VERBORGENES PERUGIA Auf ... - Comune di Perugia
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<strong>VERBORGENES</strong> <strong>PERUGIA</strong><br />
<strong>Auf</strong> Entdeckungstour durch <strong>di</strong>e Gassen<br />
Vorschläge für urbanes Trekking
<strong>VERBORGENES</strong> <strong>PERUGIA</strong><br />
<strong>Auf</strong> Entdeckungstour durch <strong>di</strong>e Gassen<br />
Vorschläge für urbanes Trekking
Entwurf und Texte<br />
Lorena Rosi Bonci<br />
Übersetzungen von<br />
A. Katharina Fröhlich für Itaca Servizi Linguistici,<br />
Bastia Umbra, <strong>Perugia</strong><br />
Herstellung<br />
Quattroemme, <strong>Perugia</strong><br />
Unser besonderer Dank gebührt<br />
Stefano Chiabolotti, Luigi Fressoia, Enzo Marcaccioli, Silvia Monacelli<br />
Hinweis für <strong>di</strong>e Besucher der Stadt<br />
Der vorliegende Führer weist dem Besucher den Weg durch <strong>di</strong>e<br />
Gassen und kleinen Plätze der fünf Stadtteile. Die Rundgänge<br />
starten alle im Zentrum (Piazza IV Novembre, Piazza Matteotti<br />
oder Corso Vannucci) und führen, wie Sie den Plänen entnehmen<br />
können, dorthin auch wieder zurück. Sie lassen sich auch je nach<br />
der zur Verfügung stehenden Zeit und persönlichem Interesse<br />
ganz in<strong>di</strong>viduell gestalten: An einigen Punkten sind Varianten<br />
zur Verlängerung oder Abkürzung der Wege vorgesehen.<br />
Die Beschreibungen beziehen sich nur auf <strong>di</strong>e externe<br />
Besichtigung der im Vergleich zu den berühmtesten Bauwerken<br />
der Stadt weniger bekannten Gebäude und Ecken, wobei <strong>di</strong>e<br />
einzelnen Wanderungen jeweils zwischen zwei und drei Stunden<br />
in Anspruch nehmen können.<br />
Für ausführlichere Informationen auch zu internen Besichtigungen<br />
verweisen wir auf den Stadtführer Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006.<br />
Wir empfehlen Ihnen zudem, sich in jedem Fall an <strong>di</strong>e<br />
Touristeninformation „IAT <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>”, Piazza Matteotti 18,<br />
zu wenden.<br />
Alle Informationen <strong>di</strong>eses Führers sind zum Datum der<br />
Drucklegung so sorgfältig wie irgend möglich aktualisiert worden.<br />
Die Daten auf den Karten zu den Rundwegen sind nur als<br />
Anhaltspunkte gedacht. Der Herausgeber ist nicht haftbar für evtl.<br />
Folgen aus der Verwendung <strong>di</strong>eses Führers.
Fünf Rundgänge, um <strong>di</strong>e echte, <strong>di</strong>e wahre Identität<br />
<strong>Perugia</strong>s zu entdecken, <strong>di</strong>e dem herkömmlichen<br />
Tourismus im Allgemeinen entgeht. Zu Fuß durch<br />
ein verzweigtes Netz kleiner Gassen, Sträßchen, über<br />
Plätze und Treppen.<br />
Ausgangspunkt der Wanderungen ist <strong>di</strong>e Akropolis,<br />
dort, wo <strong>di</strong>e touristisch bekanntesten Denkmäler stehen,<br />
um durch <strong>di</strong>e fünf historischen Altstadtviertel mit ihren<br />
fünf Stadttoren in der etruskischen und mittelalterlichen<br />
Stadtmauer zu streifen.<br />
Der Führer enthält ausführliche Wegebeschreibungen,<br />
erklärt <strong>di</strong>e Sehenswür<strong>di</strong>gkeiten und Besonderheiten,<br />
denen man begegnet und geht auch auf „technische“<br />
und sportliche Aspekte ein, wodurch er zu einem<br />
originellen urbanen Trekkingvorschlag wird.<br />
<strong>Auf</strong> den Rundgängen lässt sich <strong>di</strong>e <strong>di</strong>chte Atmosphäre<br />
aus Geschichte, Kultur und alten Handwerks- und<br />
Handeltätigkeiten nachempfinden, <strong>di</strong>e ihren festen<br />
Anteil am Selbstverständnis <strong>Perugia</strong>s haben.<br />
Eine alternative Art der Besichtigung, ein Modell für<br />
sanften Qualitätstourismus, das es dem Besucher<br />
ermöglicht, sich mit der Stadt besser vertraut zu<br />
machen und ein wenig länger in <strong>Perugia</strong> zu verweilen.<br />
Ilio Liberati<br />
Assessor für Wirtschafts- und Fremdenverkehrsentwicklung<br />
<strong>PERUGIA</strong> 5
3. RUNDGANG PORTA SANTA SUSANNA<br />
p. 41<br />
Linea Minimetro<br />
4. RUNDGANG PORTA EBURNEA<br />
p. 53
2. RUNDGANG PORTA SANT’ANGELO<br />
p. 29<br />
Viale S. Antonio<br />
1. RUNDGANG PORTA SOLE<br />
p. 13<br />
5. RUNDGANG PORTA SAN PIETRO<br />
p. 63<br />
<strong>PERUGIA</strong> 7
Einleitung<br />
<strong>Auf</strong> Irrwegen durch das komplizierte Geflecht von steilen, krummen Straßen,<br />
durch <strong>di</strong>ese abschüssigen Passagen mit ihrem losen Ziegelbelag,<br />
mit ihren steinernen Querstreifen, <strong>di</strong>e dem Fuß Einhalt bieten,<br />
inmitten <strong>di</strong>eser eigenartigen Gebäude.<br />
(H.A. Taine, Voyage en Italie, I, Paris 1866)<br />
Sie zogen deshalb bald hierin, bald dorthin,<br />
sich in <strong>di</strong>esen seltsamen und steilen Passagen verlierend,<br />
<strong>di</strong>e man in <strong>Perugia</strong> Straßen heißt.<br />
Manche muten wie Höhlen an, wegen der Bogen,<br />
<strong>di</strong>e sie über <strong>di</strong>e gesamte Länge hinweg überwölben,<br />
unvermittelt in eine ungewisse Dunkelheit eintauchend,<br />
<strong>di</strong>e <strong>di</strong>ch dann, einmal durchmessen,<br />
wieder an das Licht führt, das du beinahe verzweifelt wieder zu sehen wünschtest.<br />
(N. Hawthorne, The marble Faun, Boston 1860)<br />
Nach den Itinerari archeologici (Archäologische Rundgänge) zu den<br />
bedeutenden Zeugnissen der Ursprünge <strong>Perugia</strong>s und der Guida <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong> zu den wichtigsten Denkmälern der fünf Stadtteile befasst sich<br />
der dritte Führer nun mit einer in vielen Aspekten noch unentdeckten,<br />
verborgenen Stadt, <strong>di</strong>e sich dem eiligen, wenig aufmerksamen<br />
Auge entzieht, ein Führer, der den Besuchern den Weg zum<br />
Herzen der Altstadt weist, durch ein <strong>di</strong>cht verzweigtes Netz von kleinen<br />
Gassen und Sträßchen, <strong>di</strong>e von den Hauptwegen der fünf<br />
Stadtteile abgehen, sich steil hinauf und hinab schlängeln, dem<br />
Geländeverlauf und dem großenteils noch mittelalterlichen oder in<br />
späteren Zeiten nur wenig veränderten Gefüge der Stadt folgend.<br />
<strong>Perugia</strong> hat sich in seinen Gassen eine so eindringliche<br />
Ursprünglichkeit und Einzigartigkeit bewahrt, dass Eindrücke und<br />
Empfindungen bei ihren heutigen Besuchern sich nicht wesentlich<br />
unterscheiden von denjenigen wie Taine oder Hawthorne aus dem 19.<br />
Jh. Was aber über <strong>di</strong>e Zeiten hinweg fest und unverändert geblieben<br />
zu sein scheint, verbirgt in Wahrheit eine kontinuierlich Überlagerung<br />
von Zeichen, Geschichten und Erinnerungen an <strong>di</strong>e Ereignisse, an <strong>di</strong>e<br />
Bewohner, an Adelige und einfaches Volk, Handwerker und Soldaten,<br />
unbekannte oder berühmte Persönlichkeiten, Männer oder Frauen.<br />
Die einen wie <strong>di</strong>e anderen hatten ihren Anteil an der Schaffung der<br />
<strong>PERUGIA</strong> 9
Stadt <strong>di</strong>e auf uns überkommen ist. Mit Hilfe des Führers lassen sich<br />
<strong>di</strong>ese Zeichen entziffern, bisher noch Verborgenes entdecken und <strong>di</strong>e<br />
vielen Geschichten wieder ans Licht holen – auf fünf Rundwegen, <strong>di</strong>e<br />
durch das Gewirr der Gassen um <strong>di</strong>e Hauptwege der Stadtteile führen.<br />
Sie bringen ein reiches Vermächtnis zutage, nahezu zweihundert<br />
Gassen und kleine Plätze, deren vielfältige und einzigartige Namen ihre<br />
jeweilige historische Bedeutung darlegen. Sie reichen von<br />
Bezeichnungen nach berühmten Familien und Persönlichkeiten bis<br />
hin zu denjenigen nach unbekannten Frauen (Sposa = Braut, Viola,<br />
Giulia, Gismonda), von Namen, <strong>di</strong>e an <strong>di</strong>e alten Handwerke erinnern<br />
(<strong>di</strong>e „Canapina“ an <strong>di</strong>e Hanfseiler, <strong>di</strong>e „Pellari“ an <strong>di</strong>e Gerber, <strong>di</strong>e<br />
„Mar telli“ an <strong>di</strong>e Hammerschmiede, <strong>di</strong>e „Solfaroli“ an <strong>di</strong>e Schwe -<br />
felverarbeitung, <strong>di</strong>e „Oro“ an <strong>di</strong>e Goldschmiede, <strong>di</strong>e „Cera“ an <strong>di</strong>e<br />
Wachszieher, <strong>di</strong>e „Spade“ an <strong>di</strong>e Schwertschmiede) oder auf <strong>di</strong>e<br />
Eigenart der Straßen hinweisen (Cupa = Senke, Rupe = Steilhang,<br />
Labirinto = Labyrinth, Ritorta = krumm, Scura = dunkel, Chiara =<br />
hell, Streghe = Hexen, Baciadonne = Küss-<strong>di</strong>e-Frauen), über Namen,<br />
<strong>di</strong>e sich von exotischen und einheimischen Tieren ableiten (Drago =<br />
Drachen, Orso =Bär, Struzzo = Strauß, Bufalo = Büffel, Aquila =<br />
Adler, Pernice = Rebhuhn, Piccione = Taube, Cane = Hund, Gatti =<br />
Katzen, Lucertola = Eidechse, Tartaruga = Schildkröte) bis hin zu<br />
Namen, <strong>di</strong>e auf Dialektausdrücke zurückgehen (Prome, Piscinello,<br />
Cuccuina, Bulagaio, Barutoli).<br />
Ein einzigartiges Bild der Stadt, <strong>di</strong>e zu dem spricht, der zuzuhören<br />
weiß und sich dem zeigt, der mit etwas anderen Augen zu sehen weiß.<br />
Lorena Rosi Bonci
Rundgänge
PORTA SOLE<br />
Symbol des Stadtviertels ist <strong>di</strong>e Sonne, auch wegen seiner Ausrichtung nach Osten; seine<br />
Farbe ist weiß – weiß wie das Licht, aber auch weiß wie das Mehl, das von den<br />
Mühlen am Tiber über <strong>di</strong>e hier beginnenden Ausfallstraße in <strong>di</strong>e Stadt gebracht wurde.<br />
Der Schutzheilige des Viertels ist der Hl. Romualdo, ein Camaldolesermönch, eines<br />
Ordens, der um das Jahr 1000 ein Kloster über den Resten eines alten Tempels auf der<br />
Akropolis gegründet hatte.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 13
m slm<br />
492<br />
482<br />
472<br />
462<br />
452<br />
442<br />
432<br />
422<br />
412<br />
3<br />
RUNDGANG PORTA SOLE<br />
1<br />
40<br />
39<br />
9 14<br />
2<br />
5<br />
25<br />
3<br />
6<br />
30<br />
7<br />
300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />
35<br />
4<br />
38<br />
39<br />
8<br />
9<br />
14<br />
10<br />
15<br />
m<br />
13<br />
16<br />
37<br />
1
12<br />
24<br />
36<br />
23<br />
22<br />
25<br />
35<br />
26<br />
21<br />
17<br />
19<br />
18<br />
34<br />
20<br />
33<br />
28<br />
32<br />
27<br />
31<br />
29<br />
30<br />
<strong>PERUGIA</strong><br />
1 Piazza IV Novembre<br />
2 Via Calderini<br />
3 Via Volte della Pace<br />
4 Piazza Piccinino<br />
5 Piazza Danti<br />
6 Via del Sole<br />
7 Via delle Prome<br />
8 Piazza Rossi Scotti<br />
9 Piazza Michelotti<br />
10 Via dell’Aquila<br />
11 Piazzetta Raffaello<br />
12 Via Raffaello<br />
13 Via Mattioli<br />
14 Via Cesarei<br />
15 Via Bontempi<br />
16 Via degli Azzi<br />
17 Via del Duca<br />
18 Piazzetta del Duca<br />
19 Via della Viola<br />
20 Via del Prospetto<br />
21 Via e piazzetta San<br />
Giovanni del Fosso<br />
22 Via della Madonna<br />
23 Via Imbriani<br />
24 Via Bonaccia<br />
25 Via Baciadonne<br />
26 Via Abruzzo<br />
27 Via Orizzonte<br />
28 Piazza del Carmine<br />
29 Via dell’Asilo<br />
30 Via Enrico Dal Pozzo<br />
31 Via dei Lanari<br />
32 Via della Torricella<br />
33 Corso Bersaglieri<br />
34 Via del Roscetto<br />
35 Via Sdrucciola<br />
36 Via della Pazienza<br />
37 Via Cartolari<br />
38 Via Alessi<br />
39 Via del Forno<br />
40 Via Fani<br />
Piazza IV Novembre<br />
Zusatzvarianten<br />
über <strong>di</strong>e Via Dal Pozzo<br />
und den Corso Bersaglieri<br />
<strong>PERUGIA</strong> 15
Von der Piazza IV Novembre nimmt<br />
man <strong>di</strong>e Via Calderini, <strong>di</strong>e heute nach<br />
dem großen Peruginer Architekten<br />
