ließ das Gebäude<br />

1563 errichten. Es beherbergte das<br />

Collegio dei Legisti (Kolleg der Rechts -<br />

gelehrten) (siehe Inschrift über dem<br />

Portal) und – im 18. Jh. – das Musik -<br />

institut sowie <strong>di</strong>e Werkstatt des<br />

Bildhauers Giuseppe Frenguelli. Es hatte<br />

einen großen Garten mit Aussicht auf<br />

<strong>di</strong>e „Conca”, der aber zwischen 1901<br />

und 1906 für den Bau der neuen Via<br />

Battisti um <strong>di</strong>e Hälfte verkleinert wurde.<br />

Durch <strong>di</strong>e Via Appia geht es weiter<br />

bergab, durch den Bogen, den Arco <strong>di</strong><br />

Via Appia, von dem aus man einen der<br />

schönsten Ausblicke auf <strong>di</strong>e Conca und<br />

den Borgo Sant’Angelo hat (Bild).


<strong>Auf</strong> der Längsseite der Treppe rechts<br />

befindet sich der Eingang zur Schlupf -<br />

pforte der Conca, einem steilen<br />

Fußgängerdurchlass aus der Etrus -<br />

kerzeit, der im Mittelalter als Stollen für<br />

<strong>di</strong>e Wasserleitungen benutzt wurde, <strong>di</strong>e<br />

<strong>di</strong>e Fontana Maggiore speisten.<br />

Beachtenswert ist das Stadtwappen<br />

oben mit dem Greif.<br />

Der Stollen wurde im Winter mit<br />

Schnee gefüllt, um ihn im Sommer zu<br />

Kühlzwecken zu entnehmen (siehe Pia -<br />

nesi, 1998, S. 75).<br />

Abstecher durch <strong>di</strong>e Via dell‘Acquedotto<br />

Über einen anderen, kürzeren Weg<br />

kommt man zum Corso Garibal<strong>di</strong> von<br />

der Via Appia bis zur Via Benedetta<br />

über <strong>di</strong>e Via dell’Acquedotto (Bild), <strong>di</strong>e<br />

wohl <strong>di</strong>e charakteristischste Hochstraße<br />

von <strong>Perugia</strong> ist, <strong>di</strong>e zur Via del Fagiano<br />

führt und danach zur Via Benedetta.<br />

Die Straße, <strong>di</strong>e früher Via degli Archi dei<br />

Condotti hieß, verläuft auf den Bogen<br />

des mittelalterlichen Aquädukts (siehe<br />

Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 27) und wurde<br />

1821 mit seitlichen Brüstungen versehen.<br />

Sie <strong>di</strong>ent als Zugangsweg zu den<br />

oberen Stockwerken der Häuser entlang<br />

der Straße. �<br />

Am Ende der Via Appia, links, nach der<br />

Via del Pero und der Via del Cardellino,<br />

geht der Weg unterhalb der noch vorhandenen<br />

Bogen des mittelalterlichen<br />

Aquädukts weiter durch <strong>di</strong>e Via del -<br />

l’Ere mita. Die Bezeichnung erinnert an<br />

Pater Francesco Van Outers, der in<br />

Brüssel geboren wurde und nach 60jährigem<br />

Einsiedlerleben hier Alter von<br />

91 Jahren starb. Er fand in der Chiesetta<br />

dei Santi Sebastiano e Rocco (ebenda)<br />

seine letzte Ruhestätte, <strong>di</strong>e man über<br />

den kleinen Platz am Ende der Straße<br />

links erreicht.<br />

Der Journalist Ugo Baduel aus <strong>Perugia</strong><br />

lieferte eine schöne Schilderung davon.<br />

Er schreibt sie der Pfarrei Santa Elisa -<br />

betta zu und berichtet, dass der<br />

Fassadenschmuck aus Keramik, den sein<br />

Vater anlässlich der Geburt seiner<br />

Kinder anbringen ließ (Bild), aus der<br />

Fabrik La Salamandra stammt, deren<br />

hoher Kamin immer noch zu sehen ist,<br />

nicht weit entfernt, in der Nähe von<br />

San Francesco delle Donne (Baduel,<br />

1992, S. 196-197, 232 ff.).<br />

<strong>Auf</strong> dem Architrav des heutigen<br />

Zugangstor steht seitlich das Motto:<br />

„Pace a chi entra, salute a chi esce”<br />

(Frieden den Kommenden, Gesundheit<br />

den Gehenden). Das Innere ist geschmückt<br />

mit einer wertvollen Decke<br />

aus bemaltem Holz und Fresken von<br />

Pietro Montanini (1655).<br />

Die Via dell’Eremita mündet in <strong>di</strong>e Via<br />

San Sebastiano, <strong>di</strong>e wiederum auf <strong>di</strong>e<br />

Via Santa Elisabetta geht, benannt nach<br />

der Kirche aus dem 14. Jh. zu Ehren der<br />

Heiligen aus Ungarn, <strong>di</strong>e in <strong>Perugia</strong> am<br />

27. Mai 1235 von Papst Gregor IX. kanonisiert<br />

wurde. Die Kirche steht mitten in<br />

der Conca und war Sitz der Färberzunft.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 33


Der mit Wasser gut versorgte Ort begünstigte<br />

in der Tat <strong>di</strong>e Ansiedlung von<br />

Handwerksbetrieben, <strong>di</strong>e sich mit der<br />

Gerberei befassten (<strong>di</strong>e Gerberbecken<br />

sind außerhalb des Tors noch zu sehen).<br />

In der römischen Zeit befanden sich hier<br />

<strong>di</strong>e Thermen, von denen noch das berühmte<br />

Mosaics <strong>di</strong> Orfeo (s. Guida <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong>, 2006, S. 27) erhalten ist. Von<br />

der zu Beginn des 20. Jh. abgerissenen<br />

Kirche ist in der Nähe zum Eingang zum<br />

Mosaik nur noch ein Teil einer Mauer<br />

übrig mit einer Majolika, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Hl.<br />

Elisabeth darstellt (Bild).<br />

Nun geht es wieder bergauf, in<br />

Richtung der Bogen des Aquädukts, bis<br />

zur Via del Poeta links, <strong>di</strong>e 1958 wieder<br />

so genannt wurde (als das Gesetz<br />

Merlin in Kraft trat, das u. a. <strong>di</strong>e<br />

Schließung der Freudenhäuser vorsah),<br />

nachdem dort ein Freudenhaus gestanden<br />

hatte, <strong>di</strong>e so genannte Casa della<br />

Bianca, das aus der nahe gelegenen Via<br />

Corrotta (einer quer zur Via del<br />

Maneggio verlaufenden Sackgasse), einer<br />

Bordellzone, umgesiedelt worden<br />

war, in eines der ärmsten Viertel<br />

<strong>Perugia</strong>s. Ist man oben in der Gasse angekommen<br />

geht es rechts weiter bis zur<br />

ersten Straße links, der Via Lupattelli,<br />

<strong>di</strong>e 1871 dem Patrioten des Risorgi -<br />

mento aus <strong>Perugia</strong> gewidmet wurde,<br />

der zusammen mit den Brüdern Ban -<br />

<strong>di</strong>era 1844 in Cosenza zum Tod durch<br />

Erschießen verurteilt worden war.<br />

Nach einer platzartigen Erweiterung<br />

der Straße kommt rechts <strong>di</strong>e Via Piace -<br />

vole, von der <strong>di</strong>e Via del Senso und andere<br />

Gassen abgehen. Weiter durch <strong>di</strong>e<br />

Via Lupattelli (Bild) gelangt man zur<br />

Hausnr. 9, wo eine steinerne Tafel <strong>di</strong>e<br />

Geburtsstätte Lupattellis anzeigt, um<br />

nach den charakteristischen Gassen Via<br />

Graziosa, Via Gentile und Via del Gallo<br />

weiter zu gehen, bis man schließlich<br />

den Corso Garibal<strong>di</strong> erreicht hat.<br />

Früher hieß <strong>di</strong>e schmale, lange Straße<br />

Via della Lungara (wie <strong>di</strong>e gleichnamige<br />

Straße in Rom), wurde dann aber nach<br />

dem Helden des italienischen Risorgi -<br />

mento benannt. Typisch für den Corso<br />

sind <strong>di</strong>e einfache Architektur, <strong>di</strong>e kleinen,<br />

kompakten mittelalterlichen Häuserzeilen<br />

(Bild), mit kleinen Höfen und<br />

Gärten auf der der Straße abgewandten<br />

Seite. Es sind auch seltene Typologien<br />

aus der Antike sowie einige wichtige<br />

Häuser dabei, neben zahlreichen<br />

Klostergebäuden.


Verlässt man den Corso und geht links<br />

bergauf, fällt das Auge auf <strong>di</strong>e Gebäude<br />

der mächtigen Arte della Mercanzia,<br />

<strong>di</strong>e zu den größten der Stadt <strong>Perugia</strong><br />

zählt und einen ganzen Häuserblock<br />

umfasst (bis zur Hausnummer 104) und<br />

auf der Fassade als Kennzeichen einen<br />

steinernen Greifen trägt, der ein<br />

Warenbündel in den Krallen hält, das<br />

Symbol der Kaufleutezunft (Bild).<br />

Mit dazu gehört auch <strong>di</strong>e Nr. 84, das alte<br />

Ospedale dei poveri, ein Ziegelbau<br />

vom Ende des 13. Jh., der bis vor wenigen<br />

Jahrzehnten noch als Schlafstätte für<br />

Obdachlose <strong>di</strong>ente. Das Eingangstor aus<br />

Travertin (1570) führt in einen schönen,<br />

dreischiffigen Saal mit 10 Trennsäulen, in<br />

dem <strong>di</strong>e Betten aufgestellt waren und zu<br />

den Sälen in den oberen Etagen (für<br />

Besichtigungen wenden Sie sich an das<br />

Nobile Collegio della Mercanzia auf<br />

dem Corso Van nuc ci) (Bild).<br />

Mit dem Komplex verbunden war <strong>di</strong>e<br />

Chiesetta <strong>di</strong> Sant’Egi<strong>di</strong>o (1793), mit<br />

Fresken zum Leben des Heiligen, <strong>di</strong>e in<br />

dem Gebäude mit der Nr. 88, nach der<br />

Ä<strong>di</strong>kula einer Madonna von 1805 (Bild),<br />

besichtigt werden können. Das Haus<br />

mit der Nr. 104 trägt auf dem Architrav<br />

über der Eingangstür eine gastfreundliche<br />

lateinische Inschrift: TUMQUODC-<br />

VIQUE („Jedes Ding ist dein”).<br />

An Stelle der Häuser Nr. 104-106 stand<br />

<strong>di</strong>e in der 2. Hälfte des 13. Jh. errichtete<br />

Kirche San Cristoforo, <strong>di</strong>e mehrmals restauriert<br />

und dann geschlossen wurde.<br />

Von ihr ist nur noch <strong>di</strong>e Natursteinfassade<br />

mit dem Satteldach und dem Tor mit<br />

Baldachin zu erkennen, darüber in einem<br />

Dreieck ein Winkeleisen und ein<br />

Zirkel, das Symbol der Freimaurer, einer<br />

in der Geschichte des Viertels stark verankerten<br />

Vereinigung (Bild).<br />

Ein altes Gebäude mit der Hausnr. 128<br />

-130 zeigt eine schöne Außentreppe;<br />

eine steinerne Gedenktafel an der<br />

Fassade erinnert an den Anhänger<br />

Mazzinis und Garibal<strong>di</strong>s Guglielmo<br />

Miliocchi, der hier starb. Das Gebäude<br />

<strong>PERUGIA</strong> 35


mit der Hausnr. 142-144 ist hingegen<br />

ein herrschaftliches Wohnhaus mit<br />

Travertinfenstern.<br />

Die Straße hoch verlässt man nach der<br />

Via della Pietra den Corso, um <strong>di</strong>e Via<br />

Benedetta zu nehmen, <strong>di</strong>e früher Via<br />

dei Condotti, wegen ihrer Nähe zu dem<br />

mittelalterlichen Aquädukt.<br />

Sie führt zum ehemaligen Konvent und<br />

der Kirche San Benedetto (ebenda, S.<br />

28). Dort, wo sich <strong>di</strong>e Straße verbreitert,<br />

geht <strong>di</strong>e Via del Fagiano ab, ebenfalls<br />

Teil der ehemaligen Via dei Condotti,<br />

<strong>di</strong>e genau oberhalb des Verlaufs des<br />

Aquädukts gebaut wurde und von wo<br />

aus man einen herrlichen Blick auf <strong>di</strong>e<br />

Altstadt genießt (Bild).<br />

Der Gebäudekomplex gegenüber stammt<br />

von 1421, wurde mehrmals restauriert<br />

und <strong>di</strong>ente unterschiedlichen Zwecken.<br />

In dem 1820 geschlossenen Kloster<br />

fand bereits 1811 <strong>di</strong>e erste<br />

Versammlung der Freimaurerloge statt,<br />

danach beherbergte es das Graziani-<br />

Konservatorium und schließlich das<br />

Institut für verlassene und ausgesetzte<br />

Kinder. Heute sind in ihm Büros der<br />

Universität untergebracht (ADISU,<br />

Hausnr. 14).<br />

Erwähnenswert sind der Glockenturm<br />

(Bild), der auch aus der Ferne wegen<br />

seiner orientalisch anmutenden Form<br />

mit der Zwiebel und seinem reichen<br />

Ziegelsteinschmuck gut erkennbar ist,<br />

der Travertinbrunnen im Kreuzgang,<br />

das Innere der Kirche mit wertvollen<br />

Fresken aus dem 15. Jh. und <strong>di</strong>e Böden<br />

des Schiffs und der Hauptkapelle aus<br />

Majolikafließen aus dem 16. Jh.<br />

(<strong>Perugia</strong>, 1993, S. 110).<br />

Weiter über <strong>di</strong>e Via Benedetta bis zur<br />

Via della Ron<strong>di</strong>ne, <strong>di</strong>e wieder in den<br />

Corso einmündet. Im letzten Abschnitt<br />

auf der linken Seite liegen große<br />

Klostergebäude wie das Monastero <strong>di</strong><br />

Sant’Antonio da Padova (Hausnr. 220)<br />

aus dem 15. Jh., das abgerissen, umfassend<br />

rekonstruiert und schließlich in<br />

den 70er Jahren ein Studentinnenheim<br />

wurde. Bis 1810 befand sich hier das<br />

Polyptychon des Hl. Antonius (heute in<br />

der Galleria Nazionale dell’Umbria), ein<br />

Meisterwerk von Piero della Francesca,<br />

das Ilaria Baglioni, Äbtissin des Klosters,<br />

in <strong>Auf</strong>trag gegeben hatte.<br />

Etwas weiter das ehemalige Kloster der<br />

Hl. Lucia (ex monastero <strong>di</strong> Santa Lu cia),<br />

nach einem schönen Eingang aus<br />

Ziegelwerk von 1706, in dem bis 1870<br />

das Conservatorio Antinori untergebracht<br />

war, eine Einrichtung für<br />

Assistenz und Berufsbildung für sozial<br />

ausgegrenzte Mädchen bis 1870<br />

(Bild).<br />

Es folgt <strong>di</strong>e Sackgasse Vicolo Sant’A -


gnese, <strong>di</strong>e vor der gleichnamigen<br />

Kirche und dem Kloster der Klarissinnen<br />

endet, <strong>di</strong>e seit 1330 hierher von Bo -<br />

neggio umgesiedelt waren. Die Kirche<br />

wurde im 17. Jh. umgebaut und 1816<br />

restauriert, nachdem sie durch <strong>di</strong>e<br />

Franzosen geschlossen worden war (s.<br />

Gui da <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 29).<br />

Die letzte Sackgasse links ist <strong>di</strong>e Via<br />

Persa oder „<strong>di</strong>e verlorene Gasse”, wegen<br />

ihrer großen Entfernung zum Zentrum.<br />

<strong>Auf</strong> der Fortsetzung des Wegs über den<br />

Corso lohnt es sich, in dem hübschen<br />

kleinen öffentlichen Park bei der<br />

Hausnr. 252 zu rasten, mit Bänken und<br />

einem Brunnen unter einer Pergola, wo<br />

sich bis vor wenigen Jahren öffentliche<br />

Waschhäuser befanden (Bild).<br />

Beim Cassero, dem Wehrturm, angelangt<br />

(ebenda, S. 30), außerhalb des<br />

Stadttors, geht der Blick von der Via<br />

Fuori le Mura zur mittelalterlichen<br />

Stadtmauer, von San Matteo degli Ar -<br />

meni bis Monteripido (ebenda). Vom<br />

Cassero, von dessen Terrasse aus sich<br />

ein großartiger Rundblick bietet, führen<br />

Treppenstufen bis zum Tempio <strong>di</strong><br />

Sant’An gelo (ebenda), der mit seinem<br />

grünen Rasen und von Zypressen umstanden<br />

zu einem der schönsten Plätze<br />

<strong>Perugia</strong>s zählt. Hier steht eine Säule römischen<br />

Ursprungs auf der ein Kreuz<br />

steht. Sie wurde 1865 von der Piazza<br />

del Sopramuro oder, laut anderen<br />

Quellen, von der Piazza del Duomo, wo<br />

sie den Flaschenzug eines Brunnens<br />

trug (Bild), hierher gebracht.<br />

Der Weg geht weiter, hinab durch <strong>di</strong>e<br />

links- und rechtsseitig von Häuserzeilen<br />

gesäumten Via del Tempio, <strong>di</strong>e am<br />

Ende, in der Nähe der Wegkreuzung, in<br />

einer winzigen Eckkapelle für <strong>di</strong>e<br />

Madonna ausiliatrice endet. Sie wird im<br />

Volksmund auch Madonna della Stella<br />

genannt wegen ihres dunklen Mantels,<br />

der mit einem großen Stern geschmükkt<br />

ist. Das Fresko (16. Jh.) kann durch<br />

das Fenster in der Tür betrachtet werden,<br />

<strong>di</strong>e anlässlich der Festa <strong>di</strong><br />

Sant’Angelo am 29. September geöffnet<br />

wird (Bild).<br />

Die Straße abwärts, kommt man nach<br />

der Straße, <strong>di</strong>e zum mittelalterlichen<br />

<strong>PERUGIA</strong> 37


Stadttor Porta dello Speran<strong>di</strong>o geht,<br />

auf der Höhe der Hausnr. 191 und immer<br />

auf der linken Seite, zum Kloster<br />

der Beata Colomba (<strong>di</strong>e große<br />

Mystikerin, geboren 1467 in Rieti, gestorben<br />

1501 in <strong>Perugia</strong>), mit extrem<br />

schlichter Fassade, einem Bogenfenster<br />

mit einem gewendelten Bogen aus kleinen<br />

Ziegeln, dem Spendeneinwurf, einer<br />

Gedenktafel aus rosafarbenem<br />

Stein und einem Tontaubenrelief über<br />

dem Portal (ebenda, S. 29) (Bild).<br />

Fassadeninschrift erinnert an <strong>di</strong>e Überlieferung,<br />

nach der sich hier der Hl.<br />

Franziskus von Assisi und der Hl.<br />

Domenico <strong>di</strong> Guzman im Jahr 1220 trafen<br />

und ein Zitat der Verse von Dante<br />

zu den beiden berühmten Heiligen<br />

(Para<strong>di</strong>es, XI, V. 37-39).<br />

Es folgt <strong>di</strong>e Kirche Santa Caterina<br />

d’Alessandria (1658) und das gleichnamige<br />

Bene<strong>di</strong>ktinerkloster, geschaffen<br />

von Galeazzo Alessi (1547) (Bild), in<br />

dem sich von 1903 bis in <strong>di</strong>e 60er Jahre<br />

<strong>di</strong>e Fabrik Saffa (Società Anonima<br />

Fabbriche Fiammiferi e Affini <strong>di</strong> Milano)<br />

befand, gegründet von Attilio und Luigi<br />

Purgotti, Chemiker und Erfinder der<br />

„hygienischen Streichhölzer”, <strong>di</strong>e sicherer<br />

waren, weil sie kein Phosphor mehr<br />

enthielten. Die Fabrik mit ihren<br />

Kämpfen und Streiks gegen <strong>di</strong>e Aus -<br />

beutung der Arbeiter hat <strong>di</strong>e proletarischen<br />

Aspektes des Stadtviertel geprägt<br />

(ebenda, S. 28).<br />

Es geht wieder hinunter auf der linken<br />

Seite der Straße, in <strong>di</strong>e eine Reihe parallel<br />

zueinander verlaufender Gäss -<br />

chen einmünden, mit der typischem<br />

kammförmigen Struktur: Via della<br />

Spa da, <strong>di</strong>e erste Sackgasse, neben der<br />

Kirche Santa Caterina, <strong>di</strong>e nach dem<br />

Symbol des Viertels, dem geflügelten<br />

Schwert des kriegerischen Engels, benannt<br />

ist oder vielleicht auch nach den<br />

früher hier ansässigen Schwert -<br />

schmieden. Links öffnet sich <strong>di</strong>e Via del<br />

Canerino, dann geht es weiter durch<br />

<strong>di</strong>e Querstraße, <strong>di</strong>e Via della Torretta<br />

entlang der mittelalterlichen Mauern,<br />

<strong>di</strong>e so heißt nach einem Turm zwischen<br />

der Porta dello Speran<strong>di</strong>o und der Porta<br />

del Bulagaio.<br />

Ein Mauerdurchbruch gibt den Blick<br />

frei auf <strong>di</strong>e Grünflächen des Parco<br />

Sant’Angelo mit schöner Aussicht auf<br />

den mittelalterlichen Mauerring und<br />

<strong>di</strong>e weitere Umgebung. In der Nähe eines<br />

Hauses mit einer hübschen kleinen<br />

Loggia aus gebranntem Ton (Bild) geht<br />

es wieder auf <strong>di</strong>e Straße.


Weiter bergabwärts folgen <strong>di</strong>e Sack -<br />

gassen Via Ombrosa und Via della<br />

Cera, vielleicht nach einer Kerzen -<br />

zieherei so genannt. Über <strong>di</strong>e Via Lu -<br />

cida gelangt man zur Via del Mo ghe -<br />

rino, <strong>di</strong>e laut Gigliarelli (in: Zappelli,<br />

1999, S. 130) nach dem arabischen<br />

Jasmin, der aus dem Orient stammt, benannt<br />

wurde. Entlang des Wegs trifft<br />

man auf <strong>di</strong>e Sackgasse Via del Pepe,<br />

eventuell so genannt nach einer dort<br />

ansässigen Gewürzhandlung.<br />

Dann nimmt man <strong>di</strong>e ansteigende Via<br />

Cometa, <strong>di</strong>e in <strong>di</strong>e Via dell’Oro (Bild)<br />

einmündet; <strong>di</strong>e Gasse ist verbunden mit<br />

der Erinnerung an Vittorio Gorini, einen<br />

populären pittoresken „Freidenker” aus<br />

<strong>Perugia</strong>, der im Haus Nr. 2 in einer – für<br />

Besucher und Neugierige offene –<br />

Werkstattwohnung lebte, noch vor wenigen<br />

Jahren bis zu seinem Tod 2006.<br />

Der Straßenname rührt wahrscheinlich<br />

von einigen Goldgeschäften her, <strong>di</strong>e sich<br />

hier befanden. Von der Straße biegt man<br />

dann in <strong>di</strong>e nächste Gasse ein, in <strong>di</strong>e Via<br />

dei Martelli, <strong>di</strong>e an das Handwerk der<br />

Hammerschmiede erinnert; sie ist mit<br />

der Via dei Solfaroli verbunden, deren<br />

Name mit der Herstellung von Schwe -<br />

felhölzern (<strong>di</strong>e im Dialekt von <strong>Perugia</strong><br />

„zolfini“ heißen) zu tun hat.<br />

Wieder auf der Straße geht es über <strong>di</strong>e<br />

Piazza Lupattelli (früher Piazza Sant’A -<br />

gostino), <strong>di</strong>e ebenfalls dem Patrioten<br />

aus dem Risorgimento gewidmet ist.<br />

Den Platz dominiert der Komplex von<br />

Sant’Agostino mit seinen Oratorien (s.<br />

Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 31). Dann<br />

biegt man ein in <strong>di</strong>e nächste Straße, <strong>di</strong>e<br />

Via dei Pellari, <strong>di</strong>e an ein weiteres ausgestorbenes<br />

Handwerk erinnert (pellari<br />

– Lederverarbeiter). Die Gasse ist verbunden<br />

mit der steilen, malerischen Via<br />

dei Barutoli, einem toponymischen<br />

Dialektausdruck, der <strong>di</strong>e Gefahr des<br />

„barutolare” bezeichnet, des Hinunter -<br />

kugelns über <strong>di</strong>e steilen Treppenstufen<br />

(Bild). Von hier aus hat man einen schönen<br />

Blick auf den Glockenturm von<br />

Santa Maria Nuova.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 39


Geradeaus weiter geht es dann rechts in<br />

<strong>di</strong>e Via del Piccione, <strong>di</strong>e auf eine hoch<br />

gelegene Terrasse führt mit Blick über<br />

<strong>di</strong>e Bulagaio-Abhänge und von wo aus<br />

man den Spazierweg im Parco <strong>di</strong><br />

Sant’Angelo nehmen kann. Wir kehren<br />

zurück, hinunter durch <strong>di</strong>e Via dei<br />

Barutoli und am Ende rechts in <strong>di</strong>e Via<br />

del Bulagaio (Bild), <strong>di</strong>e vermutlich bereits<br />

in der Etruskerzeit genutzt war –<br />

das Toponym ist evtl. abgeleitet von<br />

„bugliare”, was „Abfälle einen steilen,<br />

wilden Abhang hinunter werfen“ bedeutet.<br />

Die Straße geht <strong>di</strong>rekt auf <strong>di</strong>e<br />

Piazza Fortebracci, <strong>di</strong>e ehemalige<br />

Piazza Grimana, <strong>di</strong>e im 16. Jh. durch<br />

den Kar<strong>di</strong>nal Marino Grimani aufgeschüttet<br />

wurde und überstanden ist<br />

von dem mächtigen Arco Etrusco (oder<br />

auch: Arco <strong>di</strong> Augusto) und dem<br />

Palazzo Gallenga Stuart, dem früheren<br />

Palazzo Antinori (ebenda, S. 31-32), einem<br />

Barockbau, dessen hinterer<br />

Gebäudeteil in den 30er Jahren des 18.<br />

Jh. angefügt wurde. Vom Arco Etrusco<br />

geht es bergauf über <strong>di</strong>e Via Ulisse<br />

Rocchi, benannt nach dem Peruginer<br />

Arzt Ulisse Rocchi (1837-1919), der lange<br />

Jahre Bürgermeister der Stadt war.<br />

Die Peruginer kennen <strong>di</strong>e Straße noch<br />

unter dem Namen Via Vecchia, der alten<br />

Nord-Süd-Achse der etruskisch-römischen<br />

Stadt, von der noch Abschnitte<br />

der Pflasterung gefunden worden sind.<br />

Nach dem Bogen erinnert ein<br />

Gedenkstein am Haus Nr. 58 an den<br />

Maler und Bildhauer Arturo Checchi<br />

(Florenz 1886 - <strong>Perugia</strong> 1971), der hier<br />

lebte.<br />

Gegenüber, gleich nach dem Palazzo<br />

Brutti aus dem 17. Jh. (zurzeit Sitz der<br />

Soprintendenza per i Beni Architet to -<br />

nici, il Paesaggio, il Patrimonio Stori co,<br />

Artistico ed Etnoantropologico del -<br />

l’Umbria) kommt <strong>di</strong>e Via Pozzo Cam -<br />

pana, so benannt nach dem Brunnen,<br />

der Wasser sammelte und es an den<br />

Brunnen auf der weiter unten liegenden<br />

Piazza Grimana abgab. Die abzweigende<br />

Gasse bildet einen kleinen Platz, wo sich<br />

in den Häusern von Nr. 14 bis 18 noch<br />

mittelalterliche Steintürme erkennen<br />

lassen. Es geht weiter, nach rechts, über<br />

einen teilweise überwölbten Weg, um<br />

unter einem Bogen <strong>di</strong>e Treppe in <strong>di</strong>e Via<br />

Ulisse Rocchi hinab zu nehmen. Bei der<br />

Nr. 29 befand sich <strong>di</strong>e ehemalige Kirche<br />

San Donato, ursprünglich aus dem 13.<br />

Jh., aber jetzt umfassend umgebaut, an<br />

der Ecke mit der Via della Nespola. Sie<br />

<strong>di</strong>ent heute als Geschäftsräume (Erd -<br />

geschoss) und für Wohnungen (Ober -<br />

geschoss). In dem Bezirk lag früher <strong>di</strong>e<br />

erste Synagoge, um <strong>di</strong>e herum sich der<br />

Großteil der Juden in <strong>Perugia</strong> niederließen<br />

(ohne dass sich aber jemals ein<br />

richtiges Ghet to bildete), bis zu ihrer<br />

Verbannung aus der Stadt 1569, in <strong>di</strong>e<br />

sie erst in der ersten Hälfte des 19. Jh.<br />

wieder zu rückkehrten (Toaff, 1975). Die<br />

Stadtverwaltung ließ Anfang 2006 einen<br />

Gedenkstein zur Erinnerung anbringen.<br />

Von der Via Ulisse Rocchi führt eine<br />

steile kleine Gasse mit Treppen neben<br />

der ehemaligen Kirche, <strong>di</strong>e Via della<br />

Ne spola auf <strong>di</strong>e hübsche Piazzetta<br />

Alfani, Geschlechtsname einer alten<br />

Familie aus <strong>Perugia</strong>, deren Gründer der<br />

berühmte Jurist Bartolo da Sassoferrato<br />

war. Ihr entstammen <strong>di</strong>e beiden Maler<br />

Domenico und Orazio Alfani sowie <strong>di</strong>e<br />

Juristen Bernar<strong>di</strong>no und Buonaccorso.<br />

Es geht zurück auf <strong>di</strong>e Piazzetta An -<br />

sidei, der ehemaligen Piazza San Dona -<br />

to, 1871 so benannt nach einer alteingesessenen<br />

Peruginer Familie, <strong>di</strong>e hier<br />

einen ihrer Paläste hatte – <strong>di</strong>e Ansidei<br />

<strong>di</strong> Catrano (einer nicht mehr vorhandenen<br />

Burg im NW von <strong>Perugia</strong>), <strong>di</strong>e bereits<br />

Anfang des 15. Jh. in <strong>di</strong>e Stadt<br />

übergesiedelt waren. Ein Gedenksein<br />

auf der Fassade des Palastes erinnert an<br />

den Conte Reginaldo, der ab 1861 sechzehn<br />

Jahre lang Bürgermeister von<br />

<strong>Perugia</strong> war.<br />

Via Ulisse Rocchi führt über einen steilen<br />

und engen Abschnitt weiter zwischen<br />

hohen Häusern, darunter auch<br />

der Palazzo Coppoli (dem heutigen Sitz<br />

der Enoteca provinciale), dem Palast einer<br />

uralt eingesessenen, mächtigen<br />

Familie, bis auf <strong>di</strong>e Piazza Danti.


PORTA SANTA SUSANNA<br />

Das Viertel heißt so nach seiner Schutzpatronin, <strong>di</strong>e – neben dem älteren Bild des<br />

Bärens - den Stadtteil symbolisiert. Später wurde sie auch durch <strong>di</strong>e Kette ersetzt, <strong>di</strong>e<br />

bis heute erinnert an gegen den Feind verriegelten Tore, wie es seit 1327 in der Via dei<br />

Priori dokumentiert ist. Die Farbe ist himmelblau, auch in Anspielung auf das Wasser<br />

des Trasimener Sees, an den man durch <strong>di</strong>eses Stadttor in westlicher Richtung über <strong>di</strong>e<br />

Ausfallstraße Richtung Cortona kommt.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 41


RUNDGANG PORTA SANTA SUSANNA<br />

26<br />

25<br />

29<br />

28<br />

30<br />

1 Corso Vannucci<br />

2 Via dei Priori<br />

3 Via del Dado<br />

4 Via dell’Orso<br />

5 Via Sant’Agata<br />

6 Via Vermiglioli<br />

7 Via Deliziosa<br />

8 Via dei Gatti<br />

9 Via Benincasa<br />

10 Via del Morone<br />

11 Via Santo Stefano<br />

12 Via Vincioli<br />

13 Via degli Offici<br />

14 Via della Pernice<br />

15 Via Guardabassi<br />

16 Piazzetta San Paolo<br />

17 Via dell’Arco<br />

18 Via del Poggio<br />

19 Via della Lucertola<br />

20 Via della Tartaruga<br />

21 Via San Francesco<br />

24<br />

27<br />

22<br />

23<br />

21<br />

31<br />

22 Piazza San Francesco<br />

al Prato<br />

23 Via Curiosa<br />

24 Via del Piscinello<br />

25 Via del Lauro<br />

26 Via Tornetta<br />

27 Via Grata<br />

28 Via del Tordo<br />

29 Via Nebbiosa<br />

30 Via della Sposa<br />

31 Via degli Sciri<br />

32 Via della Canapina<br />

33 Piazzetta del Drago<br />

34 Via del Silenzio<br />

35 Piazza Ferri<br />

36 Via della Stella<br />

37 Via Fratti<br />

38 Via Ritorta<br />

39 Via della Gabbia<br />

40 Piazza IV Novembre<br />

Corso Vannucci<br />

18<br />

19<br />

20<br />

17<br />

16<br />

11<br />

32<br />

12<br />

9<br />

15<br />

8<br />

14


3<br />

10<br />

33<br />

7<br />

34<br />

35<br />

m slm<br />

492<br />

482<br />

472<br />

462<br />

452<br />

442<br />

432<br />

422<br />

412<br />

36<br />

9<br />

6<br />

15<br />

37<br />

5<br />

38<br />

26<br />

4<br />

31<br />

3<br />

32<br />

39<br />

2<br />

40<br />

38<br />

39<br />

1<br />

<strong>PERUGIA</strong><br />

300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />

m<br />

<strong>PERUGIA</strong> 43


Porta Santa Susanna<br />

Von der Piazza IV Novembre erreichen<br />

Sie den Corso Vannucci, an dem auf der<br />

rechten Seite der Palazzo dei Priori<br />

(Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 36) mit seinen<br />

Erweiterungsbauten aus späteren<br />

Zeiten dominiert. Dem ersten Bau -<br />

abschnitt an der Ecke zum Platz, der<br />

1296 fertig gestellt war, folgt <strong>di</strong>e<br />

Erweiterung aus dem 14. Jh., <strong>di</strong>e auch<br />

den Turm Torre <strong>di</strong> Benvenuto <strong>di</strong> Cola, bei<br />

der Hausnr. 21, genau über dem Arco dei<br />

Priori mit einbezieht. Direkt dahinter<br />

kam der Glockenturm mit offenem<br />

Glockenstuhl, an den u. a. auch wegen<br />

des Zitats des Peruginer Philosophen<br />

Aldo Capitini (1899-1968) (1947, S. 11)<br />

erinnert werden soll, der dort mit seinem<br />

Vater, dem Stadtglöckner, lebte.<br />

Ebenfalls zum zweiten Bauabschnitt gehört<br />

das kostbare Portale Maggiore<br />

(Mitte des 14. Jh.), in dessen Lünette<br />

sich <strong>di</strong>e Kopien der Statuen der<br />

Schutzheiligen Laurentius, Herculanus<br />

und Konstantinus (nach Ansicht anderer<br />

des Hl. Ludwig von Toulouse) befinden.<br />

Der reich geschmückte Rahmen geht<br />

von zwei Säulen aus, <strong>di</strong>e auf zwei Löwen<br />

stützen und mit zwei Greifen enden, <strong>di</strong>e<br />

zwei Kälber in den Klauen halten (Bild),<br />

dem Symbol der Metzgerzunft, <strong>di</strong>e ganz<br />

wesentlich mit zur Finanzierung des<br />

Werks beigetragen hatte. Die Pfeiler zeigen<br />

allegorische Figuren: links <strong>di</strong>e<br />

Demut, <strong>di</strong>e Fruchtbarkeit und der<br />

Wahnsinn; rechts der Hochmut, <strong>di</strong>e<br />

Jung fräulichkeit und <strong>di</strong>e Groß -<br />

herzigkeit. Im Bogen elegante Friese aus<br />

Eichenlaub und gewendelten Säulen,<br />

<strong>di</strong>e 58 kleine Rundfelder einrahmen mit<br />

allegorischen Figuren; oben links <strong>di</strong>e<br />

Inschrift: Entra puro - move securo (Wer<br />

reinen Herzens eintritt, hat nichts zu<br />

befürchten).<br />

Vom Arco dei Priori unter der Turmuhr,<br />

wo sich Peruginer tra<strong>di</strong>tionsgemäß verabreden,<br />

haben Sie Zugang zur Via dei<br />

Priori (Bild).<br />

Der Namen leitet sich ab von der<br />

Bezeichnung für <strong>di</strong>e zehn „magistrati”<br />

(Dezemvirn oder Prioren), <strong>di</strong>e vom<br />

Mittelalter bis zum Beginn des 16. Jh.<br />

<strong>di</strong>e Stadtregierung bildeten. Der<br />

Straßenverlauf entspricht zum Teil dem<br />

Verlauf des „Haupt-Dekumanus” der<br />

etruskisch-römischen Stadt von Osten<br />

(Arco dei Gigli) nach Westen (Porta<br />

Trasimena).<br />

Dann wurde er zur Ausfallstraße von<br />

Porta Santa Susanna, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Ver bin -<br />