(<strong>Perugia</strong> 1837-Roma 1916) heißt. Die<br />
frühere Via degli Scudellari wurde 1591<br />
durch den Kar<strong>di</strong>nal und päpstlichen<br />
Legaten Pinelli erweitert, deshalb eine<br />
Zeitlang nach ihm genannt, also Via<br />
Pinella, und später umgeändert in Via<br />
del Commercio. In der Piazza Matteotti<br />
angekommen, erreicht man links <strong>di</strong>e<br />
Via Volte della Pace (Bild), eine der<br />
charakteristischsten Straßen der Stadt<br />
unter Kreuzrippengewölben, <strong>di</strong>e von<br />
der Piazza Matteotti abgeht und dem<br />
kurvigen Verlauf des etruskischen Mau -<br />
errings folgt, der von den Geschäften<br />
unterhalb der Via Alessi noch zu sehen<br />
ist.<br />
Unterhalb der Straße wurde 1899 ein<br />
Epigraph gefunden, das Bezug nimmt<br />
auf den römischen chalci<strong>di</strong>cum (Säu -<br />
lengang), oberhalb der etruskischen<br />
Mauern ist ein langer, gotischer, nach<br />
Osten geöffneter Säulengang dokumentiert,<br />
der auf Säulen aufstützte und<br />
von den Historikern als wichtiger politischer<br />
und sozialer Ort für <strong>di</strong>e Stadt<br />
angesehen wurde.<br />
Folgen Sie der Straße bis zur Via Bon -<br />
tempi und zur Piazza Piccinino (<strong>di</strong>e<br />
früher bereits Piazza dei Gigli, degli<br />
Eugeni und della Compagnia della<br />
Morte hieß), so benannt nach dem berühmten<br />
Nicolò der zwar von kleiner<br />
Statur war (piccinino), aber ein großer<br />
Kondottiere und Kamerad Braccio<br />
Fortebraccis, mal Verbündeter, mal<br />
Feind von Francesco Sforza (<strong>Perugia</strong>,<br />
1368-Milano, 1444).<br />
In der Platzmitte der Pozzo Sorbello.<br />
Der Platz entstand auf Anweisung des<br />
Kar<strong>di</strong>nals Crispo in der zweiten Hälfte<br />
des 16. Jh., auf der Seite, wo <strong>di</strong>e Chiesa<br />
della Compagnia della Morte (Bru -<br />
derschaft des Todes) (1573-1603), <strong>di</strong>e<br />
auch Chiesa della Misericor<strong>di</strong>a hieß gebaut<br />
wurde, um nicht beer<strong>di</strong>gten Toten<br />
oder solchen, <strong>di</strong>e auf nicht geweihter<br />
Erde ausgesetzt wurden, eine letzte<br />
Ruhestätte zu geben.<br />
Der ursprüngliche Plan von Vincenzo<br />
Danti wurde nach seinem Tod (1576)<br />
von Bino Sozi umgesetzt. Die aufgrund<br />
Geldmangels unvollendet gebliebene<br />
Fassade zeigt oben am Portal das<br />
Symbol der Stadt, den Greif, und <strong>di</strong>e<br />
drei Wappen von Papst Clemens VII.,<br />
Kar<strong>di</strong>nal Bevilacqua und Prälat Maggi<br />
(Bild). Das Innere wurde im 18. Jh. neu<br />
gestaltet.<br />
Haus Nr. 9 ist der Palazzo Bourbon<br />
Sorbello, der sich wie manche andere<br />
auch auf einer Seite an <strong>di</strong>e etruskischen<br />
Stadtmauern und mittelalterlichen<br />
Gebäudereste anlehnt. Hingewiesen<br />
werden soll auch auf <strong>di</strong>e Überbleibsel<br />
eines mittelalterlichen Turms mit einer<br />
Steintafel und der Jahreszahl 1639, <strong>di</strong>e<br />
besagt, dass er den Od<strong>di</strong> gehörte. Der<br />
Turm ging erst von Diomede degli Od<strong>di</strong><br />
an 1666 an <strong>di</strong>e Eugeni über, beherbergte<br />
1734 König Karl III. von Spanien und<br />
wurde schließlich 1785 gegen den<br />
Palazzo <strong>di</strong> Porta Eburnea der Marchesi<br />
<strong>di</strong> Sorbello getauscht. Ihnen und insbesondere<br />
auch Uguccione sind <strong>di</strong>e<br />
Restaurierungen zu verdanken und <strong>di</strong>e<br />
Schaffung einer umfangreichen Biblio -<br />
thek. Hier befindet sich seit 1970 das<br />
Haus der Freimaurergroßloge Grande<br />
Oriente d’Italia, <strong>di</strong>e alle Peru giner Logen<br />
vereint. Unterhalb der Pozzo Sorbello
(Eingang von der Piazza Danti; s. Guida<br />
<strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 28).<br />
Sie erreichen jetzt Piazza Danti, <strong>di</strong>e frühere<br />
Piazza delle Erbe und della Paglia,<br />
wie kleine Reliefs auf den Seitenfas -<br />
saden des Palazzo del Turreno Richtung<br />
Via Bartolo und Richtung Via del Sole<br />
zeigen - mit Händen, <strong>di</strong>e Weizenähren<br />
Die Ortsbezeichnung Danti kommt von<br />
der berühmten Peruginer Familie aus<br />
dem 16. Jh., <strong>di</strong>e sich zu Ehren Dante<br />
Alighieris nicht mehr Ranal<strong>di</strong>, sondern<br />
Danti nennen wollte; Piervincenzo<br />
Ranal<strong>di</strong> (1460-1512) hatte den<br />
Spitznamen „Dante” wegen seiner leidenschaftlichen<br />
Verehrung des größten<br />
aller Dichter. Der Familie entstammen<br />
Giovan Battista, Mathematiker und<br />
Ingenieur; Giulio (1500-75), Sohn des<br />
Piervincenzo, Goldschmied und Archi -<br />
tekt, der Sangallo beim Bau der Rocca<br />
Paolina half; <strong>di</strong>e Schwester Teodora, eine<br />
faszinierende und mysteriöse<br />
Person, Mathematikerin und Astro -<br />
nomin, Kunsttheoretikerin und<br />
Malerin; Vincenzo (1530-76), Sohn des<br />
Giulio, Bildhauer, Architekt und Ver -<br />
fasser von Traktaten, und <strong>di</strong>e Brüder<br />
Egnazio und Girolamo: ersterer Dome -<br />
nikanermönch, Mathematiker und<br />
Kartograph im Dienste Gregors XIII.,<br />
berühmt für <strong>di</strong>e vierzig Landkarten in<br />
Form von Fresken in der Galleria del<br />
Belvedere im Vatikan, für den Lehrstuhl<br />
für Mathematik in Florenz und Bologna<br />
und als Bischof von Alatri (1583); letzterer<br />
Maler und Goldschmied, aktiv in<br />
<strong>Perugia</strong>, wo er <strong>di</strong>e Sakristei von San<br />
Pietro als guter Manierist ausmalte.<br />
umfassen (Bild), als Hinweis darauf, dass<br />
hier „Futter und Brot verkauft wurden”<br />
(Gigliarelli, 1907). In der Tat lagen hier, in<br />
den Kellern der Rocca del Monmaggiore,<br />
<strong>di</strong>e Kornkeller. <strong>Auf</strong> dem einstigen mittelalterlichen<br />
Marktplatz wird noch heute<br />
jeden Dienstag und Samstag ein kleiner<br />
Terracotta-Markt abgehalten. Der Platz<br />
entstand durch <strong>di</strong>e Teilung der platea<br />
magna im 15. Jh. durch den Neubau der<br />
Kathedrale. An dem Platz erhebt sich<br />
das 1891 eingeweihte Teatro Turreno<br />
1891, erbaut mit Geldern des reichen<br />
Rechtsanwalts Bianchi nach Entwürfen<br />
von Arienti; <strong>di</strong>e Innenstruktur besteht<br />
aus Eisen und Gusseisen. Sein heutiges<br />
Aussehen erhielt das Theater während<br />
des Umbaus von 1953, der <strong>di</strong>e ursprüngliche<br />
Struktur und Dekoration<br />
veränderte. Es war das demokratische<br />
Theater der neuen Bevölkerungs -<br />
schichten schlechthin, aus Mauerwerk<br />
über einem ehemaligen Amphitheater<br />
aus Holz, das 1879 mit einer<br />
Vorstellung des Zirkus Guil laume eingeweiht<br />
worden war. 1896 wurde hier der<br />
erste Kinofilm in <strong>Perugia</strong> vorgeführt,<br />
Das Familiengrab befindet sich in der<br />
Kirche San Domenico (auf dem linken<br />
Pfeiler des Presbyteriums, in der Apsis,<br />
mit einem Grabstein und einer Portrait-<br />
Büste von Vincenzo; s. <strong>Perugia</strong>, 1993, S.<br />
146). Die Ortsbezeichnung bezieht sich<br />
in erster Linie auf Vincenzo Danti,<br />
Autor der wertvollen Bronzestatue von<br />
Papst Julius III. (1553), ein Jugendwerk,<br />
das heute an der Südflanke der<br />
Kathedrale steht, bis 1899 aber auf der<br />
Piazza Danti war. Der Platz hieß deshalb<br />
auch „Piazza del Papa”, bis <strong>di</strong>e<br />
Statue versetzt wurde, um Raum zu<br />
schaffen für eine elektrische Straßen -<br />
bahn, <strong>di</strong>e in dem Jahr in <strong>Perugia</strong> eingeweiht<br />
wurde. Vincenzo arbeitete in<br />
Rom, in Florenz (ab 1557) unter Cosimo<br />
I. und kehrte im Jahr 1573 endgültig<br />
nach <strong>Perugia</strong> zurück. 1566 war er zusammen<br />
mit seinem Vater und dem<br />
Bruder Girolamo an dem illegalen<br />
Abtransport der Statue des „Arringa -<br />
tore“ von Pila für Papst Cosimo I. von<br />
<strong>Perugia</strong> nach Florenz verwickelt.<br />
Vincenzo Danti galt als der einzige<br />
wirklich große Bildhauer aus <strong>Perugia</strong>.<br />
Er bemühte sich zusammen mit anderen<br />
um <strong>di</strong>e Gründung der Accademia<br />
del Disegno (Akademie für Zeichen -<br />
kunst) in <strong>Perugia</strong>.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 17
1897 waren <strong>di</strong>e Brüder Lumière hier.<br />
1926 erhielt das Theater ein großzügiges<br />
Atrium und Dekorationen von<br />
Ulisse Ribustini (Portraits von Sängern,<br />
Dichtern und Musikern aus Umbrien)<br />
und Fresken von Migliorati, <strong>di</strong>e aber bei<br />
den jüngsten Umbauten entfernt wurden.<br />
Bei Haus Nr. 28 der Palazzo Conestabile<br />
della Staffa, erbaut im 14. Jh. durch<br />
Cherubino degli Ermanni, Schwager<br />
von Braccio Fortebracci. Der Name leitet<br />
sich ab von den Ridolfi, <strong>di</strong>e von<br />
Papst Eugen IV. zu Konnetablen der<br />
Kirche ernannt worden waren, nachdem<br />
sie zuvor durch Heirat den Namen<br />
und <strong>di</strong>e Güter der Alfani della Staffa erworben<br />
hatten. Die Ridolfis restaurierten<br />
das Gebäude am Ende des 18. Jh.<br />
und gaben ihm sein heutiges Aussehen.<br />
1819 wohnte hier Franz I., Kaiser von<br />
Österreich.<br />
Der Rundgang geht weiter durch <strong>di</strong>e<br />
Via del Sole (Bild), <strong>di</strong>e zum Monte del<br />
Sole, der heutigen Piazza Michelotti<br />
führt, in einem der höchstgelegenen<br />
Stadtteile.<br />
Hier befand sich einst <strong>di</strong>e Akropolis mit<br />
ihren Tempeln, danach, von 1373 bis<br />
1376 <strong>di</strong>e Festung von Monmaggiore,<br />
<strong>di</strong>e der Delegat Papst Gregors XI. errichtete<br />
(„um der Stadt und ihren<br />
Bürgern Einhalt zu gebieten”; s. Zap -<br />
pelli, 1999, S. 197) und <strong>di</strong>e von den<br />
Perguinern geschleift wurde. Hier sind<br />
mehrere sich überlagernde architekto-<br />
nische Schichten zu erkennen, auch<br />
wenn heute <strong>di</strong>e Adelpaläste aus dem<br />
16./17. Jh. das Aussehen prägen – im<br />
Gefolge der großen städtebaulichen<br />
Eingriffe durch den Kar<strong>di</strong>nal Tiberio<br />
Crispo, päpstlicher Legat von 1545 bis<br />
1548.<br />
Der Weg setzt sich nach links fort in der<br />
Via delle Prome, so genannt nach den<br />
Vorsprüngen der unterhalb liegenden<br />
Festungsmauern aus dem 14. Jh. im<br />
Stadtteil Porta Sole, <strong>di</strong>e ihrerseits<br />
wiederum auf etruskische Mauern aufstützen.<br />
Zu Anfang der Straße, bei den<br />
Hausnr. 1 - 2 zu beachten ein Eisentor,<br />
das zu der „Fabbrica del ghiaccio”<br />
(Trockeneisfabrik) gehörte, mit Eingang<br />
in der Via Bartolo unterhalb (ebenda, S.<br />
158). Bei Haus Nr. 6 ein Haus mit Balkon<br />
und der Jahreszahl 1447, eingemeißelt<br />
auf dem Torbalken mit Wappen (Bild).<br />
Bei Haus Nr. 15 der Palazzo Conestabile<br />
della Staffa, der Familie, <strong>di</strong>e auch an<br />
der Piazza Danti Besitze hatte, errichtet<br />
im 17. Jh. für den reichen Händler<br />
Ferretti. Das Gebäude ging dann über in<br />
<strong>di</strong>e Hände der Piazza, war anschließend<br />
bewohnt von der Gräfin Maria Valentini<br />
Bonaparte, Nichte Napoleons I. (Tochter<br />
seines jüngeren Bruders). Ab 1850 befand<br />
sich hier der bevorzugte literarische<br />
und politische Salon der Peruginer<br />
Oberschicht und der Anhänger des<br />
Risorgimento. Danach Wohnsitz der<br />
Konnetablen, bis 1964, <strong>di</strong>e hier eine<br />
wertvolle Gemäldesammlung schufen,<br />
darunter auch <strong>di</strong>e Madonna del libro<br />
von Raffaello, <strong>di</strong>e an <strong>di</strong>e Ermitage in St.