dung zum Trasimener See und zur<br />

Toskana darstellt. Der Rundgang ist<br />

wichtig, insbesondere aufgrund der hohen<br />

Dichte wertvoller Privathäusern<br />

und zahlreichen Kirchenbauten –manch -<br />

mal wird sie deshalb auch als „Via sa -<br />

cra” bezeichnet. Typisch für <strong>di</strong>ese<br />

Straße ist auch ihre Win<strong>di</strong>gkeit (s. Pen -<br />

na, 1977, S. 43).<br />

Von dem Hauptweg zweigen zahlreiche<br />

mittelalterliche, häufig krumme, enge,<br />

steile und überwölbte Gassen ab.<br />

Vom Corso her kommend treffen Sie<br />

links als erstes auf <strong>di</strong>e Via del Dado, eine<br />

Sackgasse, mit einem typischen,<br />

kleinen, viereckigen, ganz von Gebäu -<br />

den umstandenen Platz, von dem vielleicht<br />

auch der Name herrührt.<br />

Die zweite Straße links ist <strong>di</strong>e Via del -<br />

l’Orso, <strong>di</strong>e mit zu den charakteristischsten<br />

Altstadtgassen zählt (Bild).<br />

Der Name leitet sich von der mittelalterlichen<br />

Sitte wohlhabender Familien


ab, sich zum Gau<strong>di</strong>um des Volkes den<br />

Luxus eines Löwen, Bären, Papageis und<br />

anderer exotischer Tiere zu leisten.<br />

Bekannt unter ihnen ist – in den Annali<br />

Decemvirali – der Drucker Bianchino<br />

Ve ronese, mit dem Spitznamen „der<br />

Löwe”, nach dem Tier, das er sich hielt.<br />

Nach <strong>di</strong>eser Straße kommt <strong>di</strong>e dritte<br />

links, <strong>di</strong>e Via Sant’Agata, so genannt<br />

nach der Chiesa dei Santi Severo e<br />

Agata, <strong>di</strong>e bereits 1163 als Kapelle für<br />

<strong>di</strong>e heilige Märtyrerin aus Sizilien existierte.<br />

Die Kirche wurde 1320 dem<br />

Papst abgetreten, im Tausch gegen <strong>di</strong>e<br />

Kirche San Severo <strong>di</strong> Piazza, <strong>di</strong>e zwecks<br />

Erweiterung des Palazzo dei Priori abgerissen<br />

und später zu Ehren der beiden<br />

Heiligen neu errichtet wurde. Ihre<br />

Fassade zeigt einen Spitzbogen mit einem<br />

Spitzgiebel auf zwei hängenden<br />

Säulen. Die steinerne Gedenktafel erinnert<br />

an don Piastrelli, einen herausragenden<br />

Vertreter der progressiven<br />

Katholiken, einer derjenigen, <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>e<br />

moderne Bewegung in Italien und <strong>di</strong>e<br />

soziale Schule eintraten, Bezugsfigur<br />

und Erzieher vieler junger Katholiken in<br />

der politischen Welt <strong>Perugia</strong>s, darunter<br />

auch von Capitini.<br />

Gehen Sie weiter, <strong>di</strong>e Treppen hinunter,<br />

dann rechts und wieder hoch, unter einem<br />

Bogen mit Kreuzrippengewölbe<br />

hindurch bis zur Via Vermiglioli. Die<br />

Straße heißt, wie auch <strong>di</strong>e Piazza Ver -<br />

mig lia, nach dem Palazzo Vermiglioli<br />

(17. Jh.) bei Hausnr. 16, der auf dem<br />

kleinen Platz oben an der Treppe steht<br />

und Giovanni Battista Vermiglioli<br />

(1769-1848) gehörte, dem Begründer<br />

des Lehrstuhls für Archäologie und des<br />

Museo Archeologico <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, dem<br />

kultiviertesten und gelehrtesten Mann<br />

seiner Zeit: Literat und Historiker,<br />

Biograph von Künstlern, von Braccio<br />

Fortebracci und Malatesta Baglioni. Er<br />

war auch der Autor der ersten<br />

Monographie zur Fontana Maggiore, so<br />

berühmt, dass sich Leopar<strong>di</strong> für ihn<br />

interessierte, der sein Gast wurde vom<br />

10. bis zum 20. November 1828.<br />

Im Haus Nr. 5 in der gleichen Straße<br />

lebte von 1916 bis 1927 der große<br />

Peruginer Dichter Sandro Penna (Pe -<br />

rugia, 1906-Rom, 1977), Sohn eines<br />

Händlers mit Geschäft in der Via Maz -<br />

zini 12 (s. Catanelli, 1987, S. 132-133);<br />

er floh bereits mit 16 Jahren Richtung<br />

Rom, wo er sich im Alter von 23 Jahren<br />

endgültig niederließ (s. Penna, 1977, S.<br />

41-50).<br />

<strong>Auf</strong> der Höhe der Hausnr. 3/A war noch<br />

bis in <strong>di</strong>e siebziger Jahre eine winzig<br />

kleine Schusterei tätig.<br />

Von der Via Vermiglioli gehen Sie nun<br />

durch <strong>di</strong>e Via Cumana, biegen dann<br />

nach links ab und kommen so bis zur<br />

Via Deliziosa (Bild), <strong>di</strong>e dem Namen<br />

und den Tatsachen nach wirklich „deliziös“<br />

ist.<br />

An Haus Nr. 7 wurde 1923 eine Tafel<br />

zum Gedenken an den General Fulvio<br />

Riccieri angebracht, Träger der silbernen<br />

Tapferkeitsmedaille im 1. Weltkrieg<br />

(s. Bartoli, 2004, S. 154-155). Die Nr. 17<br />

war laut Gedenktafel das Wohnhaus<br />

von Pietro Vannucci; ihr gegenüber <strong>di</strong>e<br />

Fassade mit dem Segelturm der ehema-<br />

<strong>PERUGIA</strong> 45


ligen Kirche Sant’Antonino aus dem 13.<br />

Jh., an <strong>di</strong>e sich ein Wohnhaus anlehnt.<br />

Geht man <strong>di</strong>e erste Gasse rechts hinunter,<br />

erreicht man <strong>di</strong>e Via dei Gatti, <strong>di</strong>e in<br />

den 50er Jahren noch durch ein Tor verschlossen<br />

war, durch das nur <strong>di</strong>e Katzen<br />

kamen, von daher auch der Name.<br />

Am Ende der Via Deliziosa biegen Sie<br />

rechts ab in <strong>di</strong>e Via Benincasa, benannt<br />

nach der Familie, einem Zweig des<br />

Geschlechts der Catrano, welcher der<br />

Selige Andrea Benincasa, der im 14. Jh.<br />

unter den Händen der Türken den<br />

Märtyrertod starb, und verschiedene<br />

Rechtsgelehrte entstammten. Zuletzt<br />

gründete Michelangelo Benincasa in<br />

<strong>di</strong>eser Straße ein Institut für bedürftige<br />

Waisenkinder, denen er 1702 <strong>di</strong>e<br />

Erträge all seiner Güter in Deruta vermachte<br />

(Briganti, 1954).<br />

Nimmt man nun den Weg wieder nach<br />

oben Richtung Via dei Priori auf, so ist<br />

links (Hausnr. 5) auf ein Atrium mit<br />

grünen Innenhöfen hinzuweisen. Bei<br />

der Hausnr. 6 befindet sich der Sitz der<br />

evangelischen Waldenserkirche; Hausnr.<br />

3, ein Gebäude mit Satteldach, beherbergt<br />

<strong>di</strong>e heilige orthodoxe Kirche San<br />

Gerosimo.<br />

Es geht wieder zurück in <strong>di</strong>e Via dei<br />

Prio ri, auf der Seite des Palazzo Lippi<br />

Boncampi, wo auf der Höhe der Hausnr.<br />

60 - 62 eine Gedenktafel daran erinnert,<br />

dass hier Alinda Bonacci Bruna -<br />

monti (<strong>Perugia</strong>, 1841-1903) mit 62<br />

Jahren starb, <strong>di</strong>e Dichterin, <strong>di</strong>e für<br />

Capitini den literarischen und lyrischen<br />

Romantizismus des 19. Jh. in <strong>Perugia</strong><br />

verkörperte (Bild).<br />

Gegenüber (Hausnr. 51) ein Tor unter<br />

einem Bogen, das so genannte „Caval<br />

<strong>di</strong>pinto”, wo sich zu Beginn des 20. Jh.<br />

noch Reste eines Freskos aus einer<br />

Gastwirtschaft befanden.<br />

Gehen Sie nun weiter durch <strong>di</strong>e Via del<br />

Morone, deren Name wahrscheinlich<br />

von einem Maulbeerbaum (albero <strong>di</strong><br />

more oder gelso) herrührt, bis Sie zu einem<br />

kleinen Platz kommen, der einmal<br />

Piazza degli Od<strong>di</strong> hieß.<br />

An ihm erhebt sich der Palazzo degli<br />

Od<strong>di</strong> (Nr. 84), der heute Palazzo Marini<br />

Clarelli heißt, errichtet im 16. Jh. über<br />

den Häusern der Od<strong>di</strong>, einer auf das. 13.<br />

Jh. zurückgehenden Adelsfamilie, <strong>di</strong>e<br />

überwiegend im Stadtteil Porta Santa<br />

Susanna wohnte; zu ihren verschiedenen<br />

Titeln zählten <strong>di</strong>ejenigen der<br />

Grafen von Laviano und Poggio Aqui -<br />

lone, zu ihren Besitztümern auch der<br />

Monte Malbe, der später an den Papst<br />

übergehen sollte. Das Gebäude hat eine<br />

ernste, schmucklose Fassade aus dem<br />

18. Jh. Im Inneren, im Atrium, Fresken<br />

vom Ende des 17. Jh. mit Darstellungen<br />

von Episoden aus der Familien -<br />

geschichte.<br />

Der Platz ist auf der Westseite abgeschlossen<br />

durch <strong>di</strong>e Apsis der kleinen<br />

Chiesa dei Santi Stefano e Valentino<br />

aus dem 12 Jh., <strong>di</strong>e umgebaut und der<br />

Ausrichtung nach umgedreht wurde.<br />

Gehen Sie nun <strong>di</strong>e hübsche Straße mit<br />

dem gleichen Namen rechts der Kirche<br />

hoch, <strong>di</strong>e Via Santo Stefano, bis Sie<br />

oben ankommen und rechts in <strong>di</strong>e Via<br />

Vincioli einbiegen, deren Namen von<br />

der alten Familie herrührt, <strong>di</strong>e hier bis<br />

zu ihrem Aussterben im 18. Jh. wohnte.<br />

Ihr gehörte San Pietro Vincioli an, der<br />

um das Jahr 1000 lebte, Abt und<br />

Gründer der Abtei San Pietro war, sowie<br />

andere wichtige Persönlichkeiten. <strong>Auf</strong><br />

dem Areal des heutigen Gartens stand<br />

ein kleines Theater aus Holz, das um<br />

1775 abgerissen wurde.<br />

Der Rundgang setzt sich fort durch <strong>di</strong>e<br />

Via degli Offici, <strong>di</strong>e früher Via Chi rur -<br />

gica und Via <strong>di</strong> San Bernardo hieß, heute<br />

genannt nach den Büros der<br />

Finanzinspektion, <strong>di</strong>e in dem ehemaligen<br />

Convento <strong>di</strong> San Bernardo untergebracht<br />

sind.<br />

Links geht es hoch in <strong>di</strong>e Via della Per -<br />

nice, <strong>di</strong>e 1810 der Rebhuhnjagd gewidmet<br />

wurde; hier sei auf das schöne<br />

Wohnhaus hingewiesen, das zwischen<br />

dem 17. und 18. Jh. durch den<br />

Rechtsanwalt Antonio Brizi nach altem<br />

Vorbild umgebaut wurde (Bild).


Weiter geht es in der Via Guardabassi,<br />

dem berühmten Peruginer Patrioten gewidmet,<br />

als per Dekret der Stadt -<br />

verwaltung am 18. September 1871 an<br />

dem Haus Nr. 12, seinem Geburts- und<br />

Sterbehaus, eine Gedenktafel angebracht<br />

wurde. Berühmte Mitglieder der<br />

Familie sind Mariano senior, Maler und<br />

Kunstkritiker, Mariano junior, Arzt und<br />

Literat, gestorben 1952, sowie Anna<br />

Maria, an <strong>di</strong>e man sich hier wegen ihrer<br />

Marionetten erinnert.<br />

Geradeaus bergab gelangt man auf <strong>di</strong>e<br />

Piazzetta San Paolo, Sitz des altsprachlichen<br />

Lyzeums, wo eine Gedenktafel an<br />

Giovanni Bini Cima, einen republikanischen<br />

Intellektuellen aus der 2. Hälfte<br />

des 19. Jh. erinnert, der hier lehrte. Ein<br />

kleines Stück wieder <strong>di</strong>e Piazza hoch<br />

kommen Sie über <strong>di</strong>e Via dell’Arco zur<br />

Via del Poggio, wo sich dem Auge einer<br />

der schönsten Blicke auf <strong>di</strong>e Piazza San<br />

Francesco al Prato bietet, von dem<br />

Balkon aus, der auf ein Stück etruskische<br />

Stadtmauer stützt, über welcher<br />

<strong>di</strong>e gesamte Straße verläuft. Gehen Sie<br />

weiter, rechts bergab durch <strong>di</strong>e Via del<br />

Poggio, wo auf der Höhe der Nr. 6 eine<br />

Tafel das Geburtshaus der Dichterin<br />

Alinda Bonacci Brunamonti anzeigt, genau<br />

gegenüber der Via della Lucer tola,<br />

hübsch, wie auch <strong>di</strong>e Parallelstraße Via<br />

della Tartaruga.<br />

Jetzt geht es wieder hinab über <strong>di</strong>e<br />

Stufen, zur Terrasse eines Privathauses,<br />

wo ein mehr als 50 Jahre alter, spontan<br />

dort gewachsener Liguster zu sehen ist<br />

(Bild).<br />

Ein kleines Stück weiter vorn, in der Via<br />

dei Priori, führt der Rundgang in <strong>di</strong>e<br />

kurze Via San Francesco, <strong>di</strong>e auf den<br />

gleichnamigen Platz geht, den mehrere<br />

Kirchen umstehen:<br />

- Chiesa <strong>di</strong> Santa Maria della Luce oder<br />

auch Madonna <strong>di</strong> San Luca, ganz aus<br />

Travertin, errichtet 1519, wie <strong>di</strong>e gemeißelte<br />

Inschrift auf dem dorischen<br />

Kranzgesims berichtet, nach einem<br />

Wunder, das ein Bild der Madonna e<br />

santi von Tiberio d’Assisi bewirkt wurde,<br />

das dort in der Nähe aufgehängt war<br />

und später in <strong>di</strong>e Alternische kam. Zu<br />

Füßen der Säulen zwei wundervolle<br />

Greife (Bild), <strong>di</strong>e an den finanziellen<br />

Beitrag der Stadt zum Bau der Kirche<br />

erinnern. Die Kuppel ist ausgeschmückt<br />

mit Fresken von Giovanni Battista Ca -<br />

porali (1532);<br />

- Chiesa <strong>di</strong> San Luca evangelista, im<br />

<strong>Auf</strong>trag der Ritter von Malta umgebaut<br />

im spätmanieristischen Stil (1586) von<br />

Bino Sozi. Das dreischiffige Innere ist dur -<br />

ch drei dorische Säulen unterteilt (Bild).<br />

<strong>PERUGIA</strong> 47


Daneben <strong>di</strong>e Casa della Commenda der<br />

Ritter von Malta, aus dem Jahr 1484,<br />

mit viergeteilten Fenstern, ähnlich den<br />

Fenstern der Università Vecchia. Das<br />

heutige Wohnhaus war früher, zwischen<br />

dem 19. und dem 20. Jh., Sitz einer<br />

Wollspinnerei;<br />

- Oratorio <strong>di</strong> San Bernar<strong>di</strong>no da Siena,<br />

ein Meisterwerk aus der Renaissance<br />

(Mitte des 15. Jh.), dessen Fassaden -<br />

schmuck Basreliefs von Ago sti no <strong>di</strong> Duc -<br />

cio zeigt, in reichem Farbspiel dank des<br />

gekonnten Einsatzes von Naturstein und<br />

Marmor (Carrara mar mor, Serpentin fels,<br />

rosa Kalkstein von Assisi, Travertin), gedeckt<br />

mit Azurit, Malachit und Gold (heute<br />

nur noch in Spuren vorhanden) (Bild).<br />

Im Inneren ein frühchristlicher<br />

Sarkophag mit kleinen Säulen von 360<br />

n. Chr., der <strong>di</strong>e Reste des Seligen<br />

Aegi<strong>di</strong>us, eines Gefährten des Hl.<br />

Franziskus, enthält.<br />

Hinter dem Altar befindet sich der<br />

Zugang zum Oratorio dei Santi Andrea e<br />

Bernar<strong>di</strong>no bzw. der Confraternita della<br />

Giustizia, einem Saal aus dem 16. Jh.,<br />

der im 17. Jh. umgestaltet wurde, mit<br />

geschnitzter, vergoldeter Holzdecke,<br />

Stuckverzierungen und Gemälden;<br />

Unweit der Sakristei des Oratoriums befindet<br />

sich in der Cappella Baldeschi <strong>di</strong>e<br />

Grablege des Rechtsgelehrten Bartolo <strong>di</strong><br />

Sassofer rato, der 1357 starb (siehe<br />

Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 42).<br />

- Chiesa <strong>di</strong> San Francesco al Prato (s.<br />

ebenda, S. 42-43); neben dem gleichnamigen<br />

Konvent, aus der Mitte des 13.<br />

Jh., als Ersatz für alte Cappella <strong>di</strong> Santa<br />

Susanna, nach der das gesamte<br />

Stadtviertel benannt ist (Bild).<br />

Die Kirche stürzte mehrmals ein und<br />

wurde mehrfach wieder aufgebaut,<br />

verlor dabei erst ihren mittelalterlichen<br />

und danach auch ihren barocken<br />

Glockenturm. Schuld daran ist der seit<br />

Jahrhunderten abrutschende Hang.<br />

Die Fassade wurde 1929 neu errichtet,<br />

nach Vorlage des Gonfalone <strong>di</strong> San Ber -<br />

nardo (1464) von Benedetto Bon figli,<br />

im Stil der Cosmaten mit Rauten und<br />

Intarsien aus weißem und rosa Stein.<br />

Im Inneren der Kirche befanden sich <strong>di</strong>e<br />

Grablegen der wichtigsten Peruginer<br />

Familien, geschmückt mit kostbaren<br />

Malereien: <strong>di</strong>e Deposizione Baglioni<br />

und <strong>di</strong>e Incoronazione della Vergine<br />

von Raffaello Sanzio sowie <strong>di</strong>e Resur -<br />

rezione von Perugino, <strong>di</strong>e später nach<br />

Rom gebracht wurden. Durch den<br />

Einsturz der Gewölbe und der Apsis war<br />

<strong>di</strong>e Kirche über lange Zeit hinweg teilweise<br />

ohne Dach und ohne Innen -<br />

einrichtung. Gegenwärtig <strong>di</strong>ent sie als<br />

Au<strong>di</strong>torium. In dem ehemaligen<br />

Konvent befindet sich seit den<br />

Anfängen des 20. Jh. <strong>di</strong>e Accademia <strong>di</strong><br />

Belle Arti, <strong>di</strong>e 1537 von Orazio Alfani


und Domenico Sozi gegründet worden<br />

war.<br />

Von der Piazza San Francesco geht es<br />

zurück, hinunter über <strong>di</strong>e Via Curiosa,<br />

<strong>di</strong>e rechts in <strong>di</strong>e Via del Piscinello führt,<br />

so genannt nach einem Dialekt -<br />

ausdruck für ein kleines Rinnsal. wahrscheinlich<br />

eher bezogen auf einem<br />

Brunnen am Ende der Straße als auf <strong>di</strong>e<br />

Ströme von Blut, <strong>di</strong>e sich während der<br />

mittelalterlichen Fehden zwischen den<br />

Od<strong>di</strong> und den Baglioni ergossen, wie <strong>di</strong>e<br />

Legende erzählt. Die Brunneninschrift<br />

mahnt: Immonezze qui non si gettin né<br />

si lavi alcun drappo. Veglia la legge<br />

(Keinen Schmutz und Kehrricht hineinwerfen,<br />

keine Putzlumpen auswaschen.<br />

Beachte das Gesetz). Wieder aufwärts<br />

setzt sich der Rundgang fort nach<br />

rechts durch <strong>di</strong>e Via del Lauro bis in <strong>di</strong>e<br />