Petersburg verkauft wurde. Die Familie<br />
verteilte im Erdgeschoss in Absprache<br />
mit den Suore Stimatine <strong>di</strong> Porta<br />
Sant’Angelo Essen und Kleidung an<br />
Bedürftige. Bereits einmal erweitert<br />
1818 (nach einem Entwurf von<br />
Giovanni Cerrini) erlitt der Bau weitere<br />
Änderungen, um den Anforderungen<br />
einer Bibliothek gerecht zu werden, <strong>di</strong>e<br />
1969 vom Palazzo dei Priori hierher<br />
umzog. Grundstock der Bibliothek waren<br />
insbesondere <strong>di</strong>e Schenkung von<br />
7000 Bänden durch Prospero Po<strong>di</strong>ani im<br />
Jahr 1582 und <strong>di</strong>e während der<br />
Säkularisation enteigneten kirchlichen<br />
und klösterlichen Sammlungen.<br />
Gegenüber ein Gebäude mit manieristischem<br />
kleinen Portal, das bis 1812 Sitz<br />
der Accademia del Disegno war (daneben,<br />
zwischen Hausnr. 16 und 18 <strong>di</strong>e<br />
Inschrift von 1638 auf rotem Stein, <strong>di</strong>e<br />
an den ersten Sitz der Accademia <strong>di</strong><br />
Belle Arti erinnert). Daneben <strong>di</strong>e Chiesa<br />
<strong>di</strong> Sant’Angelo della Pace (s. Guida <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong>, 2006, S. 17) aus dem 16. Jh.,<br />
<strong>di</strong>e im <strong>Auf</strong>trag von Crispo über einer<br />
früheren Loggia von 1548 durch Alessi<br />
(nach Angabe anderer durch Sangallo)<br />
errichtet wurde, wie der lateinischen<br />
Inschrift auf dem Architrav zu entnehmen<br />
ist, <strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e von Papst Paul<br />
III. errichtete Loggia bezieht; bitte beachten<br />
Sie auf dem Vorsprung der<br />
Dachrinne kleine Regenspeiermasken<br />
(Bild).<br />
Das Gebäude war Sitz der Compagnia<br />
dei Muratori (Maurerzunft), dei Lanari<br />
(Wollweberzunft), della Santa Croce<br />
(Bruderschaft Santa Croce) (im 19. Jh.)<br />
und ist heute Lager der Bibliothek.<br />
Daneben nimmt <strong>di</strong>e spektakuläre gewundene<br />
Treppe der Via delle Prome ihren<br />
Anfang, <strong>di</strong>e drei Rampen hat (Bild),<br />
deren zweite auf etruskischen Mauern<br />
stützt und <strong>di</strong>e eine atemberaubende<br />
Aussicht auf Borgo Sant’Angelo bietet.<br />
Sie mündet schließlich ein in <strong>di</strong>e Via<br />
Bartolo und <strong>di</strong>e Via Scoscesa. Wir bleiben<br />
auf der Piazzetta delle Prome, der<br />
heutigen Piazza Rossi Scotti wo sich<br />
ein schönes Panorama von Porta San -<br />
t’An gelo bis Borgo Sant’Antonio bietet,<br />
das echteste und einmaligste, laut<br />
Walter Binni (1984).<br />
Der Name des Platzes leitet sich ab von<br />
dem Palast aus dem 17.Jh., der über den<br />
Resten der Fortezza von Monmaggiore,<br />
auf der Ostseite des Platzes errichtet<br />
wurde und seinen Besitzern, Gegnern<br />
der Savoia, mit einer bemerkenswerten<br />
künstlerischen, kulturellen und päpstlichen<br />
Kultur. Unter ihnen ragt Conte<br />
Giovan Battista (1863-1926) heraus,<br />
Journalist, Schriftsteller, Archäologe<br />
(Leiter des damaligen Museo Archeo -<br />
logico), Sammler von Antiquitäten,<br />
Büchern und Kunstwerken. Die Samm -<br />
lungen und kostbaren Einrichtungs -<br />
gegenstände des Palastes kamen nach<br />
seinem Tod unter den Hammer, wurden<br />
aufgeteilt und zerstreut (der große<br />
Leuchter aus dem 19. Jh. befindet sich<br />
heute im Speisesaal des Hotels Brufani).<br />
Der Palazzo ging zum Teil an <strong>di</strong>e Familie<br />
Mescolini Romizi, zum Teil an öffentliche<br />
Einrichtungen über. Erwähnt werden<br />
soll auch der Garten, der so genannte<br />
Giar<strong>di</strong>no dell’Usignolo<br />
(Nachtigall en garten, Privateigentum),<br />
der auf <strong>di</strong>e Stützmauern der Festung<br />
hinausgeht und auf Reste der etruskischen<br />
Mauer, von wo sich ein herrlicher<br />
Ausblick bietet auf den mittelalterlichen<br />
Mauerring des Borgo Sant’An -<br />
tonio und den nahe gelegenen<br />
Kirchturm von Santa Maria della Mi -<br />
sericor<strong>di</strong>a.<br />
Es geht hinauf auf <strong>di</strong>e Piazza Miche lot -<br />
ti, der früheren Piazza del Monte <strong>di</strong><br />
Por ta Sole, <strong>di</strong>e 1870 nach dem berühmten<br />
Söldnerführer Biordo Michelotti<br />
benannt wurde, der hier in den Häusern<br />
der Michelotti geboren wurde und auch<br />
starb (<strong>Perugia</strong>, 1352-98). Er stand im<br />
Dienste der Visconti und der Stadt<br />
Florenz. Nach seiner Rückkehr nach<br />
<strong>PERUGIA</strong> 19
<strong>Perugia</strong> setzte er sich an <strong>di</strong>e Spitze der<br />
Volkspartei der Raspanti und besiegte<br />
<strong>di</strong>e Adligenfamilie Beccherini; übernahm<br />
1393 <strong>di</strong>e Regierung der Stadt<br />
und unterwarf als Regent von <strong>Perugia</strong><br />
<strong>di</strong>e Borghi (Vorstädte) und Burgen des<br />
Umlands. 1397, ein Jahr vor seinem Tod<br />
ging er <strong>di</strong>e Ehe mit einem sehr jungen<br />
Mädchen aus der Familie der Orsini ein.<br />
Seine unangefochtene Rolle als An -<br />
führer der Raspanti beunruhigte den<br />
Peruginer Adel so sehr, dass er ihn<br />
durch den Abt von San Pietro,<br />
Francesco Guidalotti, am 10. März 1398<br />
ermorden ließ. Das Volk rächte seinen<br />
Tod durch <strong>di</strong>e Ermordung von<br />
Mitgliedern der Familie Guidalotti und<br />
den Brand von San Pietro. Die<br />
Ereignisse waren so schwer wiegend<br />
und lang anhaltend, dass erst 1497 <strong>di</strong>e<br />
Familie des Abts bei Beato Angelico das<br />
Polittico dei Domenicani für <strong>di</strong>e Cap -<br />
pella Guidalotti in San Domenico in<br />
<strong>Auf</strong>trag gab (heute in der Galleria<br />
Nazionale dell’Umbria).<br />
Bei Haus Nr. 1 der Palazzo Veracchi Cri -<br />
spolti (ehemals Palazzo <strong>di</strong> Biordo). Die<br />
heutige Fassade kann auf 1550 datiert<br />
werden, ist unterteilt durch große<br />
Gurtgesimse, quadratische Fenster, wie<br />
sie im 15. Jh. üblich waren und einem<br />
Portal im Stil Alessis. Darüber <strong>di</strong>e<br />
Inschrift RESTAURUS CAST.I.C/, <strong>di</strong>e an<br />
den ehemaligen Eigentümer, den berühmten<br />
Juristen Ristoro Castal<strong>di</strong> erinnert.<br />
Rechts ein Gedenkstein zu Ehren<br />
Mazzinis vom 30. April 1872, links einer<br />
zu Ehren eines Patrioten des Risor -<br />
gimento, Quadrio Di Maurizio. Im<br />
Innenhof ein geschichtsträchtiger Zieh -<br />
brunnen (1371-74): Er gehörte zu dem<br />
Papstsitz auf dem Monmaggiore, der zur<br />
Festung ausgebaut worden war.<br />
Angeblich wurde hier der Leichnam<br />
Biordos hineingeworfen, der Brunnen<br />
sei Zeuge der „blutigen” oder auch „roten<br />
Hochzeit” von 1500 gewesen. Der<br />
Palast war in der Tat der Hauptwohnsitz<br />
der Baglioni auf dem Colle del Sole,<br />
Wohnsitz von Astorre Baglioni, der auf<br />
der Höhe seiner Macht am 28. Juni 1500<br />
Lavinia Orsini Colonna heiratete. Die<br />
prunkvolle Hochzeit dauerte zwei<br />
Wochen, als in der Nacht vom 14. auf<br />
den 15. Juli eine Gruppe Verschwörer<br />
unter der Führung der Cousins Carlo<br />
und Grifonetto Baglioni sich Zutritt zum<br />
Palast schuf und Astorre und <strong>di</strong>e<br />
Verwandten niedermetzelten. Die<br />
Folgen waren blutige Racheakte. Grifo -<br />
netto entging ihnen nicht. Er ist abgebildet<br />
auf dem berühmten Gemälde<br />
Deposizione Baglioni, das Raffaello 1507<br />
im <strong>Auf</strong>trag der Mutter Atalanta schuf<br />
(zunächst war es im Familiengrab in San<br />
Francesco al Prato aufbewahrt, dann gestohlen<br />
worden und heute befindet es<br />
sich im Museo Borghese in Rom).<br />
Bei Haus Nr. 4 ist auf dem Gebäude eines<br />
Pflegeheims ein Architrav zu sehen<br />
mit der lateinischen Inschrift: „non è al<br />
sicuro chi è ospite al nemico” (Keiner, der<br />
sich zu Gast bei seinem Feind befindet,<br />
ist sicher). Bei Haus Nr. 5 der Palazzo<br />
Cesarei, so genannt nach der Patri -<br />
zierfamilie, <strong>di</strong>e hier wohnte und welcher<br />
auch Conte Giulio (1744 - 1829) angehörte,<br />
liberaler Bürgermeister unter<br />
Napoleon (s. Via Cesarei, p. 21); in dem<br />
Bogengang war 1864 das Osservatorio<br />
meteorologico (Meteorologische Beob -<br />
ach tungsstelle) untergebracht.<br />
Weiter geht es durch <strong>di</strong>e Via dell’A -<br />
quila, <strong>di</strong>e höchst gelegene Straße<br />
<strong>Perugia</strong>s (493 m ü. d. M.), deshalb auch<br />
der Name. Eine dunkle, schmale Straße,<br />
<strong>di</strong>e zur Piazzetta Raffaello oder San<br />
Severo führt, so geheißen nach der<br />
Fassade der Kirche San Severo (Bild). Sie<br />
wurde in der Mitte des 18. Jh. über einer<br />
vorherigen mittelalterlichen Kirche<br />
errichtet, neben einem Kloster der<br />
Camaldoleser von Ravenna, das vom Hl.<br />
Romualdo gegründet worden war.<br />
Das Kloster erlebte im Laufe der Zeit<br />
zahlreiche Umbauten, es wurde<br />
Druckerei, im 19. Jh., danach Kaserne<br />
für <strong>di</strong>e Stadtwache, dann königliche<br />
Knabenschule, und ist heute ein<br />
Wohnhaus. Daneben <strong>di</strong>e Kapelle aus
dem 15. Jh., <strong>di</strong>e das einzige Gemälde<br />
beherbergt, das Raffaello der Stadt Pe -<br />
ru gia überlassen hatte, mit der<br />
Darstellung der Trinità (Trinität) von<br />
1505, das zunächst nur halb fertig geblieben<br />
war und dann durch Perugino<br />
im unteren Teil vollendet wurde (1521).<br />
Das Wohnhaus daneben zeigt Verse von<br />
Dante (Par, XI, V. 43-48: <strong>di</strong>e Einführung<br />
des Orients, wo Franziskus geboren<br />
wurde) (Bild).<br />
Von hier nimmt <strong>di</strong>e Via Raffaello (ehemals<br />
Via San Severo) ihren Anfang, <strong>di</strong>e<br />
dem großen Maler aus Urbino gewidmet<br />
ist; bergab Richtung Via Bontempi<br />
trifft man rechts auf <strong>di</strong>e Via Mattioli,<br />