Nähe der Chiesa <strong>di</strong> Sant’Andrea, aus Ton<br />

und Ziegeln, rechts der Porta <strong>di</strong><br />

Sant’Andrea oder auch Porta Santa<br />

Susanna gelegen (so genannt, weil hier<br />

das ehemalige Kloster der Hl. Susanna<br />

oder der Co lom bata befindet). Der erhöhte<br />

Spitzbogen aus dem 13. Jh. mit<br />

einem schönen Greif aus rosa Kalkstein<br />

auf der Außenseite des Tors ist erhalten,<br />

während der mittelalterliche Mauerring<br />

zu Seiten des Tors wegen Abrissarbeiten<br />

des 20. Jh. ganz verschwunden ist.<br />

Gegenüber der Via del Lauro geht es<br />

weiter mit der Via Tornetta. Sie ist in<br />

erster Linie gebildet durch einen<br />

Gebäudekomplex mit einer wechselhaften<br />

Geschichte ohnegleichen: Im<br />

Mittelalter befand sich hier <strong>di</strong>e Chiesa<br />

<strong>di</strong> Santa Mustiola, <strong>di</strong>e gegen Mitte des<br />

15. Jh. zusammen mit den dazugehörigen<br />

Nebengebäuden zum Sitz der<br />

Confraternita <strong>di</strong> Sant’Andrea wurde,<br />

dann der Confraternità della Giustizia;<br />

1552 war es dann Kloster der Cap puc -<br />

cine <strong>di</strong> santa Chiara (<strong>di</strong>e auch „Rinser -<br />

rate <strong>di</strong> santa Mustiola” genannt wurden).<br />

Nach 1860 wurde es nach<br />

<strong>Auf</strong>hebung der religiösen Orden für<br />

verschiedene Zwecke genutzt und war<br />

in den Jahren von 1912 bis 1939 von<br />

der Koffer- und Taschenfabrik Valigeria<br />

italiana Vayani belegt. 1941 wurde es<br />

der erste Sitz des Archivio <strong>di</strong> Stato, danach<br />

Wohnheim für Vertriebene (genannt<br />

„la Casba”); heute befindet sich<br />

in ihm <strong>di</strong>e Scuola nazionale dell’Ali -<br />

men tazione (Nationale Schule für<br />

Ernährung). Der Weg schlängelte sich –<br />

von daher <strong>di</strong>e toponymische Be zeich -<br />

nung „Tornetta” bis zur Piazza del Dra -<br />

go, ist aber heute unterbrochen durch<br />

städtebauliche Eingriffe, im Zuge derer<br />

zunächst <strong>di</strong>e mittelalterliche Stadt -<br />

mauer abgerissen, dann <strong>di</strong>e Viale Pellini<br />

gebaut sowie das Gelände und <strong>di</strong>e<br />

Gärten zuerst eingeebnet und dann für<br />

den Parkplatz und <strong>di</strong>e Rolltreppen genutzt<br />

wurden (Bild). In <strong>di</strong>e Straße münden<br />

oben drei hübsche Gassen ein, <strong>di</strong>e<br />

Via Grata (Bild), eine Sackgasse, <strong>di</strong>e Via<br />

del Tordo, <strong>di</strong>e es hinauf geht, um in <strong>di</strong>e<br />

dritte Gasse zu kommen <strong>di</strong>e Via<br />

Nebbiosa und schließlich in <strong>di</strong>e Via<br />

della Sposa. Diese Straße, <strong>di</strong>e „Braut -<br />

straße“ heißt laut Gigliarelli (1907) so<br />

nach der Geschichte aus dem 14. Jh.<br />

von einem Mädchen namens Marta, das<br />

von seinem Geliebten verlassen wurde.<br />

Man kommt neben einem Palazzo aus<br />

dem 19. Jh. heraus (bei der Nr. 14 und<br />

16), wo drei Schilder aus farbiger<br />

Keramik, <strong>di</strong>e an La guerra è barbarie, Il<br />

lavoro è felicità, La pace è civiltà, (Der<br />

Krieg ist Barbarei, Arbeit ist Glück,<br />

Frieden ist Kultur) erinnern, und unter-<br />

<strong>PERUGIA</strong> 49


halb des Dachvorstands verlaufende<br />

Dekorationen in Temperafarben zu sehen<br />

sind. Es geht wieder <strong>di</strong>e Strasse<br />

hinauf. Lassen Sie <strong>di</strong>e Via del Cefalo<br />

rechts liegen, gehen Sie bis zur Porta <strong>di</strong><br />

San Luca oder Porta Trasimena, <strong>di</strong>e eine<br />

herrliche Ansicht seiner Außenseite<br />

bietet. Sie hieß bereits Porta della<br />

Madonna della Luce, Porta Senese oder<br />

Porta della Luna, geht auf <strong>di</strong>e<br />

Etruskerzeit zurück – aus der <strong>di</strong>e<br />

Widerlager erhalten sind – und hat einen<br />

Spitzbogen, in dessen Schlussstein<br />

oben ein Kalvarienberg zu sehen ist und<br />

auf dem zweiten Bogenstein rechts eine<br />

zunehmende Mondsichel (Bild).<br />

<strong>Auf</strong> der Konsole links eine Skulptur mit<br />

der Darstellung eines Löwen oder vielleicht<br />

einer Sphinx, während <strong>di</strong>e anderen<br />

Steine Symbole zeigen.<br />

Gehen Sie durch das Tor über <strong>di</strong>e<br />

Treppen und wieder hoch zur Via dei<br />

Priori bis Sie rechts zur Via degli Sciri<br />

kommen. Sie heißt so nach den Häusern<br />

und der Torre degli Sciri, einem 46 m<br />

hoher Turm, der einzige militärische<br />

Wachturm, der von den vielen zur<br />

Bewachung der Adelshäuser errichteten<br />

Türme noch erhalten ist (er ist auch auf<br />

dem Gonfalone della giustizia von<br />

Bonfigli mit den Türmen der Baglioni zu<br />

sehen), außer den Wohntürmen, <strong>di</strong>e typisch<br />

waren für <strong>di</strong>e mittelalterlichen<br />

Hochbauten. Meistens wurden sie in der<br />

Zeit zwischen dem 15. und dem 16. Jh.<br />

im Zusammenhang mit Bürgerkriegen<br />

abgetragen, einige stürzten durch<br />

Erdbeben ein, andere wurden während<br />

der päpstlichen Unterdrückung im<br />

Salzkrieg zerstört. Der Turm ist heute<br />

Teil des Konservatoriums der Terziarie<br />

francescane <strong>di</strong> suor Lucia aus dem Jahr<br />

1680. Die Gasse führt herum um den<br />

Gebäudekomplex, vorbei am Oratorio<br />

della Confraternita dei Disciplinati <strong>di</strong><br />

san Francesco (Bild), aus dem 14. Jh.,<br />

umgebaut gegen Mitte des 15. Jh., und<br />

verbunden mit dem Krankenhaus daneben,<br />

das seinerzeit Unterkunft für Pilger<br />

war und mehrmaligen Umbauten un -<br />

ter zogen wurde. Das Oratorium ist das<br />

wichtigste Beispiel für den frühbarokken<br />

Stil in <strong>Perugia</strong>, wegen des<br />

kostbaren, von Jean Regnaud <strong>di</strong> Sciam -<br />

pagna mit Stuck verzierten (1675-76)<br />

Gewöl bes und seiner reichen<br />

Innenausstat tung (Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>,<br />

2006, S. 40).<br />

Es geht wieder hinaus in <strong>di</strong>e Via dei<br />

Priori, neben der Chiesa <strong>di</strong> Santa Teresa<br />

dei Carmelitani Scalzi, mit einer nicht<br />

vollendeten Fassade von 1718 und einem<br />

schlichten Barockportal.<br />

Der Weg setzt sich fort über zwei<br />

Rolltreppen, bis zu den Gärten, links,<br />

um dann in <strong>di</strong>e Via della Canapina<br />

(Bild) mit ihren Treppenstufen einzubiegen.<br />

Sie heißt so in Erinnerung an<br />

<strong>di</strong>e Seiler, <strong>di</strong>e ihre Ware in <strong>di</strong>eser Zone<br />

anfertigten. Gleich nach den Gärten erhebt<br />

sich links <strong>di</strong>e einzigartige Chiesa <strong>di</strong><br />

San Benedetto in den Himmel, auf drei<br />

Ebenen, mit ihrer hängenden Apsis


gleich hinter den etruskischen Stadt -<br />

mauern entlang der linken Seite des<br />

Wegs (Bild).<br />

Der Mauerring taucht dann erneut wieder<br />

auf als lange, majestätische<br />

Brüstung um <strong>di</strong>e Senke der „Cupa“. Oben<br />

in der Via della Canapina links liegt <strong>di</strong>e<br />

hübsche Piazzetta del Drago, im Hof des<br />

ehemaligen Konservatoriums Benin ca sa,<br />

das jetzt eine Grundschule ist.<br />

Stets links geht es weiter durch <strong>di</strong>e Via<br />

del Silenzio (Bild), eine kurze Gasse, <strong>di</strong>e<br />

in <strong>di</strong>e Via della Cupa mündet; der Weg<br />

steigt dann an, bis links <strong>di</strong>e Piazza Ferri<br />

kommt, <strong>di</strong>e ehemalige Piazza del Naspo<br />

und della Chiesa nuova. Sie ist seit 1871<br />

Baldassarre Ferri (Marsciano, 1610 - Pe -<br />

rugia, 1680) gewidmet, einem in ganz<br />

Europa berühmten Sänger mit Knaben -<br />

stimme, der von Dichtern und<br />

Schriftstellern gerühmt wurde. Er liegt<br />

begraben in der Chiesa <strong>di</strong> San Filippo<br />

Neri, in dem musikalischen Viertel der<br />

Stadt, nur wenige Schritte weit entfernt<br />

vom Oratorio <strong>di</strong> Santa Cecilia (der<br />

Schutzheiligen der Musiker) und dem<br />

Stadttheater. Gegenüber erhebt sich <strong>di</strong>e<br />

große Masse der Chiesa nuova <strong>di</strong> San<br />

Filippo Neri (1626-34), <strong>di</strong>e nach einem<br />

Entwurf von Paolo Maruscelli nach dem<br />

Konzil von Trient errichtet wurde; ihr<br />

Inneres ist das prunkvollste Beispiel der<br />

gesamten Stadt für barocke Architektur<br />

und Dekoration. Die Travertinfassade<br />

wurde 1665 fertig gestellt, hat zwei<br />

Ordnungen, und eine Treppe mit einer<br />

Brüstung aus der gleichen Zeit.<br />

Von der Piazza Ferri geht es weiter nach<br />

oben durch <strong>di</strong>e Via della Stella, <strong>di</strong>e am<br />

Oratorio <strong>di</strong> Santa Cecilia neben der<br />

Chiesa <strong>di</strong> San Filippo Neri entlang führt.<br />

Sie entstand nach Entwürfen von Pietro<br />

Baglioni von 1687-90, um das Fest der<br />

Hl. Cecilia am 22 November zu feiern.<br />

Danach biegen Sie rechts ein, vor dem<br />

Oratorium, in <strong>di</strong>e Via Fratti, <strong>di</strong>e früher<br />

Via dell’Oratorio hieß, um dann nach<br />

Antonio Fratti, dem Anhänger Garibal<strong>di</strong>s<br />

aus Forli und republikanischen Parla -<br />

mentarier genannt zu werden, der sich<br />

1897 zugunsten der Griechen während<br />

des <strong>Auf</strong>stands gegen <strong>di</strong>e Türkei einziehen<br />

ließ und als Held in Domokos fiel. Es<br />

waren seine Waffenbrüder aus <strong>Perugia</strong>,<br />

<strong>di</strong>e ihm <strong>di</strong>ese Straße widmeten. Weiter<br />

geht es nach oben, gegenüber der<br />

außergewöhnlichen Via Maestà delle<br />

Volte (s. ebenda, S. 26), dann biegt man<br />

rechts ein in <strong>di</strong>e Via Ritorta (Bild), <strong>di</strong>e so<br />

heißt aufgrund ihres gewundenen<br />

Verlaufs, eine der noch ursprünglichsten<br />

<strong>PERUGIA</strong> 51


mittelalterlichen Gassen der Altstadt.<br />

Bei Haus Nr. 1, an der Ecke mit der Via Fratti<br />

steht einer der schönsten noch erhaltenen<br />

mittelalterlichen Wohntürme (Bild).<br />

Bei Haus Nr. 14 ein Spitzbogen mit<br />

Symbolen, <strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e „fondaci“<br />

(Warenlager) beziehen (Bild), während<br />

bei den Nummern 20 - 22 ein typisch<br />

mittelalterlicher Laden mit Wen del -<br />

treppe zu sehen ist: der Laden im<br />

Erdgeschoß, im 1. Stock ein Schlafraum<br />

für alle, im 2. Stock eine Küche mit zentralem<br />

Kamin. Nun kommt man wieder<br />

heraus auf der Via dei Priori, genau<br />

gegenüber dem Palazzo Pasini, Haus Nr.<br />

24, mit seinem schönen Portale dei<br />

Draghi (Bild), das <strong>di</strong>e Inschrift ziert<br />

AVARITIA TURBAT DOMUS (Geiz stört<br />

den Hausfrieden).<br />

Er war vermutlich Wohnsitz von Va len -<br />

tino Martelli (<strong>Perugia</strong>, 1550-1630),<br />

Architekt und Bildhauer, der das Antlitz<br />

der Stadt <strong>Perugia</strong> erneuerte. Links hinauf<br />

durch <strong>di</strong>e Via della Gabbia, <strong>di</strong>e nach<br />

dem Käfig genannt ist, der früher zu<br />

Seiten des Palazzo dei Priori aufgehängt<br />

war, eine mittelalterliche Art der Strafe,<br />

wo Menschen dem öffentlichen Gespött<br />

preisgegeben wurden – mit der Inschrift<br />

Iustitia sol ubique (Gerechtigkeit allerorten).<br />

In der gleichen Straße auch <strong>di</strong>e<br />

Torre Dialdana oder auch Torre <strong>di</strong> Ma -<br />

donna Septendana (Witwe von Zigliuc -<br />

cio <strong>di</strong> Benvenuto Oddoni), deren<br />

Wohnhaus in den öffentlichen Palazzo<br />

integriert wurde (Bild).<br />

Nun führt der Weg wieder auf <strong>di</strong>e Piaz -<br />

za IV Novembre und von hier zum Cor -


PORTA EBURNEA<br />

Symbol des Stadtviertels war ursprünglich der Hirsch, der später durch einen Turm auf<br />

einem Elefanten ersetzt wurde, von dessen Elfenbeinzähnen der Namen des Viertels angeblich<br />

abgeleitet ist. Der Turm, Symbol der Wachsamkeit, könnte aber auch für <strong>di</strong>e turris<br />

eburnea, den „elfenbeinernen Turm” der heiligen Jungfrau stehen. Schutzpatron des<br />

Viertels ist San Giacomo, der, im Pilgerkleid, ebenfalls als Emblem vorkam. Die Farbe des<br />

Viertels ist grün, in Anspielung – so heißt es – auf <strong>di</strong>e großen Gemüsegärten auf den südwärts<br />

gelegenen Abhängen. Von dem Viertel ging <strong>di</strong>e Ausfallstraße Richtung Orvieto ab.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 53