vielleicht nach dem berühmten Arzt<br />
Mattiolo Mattioli, der auch Astronom,<br />
Theologe, Philosoph war (Anfang des<br />
15. Jh.), und als „Fürst der freien<br />
Künste” angesehen wurde (Briganti,<br />
1954, S. 85). Er lehrte Me<strong>di</strong>zin, nicht<br />
nur in <strong>Perugia</strong>, sondern auch in Siena<br />
und Padua. In einem kleinen, bescheidenen<br />
Haus in der Gasse (Haus Nr. 7,<br />
heute Nr. 17) (Bild) wurde am 12. Juni<br />
1906 Sandro Penna geboren (als Sohn<br />
von Armando und Angela Antonione<br />
Satta), lebte dort aber nur ein Jahr.<br />
Hinter dem Platz geht es hinunter<br />
durch <strong>di</strong>e Via Cesarei, so genannt nach<br />
einer Adelsfamilie, um dann wieder <strong>di</strong>e<br />
via Raffaello bis zur Via Bontempi zu<br />
nehmen (Bild).<br />
Diese Ortsbezeichnung leitet sich ab<br />
von der gleichnamigen alteingesessenen<br />
Peruginer Adelsfamilie, <strong>di</strong>e hier ihre<br />
Häuser hatte. Sie stand auf der Seite<br />
der dem Adel gegnerisch gesinnten<br />
Raspanti. Aus ihr stammen ein Bischof<br />
in <strong>Perugia</strong>, Andrea Bontempi, der 1352<br />
Kar<strong>di</strong>nal wurde, und verschiedene<br />
Literaten. Im Verlauf des 15. Jh. gingen<br />
einige Bontempi bankrott oder ins Exil<br />
und erlangten ihre Würde und Ehre erst<br />
nach dem Ende der Baglioni wieder zurück.<br />
Die Straße wurde durch Kar<strong>di</strong>nal<br />
Crispo, Legat des Papstes Paul III., während<br />
der Stadtsanierung von 1547 entlang<br />
des alten etruskisch-römischen<br />
Dekumanus erbaut. Die Palazzi, welche<br />
<strong>di</strong>e Straße säumen, gehen größtenteils<br />
auf das 17. Jh. zurück.<br />
Rechts, <strong>di</strong>e Straße abwärts, befindet<br />
sich der Palazzo Baldelli Bombelli<br />
(1644); hinter der dem Übergang, auf<br />
der Höhe der Hausnr. 28, befand sich<br />
links das Warenlager der Familie<br />
Cavaceppi, einer reichen Kaufmanns -<br />
dynastie, Eigentümerin verschiedener<br />
Häuser und Geschäfte im Viertel Porta<br />
Sole. Ihr Wappen zeigt innerhalb einer<br />
Girlande auch den Rost des Hl. Lorenz,<br />
zur Erinnerung daran, dass sie einst<br />
auch das Kapitelamt in San Lorenzo innehatten.<br />
Das Wappen ist auf dem kleinen<br />
gemeißelten Balkon zu sehen mit<br />
<strong>PERUGIA</strong> 21
Durchbrüchen und vier korinthischen<br />
Säulen (Bild).<br />
Rechts treffen Sie nun auf <strong>di</strong>e Via Degli<br />
Azzi, eine kleine Sackgasse, neben dem<br />
Palazzo Degli Azzi (früher auch Palazzo<br />
Ticchioni, heute Palazzo Rizzoli), der<br />
den Namen einer aus Arezzo stammenden<br />
Patrizierfamilie trägt. Sie war im<br />
17. Jh. nach <strong>Perugia</strong> umgezogen, wo sie<br />
sich in <strong>di</strong>e „edle Zunft der Wechsler und<br />
der Händler” einschrieb. Zu Beginn des<br />
19. Jh. heiratete Ugo Maria Degli Azzi<br />
eine Vitelleschi und vereinte so <strong>di</strong>e beiden<br />
Geschlechternamen. Es soll auch an<br />
Giustiniano Degli Azzi erinnert werden,<br />
Dozent des römischen Rechts von 1841<br />
bis 1860 an der Università degli Stu<strong>di</strong> <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong> und bekannter Rechtsanwalt<br />
für Zivil- und Strafsachen.<br />
Rechts befand sich in einem Hof von<br />
1884 bis 1984 <strong>di</strong> Druckerei Benucci. 1903<br />
wurde hier <strong>di</strong>e erste elektrische Druck -<br />
maschine in Betrieb genommen, in einem<br />
Gebäude, das den Oliveta ner mön chen<br />
gehörte und vielleicht als Getrei delager<br />
genutzt worden war, wie einer Inschrift<br />
Montis Morcini und dem Kranz aus<br />
Olivenzweigen zu entnehmen ist (Bild).<br />
Daneben, bei Haus Nr. 21, eine Mauer mit<br />
einem Einzelbogenfenster, Zeugnis der<br />
Kirche Santa Maria Maddalena aus dem<br />
13. Jh., <strong>di</strong>e zunächst den Terziari francescani<br />
gehörte, dann den Olivetanern (bevor<br />
der Konvent Montemorcino Vecchio<br />
errichtet wurde).<br />
Kurz vor der Porta dei Gigli befindet<br />
sich der Palazzo Montesperelli, der. Das<br />
Gebäude entstand an der Straße, <strong>di</strong>e<br />
nach San Severo hoch ging. Die Porta<br />
dei Gigli (Bild) so genannt nach den<br />
Blumen, <strong>di</strong>e oben im Gewölbe gemalt<br />
waren, das Wappenbild der Familie<br />
Farnese.<br />
Dass das Stadttor auf <strong>di</strong>e Etruskerzeit<br />
und das Mittelalter zurückgeht, ist<br />
durch den gotischen Bogen und den<br />
Rundbogen bezeugt (s. Guida <strong>di</strong> Peru -<br />
gia, 2006, S. 13). Von hier ging der<br />
Haupt-Dekumanus der etruskisch-römischen<br />
Stadt ab, hier nahm im Mit -<br />
telalter auch <strong>di</strong>e Ausfallstraße Richtung<br />
Tiber ihren Anfang, über den Carmine<br />
und Fontenuovo.<br />
Wenn Sie ihren Weg jetzt fortsetzen<br />
über <strong>di</strong>e schöne Treppe hinab, kommen<br />
Sie am Ende in <strong>di</strong>e Via del Duca und<br />
weiter zur Piazzetta del Duca, <strong>di</strong>e nach<br />
dem <strong>Auf</strong>traggeber für den Palazzo aus<br />
dem späten 16. Jh. heißt, Diomede<br />
Della Corgna (eine Adelsfamilie aus der<br />
Nähe von Passignano, Schützlinge des<br />
Papstes Julius III., aber unbeliebt bei<br />
Paul IV., nach dessen Tod aber rehabilitiert).<br />
Der Palazzo ging über an <strong>di</strong>e
Ranieri, <strong>di</strong>e hier ein bis 1770 aktives<br />
Theater bauten, das sich dann bis 1812<br />
in den Kellern jenseits der Treppe der<br />
Via del Carmine befand. In den 30er<br />
Jahren wurde es zum Cinema Carmine,<br />
dann Modernissimo, ein Treffpunkt für<br />
das Essay-Kino, von den 60er Jahren<br />
bis zu seiner Schließung in den 90er<br />
Jahren. Hier rundum lagen auch sehr<br />
bekannte Geschäfte, wie das Lebens -<br />
mittelgeschäft Sartoretti, seit 1880.<br />
Nehmen Sie nun <strong>di</strong>e Via della Viola<br />
(vielleicht so genannt nach der Blume<br />
oder nach einer bekannten Frau aus<br />
dem Volk, <strong>di</strong>e in Vergessenheit geraten<br />
ist) (Bild), mit ihren langen und schmalen<br />
Häuserblocks und dunklen, steilen<br />
Gassen, <strong>di</strong>e manchmal mit der darunter<br />
liegenden Parallelstraße Via Imbriani<br />
kommunizieren, manchmal Sackgassen<br />
sind – eine finstere, aber wichtige<br />
Verkehrsader der Unterstadt von Pe -<br />
rugia.<br />
Links <strong>di</strong>e Via del Pro spetto, in den 30er<br />
Jahren Sitz eines der berühmtesten<br />
Bordelle (Pianesi, 1998, S. 15).<br />
Es folgen <strong>di</strong>e Via und <strong>di</strong>e Piaz zetta San<br />
Giovanni del Fosso (Bild), sehr charakteristisch,<br />
<strong>di</strong>e in den 70er und 80er<br />
Jahren viel benutzt wurden für<br />
Platztheateraufführungen; in ihrem<br />
Namen hat sich derjenige einer Kirche<br />
erhalten, <strong>di</strong>e hier im Mittelalter stand,<br />
im Laufe der Jahrhunderte umgebaut<br />
wurde und bis zur zweiten Hälfte des<br />
18. Jh. über dem Vertei<strong>di</strong>gungsgraben<br />
entlang des mittelalterlichen Mau er -<br />
rings (der in <strong>di</strong>esem Abschnitt verschwunden<br />
ist), aber auch über dem<br />
Graben von Santa Margherita stand.<br />
Die Straße verbindet über <strong>di</strong>e Via<br />
Pulchra mit der Via del Balcone, einer<br />
steilen Gasse zwischen der Via della<br />
Viola und der Via Imbriani.<br />
Der Rundgang setzt sich fort durch <strong>di</strong>e<br />
Via della Viola bis zu den Stufen der Via<br />
della Madonna, <strong>di</strong>e – zusammen mit<br />
den Nachbargassen Via Pulchra und Via<br />
Speciosa einen alten Marienkult bezeugen,<br />
wie das wundertätige Bildnis einer<br />
Madonna con il Bambino belegt, dessen<br />
Original abgenommen wurde und<br />
seit 1770 in San Fiorenzo aufbewahrt<br />
ist. Am Ende gelangt man zur Via<br />
Imbriani (der ehemaligen Via Antica<br />
bzw. Borgo San Fiorenzo), benannt<br />
nach Matteo Renato Imbriani, einem<br />
Patrioten aus Neapel, Offizier, der 1859<br />
an der Irredentistenbewegung und der<br />
Republikanischen Versammlung für <strong>di</strong>e<br />
Menschenrechte teilnahm, dann Ab ge -<br />
ordneter der Linken im Parlament wurde.<br />
Sie erreichen jetzt <strong>di</strong>e Kreuzung mit<br />
der Via Alessi, mit der mächtigen Apsis<br />
und den Klostermauern von San Fio -<br />
renzo. Die Kirche wurde hier ab dem 8.<br />
Jh. in mehreren Bauabschnitt bis 1770<br />
errichtet, als <strong>di</strong>e Umbauten an Kirche<br />
und Konvent nach einem Entwurf von<br />
Pietro Carattoli beendet waren. Im<br />
Innenraum über dem Altar das Fresko<br />
aus dem 14. Jh. mit der Darstellung einer<br />
Maria in trono con il Bambino, aus<br />
dem Vicolo della Ma don na, das man<br />
abnehmen ließ, nachdem es 1617 angeblich<br />
wundertätig geworden war.<br />
Hier liegt auch Galeazzo Alessi begraben.<br />
Nach 1860 wurde der Konvent zur<br />
<strong>PERUGIA</strong> 23
Schule, anschließend Sitz der Casa delle<br />
associazioni (Vereinshaus). Zu besichtigen<br />
(Hausnr. 2 in der Via della Viola)<br />
der Kreuzgang mit seiner großen<br />
Libanonzeder.<br />
Nun geht es durch <strong>di</strong>e Via Bonaccia<br />
nach unten, <strong>di</strong>e zur Porta Santa Mar -<br />
gherita führt, über den Mauern der<br />
Papstfestung aus dem 16. Jh. (Bild).<br />
Die mittelalterliche Porta Santa Mar -<br />
gherita heißt so nach dem gleichnamigen<br />
alten Kloster, das 1818 in ein psychiatrisches<br />
Krankenhaus umgewandelt<br />
wurde. Die Porta wurde 1821 wegen der<br />
Eröffnung des später wieder ver-<br />
schwundenen Tors aus dem 19. Jh. zur<br />
heutigen Via XIV Settembre zugemauert<br />
und 1934 wieder geöffnet. Neben der<br />
Porta ein Bastionsturm aus Ziegelwerk,<br />
Teil der päpstlichen Festungsbauten des<br />
16. Jh., wie auch derjenige in der Via<br />
Cial<strong>di</strong>ni und <strong>di</strong>e verschwundenen Türme<br />
unter dem Carmine. Oben eine<br />