RUNDGANG PORTA EBURNEA<br />

1<br />

1 Corso Vannucci<br />

2 Via Boncambi<br />

3 Via Scura<br />

4 Via delle Streghe<br />

5 Via della Sapien za<br />

6 Via del Bufalo<br />

7 Via Bonazzi<br />

8 Via Grecchi<br />

9 Via Caporali<br />

10 Via del Pozzo<br />

11 Via Menicucci<br />

12 Via Bruschi<br />

2<br />

3<br />

31<br />

32<br />

13 Via Mariotti<br />

14 Via del Para<strong>di</strong>so<br />

15 Via San Giacomo<br />

16 Via Deserta<br />

17 Via Fatebenefratelli<br />

18 Vicolo della Consolazione<br />

19 Via del Circo<br />

20 Via Torcoletti<br />

21 Vicolo <strong>di</strong> San Savino<br />

22 Via Cantamerlo<br />

23 Piazzetta San Giovanni<br />

<strong>di</strong> Dio<br />

4<br />

24 Via del Giar<strong>di</strong>no<br />

25 Via del Parione<br />

26 Piazza Santo Spirito<br />

27 Via degli Orti<br />

28 Via del Curato<br />

29 Via degli Apostoli<br />

30 Via delle Forze<br />

31 Via della Cupa<br />

32 Via della Luna<br />

Corso Vannucci<br />

5<br />

6<br />

7


8<br />

9<br />

m slm<br />

492<br />

482<br />

472<br />

462<br />

452<br />

442<br />

432<br />

422<br />

412<br />

10<br />

12<br />

11<br />

3<br />

4 7<br />

13<br />

14<br />

30<br />

15<br />

16<br />

19<br />

15<br />

17<br />

29<br />

18<br />

28<br />

31<br />

27<br />

24<br />

19<br />

23<br />

20<br />

21<br />

22<br />

25<br />

<strong>PERUGIA</strong><br />

300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />

26<br />

m<br />

<strong>PERUGIA</strong> 55


Porta Eburnea<br />

Ausgehend vom Palazzo dei Priori am<br />

Corso Vannucci kommt <strong>di</strong>e erste Gasse,<br />

<strong>di</strong>e einst den Grenzverlauf darstellte<br />

zwischen den Stadtteilen Porta Santa<br />

Susanna und Porta Eburnea, <strong>di</strong>e Via<br />

Boncambi (Bild), <strong>di</strong>e den Namen einer<br />

alten, bedeutenden Peruginer Familie<br />

trägt (<strong>di</strong>e Familie hatte vermutlich mit<br />

der Tätigkeit der Geldwechsler im unweit<br />

gelegenen Collegio zu tun). Sie<br />

existierte bereits im 13. Jh., starb 1812<br />

aus und war mit dem Geschlecht der<br />

Pucci und der Lippi verbunden.<br />

Ihre Wohnsitze, <strong>di</strong>e dem Palazzo dei<br />

Priori angegliedert wurden, lagen hier.<br />

Noch heute lässt sich <strong>di</strong>e schöne<br />

Außentreppe aus Travertin bewundern<br />

(Bild) sowie, etwas weiter, nach einem<br />

Warenlager mit einer Rosette, ein Hof<br />

mit Ziehbrunnen.<br />

Man geht weiter bergab, bis links <strong>di</strong>e<br />

Via Scura einmündet und dann über <strong>di</strong>e<br />

steilen Stufen unter einem Pfeilerbogen<br />

des Palazzo Lippi wieder auf den Corso<br />

zurück Die Straße hieß früher Via<br />

Pentolini, ist zum Teil mit in den Palazzo<br />

einbezogen worden und hat einen<br />

Eingang vom Corso her, der durch einen<br />

Bogen gekennzeichnet ist. Von der Via<br />

Scura aus geht es rechts weiter auf dem<br />

Corso, vorbei am Palazzo Graziani<br />

(Hausnr. 47), dem ehemaligen Palazzo<br />

Sereni, der 1886 in das Eigentum der<br />

Cassa <strong>di</strong> Risparmio <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong> überging<br />

und danach an <strong>di</strong>e Banca Commerciale.<br />

Heute ist er Sitz der Fondazione Cassa<br />

<strong>di</strong> Risparmio <strong>di</strong> Pe rugia.<br />

Der über Gebäuderesten aus dem<br />

Mittelalter errichtete Palast wurde in<br />

der zweiten Hälfte des 16. Jh. durch<br />

Vignola umgestaltet, der ihm eine<br />

Fassade mit einem doppelten Gurt ge -<br />

sims gab.<br />

Die Wände der Versammlungsräume<br />

wurden gegen Ende des 19. Jh. von<br />

Annibale Brugnoli mit Szenen aus der<br />

jüngeren Geschichte der Stadt dekoriert,<br />

darunter Das Blutbad vom 20.<br />

Juni 1859 und der berühmte Empfang<br />

zu Ehren des Königs Umberto I. Der erste<br />

Stock wurde 1818 an das historische<br />

Albergo della Posta vermietet, das vom<br />

Corso Cavour hierher umgezogen war.<br />

Es beherbergte 1817 Großherzog<br />

Leopold von Toskana und Prinzessin<br />

Marianna Carolina von Sachsen anlässlich<br />

ihrer Hochzeitsreise und später<br />

Maria Theresia von Österreich. Auch<br />

Großfürst Michael von Russland, Bruder<br />

des Zaren Alexander, wohnte dort, als<br />

ein großer Brand ausbrach, in dem<br />

Werke von Perugino und Barroci sowie<br />

wertvolle Einrichtungsgegenstände ver -<br />

loren gingen. Viele Reisende schätzten<br />

das Hotel, Dumas senior bezeichnete es<br />

als „das beste Hotel in Italien” (Pianesi,<br />

1998, S. 31-32). Später zog es in den<br />

Palazzo Patrizi um, wo es sich noch<br />

heute befindet. Im Haus Nr. 49 kann<br />

noch <strong>di</strong>e Stuckdekoration der Decke<br />

bewundert werden.<br />

Weiter in der Straße, mit der Nr. 63, der<br />

Palazzo Graziani Monal<strong>di</strong>, ein Adels -<br />

palast aus dem 16. Jh., errichtet nach<br />

Plänen von Vignola und im Laufe des 19.<br />

Jh. vergrößert. In den Kellerräumen hatten<br />

adelige Peruginer, <strong>di</strong>e sich zur Ac -<br />

cademia del Casino zusammengeschlossen<br />

hatten, in den Jahren zwischen 1718<br />

und 1723 das Teatro del Pavone bauen<br />

lassen. Es hatte <strong>di</strong>e Form eines rechtecki-


gen Theaters aus Holz und erlebte bis<br />

1756 zahlreiche <strong>Auf</strong>führungen.<br />

Mittlerweile ungeeignet für <strong>di</strong>e neuen<br />

Theaterformen des Melodramas und der<br />

Komö<strong>di</strong>e, wurde es dann von Pietro<br />

Carattoli nach dem Vorbild des Teatro<br />

Argentina in Rom umgestaltet, d.h., hufeisenförmig<br />

und gemauert, und 1773<br />

eingeweiht. Im Laufe des 19. Jh. wurde es<br />

mehrmals restauriert, zuletzt 1943<br />

durch den Ingenieur Sisti. Im ersten<br />

Stock des Palastes wurde 1822 der Sitz<br />

der Ac ca demia dei Filedoni eröffnet,<br />

deren Eingang noch heute in der Via<br />

delle Stre ghe (Bild), einstmals Via della<br />

Mattonella, einer der typischsten<br />

Gassen, zu sehen ist.<br />

Die Straße ist eine dunkle, gewundene<br />

Gasse mit Stufen, teilweise überdacht,<br />

und vielleicht deshalb als „Hexenstraße“<br />

bezeichnet. Der Weg führt geradeaus<br />

weiter zur Via della Sapienza, benannt<br />

nach dem angrenzenden gleichnamigen<br />

Collegio della Sapienza Vecchia.<br />

Das Gebäude mit der Nr. 14 ist ein<br />

schönes Beispiel eines mittelalterlichen<br />

Geschlechterturms, dort, wo der Weg<br />

wieder ansteigt über <strong>di</strong>e Via del Bufalo,<br />

einer malerischen, kurzen, steilen, teilweise<br />

überwölbten Gasse, mit einem<br />

Kreuzgewölbe, das in einer Ecke von einer<br />

Travertinsäule mit Kapitell getragen<br />

wird (Bild); bei der Nr. 10 ebenfalls ein<br />

Turm, der aber in <strong>di</strong>e Bauten integriert<br />

ist. Nun geht man weiter nach oben bis<br />

zur Via Bonazzi, um dort rechts einzubiegen.<br />

Sie hat ihren Namen von dem<br />

berühmten Schriftsteller und Historiker<br />

(<strong>Perugia</strong>, 1811-79), der hier lebte und<br />

starb – bekannt für seine Storia <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong> dalle origini al 1860 (Geschi -<br />

chte <strong>Perugia</strong>s von den Ursprüngen bis<br />

1860). Früher hieß <strong>di</strong>e Straße Via San<br />

Biagio, nach der Kirche, <strong>di</strong>e den<br />

Heiligen Stefano und Biagio geweiht<br />

war, eine mittelalterliche Kirche, von<br />

der nur noch spärliche Reste übrig sind,<br />

auf Höhe der Hausnr. 10. Der<br />

Straßenzug, der über Resten aus der<br />

Römerzeit errichtet ist, hat sich sein<br />

mittelalterliches Aussehen bewahrt.<br />

<strong>Auf</strong> der Höhe der Nr. 39 zeigt <strong>di</strong>e Kirche<br />

der Compagnia del Suffragio mit einem<br />

manieristischen Portal und einem steinernen<br />

Offertorium für <strong>di</strong>e Seelen im<br />

Fegefeuer, was von zwei Kirchen des 17.<br />

Jh. übrig ist. Nr. 41, das Oratorio der<br />

Com pagnia dei Santi Crispino e Crispi -<br />

nia no, das 1613 auf Wunsch fünf gläubiger<br />

Schuster entstand, ist außen<br />

durch ein kleines Travertinwappen mit<br />

einem Schustermesser gekennzeichnet<br />

(heute <strong>di</strong>ent das Gebäude anderen<br />

Zwecken) (Bild).<br />

<strong>PERUGIA</strong> 57


Genau gegenüber, von dem kleinen<br />

Platz links von der Straße nimmt <strong>di</strong>e Via<br />

Grecchi ihren Anfang, <strong>di</strong>e nach dem<br />

jungen Partisanen benannt ist, der im<br />

Alter von 18 Jahren im Borgo XX<br />

Giugno mit weiteren neun Gefährten<br />

erschossen wurde (Gedenktafel, s. S.<br />

70). Hier ist das Wappen des Viertels zu<br />

sehen. An der Treppe Richtung Piazza<br />

Italia erhebt sich der Palazzo Ansidei<br />

aus dem 18. Jh. mit einer ungewöhnlichen<br />

Loggia nach einem Entwurf des<br />

Conte Vincenzo Ansidei von 1808 (Bild).<br />

Nun geht es wieder über <strong>di</strong>e Via Bo -<br />

nazzi, deren zweiter Abschnitt Ergebnis<br />

von Neubauten aus dem 19. Jh. nach<br />

dem Abriss eines Teils der Rocca Paolina<br />

ist. Linkerhand <strong>di</strong>e rückwärtigen<br />

Fassaden der Gebäude, <strong>di</strong>e nach der<br />

Einigung Italiens an der darüber liegenden<br />

Piazza Italia entstanden, wie z. B.<br />

dasjenige der Banca d’Italia (1871-73),<br />

mit einer Polsterquaderfassade bis zum<br />

1. Stock und seiner klaren horizontalen<br />

und vertikalen Fassadengliederung. Am<br />

Ende der Straße ist eine Galerie aus<br />

dem 20. Jh. zu sehen, <strong>di</strong>e das Hotel<br />

Brufani mit dem Komplex rechts der<br />

Sapienza Nuova verbindet, der 1427,<br />

etwa ein Jahrhundert nach dem der<br />

Sapienza Vecchia (s. S. 62.) errichtet<br />

wurde.<br />

Ohne <strong>di</strong>e Straße ganz bis zu Ende zu<br />

gehen nimmt man an der Kreuzung<br />

rechts <strong>di</strong>e Via Caporali. Sie wurde 1871<br />

dem Peruginer Dichter Cesare Caporali<br />

gewidmet (<strong>Perugia</strong>, 1531 - Castiglione<br />

del Lago, 1601), dessen Mäzene <strong>di</strong>e Del -<br />

la Corgna waren. Davor hieß <strong>di</strong>e Straße<br />

(nach der Kirche an der Stra ßen -<br />

gabelung) Via Sant’Angelo <strong>di</strong> Porta<br />

Eburnea. Von hier geht es in <strong>di</strong>e Via dei<br />

Semplici, <strong>di</strong>e so heißt nach den<br />

Heilkräutern der alten Arzneikunde, <strong>di</strong>e<br />

vielleicht in den nahe gelegenen Gärten<br />

angebaut wurden, oder vielleicht auch,<br />

weil sich hier eine Spezerei befand. Die<br />

Straße ist Teil des alten etruskischen<br />

Straßennetzes und somit auch Teil des<br />

Ausfallswegs der Porta Eburnea.<br />

Am Straßenbeginn ist ein etruskischer<br />

Brunnen erhalten, ähnlich dem Pozzo<br />

Sorbello (Ende 2. Jh. v. Chr.), der zunächst<br />

in ein römisches domus und später<br />

in einen mittelalterlichen Komplex<br />

integriert wurde (Privateigentum).<br />

Weiter vorne, rechterhand, bei der Nr. 3<br />

<strong>di</strong>e Überreste eines mittelalterlichen<br />

Wohnturms und <strong>di</strong>e Gedenktafel für<br />

den Capitano Antonio Rossini, der in<br />

1896 in Adua fiel. Bei der Nr. 11 das<br />

heutige Restaurant Altro Mondo (An -<br />

dere Welt). Nur noch sein Name erinnert<br />

an den Freskenzyklus von 1923<br />

zu Hölle, Fegefeuer und Para<strong>di</strong>es, den<br />

der futuristische Maler Gerardo Dottori<br />

für einen römischen Unternehmer im<br />

Stil der damaligen Jahre ausführte. Das<br />

Werk wurde eingeweiht von Marinetti,<br />

später aber übermalt und durch<br />

Umbauten unsichtbar gemacht.<br />

Bergab links ist bei Nr. 10 ein anderer<br />

schöner Turm zu sehen und <strong>di</strong>e Via del<br />

Pozzo, deren Name an einen nicht mehr<br />

sichtbaren Ziehbrunnen erinnert. Bei<br />

Nr. 8 eine Gedenktafel an den <strong>Auf</strong> -<br />

enthalt von Galileo Galilei 1618 im<br />

Hause des Peruginer Mathematikers<br />

Giuseppe Neri mit einem interessanten<br />

Innenhof aus dem 16. Jh. Wieder zurück<br />

in der Via Caporali ist, bevor man links<br />

in <strong>di</strong>e Via Menicucci einbiegt, dort, wo<br />

sich <strong>di</strong>e Straße erweitert, ein Blick auf<br />

<strong>di</strong>e Kirche Sant’Angelo in Porta Eburnea<br />

möglich. Sie geht auf das Mittelalter<br />

zurück, wurde im neuklassizistischen<br />

Stil zu Beginn des 19. Jh. umgebaut. Via<br />

Menicucci (Bild) erinnert an den<br />

Ingenieur und Politiker, der an den<br />

Unruhen von 1831 - 33 teilnahm und<br />

deswegen vor Gericht gestellt und verurteilt<br />

wurde. Sie endet mit einer kurzen<br />

Treppe in der Via Bruschi. Die<br />

Straße ist nach den Bruschi benannt,<br />

einer Familie von Patrioten und<br />

Künstlern, insbesondere Carlo und Do -<br />

me nico, Vater und Sohn; der eine<br />

Patriot des Risorgimento, der andere<br />

geschätzter Maler in Rom (wo er<br />

Fresken im Montecitorio, im Palazzo


Madama und im Quirinale hinterließ)<br />

und in <strong>Perugia</strong> (wo er, unter anderem,<br />

<strong>di</strong>e Cappella Baldeschi in San Pietro, <strong>di</strong>e<br />