Gedenktafel für <strong>di</strong>e sar<strong>di</strong>nischen Gre -<br />
na<strong>di</strong>ere im Zusammenhang mit den<br />
Ereignissen vom 20. Juni 1859.<br />
Von der Porta Santa Margherita nehmen<br />
Sie nun <strong>di</strong>e erste Gasse rechts, <strong>di</strong>e<br />
Via Baciadonne mit einer steilen Treppe<br />
wieder nach oben, <strong>di</strong>e vielleicht so<br />
heißt, weil sie in ihrem dunkelsten und<br />
engsten Abschnitt geeignet war für den<br />
Austausch von Zärtlichkeiten. Sie führt<br />
bis zur Via Abruzzo (Bild).<br />
Laut dem Peruginer Historiker Crispolti<br />
rührt der Name von Milizen aus den<br />
Abruzzen her, <strong>di</strong>e hier 1580 zur<br />
Bekämpfung der Straßenkriminalität<br />
stationiert waren.<br />
Der Weg geht weiter durch <strong>di</strong>e Via<br />
Abruzzo bis zur Via Orizzonte – so genannt<br />
wegen der schönen Aussicht<br />
Richtung Assisi –, über <strong>di</strong>e sie mit der<br />
Via Imbriani verbunden ist. Hier steht<br />
eine Ä<strong>di</strong>kula mit einem Fresko der<br />
Madonna del Carmelo, con Bambino,<br />
angeli e santi, und der Inschrift Mater<br />
decori Carmeli; wir befinden uns auf<br />
der Rückseite des großen Gebäu -<br />
dekomplexes von Santa Maria del<br />
Carmine, von dem sich eine Kapelle mit<br />
einem Einzelbogenfenster erkennen<br />
lässt. Bei der Hausnr. 4 ein schönes kleines<br />
Portal aus Ziegeln (Wohnhaus) und<br />
bei der Hausnr. 2 Sitz des Centro internazionale<br />
Montessori.<br />
An der Piazza del Carmine ist <strong>di</strong>e<br />
gleichnamige Straße mit ihrer schönen<br />
Treppe zu sehen (Bild). Beide sind benannt<br />
nach der Chiesa <strong>di</strong> San Simone<br />
del Carmine, oder auch Chiesa dei Santi<br />
Simone e Giuda, vom Ende des 13. Jh.,<br />
umgebaut 1377 mit Material der zerstörten<br />
Festung von Porta Sole, aber<br />
auch in späteren Zeiten, zuletzt 1747,<br />
als nach einem Brand eine Rekon -<br />
struktion nötig wurde. <strong>Auf</strong> der Konter -<br />
fassade im Inneren eine Orgel aus dem<br />
17. Jh. mit zwölf Statuen des
Karmeliterordens, Ölgemälden und einem<br />
bemalten Kreuz aus dem 17. Jh.; in<br />
der Apsis ein kleiner Banner (gonfalone)<br />
von Bonfigli; im alten Refektorium<br />
Fresken aus dem 17.Jh.<br />
In dem Konvent San Simone neben der<br />
Kirche in der Via dell’Asilo (Bild), <strong>di</strong>e so<br />
heißt, weil nach der Säkularisierung von<br />
1861, <strong>di</strong>e aus dem Konvent ein<br />
Kinderheim machte, am 14. September<br />
1861 das Kinderheim Santa Croce hier<br />
eingeweiht wurde, das erste, das in<br />
Italien nach der Montessori-Methode<br />
arbeitete. Die Via dell’Asilo führte zum<br />
mittelalterlichen Stadttor Porta <strong>di</strong> San<br />
Simone oder auch Porta del Carmine im<br />
Mauerring aus dem 14. Jh., der hier<br />
durchging und seit 1277 dokumentiert<br />
ist. Seine Reste sind begraben unter den<br />
Erdaufschüttungen für den Bau der Via<br />
XIV Settembre (1818 - 22). 1516 wurde<br />
neben ihr ein runder Bastion sturm errichtet,<br />
der 1822 für den Bau der oben<br />
verlaufenden Straße abgerissen wurde.<br />
Abstecher durch <strong>di</strong>e Via Enrico Dal Pozzo<br />
Von hier ist es möglich, nach der<br />
Abzweigung der Via XIV Settembre<br />
durch <strong>di</strong>e Via Enrico Dal Pozzo (<strong>di</strong>e früher<br />
auch Via del Buon riposo bzw. Via<br />
Fontenuovo hieß) weiter zu gehen. Sie<br />
heißt nach dem berühmten Wissen -<br />
schaft ler und ehemaligen Barnabiter -<br />
mönch aus der zweiten Hälfte des 19.<br />
Jh., der <strong>di</strong>e Kutte an den Nagel hing, um<br />
sich dem Stu<strong>di</strong>um der Physik und<br />
Mineralogie zu widmen. Danach war er<br />
tätig als Dozent in Parma, Livorno und<br />
schließlich in <strong>Perugia</strong>, wo er einer der<br />
ersten war, der sich mit elektrischer<br />
Beleuchtung befasste anlässlich der<br />
Feierlichkeiten für Pius IX., <strong>di</strong>e in der<br />
Stadt abgehalten wurden. Er starb 1892<br />
in dem Haus, das dann an <strong>di</strong>e Piccole<br />
suore überging, für ein 1866 eröffnetes<br />
Altersheim. Hier war eine Gedenktafel<br />
angebracht, <strong>di</strong>e später in <strong>di</strong>e Universität<br />
versetzt wurde (Nr. 31). Unter ihrem<br />
Platz eine andere, <strong>di</strong>e an den schweren<br />
Zwischenfall erinnert, als <strong>di</strong>e Intoleranz<br />
der Schwestern zur Entfernung der ersten<br />
Gedenktafel führte.<br />
Die Ortsbezeichnung Fontenuovo erinnert<br />
am Ende der Straße (gegenüber<br />
dem Gebäude, das einmal <strong>di</strong>e Villa von<br />
Rinaldo Ridolfini war und dann an <strong>di</strong>e<br />
Paolucci, <strong>di</strong>e Lecconi, <strong>di</strong>e Crispolti und<br />
schließlich an den Cavaliere Fabrizio<br />
della Penna überging), an <strong>di</strong>e mittelalterliche<br />
Anlage mit zwei Wasserbecken,<br />
<strong>di</strong>e bis ins 20. Jh. als öffentliches<br />
Waschhaus benutzt wurde (Bild) (noch<br />
zwei andere waren bekannt: eines im<br />
<strong>PERUGIA</strong> 25
Borgo Sant’Angelo und eines in der Via<br />
Fonti Coperte); vielleicht rührt der<br />
Name aber auch von einem anderen<br />
Brunnen her, der sich in der Nähe der<br />
ehemaligen Porta del Carmine befand.<br />
Ein weiteres wichtiges mittelalterliches<br />
Zeugnis sind <strong>di</strong>e Reste der Chiesa <strong>di</strong> San<br />
Crispino (14./15 Jh.), der Arte dei<br />
Calzolai (Schusterzunft), dem im 15. Jh.<br />
ein Hospiz angegliedert wurde, das im<br />
18. Jh. ein Heim für „Schwindsüchtige<br />
und Schwachsinnige” wurde.<br />
Außerhalb des Borgo führt <strong>di</strong>e Straße<br />
an der alten, von Resten von Mausoleen<br />
gekennzeichneten etruskisch-römischen<br />
Straße Richtung Tiber und <strong>di</strong>e<br />
Ausfallstraße entlang, vom Portale dei<br />
leoni bis zu San Bevignate und dem<br />
Gedächtnisfriedhof. �<br />
Von der Via dell’Asilo nimmt man dann<br />
bis zur Via della Torricella, Via dei La -<br />
na ri (Bild), eine der unbequemsten,<br />
aber wegen ihrer Abfolge an Kurven,<br />
Treppen und Gewölben interessantesten<br />
Straßen, <strong>di</strong>e den engen Eingang,<br />
<strong>di</strong>e geringe Höhe und das Dunkel wettmachen.<br />
Hierher war <strong>di</strong>e Arte dei Lanari<br />
(Wollweberzunft) aus der heutigen Via<br />
Danzetta (der ehemaligen Via della<br />
Salsa) aufgrund des schlechten Ge -<br />
ruchs, den <strong>di</strong>e Wollverarbeitung mit<br />
sich bringt, umgezogen. Sie war eine<br />
der ältesten Zünfte (gegründet von den<br />
Frati Umiliati, <strong>di</strong>e von den Prioren der<br />
Stadt aus der Lombardei aufgrund ihrer<br />
Kenntnisse in der Wollverarbeitung gerufen<br />
worden waren).<br />
Via della Torricella geht hinaus auf<br />
den heutigen kleinen Platz der Porta<br />
Pesa, wo, nachdem der Borgo Porta Sole<br />
größer wurde, ein Stadttor stand (in<br />
Linie mit der heutigen Via dei Ciechi<br />
und der Via del Pasticcio). Das Tor wurde<br />
bis 1824 immer wieder restauriert,<br />
dann abgerissen und durch <strong>di</strong>e Zoll -<br />
schranke „della Pesa” ersetzt, <strong>di</strong>e ebenfalls<br />
heute nicht mehr existiert, mit drei<br />
Eisentoren und zwei Gebäuden daneben<br />
für <strong>di</strong>e Zollbüros. Außen, vor dem<br />
Tor, befand sich eine Waage für <strong>di</strong>e<br />
Karren, von daher auch der Name (Pesa<br />
= Waage).<br />
Weiter zum Arco dei Tei (Bild) aus<br />
Sandstein (der ehemaligen Porta <strong>di</strong><br />
San ta Maria Nuova), so benannt nach<br />
der Familie, <strong>di</strong>e in den Häusern unweit<br />
des Bogens im Borgo Sant’Antonio resi<strong>di</strong>erte,<br />
der in einer ersten Wach -<br />
stumsphase der Stadt entstand, noch<br />
bevor der endgültige mittelalterliche<br />
Mauerring gebaut wurde.<br />
Abstecher durch <strong>di</strong>e Corso Bersaglieri<br />
Von hier kann der Corso Bersaglieri genommen<br />
werden, das Rückgrat des Bor -<br />
go Sant’Antonio, für eine interessante<br />
Verlängerung des Rundgangs durch <strong>di</strong>e<br />
Gassen (Via del Pasticcio, Via della For -<br />
mica, Via del Cane und andere) bis zur<br />
Via Cial<strong>di</strong>ni und nach Monteluce. �<br />
Hinter dem Arco dei Tei erreicht man
Via del Roscetto (<strong>di</strong>e ehemalige Via dei<br />
Servi) (Bild), <strong>di</strong>e seit 1871 Cesarino<br />
Rossetti (<strong>Perugia</strong>, 1450-1550) gewidmet<br />
ist, dem „Roscetto“ (wegen seiner<br />
roten Haare) - ein Goldschmied, Maler,<br />
Bildhauer und Architekt, Schüler des<br />
Perugino und Freund von Raffaello, der<br />
ihn in <strong>di</strong>e römischen Kreise einführte;<br />
unter anderem Schöpfer wundervoller<br />
Silberstücke für <strong>di</strong>e festlich gedeckte<br />
Tafel der Prioren – wie ein Kuchenteller<br />
in Form eines Schiffs (der während des<br />
Salzkriegs verloren ging) und der<br />
Reliquienschrein für den Santo Anello<br />
(der Verlobungsring Mariä). Bergauf<br />
rechts <strong>di</strong>e Seitenfassade von Santa<br />
Maria Nuova, in der noch zwei gotische<br />
Bogen der ursprünglichen mittelalterlichen<br />
Struktur erhalten sind. Links<br />
(Hausnr. 21) der Eingang in das Oratorio<br />
della Confraternita <strong>di</strong> San Benedetto<br />
(heute Sitz des Centro turistico studentesco),<br />
entworfen von Valentino Mar -<br />
telli (1598) und ausgeschmückt mit<br />
Fresken von Matteo Salvucci (um 1610).<br />
Parallel zum Verlauf der etruskischen<br />
Stadtmauern zeigt <strong>di</strong>e Straße linkerhand<br />
<strong>di</strong>e typischen kleinen, senkrecht<br />
abgehenden Gässchen: Via dei Ciechi,<br />
Via Bella, Via del Lupo (Bild). <strong>Auf</strong> der<br />
Höhe der Nr. 14, rechts, der Palazzo<br />
Spinola, ein Beispiel für <strong>di</strong>e industrielle<br />
Nutzung ehemaliger Adelspaläste gegen<br />
Ende des 19. Jh. – hier wurden<br />
Seidenraupen gezüchtet.<br />
Der Weg geht wieder hinauf durch <strong>di</strong>e<br />
Via Bontempi, wo sich ein schöner Blick<br />
von der Treppe auf den Arco dei Gigli<br />
bietet, um über <strong>di</strong>e Via Sdrucciola, eine<br />
kurze Stufengasse, hinunter zu gehen,<br />
deren Namen ihre Besonderheit<br />
nennt (sdrucciolare - rutschen) und <strong>di</strong>e<br />
uns wieder in <strong>di</strong>e Via della Viola bringt.<br />
Gleich anschließend soll rechts hingewiesen<br />
werden auf <strong>di</strong>e Via della Pa -<br />
zien za, eine Sackgasse über einem noch<br />
sichtbaren schönen Abschnitt des etruskischen<br />
Mauerrings. Ganz am Ende der<br />
Via della Viola geht es rechts wieder<br />
hinauf über <strong>di</strong>e Via Cartolari (Bild), <strong>di</strong>e<br />
frühere Via della Berta, <strong>di</strong>e ihren<br />
Namen von den Cartolari hat, den<br />
Verkäufern von Papier und Büchern, <strong>di</strong>e<br />
gleichzeitig auch Buchbinder und<br />
<strong>PERUGIA</strong> 27
Drucker waren. Sie hatten mit ihren<br />
Nachkommen eine eigene Zunft gegründet,<br />
von der noch Spuren erhalten<br />
sind in der Werkstatt von Francesco <strong>di</strong><br />
Baldassarre und Girolamo <strong>di</strong> Francesco,<br />
mit Sitz vermutlich im Haus Nr. 3 mit<br />
einem schönen Portal, über dem ein<br />
Architrav <strong>di</strong>e Inschrift Concors industria<br />
trägt. <strong>Perugia</strong> war in der Tat eine<br />
der ersten italienischen Städte, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e<br />
Druckerkunst förderte, um 1471. Nur<br />
wenig weiter, bei Haus Nr. 9, das Haus<br />
des großen Peruginer Architekten<br />
Galeazzo Alessi (1512-71), der in Pe ru -<br />
gia und Rom seine Ausbildung gemacht<br />
hatte und später vor allem in Genua<br />
und Mailand tätig war. <strong>Auf</strong> dem rosettengeschmückten<br />
und von einem<br />
Wappen überkrönten Portal eine steinerne<br />
Gedenktafel für Alessi. Er hinterließ<br />
in <strong>Perugia</strong> große Werke, darunter<br />
den Ausbau der Strada nuova (der heutigen<br />
Via Mazzini), verschiedene Erwei -<br />
terungsbauten der Palazzo dei Prio ri,<br />
hatte, nach Sangallo, <strong>di</strong>e Bauleitung<br />
inne für <strong>di</strong>e Rocca Paolina und entwarf<br />
<strong>di</strong>e Villa del Car<strong>di</strong>nale.<br />
Alessi, der in der Kirche San Fiorenzo begraben<br />
liegt, wurde 1871 <strong>di</strong>e anschließende<br />
Straße, <strong>di</strong>e heutige Via Alessi<br />
(ehemals Via dei Calderari) gewidmet,<br />
<strong>di</strong>e uns wieder nach oben bringt<br />
Richtung Piazza Matteotti. Von hier aus<br />
geht es zur Via del Forno (Bild), einer historischen<br />
Gasse mit herrlicher Treppe<br />
auf der Rückseite des Palazzo Capocci<br />
(Bild); ihr Name erinnert an den<br />
Backofen des Lebensmittelgeschäfts<br />
Vitalesta, das hier seit den Anfängen des<br />
20. Jh. bestand; lange Zeit gab es noch<br />
eine Frittierküche, <strong>di</strong>e bei den Perugi -<br />
nern sehr bekannt war. Die Gasse mündet<br />
in <strong>di</strong>e Via Fani, <strong>di</strong>e früher rimbocco<br />
dei Pollaioli, Via della Chiavica und Via<br />
del Mercato hieß, als Hinweis auf das<br />
Marktareal del Sopramuro. Die Straße<br />
heißt heute nach Fani, einem Patrioten<br />
aus <strong>Perugia</strong> (1844-1914), Anhänger Ga -<br />
ri bal<strong>di</strong>s, Rechtsanwalt und zuletzt<br />
Justizminister 1898, wie <strong>di</strong>e steinerne<br />
Gedenktafel in der parallelen Via Maz -<br />
zi ni besagt, <strong>di</strong>e auf der Fassade seiner<br />
ehemaligen Kanzlei auf der Höhe der<br />
Hausnr. 14 angebracht ist. Schließlich<br />
geht es zurück auf den Corso Van nucci<br />
und danach auf <strong>di</strong>e Piazza IV No -<br />
vembre.
PORTA SANT’ANGELO<br />
Das Stadtviertel erhielt seinen Namen nach der alten Kirche zu Ehren des Erzengels<br />
Michael, dessen Feiertag der 29. September ist. Von ihm leitet sich auch das Wappen<br />
ab mit dem Bildnis, das den Erzengel oder einfach nur zwei Flügel und ein Schwert darstellt.<br />
Es ist rot, wie das Flammenschwert des Kriegerengels oder das Feuer, das mit dem<br />
Holz entzündet wurde, das durch <strong>di</strong>eses nach Norden zeigende Tor in <strong>di</strong>e Stadt gebracht<br />
wurde. Von hier ging <strong>di</strong>e Hauptstraße ab, <strong>di</strong>e in das nördliche Umland führte, <strong>di</strong>e „Via<br />
della Lungara“, der heutige „Corso Garibal<strong>di</strong>“. Das Viertel entwickelte sich im Laufe des<br />
13. Jh. zwischen dem Etruskischen Bogen und dem Convento <strong>di</strong> Monteripido und wurde<br />
dann durch den Mauerring aus den ersten Jahrzehnten des 14. Jh. in <strong>di</strong>e Stadt integriert.<br />
Trotz des Einzugs des Modernen hat sich das Viertel seinen ursprünglichen<br />
Charakter als Wohnviertel und Sitz von Kirchen und Klöstern erhalten.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 29
RUNDGANG PORTA SANT’ANGELO<br />
1 Piazza Danti<br />
2 Via delle Cantine<br />
3 Via Baldeschi<br />
4 Via Appia<br />
5 Via dell’Eremita<br />
6 Via San Sebastiano<br />
7 Via Santa Elisabetta<br />
8 Via del Poeta<br />
9 Via Lupattelli<br />
10 Via Piacevole<br />
11 Corso Garibal<strong>di</strong><br />
12 Via Benedetta<br />
13 Via del Fagiano<br />
14 Via della Ron<strong>di</strong>ne<br />
15 Vicolo <strong>di</strong> Sant’Agnese<br />
16 Via Persa<br />
17 Via Fuori le Mura<br />
18 Via del Tempio<br />
19 Via della Spada<br />
20 Via del Canerino<br />
21 Via della Torretta<br />
22 Via Ombrosa<br />
23 Via della Cera<br />
24 Via Lucida<br />
25 Via del Mogherino<br />
26 Via del Pepe<br />
27 Via Cometa<br />
28 Via dell’Oro<br />
29 Via dei Martelli<br />
30 Via dei Solfaroli<br />
18<br />
17<br />
16<br />
15<br />
31 Piazza Lupattelli<br />
32 Via dei Pellari<br />
33 Via dei Barutoli<br />
34 Via del Piccione<br />
35 Via del Bulagaio<br />
36 Piazza Braccio Fortebracci<br />
37 Via Ulisse Rocchi<br />
38 Via Pozzo Campana<br />
39 Via della Nespola<br />
40 Piazzetta Alfani<br />
41 Piazzetta Ansidei<br />
Piazza Danti<br />
Alternativer Rundgang von<br />
der Via Appia über <strong>di</strong>e Via<br />
dell’Acquedotto und <strong>di</strong> Via del<br />
Fagiano bis zur Via Benedetta<br />
19<br />
14<br />
21<br />
20<br />
22<br />
25 26<br />
24<br />
23<br />
12<br />
13<br />
28 29<br />
27<br />
11<br />
30
31<br />
34<br />
m slm<br />
492<br />
482<br />
472<br />
462<br />
452<br />
442<br />
432<br />
422<br />
412<br />
32<br />
33<br />
4<br />
9<br />
7<br />
35<br />
10<br />
8<br />
7<br />
12<br />
36<br />
6<br />
5<br />
17<br />
37<br />
19<br />
21<br />
38<br />
40<br />
39<br />
41<br />
4<br />
3<br />
<strong>PERUGIA</strong><br />
300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />
36<br />
2<br />
1<br />
m<br />
<strong>PERUGIA</strong> 31
Von der Piazza Danti aus kann entlang<br />
der Seitenfasse der Kathedrale San<br />
Lorenzo das Äußere der Cappella Ora -<br />
<strong>di</strong>ni oder „del Santissimo Sacra mento”<br />
(Kapelle des Heiligsten Sakra ments) bewundert<br />
werden, ein architektonisch<br />
bedeutender, Alessi (1576)<br />
zugeschriebener Nebenbau der Kathe -<br />
drale. Er umfasst mehrere Abschnitte<br />
aus verschiedenen Epochen, von denen<br />
der erste unten eine Reihe sich abwechselnder<br />
Türen und Fenster hat, <strong>di</strong>e<br />
heute zu Geschäften gehören.<br />
<strong>Auf</strong> dem abschließenden Gesims tritt ein<br />
Löwenkopf hervor (Bild), zu Ehren des<br />
<strong>Auf</strong>traggebers Leo Balionis Archi pre -<br />
sbiter, dessen Initialen auf den Archi -<br />
traven zu sehen sind. Im oberen Teil des<br />
Mauerwerks hingegen sind mit farbigen<br />
Ziegeln geschmückte Felder zu sehen.<br />
Im ersten Stockwerk befindet sich das<br />
mit einer hübschen Kuppel gekrönte<br />
Baptisterium, das der Kapelle zuletzt<br />
angefügt wurde.<br />
Die erste Gasse links geht es bergabwärts<br />
durch <strong>di</strong>e Via delle Cantine (Bild),<br />
deren Namen auf <strong>di</strong>e großartigen Keller<br />
des Palazzo dei Canonici zurückgeht,<br />
<strong>di</strong>e berühmt waren für ihren Überfluss<br />
an Wein, der laut Überlieferung sogar<br />
dazu <strong>di</strong>ente, den Brand von 1315 zu löschen.<br />
Parallel zu der Außenmauer mit<br />
Polsterquadern verläuft intern eine<br />
mächtige etruskische Travertinsteinmauer<br />
aus derselben Zeit wie <strong>di</strong>e Stadtmauer,<br />
<strong>di</strong>e vermutlich als Stützmauer für das<br />
etruskisch-römische Forum <strong>di</strong>ente.<br />
Nun erreicht man Via Baldeschi, <strong>di</strong>e<br />
1871 nach der Familie benannt wurde,<br />
<strong>di</strong>e auf den berühmten Rechtsgelehrten<br />
Baldo degli Ubal<strong>di</strong> zurück geht. Das<br />
Haus mit der Nr. 2 ist einer der beiden<br />
Stadtpaläste der Baldeschi, heißt aber<br />
heute Palazzo Bonucci. Filippo, Sohn<br />
des Gentile <strong>di</strong> Baldo ließ das Gebäude<br />
1563 errichten. Es beherbergte das<br />
Collegio dei Legisti (Kolleg der Rechts -<br />
gelehrten) (siehe Inschrift über dem<br />
Portal) und – im 18. Jh. – das Musik -<br />
institut sowie <strong>di</strong>e Werkstatt des<br />
Bildhauers Giuseppe Frenguelli. Es hatte<br />
einen großen Garten mit Aussicht auf<br />
<strong>di</strong>e „Conca”, der aber zwischen 1901<br />
und 1906 für den Bau der neuen Via<br />
Battisti um <strong>di</strong>e Hälfte verkleinert wurde.<br />
Durch <strong>di</strong>e Via Appia geht es weiter<br />
bergab, durch den Bogen, den Arco <strong>di</strong><br />
Via Appia, von dem aus man einen der<br />
schönsten Ausblicke auf <strong>di</strong>e Conca und<br />
den Borgo Sant’Angelo hat (Bild).