Cappella del Rosario in San Domenico,<br />

<strong>di</strong>e Chiesa dell’Annunziata und <strong>di</strong>e Sala<br />

Consiliare della Provincia ausschmükkte).<br />

Domenico war auch Arzt, Bo ta -<br />

niker, Gründer des Botanischen Gartens<br />

(1812) der Università degli Stu<strong>di</strong> <strong>di</strong><br />

<strong>Perugia</strong> (im ehemaligen Olivetaner -<br />

konvent) sowie Patriot und Teilnehmer<br />

an den Unruhen des 20. Juni 1859. Eine<br />

Gedenktafel, <strong>di</strong>e am Haus Nr. 15, ihrem<br />

Wohnhaus, angebracht ist, erinnert<br />

daran (Bild).<br />

Die Straße mündet in <strong>di</strong>e Via Mariotti,<br />

wo sich das Wohnhaus (Nr. 1) von An -<br />

nibale Mariotti befand, wie <strong>di</strong>e<br />

Gedenktafel zur Erinnerung an den<br />

Historiker und Patrioten aus <strong>Perugia</strong><br />

sagt, der 1801 in den päpstlichen Ge -<br />

fängnissen starb.<br />

Die Straße führt auf den gleichnamigen<br />

Platz, der früher Piazza dell’Annun ziata<br />

hieß, wo sich heute das Oratorium der<br />

Confraternita dell’An nun zia ta befindet.<br />

Der mittelalterliche Bau wurde im 17.<br />

Jh. umgebaut, hat eine Fassade aus dem<br />

19. Jh. und einen festlichen Reigen von<br />

Putti über dem Bogen des Portals (Bild).<br />

Im Inneren Fresken von Bruschi aus<br />

dem Jahr 1900. Daneben das ehemalige<br />

Kloster der „Mantellate” oder auch<br />

„Servite”; es wurde im 14. Jh. über den<br />

etruskischen Mauern errichtet, 16. Jh.<br />

erweitert und ist heute Sitz des<br />

Musikkonservatoriums von <strong>Perugia</strong>.<br />

Es geht zurück, hinunter zur Porta<br />

Eburnea oder auch „Arco della<br />

Mandorla” mit dem noch heute mittelalterlich<br />

aussehenden Stadtviertel<br />

Porta Eburnea.<br />

Außen am Tor sind wieder verwendete<br />

etruskische Quader zu sehen, mit<br />

Fragmenten der Inschriften Augusta<br />

Perusia und Colonia Vibia. Nun nehmen<br />

Sie rechts abwärts vom Bogen <strong>di</strong>e<br />

Treppen der Via del Para<strong>di</strong>so entlang<br />

eines schönen Abschnitts des etruskischen<br />

Mauerrings, der mit dem<br />

Stadttor aus der gleichen Epoche verbunden<br />

ist (Bild).<br />

<strong>PERUGIA</strong> 59


Am Ende der Gasse ist oben an einer<br />

Ecke ein Travertinblock mit einer „lasca”<br />

zu sehen (eine Weißfischart des Tra -<br />

simener Sees), der mit seinem Dop -<br />

pelkopf <strong>di</strong>e zwei Straßen anzeigte – <strong>di</strong>e<br />

vom See zum Fischmarkt und umgekehrt<br />

(Bild).<br />

Es geht wieder nach oben, über <strong>di</strong>e Via<br />

San Giacomo. Links kommt eine<br />

Sackgasse, <strong>di</strong>e Via Deserta, danach eine<br />

Ä<strong>di</strong>kula mit einer Madonna con Bam -<br />

bino, an der Kreuzung mit der Via Fate -<br />

benefratelli, <strong>di</strong>e nun Richtung bergauf<br />

zu nehmen ist (Bild).<br />

Die ehemalige Via della Lupa cieca bzw.<br />

Via dei Cronici heißt heute nach dem<br />

Hospiz für unheilbar Kranke, das dort<br />

seit 1584 neben der Kirche und dem<br />

Konvent der Brüder des<br />

Krankenhausordens San Giovanni <strong>di</strong><br />

Dio, den so genannten „Fate Bene<br />

Fratelli”, stand. Im Laufe des 19. Jh.<br />

wurde es erweitert und umgebaut und<br />

stellte seine Tätigkeit 1996 ein (wobei<br />

<strong>di</strong>e Patienten in das ehemalige<br />

Sanatorium Grocco in der Via della<br />

Pallotta verlegt wurden).<br />

Danach kommt rechts der Vicolo della<br />

Consolazione, eine Gasse, <strong>di</strong>e Sie bis<br />

zum Ende des Anstiegs nehmen, wo<br />

sich der einzige Palast aus dem 14. Jh.<br />

befindet, der von dem Viertel der<br />

Baglioni übrig geblieben ist. In dem<br />

Palazzo war seit 1571 nach dem Willen<br />

von Marcantonio Bartolini das Collegio<br />

Bartolino für 12 junge, bedürftige<br />

Studenten untergebracht.<br />

Nach dessen Schließung im Jahre 1811<br />

befanden sich hier <strong>di</strong>e Familienwohnung<br />

und <strong>di</strong>e Kunstglaserwerkstatt von<br />

Francesco Moretti (1833-1917), dessen<br />

Nachfahren noch heute in <strong>di</strong>esem Bereich<br />

tätig sind (Besuch nach Anmeldung).<br />

Oben links erhebt sich <strong>di</strong>e Torre Donati<br />

(Bild), der auf das 19. Jh. zurückgehende<br />

Nachbau eines mittelalterlichen<br />

Turms neben den Überresten der Rocca<br />

Paolina.<br />

Der Weg führt weiter in <strong>di</strong>e Via del Cir -<br />

co, so genannt nach dem kleinen<br />

Amphitheater, das zu Beginn des 19. Jh.<br />

(1804-08) hier für das Ballspiel (oder<br />

auch „gioco del circo”) entstand, ganz<br />

in der Nähe des befestigten Gangs der


Rocca Paolina. Es bestand aus stufenförmig<br />

angeordneten Sitzreihen und<br />

Logen, gefördert durch den Impresario<br />

Orazio Boccanera (der bereits das<br />

Teatrino del Carmine und spätere<br />

Modernissimo erbaut hatte), um zu verhindern,<br />

dass das Spiel auf dem Corso<br />

Vannucci stattfand, wie es häufig vorkam<br />

(v. ebenda, S. 89). Hier fand am 6.<br />

Juli 1805 das erste Spiel statt, und <strong>di</strong>e<br />

Reihe der Spiele setzte sich über ca. 60<br />

Jahre hinweg, wobei auch so berühmte<br />

Spieler teilnahmen wie jener Carlo<br />

Di<strong>di</strong>mi (1798-1877) aus der Stadt Treia<br />

in den Marken, der Giacomo Leopar<strong>di</strong><br />

zu dem Gesang A un vincitore nel pallone<br />

(Für einen Sieger des Ballspiels) inspirierte.<br />

Von dem „circo“ sind noch einige<br />

Mauerteile von der Rolltreppe in<br />

der Rocca Paola aus zu sehen.<br />

Weiter geht es abwärts in <strong>di</strong>e Via<br />

Torcoletti, deren Name „kleine torcoli”<br />

bedeutet, ein für <strong>Perugia</strong> typischer kleiner<br />

Kuchen laut Briganti (1954) und<br />

Bezug nimmt auf das Gebäck der<br />

Nonnen im Franziskanerinnenkonvent<br />

delle Bertolelle, der durch Napoleon geschlossen<br />

und später in ein Frau -<br />

engefängnis umgewandelt wurde. Zu<br />

Beginn der Straße <strong>di</strong>e ehemalige Kirche<br />

San Savino, nach heute noch der Vicolo<br />

<strong>di</strong> San Savino, <strong>di</strong>e erste Querstraße<br />

rechts heißt (Bild).<br />

Via Torcoletti ist das, was von der alten<br />

Straße noch übrig ist, <strong>di</strong>e vor dem Bau<br />

des Gefängnisses und der Piazza d’Armi<br />

von Santa Giuliana hoch in <strong>di</strong>e Porta del<br />

Soccorso in der Rocca Paolina führte.<br />

Die zweite Querstraße rechts, <strong>di</strong>e Via<br />

Cantamerlo, vielleicht so genannt nach<br />

dem Spruch „canta, canta merlo” (sing,<br />

Amsel, sing – wobei mit merlo gleichzeitig<br />

auch angespielt wird auf<br />

„Gimpel, Einfaltspinsel“), mit dem <strong>di</strong>e<br />

Frauen ihre Verehrer spöttisch bedachten<br />

(laut Gigliarelli, 1907), führt auf <strong>di</strong>e<br />

Piazzetta <strong>di</strong> San Giovanni <strong>di</strong> Dio, <strong>di</strong>e so<br />

heißt nach der Kirche, <strong>di</strong>e hier steht<br />

und zum Komplex der Fatebenefratelli<br />

gehört (Bild).<br />

Es geht weiter nach links in <strong>di</strong>e Via del<br />

Giar<strong>di</strong>no, benannt nach dem Garten<br />

der Marchesi Bourbon Sorbello, <strong>di</strong>e ein<br />

„entzückendes Haus und einen botanischen<br />

Garten” reich an exotischen<br />

Pflanzen besaßen. Sie führt in <strong>di</strong>e Via<br />

del Parione, deren auch in Rom und<br />

Florenz vorkommender Name vielleicht<br />

von paries, große Wand oder Mauer,<br />

kommen könnte (denn hier befindet<br />

sich ein hohes Stück der Stadtmauer),<br />

oder auch aus dem Lateinischen pars<br />

rionis (laut Zappelli, 1999, S. 147-148).<br />

Die Straße geht ab hinter dem ehemaligen<br />

Gefängnis, das zwischen 1866 und<br />

1870 aufgrund der Unzulänglichkeit<br />

des alten Gefängnisses im Palazzo dei<br />

Priori und der Rocca Paolina (für politische<br />

Häftlinge) gebaut wurde. Ver -<br />

schiedene Gebäude wurden hierzu abgerissen,<br />

auch <strong>di</strong>e Kirche San Giorgio<br />

und das Ospedale degli Invali<strong>di</strong>, außerdem<br />

schluckte das Gefängnis das<br />

Monastero delle Bartolelle (das so nach<br />

seinem Geldgeber hieß) und das Kloster<br />

Santa Maria Maddalena delle Con -<br />

vertite, das in der Zeit der napoleonischen<br />

Säkularisation geschlossen und<br />

dann als Stundenhotel zu Prosti tu -<br />

tionszwecken genutzt wurde.<br />

Die Straße geht rechts auf <strong>di</strong>e Piazza<br />

Santo Spirito mit der gleichnamigen<br />

Kirche aus dem 17. Jh. und dem großen<br />

Konvent der Padri minimi <strong>di</strong> San<br />

Francesco <strong>di</strong> Paola, 1576 nach Plänen<br />

<strong>PERUGIA</strong> 61


von Francesco Vezzosi begonnen und<br />

fertig gestellt 1689. Gegenüber der<br />

Kirchenfassade geht es in <strong>di</strong>e Via degli<br />

Orti, der Gemüsegärten, <strong>di</strong>e noch vor<br />

den Häusern erhalten sind, bis man<br />

rechts in <strong>di</strong>e Via del Curato (Bild)<br />

kommt, sie so hieß, weil hier der Pfarrer<br />

der Kirche San Giacomo wohnte.<br />

Man geht <strong>di</strong>e hübsche Gasse mit ihren<br />

blumengeschmückten Fassaden bis zur<br />

Kreuzung mit der Via San Giacomo mit<br />

der gleichnamigen Kirche, <strong>di</strong>e auch<br />

Chiesa delle Cinque piaghe (Kirche der<br />

fünf Wundmale) genannt wird.<br />

Sie ist seit 1246 bezeugt und wurde<br />

1683 rekonstruiert, hat ein Portal aus<br />

Travertinstein, mit bogenförmigem<br />

Oberlicht und drei dekorative Palmetten.<br />

Weiter geht es bis zum Zeichen der<br />

„Lasca”, dann weiter nach links durch<br />

<strong>di</strong>e Via degli Apostoli, <strong>di</strong>e über <strong>di</strong>e Via<br />

delle Forze zur Porta del Castellano, der<br />

ehemaligen Porta San Giacomo, führt,<br />

einem mittelalterlichen Tor, das zu einem<br />

Abschnitt der mittelalterlichen<br />

Stadtmauer mit einem Rundturm gehört.<br />

Die Mauer geht rechts nach dem<br />

Tor weiter und dann über in den schönen<br />

Abschnitt des etruskischen Mauer -<br />

rings unterhalb des ehemaligen Mo na -<br />

stero delle Mantellate, entlang der grünen<br />

Gärten der Cupa (s. Itinerari archeologici,<br />

2005, S. 10).<br />

Nach der Schlupfpforte geht es über<br />

Treppen hinauf in <strong>di</strong>e Via della Cupa,<br />

wo das Viertel Porta Santa Susanna endet,<br />

dargestellt durch ein Wappen mit<br />

einer Kette auf blauem Feld und das<br />

Viertel Porta Eburnea beginnt, dargestellt<br />

durch ein Wappen mit einem<br />

Elefanten und einem Elfenbeinturm auf<br />

grünem Feld. Von der Brüstung entlang<br />

der Straße bietet sich ein eindrucksvolles<br />

Panorama, ganz besonders zur<br />

Stunde des Sonnenuntergangs. Es ist<br />

beherrscht durch <strong>di</strong>e Masse des Collegio<br />

della Sapienza Vecchia (s. Guida <strong>di</strong> Pe -<br />

rugia, 2006, S. 52), dem ersten Beispiel<br />

eines „Collegio“, eines Internats gegen<br />

Bezahlung, für adelige und wohlhabende<br />

Schüler auch von außerhalb Pe -<br />

rugias, wie z. B. der Sohn von Gioac -<br />

chino Belli. 1799 wurde <strong>di</strong>e kleine<br />

Bühne eingeweiht, <strong>di</strong>e Anfang des 20.<br />

Jh. umgebaut wurde und aus Holz und<br />

Eisen besteht, wo der junge Rodolfo<br />

Guglielmi auftrat, der später als Va -<br />

lentino berühmt wurde.<br />

Der mehrmals umgebaute Komplex wur -<br />

de ab 1902 Nationalstaatliches Internat<br />

für Waisen, seit 1970 beherbergt es<br />

heute <strong>di</strong>e Mädchenklassen des In ter -<br />

nats Sant’Anna (ebenda).<br />

Neben dem Institut <strong>di</strong>e sehenswerte<br />

kleine Kirche Santa Maria della Valle,<br />

daneben das Haus der Salesianerinnen<br />

(ibid.), wo an der Ecke <strong>di</strong>e Via della<br />

Luna (Bild) ansteigt, eine der schönsten<br />

Straßen <strong>Perugia</strong>s, steil und gewunden,<br />

<strong>di</strong>e rechts an der kleinen Apsis aus wei-<br />

ßem und rosa Kalkstein der Kirche vorbeiführt.<br />

Noch weiter oben ist ein<br />

mittelalterliches Wohnhaus über einem<br />

Turm erhalten. Dann geht es <strong>di</strong>rekt auf<br />

den Corso Vannucci.


PORTA SAN PIETRO<br />

Das südöstlich ausgerichtete Viertel heißt im Volksmund auch „borgo bello”, <strong>di</strong>e schöne<br />

Vorstadt, (wegen ihrer schönen Domenikaner- und Bene<strong>di</strong>ktineranwesen, ihrer<br />

Kunstwerke und der vielen Grünanlagen). Der offizielle Name kommt von dem Hl.<br />

Petrus, den Schutzpatron, der mit seinen gekreuzten Schlüsseln heute auch das Symbol<br />

des Viertels darstellt. Im 14. Jh. war es der Löwe und später ein Stein, in Erinnerung an<br />

den Steinkampf, der in der Nähe des Campo <strong>di</strong> Battaglia (der heutigen Via XIV<br />

Settembre) abgehalten wurde. Die Farbe des Stadtviertels ist gelb wie das Korn, das<br />

durch das sich auf <strong>di</strong>e Tiberebene öffnende Stadttor gebracht wurde.<br />

<strong>PERUGIA</strong> 63


1<br />

RUNDGANG PORTA SAN PIETRO<br />

1 Piazza Matteotti<br />

2 Via Danzetta<br />

3 Via dello Struzzo<br />

4 Via Baldo<br />

5 Via Baglioni<br />

6 Via Santa Lucia<br />

7 Via Alunni<br />

8 Via Floramonti<br />

9 Via Marzia<br />

10 Via Masi<br />

2 3<br />

40<br />

11 Via Fanti<br />

12 Viale In<strong>di</strong>pendenza<br />

13 Corso Cavour<br />

14 Via Po<strong>di</strong>ani<br />

15 Via Vibi<br />

16 Via Fiorenzuola<br />

17 Via Cuccuina<br />

18 Via Giulia<br />

19 Via Gemella<br />

20 Via Traversa<br />

21 Via Gismonda<br />

4<br />

22 Via Colomba<br />

23 Via del Grillo<br />

24 Via dei Ghezzi<br />

25 Via Bonfigli<br />

26 Via degli Archi<br />

27 Via del Deposito<br />

28 Via del Canterino<br />

29 Via del Laberinto<br />

30 Via del Cortone<br />

31 Via del Persico<br />

39<br />

5<br />

7<br />

6<br />

8<br />

37<br />

38<br />

32 Piazza Giordano Bruno<br />

33 Via del Castellano<br />

34 Via Piantarose<br />

35 Via Guerriera<br />

36 Via del Conventuccio<br />

37 Via Campo <strong>di</strong> Battaglia<br />

38 Via Sant’Ercolano<br />

39 Via Oberdan<br />

40 Via della Rupe<br />

Piazza Matteotti<br />

9<br />

36<br />

35<br />

13 14<br />

34<br />

15<br />

12<br />

30<br />

16<br />

1


31<br />

0<br />

17<br />

32<br />

11<br />

m slm<br />

492<br />

482<br />

472<br />

462<br />

452<br />

442<br />

432<br />

422<br />

412<br />

6<br />

33<br />

18<br />

20<br />

19<br />

29<br />

28<br />

21<br />

22<br />

27<br />

11 14 29<br />

26<br />

23<br />

25<br />

<strong>PERUGIA</strong><br />

300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />

30<br />

32<br />

24<br />

39<br />

m<br />

<strong>PERUGIA</strong> 65


Porta San Pietro<br />

Der Rundgang nimmt seinen Anfang an<br />

der Piazza Matteotti, <strong>di</strong>e früher Piazza<br />

Garibal<strong>di</strong>, Piazza Piccola bzw. Piazza<br />

Sopramuro hieß. Zur Vergrößerung des<br />

zu Handelszwecken bestimmten Platzes<br />

wurden mächtige Substruktionsbauten<br />

in Form von Pfeilern errichtet, um mehr<br />

Raum für Läden und Lager zu schaffen<br />

(s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 56-57).<br />

Oberhalb des Platzes entstanden in den<br />

letzten Jahrzehnten des 15. Jh. und zu<br />

Beginn des 16. Jh. <strong>di</strong>e wichtigen<br />

Gebäude des Palazzo del Capitano del<br />

Popolo und der Università Vecchia (s.<br />

ebenda, S. 56). Interessant sind auf der<br />

Fassade des ersten Palazzo <strong>di</strong>e alten<br />

Maßeinheiten von 97, 63 und 41 cm,<br />

<strong>di</strong>e auf dem Markt üblich waren (Bild).<br />

Etwas weiter vorn, zwischen Hausnr. 18<br />

und 19 verläuft <strong>di</strong>e Grenze zwischen<br />

den beiden Stadtteilen Porta Sole und<br />

Porta San Pietro, deren Symbole hier<br />

dargestellt sind. Im letzten Abschnitt,<br />

Richtung Via Baglioni ist der Platz mit<br />

dem Corso verbunden über <strong>di</strong>e Via<br />

Danzetta, <strong>di</strong>e frühere Via dei Cappellari<br />

bzw. Rimbocco della Salsa, <strong>di</strong>e Oliven-<br />

Salsa, <strong>di</strong>e bei der Wollverarbeitung verwendet<br />

wurde. Der heutige Straßen -<br />

namen von 1871 geht auf eine alte<br />

Adelsfamilie zurück, <strong>di</strong>e durch den<br />

Handel mit Wolle und Fellen im<br />

Risorgimento zu Macht und Ehren kam.<br />

Es folgt <strong>di</strong>e Via dello Struzzo – <strong>di</strong>e angeblich<br />

nach dem Strauß benannt ist,<br />

den Ludwig I. von Bayern der Marchesa<br />

Marianna Florenzi schenkte, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e<br />

Statue im Hängegarten des Palazzo<br />

Alfani Florenzi in der Via Baglioni 3<br />

aufstellte. Eine steinerne Gedenktafel<br />

im Atrium des Palazzo besagt, dass hier<br />

von 1820 bis 1850 Marianna lebte, eine<br />

der schönsten und gebildetsten Frauen<br />

des 19. Jh.<br />

Weiter geht es in der Via Baldo, so genannt<br />

zu Ehren von Baldo degli Ubal<strong>di</strong>,<br />

1327 in <strong>Perugia</strong> geboren, Schüler des<br />

Bartolo da Sassoferrato, wie der<br />

Gedenkstein besagt. Gegenüber dem<br />

Ziegelbau, der das Wohnhaus des großen<br />

Rechtsgelehrten war, der Palazzo<br />

Pucci Boncambi, auf dessen Fassade eine<br />

Gedenktafel von Marcello Lippi<br />

Boncambi erzählt, dem Helden und<br />

Träger der goldenen Tapfer keits -<br />

medaille, gefallen im 2. Weltkrieg.<br />

Überqueren Sie jetzt <strong>di</strong>e Via Baglioni,<br />

<strong>di</strong>ese bedeutende Geschäftstraße, <strong>di</strong>e<br />

1871 nach der berühmtesten Familie<br />

der Stadt und Gegnerin des Papstes benannt<br />

wurde. Die Straße war bereits<br />

1582 auf Geheiß des päpstlichen Legats<br />

Alessandro Riario mit dem Namen Via<br />

Riaria geöffnet worden. So erreicht<br />

man <strong>di</strong>e Via Santa Lucia, eine Gasse,<br />

deren steile Treppe in <strong>di</strong>e Via Oberdan<br />

mündet. Sie trägt den Namen der kleinen,<br />

ursprünglich mittelalterlichen<br />

Kirche, <strong>di</strong>e auch unter Chiesa Colle<br />

Landone bekannt ist und 1760 ihre<br />

heutige Form erhielt. Im 19. Jh. befanden<br />

sich hier eine Nudelfabrik und ein<br />

Trockeneiskeller.<br />

Links der Zugang zur Via Alunni, so benannt<br />

nach dem Findelhaus Alunni, das<br />

hier bis 1873, dem Jahr seiner<br />

Schließung, bestand; Findelkinder wurden<br />

<strong>di</strong>e vielen ausgesetzten Neu ge -<br />

borenen genannt, <strong>di</strong>e hier in eine drehbare<br />

Klappe gelegt werden konnten<br />

und von einigen Ammen, den<br />

„Allevatrici” (von lateinisch alo = “nähren”)<br />

groß gezogen wurden.<br />

Am Ende der Treppen angelangt befinden<br />

Sie sich in der Via Oberdan. Gehen<br />

Sie bis zur Kreuzung mit der Via<br />

Sant’Ercolano, danach <strong>di</strong>e kurze Via<br />

Floramonti hinauf, <strong>di</strong>e so heißt nach<br />

der Adelsfamilie, <strong>di</strong>e hier bis zum 17.Jh.<br />

lebte. Bei der Hausnr. 9 ist noch ein gut<br />

erhaltener mittelalterlicher Wohnturm<br />

zu erkennen (Bild).


Am 25. April 2005 wurde anlässlich des<br />

60. Jahrestags der Befreiung vom<br />

Faschismus an dem Haus Nr. 10 eine<br />

Gedenktafel angebracht - auf dem<br />

Gebäude, das <strong>di</strong>e faschistische Polizei<br />

zu Folterzwecken benutzte. Hier wurde<br />

auch Gastone Sozzi, ein junger<br />

Antifaschist aus Cesena gefoltert. Er<br />

starb 1927 im Gefängnis von <strong>Perugia</strong>.<br />

Am Ende des Anstiegs, an der Hausnr.<br />

16, das Wappen der alten Compagnia <strong>di</strong><br />

San Martino (Bruderschaft des hl.<br />

Martin), Eigentümerin vieler Häuser in<br />

der Straße.<br />

Es geht weiter über <strong>di</strong>e Via Marzia (s.<br />

Itinerari archeologici, 2005, S. 10), <strong>di</strong>e<br />

nach dem berühmten Stadttor der<br />

Rocca Paolina benannt ist, deren<br />

Eingang 1848 realisiert wurde. Die<br />

Straße hieß ursprünglich Via Lomellina,<br />

nach dem päpstlichen Legaten und<br />

Kar<strong>di</strong>nal Lomellini, der 1682 <strong>di</strong>e Straße<br />

ausbauen und den gleichnamigen<br />

Barockbrunnen errichten ließ, wie der<br />

Inschrift oben zu entnehmen ist.<br />

Gegenüber dem Brunnen bietet sich ein<br />

einzigartiger Blick auf <strong>di</strong>e Kirchtürme<br />

von Sant’Ercolano, San Domenico und<br />

San Pietro.<br />

Nehmen Sie am Ende der Via Marzia<br />

links <strong>di</strong>e Via Masi, <strong>di</strong>e den Namen des<br />

Arztes und Militärs Luigi Masi trägt,<br />

Kommandant zahlreicher Kampagnen<br />

(geboren in Petrignano d’Assisi, 1814gestorben<br />

in Palermo, 1872), bis zu den<br />

Treppen, <strong>di</strong>e durch einen Garten hinunter<br />

führen in <strong>di</strong>e Via Fanti, benannt<br />

nach Manfredo Fanti (geb. in Carpi, 1806<br />

– gest. in Florenz, 1865), Kommandant<br />

der piemontesischen Truppen, <strong>di</strong>e<br />

<strong>Perugia</strong> am 14. September 1860 befreiten.<br />

Links lohnt es sich, der Rückseite<br />

der Villa Mavarelli-Gnoni etwas Zeit zu<br />

widmen (Bild), einem schönen Entwurf<br />

von Calderini von 1869-70, deren<br />

Fassade auf <strong>di</strong>e Nr. 37 der darunter verlaufenden<br />

Viale Marconi hinausgeht.<br />

Das Gebäude, das ursprünglich als<br />

Thermalhaus geplant war, wurde 1888<br />

durch <strong>di</strong>e Familie erworben, deren<br />

Name es heute noch trägt, und als<br />

Hotel genutzt. Unter den Gästen war<br />

auch Richard Wagner, wie eine<br />

Erinnerungstafel auf der Rückseite besagt.<br />

Es geht weiter in der Via Fanti bis<br />

zum Eingangstor der beiden Palazzine<br />

Biscarini, <strong>di</strong>e 1894 durch den Ar chi -<br />

tekten Nazareno Biscarini im Stil der<br />

keramischen Schmuckbauten errichtet<br />

wurden (alle Ton-Dekorationen stammen<br />

aus den Brennereien Angeletti und<br />

Biscarini). Es geht <strong>di</strong>e Via Masi wieder<br />

hinauf, vorbei am Sitz der RAI in<br />

Umbrien, der ehemaligen Kaserne der<br />

Carabinieri, auf einer Straße, <strong>di</strong>e an<br />

dem Bereich entlang führt, auf dem<br />

einst <strong>di</strong>e „Tenaglia“ (zangenförmiger<br />

Festungsteil) der Rocca Paolina stand.<br />

Nach dem Garten mit einem Denkmal<br />

für <strong>di</strong>e Gefallenen aller Kriege geht es<br />

über <strong>di</strong>e Treppe zur Kreuzung der Via<br />

Masi mit der Viale In<strong>di</strong>pendenza. Die<br />

frühere Via Alberata, <strong>di</strong>e auf den Überresten<br />

der Rocca erbaut wurde, hieß so<br />

nach den alten „bagolari“, den<br />

Zürgelbäumen, <strong>di</strong>e sie säumen, wurde<br />

aber 1871 umbenannt. Stets in <strong>di</strong>eser<br />

Straße, nur ein kurzes Stück weiter<br />

vorn, bei der Hausnr. 47 auf der rechten<br />

Seite sei hinzuweisen auf <strong>di</strong>e Casa<br />

Villanis, auch wegen der schönen<br />

Rabatten. Der auf das Mittelalter zurückgehende<br />

Ziegelbau wurde 1922<br />

durch den Architekten Ugo Tarchi restauriert<br />

(Bild).<br />

Gehen Sie <strong>di</strong>e Straße weiter, bis sie zu<br />

Füßen der Treppen von Sant’Ercolano in<br />

den Corso Cavour mündet und Sie zu einem<br />

Garten kommen. Er wurde 1854 von<br />

Filippo Lardoni entworfen, mit großen<br />

Rosskastanien und Steineichen um den<br />

<strong>PERUGIA</strong> 67


Neptunbrunnen, der von der Piazza del<br />

Sopramuro hierher versetzt worden war.<br />

Hier nimmt der Corso Cavour (Bild), eine<br />

der fünf Ausfallstraßen Richtung As -<br />

sisi und Rom. Früher trug er bereits <strong>di</strong>e<br />

Namen Via Papale, Corso <strong>di</strong> Porta Ro -<br />

mana, Corso <strong>di</strong> San Pietro. Seinen heutigen<br />

Namen erhielt er 1871 zu Ehren<br />

des großen Politikers Cavour.<br />

Der erste Palazzo links, am Ende der<br />

Treppe, stammt aus der Zeit zwischen<br />

dem 17. und dem 18. Jh.. In ihm waren<br />

mehrere Hotels untergebracht, hier<br />

wohnte wahrscheinlich Goethe am 25.<br />

Oktober 1786. Ebenfalls hier nahm in<br />

dem unglückseligen Jahr 1859 der<br />

Amerikaner Edward Newton Perkins mit<br />

seiner Frau, zwei Freun<strong>di</strong>nnen und einer<br />

Tochter <strong>Auf</strong>enthalt, als Soldaten der<br />

Schweizer Garde, <strong>di</strong>e über San Pietro<br />

eingedrungen waren, den Hotelier und<br />

zwei Diener ermordeten und <strong>di</strong>e<br />

Hotelgäste und ihre Habe bedrohten. Es<br />

folgten Proteste und ein Artikel in der<br />

Times, <strong>di</strong>e zusätzlich zum Ende des<br />

Kirchenstaates und zum Anschluss an<br />

das Königreich Italien beitrugen. 1860<br />

änderte das Hotel seinen Namen in<br />

Esperance; es war bei Reisenden sehr<br />

beliebt (Pianesi, 1998, S. 53-55). Rechts,<br />

bei der Hausnr. 13, der Palazzo Rossi<br />

Scotti aus dem 17. Jh., der im 19. Jh. restauriert<br />

wurde. Biegen Sie rechts ein<br />

und folgen der Straße um den Palazzo<br />

in der Via Po<strong>di</strong>ani, <strong>di</strong>e ehemalige Via<br />

Voltata delle carrozze, <strong>di</strong>e 1871 nach<br />

dem bekannten Literaten Prospero<br />

Po<strong>di</strong>ani (1550-1615) umbenannt wurde,<br />

ein Bücherliebhaber, der 7000<br />

Bände sein eigen nannte, <strong>di</strong>e er der<br />

Stadt vermachte und <strong>di</strong>e den Grund -<br />

stock bildeten für <strong>di</strong>e Biblioteca<br />

Comunale Augusta. Hier befindet sich<br />

der Palazzo della Penna (16. Jh.), so benannt<br />

nach der Familie Arcipreti della<br />

Penna, vom Castello <strong>di</strong> Penna in Te -<br />

verina, das früher den Vibi gehörte. Das<br />

Haus wurde über den Resten des römischen<br />

Amphitheaters errichtet und später<br />

umgebaut; heute beherbergt es<br />

Museumskollektionen. Nun geht es<br />

rechts des Palastes über eine Treppe<br />

bergab (an der Treppe sind noch <strong>di</strong>e<br />

Reste eines alten Brunnens zu sehen)<br />

auf <strong>di</strong>e Via Vibi. Die Vibi waren eine alteingesessene<br />

Familie aus Montevibiano<br />

und Monte Castello <strong>di</strong> Vibio, <strong>di</strong>e sich als<br />

Nachfahren des Vibio Treboniano Gallo<br />

bezeichneten, des aus <strong>Perugia</strong> gebürtigen<br />

römischen Kaisers (251 bis 253 n.<br />

Chr.) (Bild).<br />

Die Gasse endet mit dem mittelalterlichen<br />

Stadttor Porta dei Funari, oder<br />

auch Porta dei Vibi bzw. Porta della<br />

Penna, <strong>di</strong>e unterhalb des heutigen<br />

Straßenniveaus liegt und zu der unweit<br />

gelegenen Porta <strong>di</strong> Santa Croce, der so<br />

genannten Porta dei Tre Archi führt, <strong>di</strong>e<br />

1857 mit einem großzügigen Säulen -<br />

portikus eröffnet wurde.<br />

An der Kreuzung der Tre Archi liegt <strong>di</strong>e<br />

Kirche Santa Croce, Eigentum der Ca -<br />

valieri del Santo Sepolcro (Ritter des<br />

heiligen Grabs), <strong>di</strong>e später Sitz der<br />

Compagnia <strong>di</strong> San Giuseppe dei falegnami<br />

(St.-Josefs-Bruderschaft der


Zimmerleute) war (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>,<br />

2006, S. 58) (Bild).<br />

Unmittelbar hinter der Kreuzung gehen<br />

vom Corso Cavour zahlreiche kleine<br />

Straßen ab. Die erste rechts ist <strong>di</strong>e Via<br />

Fiorenzuola unter einem dunklen<br />

Bogen unterhalb des Palazzo Meniconi<br />

Bracceschi, Besitztum einer der ältesten<br />

Adelsfamilien <strong>Perugia</strong>s. Daneben, bei<br />

der Hausnr. 39, der Palazzo Baldeschi,<br />

Residenz der Od<strong>di</strong>-Baldeschi, Grafen<br />

von Fiorenzuola, wovon der Stra -<br />

ßennamen abgeleitet sein könnte. Nach<br />

einem ersten dunkeln Abschnitt unter<br />

einem Kreuzrippengewölbe wird <strong>di</strong>e<br />

Straße nach der Kurve hell und licht<br />

(Bild).<br />

Links <strong>di</strong>e Via Cuccuina, deren kurze<br />

Treppe auf den Corso Cavour führt. Ihr<br />

eigenartiger Name geht nach Ansicht<br />

einiger auf das französische Wort cocu<br />

zurück (mit dem betrogene Ehefrauen<br />

bezeichnet wurden). Die Fiorenzuola-<br />

Gasse führt in ihrem letzten Abschnitt<br />

rechts am ehemaligen Konvent der<br />

Capuccinelle vorbei und geht dann <strong>di</strong>rekt<br />

über in <strong>di</strong>e Via Giulia (Bild).<br />

Diese Straße, <strong>di</strong>e nachdem <strong>di</strong>e Porta delle<br />

Cappuccinelle zugemauert worden<br />

war, vorübergehend zu einer Sackgasse<br />

wurde, führt weiter in <strong>di</strong>e Via Gemella,<br />

<strong>di</strong>e „Zwillingsstraße“, weil sie parallel zur<br />

Via Traversa verläuft (<strong>di</strong>e gleichfalls von<br />

der Via Giulia abgeht). Sie kommen so in<br />

<strong>di</strong>e Via Gismonda. Weiter, wieder<br />

bergauf in <strong>di</strong>e Via Co lomba, <strong>di</strong>e so heißt<br />

nach dem nahe gelegenen Kloster der<br />

Beata Colomba von Rieti, und an <strong>di</strong>esem<br />

entlang führt bis zum Übergang in den<br />

Corso Cavour. Bitte beachten Sie <strong>di</strong>e<br />

nicht zufällige und <strong>di</strong>chte <strong>Auf</strong> ein -<br />

anderfolge der drei parallel zu einander<br />

verlaufenden Straßen, <strong>di</strong>e alle nach einer<br />

Frau benannt sind: Giulia, Gismonda<br />

und Co lomba, vielleicht Wohltäterinnen<br />

des Klosters (s. Zappelli, 1999, S. 106).<br />

Biegt man rechts in den Corso ein und<br />

geht den Komplex des ehemaligen<br />

Klosters entlang, von Hausnr. 125 bis<br />

129 (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 59), der<br />

jetzt als Kaserne der Vigili del Fuoco<br />

(Feuerwehr) <strong>di</strong>ent, geht es weiter, bis<br />

rechts <strong>di</strong>e Sackgasse Via del Grillo ansteigt.<br />

Hier gründete Frate Bernar<strong>di</strong>no<br />

del Grillo aus Siena 1539 das Con -<br />

servatorio delle derelitte o “repentute”<br />

(ein Internat), das anschließend<br />

integriert wurde in das Bene<strong>di</strong>k ti -<br />

<strong>PERUGIA</strong> 69


nerinnenkloster Santa Maria Madda -<br />

lena, der heutigen Kaserne der Ca ra -<br />

binieri (Hausnr. 133 - s. ebenda, S. 62).<br />

Nach kurzem Weg ist <strong>di</strong>e Porta San<br />

Pietro erreicht (s. ebenda, S. 63), <strong>di</strong>e<br />

frühere Porta delle due Porte; auf <strong>di</strong>eser<br />

Seite das erste, mittelalterliche<br />

Stadttor, von dem nur noch wenige<br />

Reste erhalten sind. Links, vor dem<br />

Ausgang, das Oratorio <strong>di</strong> San Giacomo<br />

(Bild), das durchziehenden Pilgern<br />

Obdach gewährte. Durch das zweite<br />

Stadttor, ein schönes Renaissance -<br />

bauwerk von Ago stino <strong>di</strong> Duccio, gelangt<br />

man in den Borgo XX Giugno, der<br />

früher Borgo San Pietro hieß (Bild).<br />

Zu dem Namen Borgo XX Giugno kam<br />

es in Folge der Ereignisse vom 20. Juni<br />

1859, als Truppen der vom Kir chen -<br />

staat bezahlten Schweizer Garde unter<br />

der Führung von General Schmidt<br />

durch <strong>di</strong>e Porta San Costanzo (s. Guida<br />

<strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, S. 66-67) in das Viertel eindrangen,<br />

<strong>di</strong>e Abtei San Pietro verwüsteten<br />

und in der ganzen Stadt<br />

Plünderungen und Morde verübten. Zur<br />

Erinnerung an den beispielhaften<br />

Widerstand der Einwohner des Viertels<br />

und der Mönche von San Pietro wurde<br />

1909 der Borgo per Dekret der Stadt -<br />

verwaltung mit seinem heutigen<br />

Namen geehrt, gegenüber den Giar<strong>di</strong>ni<br />

del Frontone wurde ein Denkmal errichtet<br />

mit dem Greif, dem Symbol<br />

<strong>Perugia</strong>s, der <strong>di</strong>e päpstliche Tiara zerstört,<br />

und mit einer siebenköpfigen<br />

Hydra, <strong>di</strong>e aber später durch den<br />

Nach der Porta San Pietro kommt<br />

rechts, als erste von der Via Sant’Anna<br />

abgehende Straße, <strong>di</strong>e Via dei Ghezzi,<br />

eine alte Bezeichnung für „dunkelhäutig”<br />

– wie <strong>di</strong>e drei Mauren des Stein -<br />

reliefs auf der gleichnamigen Porta in<br />

dem unterhalb liegenden Viale Roma,<br />

auf den <strong>di</strong>e Treppen der Via Sant’Anna<br />

hinab gehen. In der Via dei Ghezzi<br />

(Hausnr. 15) wurde 1844 durch Con -<br />

tessa Laura Donini Montesperelli ein<br />

Altersheim für alte und kranke Frauen<br />

eingerichtet, das noch in Betrieb ist.<br />

Wir verlassen <strong>di</strong>e Straße und gehen zurück<br />

in den Borgo XX Giugno, bis rechts<br />

der Porta San Pietro <strong>di</strong>e Via Bonfigli<br />

kommt (<strong>di</strong>e alte Via Romana, bis ins 19.<br />

Jh. <strong>di</strong>e Hauptstraße nach Rom). Sie hat<br />

den Namen des Peruginer Malers trägt<br />

(um 1420 - 1496), bekannt für seine<br />

Darstellung der Stadt im 15. Jh. (wie in<br />

Bildhauer Giuseppe Fringuelli in eine<br />

etwas abgemilderte Form gebracht<br />

wurde. Noch im selben Jahr wurde<br />

auch ein Gedenkstein am Eingang des<br />

Klosters San Pietro aufgestellt zur<br />

Erinnerung an <strong>di</strong>e Verwüstungen und<br />

<strong>di</strong>e Hilfe der Mönche für <strong>di</strong>e Ver -<br />

wundeten und <strong>di</strong>e Patrioten, <strong>di</strong>e hinter<br />

ihren Mauern Zuflucht gefunden hatten<br />

(s. Zappelli, 1999, S. 211). 1944, gut<br />

85 Jahre später, kam es zu einem weiteren<br />

Ereignis in der Geschichte des<br />

Borgo und der Stadt, ein außergewöhnlicher<br />

Zufall, als wieder an einem<br />

20. Juni <strong>di</strong>e angloamerikanischen Trup -<br />

pen durch <strong>di</strong>e Porta San Costanzo einmarschierten,<br />

um <strong>Perugia</strong> von seinem<br />

faschistischen Regime zu befreien. Zur<br />

Erinnerung an <strong>di</strong>e Morde an den<br />

Antifaschisten steht ein Gedenkstein<br />

im Borgo XX Giugno.