<strong>Auf</strong> der Längsseite der Treppe rechts<br />
befindet sich der Eingang zur Schlupf -<br />
pforte der Conca, einem steilen<br />
Fußgängerdurchlass aus der Etrus -<br />
kerzeit, der im Mittelalter als Stollen für<br />
<strong>di</strong>e Wasserleitungen benutzt wurde, <strong>di</strong>e<br />
<strong>di</strong>e Fontana Maggiore speisten.<br />
Beachtenswert ist das Stadtwappen<br />
oben mit dem Greif.<br />
Der Stollen wurde im Winter mit<br />
Schnee gefüllt, um ihn im Sommer zu<br />
Kühlzwecken zu entnehmen (siehe Pia -<br />
nesi, 1998, S. 75).<br />
Abstecher durch <strong>di</strong>e Via dell‘Acquedotto<br />
Über einen anderen, kürzeren Weg<br />
kommt man zum Corso Garibal<strong>di</strong> von<br />
der Via Appia bis zur Via Benedetta<br />
über <strong>di</strong>e Via dell’Acquedotto (Bild), <strong>di</strong>e<br />
wohl <strong>di</strong>e charakteristischste Hochstraße<br />
von <strong>Perugia</strong> ist, <strong>di</strong>e zur Via del Fagiano<br />
führt und danach zur Via Benedetta.<br />
Die Straße, <strong>di</strong>e früher Via degli Archi dei<br />
Condotti hieß, verläuft auf den Bogen<br />
des mittelalterlichen Aquädukts (siehe<br />
Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 27) und wurde<br />
1821 mit seitlichen Brüstungen versehen.<br />
Sie <strong>di</strong>ent als Zugangsweg zu den<br />
oberen Stockwerken der Häuser entlang<br />
der Straße. �<br />
Am Ende der Via Appia, links, nach der<br />
Via del Pero und der Via del Cardellino,<br />
geht der Weg unterhalb der noch vorhandenen<br />
Bogen des mittelalterlichen<br />
Aquädukts weiter durch <strong>di</strong>e Via del -<br />
l’Ere mita. Die Bezeichnung erinnert an<br />
Pater Francesco Van Outers, der in<br />
Brüssel geboren wurde und nach 60jährigem<br />
Einsiedlerleben hier Alter von<br />
91 Jahren starb. Er fand in der Chiesetta<br />
dei Santi Sebastiano e Rocco (ebenda)<br />
seine letzte Ruhestätte, <strong>di</strong>e man über<br />
den kleinen Platz am Ende der Straße<br />
links erreicht.<br />
Der Journalist Ugo Baduel aus <strong>Perugia</strong><br />
lieferte eine schöne Schilderung davon.<br />
Er schreibt sie der Pfarrei Santa Elisa -<br />
betta zu und berichtet, dass der<br />
Fassadenschmuck aus Keramik, den sein<br />
Vater anlässlich der Geburt seiner<br />
Kinder anbringen ließ (Bild), aus der<br />
Fabrik La Salamandra stammt, deren<br />
hoher Kamin immer noch zu sehen ist,<br />
nicht weit entfernt, in der Nähe von<br />
San Francesco delle Donne (Baduel,<br />
1992, S. 196-197, 232 ff.).<br />
<strong>Auf</strong> dem Architrav des heutigen<br />
Zugangstor steht seitlich das Motto:<br />
„Pace a chi entra, salute a chi esce”<br />
(Frieden den Kommenden, Gesundheit<br />
den Gehenden). Das Innere ist geschmückt<br />
mit einer wertvollen Decke<br />
aus bemaltem Holz und Fresken von<br />
Pietro Montanini (1655).<br />
Die Via dell’Eremita mündet in <strong>di</strong>e Via<br />
San Sebastiano, <strong>di</strong>e wiederum auf <strong>di</strong>e<br />
Via Santa Elisabetta geht, benannt nach<br />
der Kirche aus dem 14. Jh. zu Ehren der<br />
Heiligen aus Ungarn, <strong>di</strong>e in <strong>Perugia</strong> am<br />
27. Mai 1235 von Papst Gregor IX. kanonisiert<br />
wurde. Die Kirche steht mitten in<br />
der Conca und war Sitz der Färberzunft.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 33
Der mit Wasser gut versorgte Ort begünstigte<br />
in der Tat <strong>di</strong>e Ansiedlung von<br />
Handwerksbetrieben, <strong>di</strong>e sich mit der<br />
Gerberei befassten (<strong>di</strong>e Gerberbecken<br />
sind außerhalb des Tors noch zu sehen).<br />
In der römischen Zeit befanden sich hier<br />
<strong>di</strong>e Thermen, von denen noch das berühmte<br />
Mosaics <strong>di</strong> Orfeo (s. Guida <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong>, 2006, S. 27) erhalten ist. Von<br />
der zu Beginn des 20. Jh. abgerissenen<br />
Kirche ist in der Nähe zum Eingang zum<br />
Mosaik nur noch ein Teil einer Mauer<br />
übrig mit einer Majolika, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Hl.<br />
Elisabeth darstellt (Bild).<br />
Nun geht es wieder bergauf, in<br />
Richtung der Bogen des Aquädukts, bis<br />
zur Via del Poeta links, <strong>di</strong>e 1958 wieder<br />
so genannt wurde (als das Gesetz<br />
Merlin in Kraft trat, das u. a. <strong>di</strong>e<br />
Schließung der Freudenhäuser vorsah),<br />
nachdem dort ein Freudenhaus gestanden<br />
hatte, <strong>di</strong>e so genannte Casa della<br />
Bianca, das aus der nahe gelegenen Via<br />
Corrotta (einer quer zur Via del<br />
Maneggio verlaufenden Sackgasse), einer<br />
Bordellzone, umgesiedelt worden<br />
war, in eines der ärmsten Viertel<br />
<strong>Perugia</strong>s. Ist man oben in der Gasse angekommen<br />
geht es rechts weiter bis zur<br />
ersten Straße links, der Via Lupattelli,<br />
<strong>di</strong>e 1871 dem Patrioten des Risorgi -<br />
mento aus <strong>Perugia</strong> gewidmet wurde,<br />
der zusammen mit den Brüdern Ban -<br />
<strong>di</strong>era 1844 in Cosenza zum Tod durch<br />
Erschießen verurteilt worden war.<br />
Nach einer platzartigen Erweiterung<br />
der Straße kommt rechts <strong>di</strong>e Via Piace -<br />
vole, von der <strong>di</strong>e Via del Senso und andere<br />
Gassen abgehen. Weiter durch <strong>di</strong>e<br />
Via Lupattelli (Bild) gelangt man zur<br />
Hausnr. 9, wo eine steinerne Tafel <strong>di</strong>e<br />
Geburtsstätte Lupattellis anzeigt, um<br />
nach den charakteristischen Gassen Via<br />
Graziosa, Via Gentile und Via del Gallo<br />
weiter zu gehen, bis man schließlich<br />
den Corso Garibal<strong>di</strong> erreicht hat.<br />
Früher hieß <strong>di</strong>e schmale, lange Straße<br />
Via della Lungara (wie <strong>di</strong>e gleichnamige<br />
Straße in Rom), wurde dann aber nach<br />
dem Helden des italienischen Risorgi -<br />
mento benannt. Typisch für den Corso<br />
sind <strong>di</strong>e einfache Architektur, <strong>di</strong>e kleinen,<br />
kompakten mittelalterlichen Häuserzeilen<br />
(Bild), mit kleinen Höfen und<br />
Gärten auf der der Straße abgewandten<br />
Seite. Es sind auch seltene Typologien<br />
aus der Antike sowie einige wichtige<br />
Häuser dabei, neben zahlreichen<br />
Klostergebäuden.
Verlässt man den Corso und geht links<br />
bergauf, fällt das Auge auf <strong>di</strong>e Gebäude<br />
der mächtigen Arte della Mercanzia,<br />
<strong>di</strong>e zu den größten der Stadt <strong>Perugia</strong><br />
zählt und einen ganzen Häuserblock<br />
umfasst (bis zur Hausnummer 104) und<br />
auf der Fassade als Kennzeichen einen<br />
steinernen Greifen trägt, der ein<br />
Warenbündel in den Krallen hält, das<br />
Symbol der Kaufleutezunft (Bild).<br />
Mit dazu gehört auch <strong>di</strong>e Nr. 84, das alte<br />
Ospedale dei poveri, ein Ziegelbau<br />
vom Ende des 13. Jh., der bis vor wenigen<br />
Jahrzehnten noch als Schlafstätte für<br />
Obdachlose <strong>di</strong>ente. Das Eingangstor aus<br />
Travertin (1570) führt in einen schönen,<br />
dreischiffigen Saal mit 10 Trennsäulen, in<br />
dem <strong>di</strong>e Betten aufgestellt waren und zu<br />
den Sälen in den oberen Etagen (für<br />
Besichtigungen wenden Sie sich an das<br />
Nobile Collegio della Mercanzia auf<br />
dem Corso Van nuc ci) (Bild).<br />
Mit dem Komplex verbunden war <strong>di</strong>e<br />
Chiesetta <strong>di</strong> Sant’Egi<strong>di</strong>o (1793), mit<br />
Fresken zum Leben des Heiligen, <strong>di</strong>e in<br />
dem Gebäude mit der Nr. 88, nach der<br />
Ä<strong>di</strong>kula einer Madonna von 1805 (Bild),<br />
besichtigt werden können. Das Haus<br />
mit der Nr. 104 trägt auf dem Architrav<br />
über der Eingangstür eine gastfreundliche<br />
lateinische Inschrift: TUMQUODC-<br />
VIQUE („Jedes Ding ist dein”).<br />
An Stelle der Häuser Nr. 104-106 stand<br />
<strong>di</strong>e in der 2. Hälfte des 13. Jh. errichtete<br />
Kirche San Cristoforo, <strong>di</strong>e mehrmals restauriert<br />
und dann geschlossen wurde.<br />
Von ihr ist nur noch <strong>di</strong>e Natursteinfassade<br />
mit dem Satteldach und dem Tor mit<br />
Baldachin zu erkennen, darüber in einem<br />
Dreieck ein Winkeleisen und ein<br />
Zirkel, das Symbol der Freimaurer, einer<br />
in der Geschichte des Viertels stark verankerten<br />
Vereinigung (Bild).<br />
Ein altes Gebäude mit der Hausnr. 128<br />
-130 zeigt eine schöne Außentreppe;<br />
eine steinerne Gedenktafel an der<br />
Fassade erinnert an den Anhänger<br />
Mazzinis und Garibal<strong>di</strong>s Guglielmo<br />
Miliocchi, der hier starb. Das Gebäude<br />
<strong>PERUGIA</strong> 35
mit der Hausnr. 142-144 ist hingegen<br />
ein herrschaftliches Wohnhaus mit<br />
Travertinfenstern.<br />
Die Straße hoch verlässt man nach der<br />
Via della Pietra den Corso, um <strong>di</strong>e Via<br />
Benedetta zu nehmen, <strong>di</strong>e früher Via<br />
dei Condotti, wegen ihrer Nähe zu dem<br />
mittelalterlichen Aquädukt.<br />
Sie führt zum ehemaligen Konvent und<br />
der Kirche San Benedetto (ebenda, S.<br />
28). Dort, wo sich <strong>di</strong>e Straße verbreitert,<br />
geht <strong>di</strong>e Via del Fagiano ab, ebenfalls<br />
Teil der ehemaligen Via dei Condotti,<br />
<strong>di</strong>e genau oberhalb des Verlaufs des<br />
Aquädukts gebaut wurde und von wo<br />
aus man einen herrlichen Blick auf <strong>di</strong>e<br />
Altstadt genießt (Bild).<br />
Der Gebäudekomplex gegenüber stammt<br />
von 1421, wurde mehrmals restauriert<br />
und <strong>di</strong>ente unterschiedlichen Zwecken.<br />
In dem 1820 geschlossenen Kloster<br />
fand bereits 1811 <strong>di</strong>e erste<br />
Versammlung der Freimaurerloge statt,<br />
danach beherbergte es das Graziani-<br />
Konservatorium und schließlich das<br />
Institut für verlassene und ausgesetzte<br />
Kinder. Heute sind in ihm Büros der<br />
Universität untergebracht (ADISU,<br />
Hausnr. 14).<br />
Erwähnenswert sind der Glockenturm<br />
(Bild), der auch aus der Ferne wegen<br />
seiner orientalisch anmutenden Form<br />
mit der Zwiebel und seinem reichen<br />
Ziegelsteinschmuck gut erkennbar ist,<br />
der Travertinbrunnen im Kreuzgang,<br />
das Innere der Kirche mit wertvollen<br />
Fresken aus dem 15. Jh. und <strong>di</strong>e Böden<br />
des Schiffs und der Hauptkapelle aus<br />
Majolikafließen aus dem 16. Jh.<br />
(<strong>Perugia</strong>, 1993, S. 110).<br />
Weiter über <strong>di</strong>e Via Benedetta bis zur<br />
Via della Ron<strong>di</strong>ne, <strong>di</strong>e wieder in den<br />
Corso einmündet. Im letzten Abschnitt<br />
auf der linken Seite liegen große<br />
Klostergebäude wie das Monastero <strong>di</strong><br />
Sant’Antonio da Padova (Hausnr. 220)<br />
aus dem 15. Jh., das abgerissen, umfassend<br />