der Cappella dei Priori). Bei der Hausnr.<br />

6 das auf das 14. Jh. zurück gehende<br />

Ospedale <strong>di</strong> San Giacomo, ein Hospiz<br />

für Pilger und Arme, das einen ganzen<br />

Häuserblock umfasste und bis zum<br />

Ende des 19. Jh. betrieben wurde (s.<br />

Zappelli, 1999, S. 57, der von dem<br />

Durchzug der Pilger am 1. August berichtete,<br />

<strong>di</strong>e alljährlich unterwegs waren<br />

nach Assisi, um dort den Ablass der<br />

Porziuncola zu erlangen) (Bild).<br />

Wenn Sie möchten, können Sie den<br />

Rundgang fortsetzen über den gesamten<br />

Borgo bis zu San Pietro, den Giar -<br />

<strong>di</strong>ni del Frontone und zur Porta San Co -<br />

stanzo (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 66).<br />

<strong>Auf</strong> dem Weg zurück über den Corso<br />

Cavour trifft man rechtsseitig, nur wenige<br />

Meter nach dem Tor, auf <strong>di</strong>e Via<br />

degli Archi, eine kurze, überwölbte<br />

Sackgasse in Form eines „T“.<br />

Weiter in der Via del Deposito (Bild),<br />

wo bei Hausnr. 9 eine Gedenktafel an<br />

das Geburtshaus von Gerardo Dottori<br />

(1884-1977), den berühmten futuristischen<br />

Maler erinnert. Sie hatte einst<br />

Verbindung mit der Via degli Archi, an<br />

dem Punkt, wo nun <strong>di</strong>e Kirche Santa<br />

Maria <strong>di</strong> Colle steht, dem heutigen Sitz<br />

des Au<strong>di</strong>torium Mariano Frescobal<strong>di</strong>,<br />

während sie heute unter dunklen<br />

Kreuzrippengewölben nach rechts weiter<br />

bergab führt Richtung Via del<br />

Canterino. Die Sackgasse mit dem unklaren<br />

Namen geht in <strong>di</strong>e Via del<br />

Laberinto oder einfach nur Labirinto.<br />

Der Namen bezieht sich vielleicht auf<br />

das Geflecht von Gassen, oder noch<br />

wahrscheinlicher, auf <strong>di</strong>e Existenz von<br />

Höhlen und unterir<strong>di</strong>schen Gängen, <strong>di</strong>e<br />

entlang des äußeren Abschnitts der<br />

(heute nur noch in wenigen Resten erhaltenen)<br />

mittelalterlichen Stadt -<br />

mauern zu finden waren. Es lohnt sich,<br />

bei den Häusern von der Nr. 16 bis 22<br />

stehen zu bleiben, um <strong>di</strong>e Überreste der<br />

Ziegelbrennerei und der Werkstätten<br />

Biscarini-Angeletti zu betrachten, <strong>di</strong>e<br />

sich auf dekorative Formziegel spezialisiert<br />

hatten, mit einem eklektischen Stil<br />

zwischen neuklassisch und Jugendstil.<br />

Das Werk war von etwa 1870 bis 1903<br />

in Betrieb, hier arbeiteten Francesco<br />

Biscarini und Raffaele Angeletti,<br />

Handwerker und Künstler, Bildhauer<br />

und Restaurateure. Nach elf Jahren<br />

Stilllegung wurde das Werk dann 1914<br />

durch den Neffen Francescos, Angelo<br />

Biscarini wieder eröffnet. <strong>Auf</strong> der<br />

Frontseite fallen <strong>di</strong>e schönen Masken<br />

ins Auge, <strong>di</strong>e Statuen und <strong>di</strong>e Brüstung<br />

aus Ton im Garten (Bild).<br />

Etwa weiter <strong>di</strong>e Straße hinab sind bei<br />

Hausnr. 30/A, einem Gebäude, das<br />

heute als Wohnhaus <strong>di</strong>ent, außen einzigartige<br />

Tondekors zu sehen (Wap -<br />

pen, Girlanden, Büsten, Portraits)<br />

(Bild).<br />

<strong>PERUGIA</strong> 71


Es handelt sich um einen für <strong>di</strong>e handwerkliche<br />

und Kunstgeschichte Pe ru -<br />

gias höchst bedeutenden Komplex. Aus<br />

<strong>di</strong>esen Werkstätten kommt der größte<br />

Teil der Tondekorationen der Peruginer<br />

Palazzi vom Ende des 19. Jh., wie des<br />

Palazzo Cesaroni, des Palazzo Calderini,<br />

des Palazzo della Provincia, der Banca<br />

d’Italia, des Palazzo Bianchi, der Pa -<br />

lazzine Biscarini, Palazzo Vajani, etc.<br />

und vieler Grabkapellen auf dem<br />

Gedächtnisfriedhof.<br />

Seitlich der Gebäudes geht ein Weg in<br />

<strong>di</strong>e Grünanlagen der Via del Cortone,<br />

der auf der Rückseite und seitlich des<br />

ehemaligen Konvents San Domenico<br />

wieder hochführt, von wo aus man einen<br />

der schönsten Ausblicke auf den<br />

Parco <strong>di</strong> Santa Margherita, auf Mon -<br />

teluce und Porta Sole hat.<br />

Nehmen Sie jetzt <strong>di</strong>e teilweise überwölbte<br />

Gasse, bis Sie links in <strong>di</strong>e Via del<br />

Persico abbiegen können – ein Namen,<br />

der sich entweder auf „Pfirsichbaum“<br />

bezieht oder aber auf eine Fischart, <strong>di</strong>e<br />

im Trasimener See vorkommt. Am Ende<br />

der Straße ist <strong>di</strong>e Barocktreppe und der<br />

gewaltige Komplex der Kirche San<br />

Domenico zu sehen (Bild). So gelangt<br />

man auch auf <strong>di</strong>e Piazza Giordano<br />

Bruno, zu Ehren des Philosophen, der<br />

als Opfer der Inquisition am 17. Februar<br />

1600 in Rom auf dem Scheiterhaufen<br />

als Häretiker verbrannt wurde. Ihm ist<br />

eine Gedenktafel gewidmet, <strong>di</strong>e 1907<br />

gegenüber der Kirche San Domenico<br />

angebracht wurde. Treten Sie nun ein in<br />

den ehemaligen Konvent, in dem sich<br />

heute das Archivio <strong>di</strong> Stato (Staats -<br />

archiv) und das Museo Archeologico<br />

(Archäologische Museum) befinden, in<br />

das man über den Kreuzgang mit 40<br />

Travertinsäulen, einen der größten der<br />

Stadt, gelangt (s. ebenda, 2006, S. 61).<br />

<strong>Auf</strong> dem kleinen Platz ein mittelalterlicher<br />

Ziehbrunnen (siehe <strong>di</strong>e eingemeißelte<br />

Jahreszahl 1285).<br />

Die Brüstung besteht aus acht<br />

Travertinplatten, von denen einige eine<br />

kletternden Greif zeigen (als Hinweis<br />

auf <strong>di</strong>e öffentliche Nutzung des<br />

Brunnens), dem lateinischen Mono -<br />

gramm für Christi Namen und der<br />

Angabe des Jahres, in dem der Brunnen<br />

restauriert wurde (1452), dem griechischen<br />

Monogramm für Christi Namen<br />

und einer Muschel. Die Muschel ist <strong>di</strong>e<br />

Pilgermuschel von San Giacomo <strong>di</strong><br />

Compostela, Symbol der Pilger, <strong>di</strong>e hier<br />

auf der Ausfallstraße Richtung Assisi<br />

und Rom durchzogen.<br />

Von dem Platz zweigt <strong>di</strong>e Via del Ca -<br />

stellano ab, eine Ortsbezeichnung, <strong>di</strong>e<br />

auf den Namen der ursprünglich hier<br />

befindlichen Kirche Santo Stefano del<br />

Castellare zurückgeht, <strong>di</strong>e vielleicht auf<br />

Resten ehemaliger Befestigungs anlagen<br />

errichtet wurde.<br />

Die Gasse ist dominiert von der<br />

mächtigen Seiten fassade der Basilica <strong>di</strong><br />

San Domenico, deren Kapellen aus<br />

Ziegel werk (17. Jh.), mit gotischen<br />

Zwillings fenstern (15. Jh.) hervortreten,<br />

sowie <strong>di</strong>e Cappella <strong>di</strong> San Domenico aus<br />

weißem und rosa Stein in<br />

Kosmatenarbeit. Hier befindet sich der<br />

Seiteneingang in <strong>di</strong>e Kirche.<br />

Man steht unmittelbar unter der mächtigen<br />

Apsis und dem Glockenturm von<br />

San Do menico, wo das große gotische


Fenster (23 x 9,13 m) bewundert werden<br />

kann. Gegenüber der Apsis der Palazzo<br />

dell’Inquisizione, mit einer Datierung<br />

über dem Portal von 1667 (s. ebenda,<br />

2006, S. 59). Sie lassen jetzt <strong>di</strong>e Via del<br />

Castellano hinter sich und befinden sich<br />

in einer Ausbuchtung am Corso Cavour,<br />

dort, wo auf der einen Seite ein alter<br />

Ziehbrunnen mit einem Greif und den<br />

Überresten einer Säule zu finden sind<br />

(Bild) und auf der anderen Seite das<br />

Ospedale dei Pellegrini (Pilgerhospiz)<br />

oder auch Ospedale della Confraternita<br />

<strong>di</strong> San Domenico, aus abwechselnd weißen<br />

und rosa Steinreihen (um 1333), das<br />

heute anderweitige Verwendung hat.<br />

Der Rundgang setzt sich fort über den<br />

Corso Cavour (Richtung Tre Archi).<br />

Rechts sei hinzuweisen auf ehemalige<br />

mittelalterliche Läden mit gotischen<br />

Türbogen und links, bei Hausnr. 63, <strong>di</strong>e<br />

alte Apotheke Bellucci. Im Inneren gemahnt<br />

eine Gedenktafel an <strong>di</strong>e tragischen<br />

Ereignisse des 20. Juni 1859, als<br />

<strong>di</strong>e Apotheke, <strong>di</strong>e dem Anhänger<br />

Mazzinis Sebastiano Bellucci gehörte,<br />

ein Schuss aus einer Kanone der päpstlichen<br />

Milizen traf. Es geht weiter, bis<br />

Sie rechts <strong>di</strong>e Via del Cortone nehmen<br />

können und danach <strong>di</strong>e Via del Persico,<br />

<strong>di</strong>e zur Via Piantarose führt. Nach der<br />

heutigen Via XIV Settembre, dem früheren<br />

Campo <strong>di</strong> Battaglia (siehe weiter<br />

unten) erreichen Sie <strong>di</strong>e Via Guerriera,<br />

so genannt nach dem Steinkampf (siehe<br />

weiter unten). Bergauf rechts kommt<br />

<strong>di</strong>e Via del Conventuccio, eine<br />

Sackgasse, daneben, bei Hausnr. 14 in<br />

der Via Guerriera, ein Bogen mit<br />

Tondekorationen aus der Werkstatt<br />

Angeletti. Lassen Sie rechts <strong>di</strong>e Via del<br />

Bovaro liegen, um nach wenigen<br />

Metern in <strong>di</strong>e Via Campo <strong>di</strong> Battaglia<br />

zu kommen, deren Namen <strong>di</strong>e<br />

Erinnerung bewahrt an <strong>di</strong>e „battaglia<br />

dei sassi” (Schlacht der Steine). Dieser<br />

Kampf wurde auf dem „Feld“ unterhalb<br />

des Abhangs des heutigen Pincetto, der<br />

Piazza Matteotti, durchgeführt - alljährlich<br />

am 1. März, dem Fest zu Ehren<br />

des Stadtheiligen Sant’Ercolano, und<br />

zwar zwischen den Teilnehmern der<br />

„parte <strong>di</strong> sopra” (Oberstadt) und der<br />

„parte <strong>di</strong> sotto” (Unterstadt). Ein gewalttätiges<br />

Fest, bei dem es zu<br />

Verletzten und Toten kam, und das mehr<br />

als drei Jahrhunderte andauerte, vom<br />

12. Jh. bis 1425 – in der Absicht, junge<br />

Männer im Kriegshandwerk auszubilden.<br />

Der heutige Straßenzug erhielt sein<br />

endgültiges Aussehen gegen 1820 - 22<br />

(Zappelli, 1999, S. 62). Verlassen Sie <strong>di</strong>e<br />

Straße nach links – mit einem herrlichen<br />

Blick auf <strong>di</strong>e Kirche Sant’Ercolano, <strong>di</strong>e<br />

nach dem bei den Peruginern beliebtesten<br />

Schutzheiligen heißt. Beliebt insbesondere<br />

im Mittelalter, als zu seinem<br />

Festes <strong>di</strong>e Statue in einer prächtigen<br />

Prozession von der Kirche in den Dom<br />

gebracht und am nächsten Tag, nachdem<br />

ihr hölzerner Kopf durch einen<br />

Kopf aus Silber ausgetauscht worden<br />

war, wieder zurückgeholt wurde. Die<br />

Kirche war Eigentum der Stadt, um <strong>di</strong>e<br />

tiefe Bindung zwischen dem Heiligen<br />

und seiner Stadt zu unterstreichen (s.<br />

Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 57). Unser<br />

Weg führt nun <strong>di</strong>e gleichnamige Via<br />

Sant’Ercolano hinauf (Bild), <strong>di</strong>e im<br />

Volksmund auch einfach „scalette <strong>di</strong><br />

Sant’Ercolano” heißt, lauter Stufen aus<br />

dem Jahr 1581, eine der schönsten und<br />

wichtigsten Straßen der Stadt, <strong>di</strong>e unter<br />

dem gleichnamigen Bogen (der aber<br />

<strong>PERUGIA</strong> 73


auch Porta Cornea genannt wird) hindurchführt<br />

(ebenda), bis zum Ende der<br />

Stufen. Hier, an der Kreuzung mit der<br />

Via Floramonti, beginnt <strong>di</strong>e Via Ober -<br />

dan, <strong>di</strong>e Richtung Piazza Matteotti ansteigt.<br />

Die wichtige Geschäftsstraße,<br />

hoch und eng, <strong>di</strong>e dem kurvigen Verlauf<br />

der tiefer gelegenen etruskischen<br />

Stadtmauern folgt, wurde nach Gu -<br />

glielmo Oberdan (Triest, 1858-82) benannt,<br />

einem Irredentisten, der von den<br />

Österreichern zum Tode verurteilt wurde.<br />

Das Niveau der Straße wurde 1581<br />

deutlich abgesenkt, wie links an den hohen<br />

Spitzbogen, Resten des Palazzo<br />

Crispolti, zu erkennen ist. <strong>Auf</strong> der rechten<br />

Seite entstand das Krankenhaus<br />

Santa Maria della Miseri cor<strong>di</strong>a, zu erkennen<br />

an den drei Buchstaben DME<br />

(Domus Misericor <strong>di</strong>ae), <strong>di</strong>e auf der<br />

Fassade vieler Gebäude zu sehen sind,<br />

wie z. B. bei Hausnr. 58. Nach ihm wurde<br />

<strong>di</strong>e Straße Via dell’Ospedale genannt.<br />

In der Mitte des Gebäudekomplexes, bei<br />

Hausnr. 54, war auch <strong>di</strong>e Kirche Santa<br />

Maria della Misericor<strong>di</strong>a (16. Jh.). Die<br />

Fassade zeigt Portale aus verschiedenen<br />

Epochen und unterschiedlicher Aus -<br />

führung, das niedrigste geht zurück auf<br />

den Umbau 1760 durch Pietro Carattoli.<br />

Seitlich zwei Nischen mit zwei Ma -<br />

donnen, <strong>di</strong>e linke wird Caporali (16. Jh.)<br />

zugeschrieben, <strong>di</strong>e rechte Marino da<br />

<strong>Perugia</strong> (14. Jh.). Bei Hausnr. 50 und<br />

Hausnr. 40 ist im Schlussstein des ersten<br />

Bogens unterhalb der drei Buchstaben<br />

DME ein Fisch eingemeißelt, um auf den<br />

Fischverkauf im Erdgeschoss des Palazzo<br />

Armellini hinzuweisen – <strong>di</strong>e Straße hieß<br />

auch Via della Pesceria (Bild).<br />

Mit zunehmender Bedeutung des<br />

Krankenhauses wurde <strong>di</strong>eses vergrößert,<br />

bis es zuletzt eine große Fläche<br />

einnahm, bis hin zur Piazza del Sopra -<br />

muro. Bei Hausnr. 38 zeigt der<br />

Querbalken des Portals drei korro<strong>di</strong>erte<br />

Figuren, <strong>di</strong>e zu der seit dem 13. Jh. dokumentierten,<br />

später in den Kranken -<br />

hauskomplex integrierten Kirche San<br />

Giuseppe gehörten.<br />

Gleich danach kommt rechts <strong>di</strong>e Gasse<br />

Via della Rupe, <strong>di</strong>e früher <strong>di</strong>e Straße<br />

mit dem Pincetto bis zur Via Angusta<br />

verband. Sie heißt so nach dem Abhang<br />

über dem Campo <strong>di</strong> Battaglia, der im<br />

Laufe der Zeiten mit Material aufgeschüttet<br />

wurde, auf dem der Parco del<br />

Pincetto entstand (Pincetto = “piccolo<br />

Pincio”, in Anlehnung an den Pincio in<br />

Rom). Hier gab es in den 20er Jahren eine<br />

Voliere mit Adlern, dann ein Freiluft -<br />

kino; heute wird auf dem Gelände gebaut<br />

– <strong>di</strong>e Endstation der Minimetro.<br />

Hinter einem Zaun das Holzchalet von<br />

1898 (das zurzeit restauriert wird), in<br />

dem <strong>di</strong>e erste Photographische<br />

Werkstadt in <strong>Perugia</strong> untergebracht<br />

war. Sie gehörte Giulio Natalini. In der<br />

Bucht können unterhalb der Piazza<br />

Matteotti schöne Bogen bewundert<br />

werden (s. ebenda, 2006, S. 56).<br />

Wieder zurück in der Via Oberdan soll<br />

bei Hausnr. 6 auf eine schöne Gruppe<br />

von drei Buchstaben hingewiesen werden<br />

über dem Eingang in einen der<br />

„Monte <strong>di</strong> Pietà“, eine wichtige<br />

Einrichtung zur Unterstützung der<br />

ärmsten Bevölkerungsschichten der<br />

Stadt, <strong>di</strong>e zu den ältesten in Italien<br />

zählt (1462) (Bild).<br />

Es geht zurück auf <strong>di</strong>e Piazza Mat -<br />

teotti, dominiert von der Fassade der<br />

Università Vecchia, mit verschiedenen<br />

Wappen und Inschriften, <strong>di</strong>e sich auf<br />

das Domus Misericor<strong>di</strong>ae beziehen, um<br />

das Eigentum des Krankenhauses anzuzeigen.


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<strong>PERUGIA</strong> 75


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Reise Notizen<br />

<strong>PERUGIA</strong> 77


Reise Notizen


Fremdenverkehrsinformationen<br />

Informations- unf Fremdenverkehrsämter<br />

(Zustän<strong>di</strong>g für <strong>Perugia</strong>, Corciano, Deruta, Torgiano)<br />

Loggia dei Lanari, Piazza Matteotti, 18 - 06122 <strong>Perugia</strong><br />

tel. +39 075 5772686 - fax +39 075 5720988<br />

iat@comune.perugia.it, info@iat.perugia.it<br />

www.comune.perugia.it<br />

Vermittlung von Fremdenführem<br />

AGTU - Vereinigung der Fremdenführer in Umbrien<br />

Via D. Doni, 18/b - 06081 Assisi<br />

tel. +39 075 815228 - fax +39 075 815229<br />

info@assoguide.it<br />

www.assoguide.it<br />

Kooperative der Fremdenführer in Umbrien<br />

Largo Cacciatori delle Alpi, 3/B - 06121 <strong>Perugia</strong><br />

tel. +39 075 5732933 - fax +39 075 5727235<br />

info@guideinumbria.com<br />

www.guideinumbria.com<br />

Card <strong>Perugia</strong> Città Museo<br />

<strong>Perugia</strong> CARD, zur Besichtigung der Kundstdenkmäler der Stadt<br />

Infoservice für Museen Sistema Museo - Auskunft zum Ortstarif:<br />

+39 800 961 993<br />

www.sistemamuseo.it<br />

<strong>PERUGIA</strong> 79


Bildnachweis<br />

Giovanni Aglietti - Quattroemme<br />

Gedruckt im Juni 2007

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