rekonstruiert und schließlich in<br />
den 70er Jahren ein Studentinnenheim<br />
wurde. Bis 1810 befand sich hier das<br />
Polyptychon des Hl. Antonius (heute in<br />
der Galleria Nazionale dell’Umbria), ein<br />
Meisterwerk von Piero della Francesca,<br />
das Ilaria Baglioni, Äbtissin des Klosters,<br />
in <strong>Auf</strong>trag gegeben hatte.<br />
Etwas weiter das ehemalige Kloster der<br />
Hl. Lucia (ex monastero <strong>di</strong> Santa Lu cia),<br />
nach einem schönen Eingang aus<br />
Ziegelwerk von 1706, in dem bis 1870<br />
das Conservatorio Antinori untergebracht<br />
war, eine Einrichtung für<br />
Assistenz und Berufsbildung für sozial<br />
ausgegrenzte Mädchen bis 1870<br />
(Bild).<br />
Es folgt <strong>di</strong>e Sackgasse Vicolo Sant’A -
gnese, <strong>di</strong>e vor der gleichnamigen<br />
Kirche und dem Kloster der Klarissinnen<br />
endet, <strong>di</strong>e seit 1330 hierher von Bo -<br />
neggio umgesiedelt waren. Die Kirche<br />
wurde im 17. Jh. umgebaut und 1816<br />
restauriert, nachdem sie durch <strong>di</strong>e<br />
Franzosen geschlossen worden war (s.<br />
Gui da <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 29).<br />
Die letzte Sackgasse links ist <strong>di</strong>e Via<br />
Persa oder „<strong>di</strong>e verlorene Gasse”, wegen<br />
ihrer großen Entfernung zum Zentrum.<br />
<strong>Auf</strong> der Fortsetzung des Wegs über den<br />
Corso lohnt es sich, in dem hübschen<br />
kleinen öffentlichen Park bei der<br />
Hausnr. 252 zu rasten, mit Bänken und<br />
einem Brunnen unter einer Pergola, wo<br />
sich bis vor wenigen Jahren öffentliche<br />
Waschhäuser befanden (Bild).<br />
Beim Cassero, dem Wehrturm, angelangt<br />
(ebenda, S. 30), außerhalb des<br />
Stadttors, geht der Blick von der Via<br />
Fuori le Mura zur mittelalterlichen<br />
Stadtmauer, von San Matteo degli Ar -<br />
meni bis Monteripido (ebenda). Vom<br />
Cassero, von dessen Terrasse aus sich<br />
ein großartiger Rundblick bietet, führen<br />
Treppenstufen bis zum Tempio <strong>di</strong><br />
Sant’An gelo (ebenda), der mit seinem<br />
grünen Rasen und von Zypressen umstanden<br />
zu einem der schönsten Plätze<br />
<strong>Perugia</strong>s zählt. Hier steht eine Säule römischen<br />
Ursprungs auf der ein Kreuz<br />
steht. Sie wurde 1865 von der Piazza<br />
del Sopramuro oder, laut anderen<br />
Quellen, von der Piazza del Duomo, wo<br />
sie den Flaschenzug eines Brunnens<br />
trug (Bild), hierher gebracht.<br />
Der Weg geht weiter, hinab durch <strong>di</strong>e<br />
links- und rechtsseitig von Häuserzeilen<br />
gesäumten Via del Tempio, <strong>di</strong>e am<br />
Ende, in der Nähe der Wegkreuzung, in<br />
einer winzigen Eckkapelle für <strong>di</strong>e<br />
Madonna ausiliatrice endet. Sie wird im<br />
Volksmund auch Madonna della Stella<br />
genannt wegen ihres dunklen Mantels,<br />
der mit einem großen Stern geschmükkt<br />
ist. Das Fresko (16. Jh.) kann durch<br />
das Fenster in der Tür betrachtet werden,<br />
<strong>di</strong>e anlässlich der Festa <strong>di</strong><br />
Sant’Angelo am 29. September geöffnet<br />
wird (Bild).<br />
Die Straße abwärts, kommt man nach<br />
der Straße, <strong>di</strong>e zum mittelalterlichen<br />
<strong>PERUGIA</strong> 37
Stadttor Porta dello Speran<strong>di</strong>o geht,<br />
auf der Höhe der Hausnr. 191 und immer<br />
auf der linken Seite, zum Kloster<br />
der Beata Colomba (<strong>di</strong>e große<br />
Mystikerin, geboren 1467 in Rieti, gestorben<br />
1501 in <strong>Perugia</strong>), mit extrem<br />
schlichter Fassade, einem Bogenfenster<br />
mit einem gewendelten Bogen aus kleinen<br />
Ziegeln, dem Spendeneinwurf, einer<br />
Gedenktafel aus rosafarbenem<br />
Stein und einem Tontaubenrelief über<br />
dem Portal (ebenda, S. 29) (Bild).<br />
Fassadeninschrift erinnert an <strong>di</strong>e Überlieferung,<br />
nach der sich hier der Hl.<br />
Franziskus von Assisi und der Hl.<br />
Domenico <strong>di</strong> Guzman im Jahr 1220 trafen<br />
und ein Zitat der Verse von Dante<br />
zu den beiden berühmten Heiligen<br />
(Para<strong>di</strong>es, XI, V. 37-39).<br />
Es folgt <strong>di</strong>e Kirche Santa Caterina<br />
d’Alessandria (1658) und das gleichnamige<br />
Bene<strong>di</strong>ktinerkloster, geschaffen<br />
von Galeazzo Alessi (1547) (Bild), in<br />
dem sich von 1903 bis in <strong>di</strong>e 60er Jahre<br />
<strong>di</strong>e Fabrik Saffa (Società Anonima<br />
Fabbriche Fiammiferi e Affini <strong>di</strong> Milano)<br />
befand, gegründet von Attilio und Luigi<br />
Purgotti, Chemiker und Erfinder der<br />
„hygienischen Streichhölzer”, <strong>di</strong>e sicherer<br />
waren, weil sie kein Phosphor mehr<br />
enthielten. Die Fabrik mit ihren<br />
Kämpfen und Streiks gegen <strong>di</strong>e Aus -<br />
beutung der Arbeiter hat <strong>di</strong>e proletarischen<br />
Aspektes des Stadtviertel geprägt<br />
(ebenda, S. 28).<br />
Es geht wieder hinunter auf der linken<br />
Seite der Straße, in <strong>di</strong>e eine Reihe parallel<br />
zueinander verlaufender Gäss -<br />
chen einmünden, mit der typischem<br />
kammförmigen Struktur: Via della<br />
Spa da, <strong>di</strong>e erste Sackgasse, neben der<br />
Kirche Santa Caterina, <strong>di</strong>e nach dem<br />
Symbol des Viertels, dem geflügelten<br />
Schwert des kriegerischen Engels, benannt<br />
ist oder vielleicht auch nach den<br />
früher hier ansässigen Schwert -<br />
schmieden. Links öffnet sich <strong>di</strong>e Via del<br />
Canerino, dann geht es weiter durch<br />
<strong>di</strong>e Querstraße, <strong>di</strong>e Via della Torretta<br />
entlang der mittelalterlichen Mauern,<br />
<strong>di</strong>e so heißt nach einem Turm zwischen<br />
der Porta dello Speran<strong>di</strong>o und der Porta<br />
del Bulagaio.<br />
Ein Mauerdurchbruch gibt den Blick<br />
frei auf <strong>di</strong>e Grünflächen des Parco<br />
Sant’Angelo mit schöner Aussicht auf<br />
den mittelalterlichen Mauerring und<br />
<strong>di</strong>e weitere Umgebung. In der Nähe eines<br />
Hauses mit einer hübschen kleinen<br />
Loggia aus gebranntem Ton (Bild) geht<br />
es wieder auf <strong>di</strong>e Straße.
Weiter bergabwärts folgen <strong>di</strong>e Sack -<br />
gassen Via Ombrosa und Via della<br />
Cera, vielleicht nach einer Kerzen -<br />
zieherei so genannt. Über <strong>di</strong>e Via Lu -<br />
cida gelangt man zur Via del Mo ghe -<br />
rino, <strong>di</strong>e laut Gigliarelli (in: Zappelli,<br />
1999, S. 130) nach dem arabischen<br />
Jasmin, der aus dem Orient stammt, benannt<br />
wurde. Entlang des Wegs trifft<br />
man auf <strong>di</strong>e Sackgasse Via del Pepe,<br />
eventuell so genannt nach einer dort<br />
ansässigen Gewürzhandlung.<br />
Dann nimmt man <strong>di</strong>e ansteigende Via<br />
Cometa, <strong>di</strong>e in <strong>di</strong>e Via dell’Oro (Bild)<br />
einmündet; <strong>di</strong>e Gasse ist verbunden mit<br />
der Erinnerung an Vittorio Gorini, einen<br />
populären pittoresken „Freidenker” aus<br />
<strong>Perugia</strong>, der im Haus Nr. 2 in einer – für<br />
Besucher und Neugierige offene –<br />
Werkstattwohnung lebte, noch vor wenigen<br />
Jahren bis zu seinem Tod 2006.<br />
Der Straßenname rührt wahrscheinlich<br />
von einigen Goldgeschäften her, <strong>di</strong>e sich<br />
hier befanden. Von der Straße biegt man<br />
dann in <strong>di</strong>e nächste Gasse ein, in <strong>di</strong>e Via<br />
dei Martelli, <strong>di</strong>e an das Handwerk der<br />
Hammerschmiede erinnert; sie ist mit<br />
der Via dei Solfaroli verbunden, deren<br />
Name mit der Herstellung von Schwe -<br />
felhölzern (<strong>di</strong>e im Dialekt von <strong>Perugia</strong><br />
„zolfini“ heißen) zu tun hat.<br />
Wieder auf der Straße geht es über <strong>di</strong>e<br />
Piazza Lupattelli (früher Piazza Sant’A -<br />
gostino), <strong>di</strong>e ebenfalls dem Patrioten<br />
aus dem Risorgimento gewidmet ist.<br />
Den Platz dominiert der Komplex von<br />
Sant’Agostino mit seinen Oratorien (s.<br />
Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 31). Dann<br />
biegt man ein in <strong>di</strong>e nächste Straße, <strong>di</strong>e<br />
Via dei Pellari, <strong>di</strong>e an ein weiteres ausgestorbenes<br />
Handwerk erinnert (pellari<br />
– Lederverarbeiter). Die Gasse ist verbunden<br />
mit der steilen, malerischen Via<br />
dei Barutoli, einem toponymischen<br />
Dialektausdruck, der <strong>di</strong>e Gefahr des<br />
„barutolare” bezeichnet, des Hinunter -<br />
kugelns über <strong>di</strong>e steilen Treppenstufen<br />
(Bild). Von hier aus hat man einen schönen<br />
Blick auf den Glockenturm von<br />
Santa Maria Nuova.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 39
Geradeaus weiter geht es dann rechts in<br />
<strong>di</strong>e Via del Piccione, <strong>di</strong>e auf eine hoch<br />
gelegene Terrasse führt mit Blick über<br />
<strong>di</strong>e Bulagaio-Abhänge und von wo aus<br />
man den Spazierweg im Parco <strong>di</strong><br />
Sant’Angelo nehmen kann. Wir kehren<br />
zurück, hinunter durch <strong>di</strong>e Via dei<br />
Barutoli und am Ende rechts in <strong>di</strong>e Via<br />
del Bulagaio (Bild), <strong>di</strong>e vermutlich bereits<br />
in der Etruskerzeit genutzt war –<br />
das Toponym ist evtl. abgeleitet von<br />
„bugliare”, was „Abfälle einen steilen,<br />
wilden Abhang hinunter werfen“ bedeutet.<br />
Die Straße geht <strong>di</strong>rekt auf <strong>di</strong>e<br />
Piazza Fortebracci, <strong>di</strong>e ehemalige<br />
Piazza Grimana, <strong>di</strong>e im 16. Jh. durch<br />
den Kar<strong>di</strong>nal Marino Grimani aufgeschüttet<br />
wurde und überstanden ist<br />
von dem mächtigen Arco Etrusco (oder<br />
auch: Arco <strong>di</strong> Augusto) und dem<br />
Palazzo Gallenga Stuart, dem früheren<br />
Palazzo Antinori (ebenda, S. 31-32), einem<br />
Barockbau, dessen hinterer<br />
Gebäudeteil in den 30er Jahren des 18.<br />
Jh. angefügt wurde. Vom Arco Etrusco<br />
geht es bergauf über <strong>di</strong>e Via Ulisse<br />
Rocchi, benannt nach dem Peruginer<br />
Arzt Ulisse Rocchi (1837-1919), der lange<br />
Jahre Bürgermeister der Stadt war.<br />
Die Peruginer kennen <strong>di</strong>e Straße noch<br />
unter dem Namen Via Vecchia, der alten<br />
Nord-Süd-Achse der etruskisch-römischen<br />
Stadt, von der noch Abschnitte<br />
der Pflasterung gefunden worden sind.<br />
Nach dem Bogen erinnert ein<br />
Gedenkstein am Haus Nr. 58 an den<br />
Maler und Bildhauer Arturo Checchi<br />
(Florenz 1886 - <strong>Perugia</strong> 1971), der hier<br />
lebte.<br />
Gegenüber, gleich nach dem Palazzo<br />
Brutti aus dem 17. Jh. (zurzeit Sitz der<br />
Soprintendenza per i Beni Architet to -<br />
nici, il Paesaggio, il Patrimonio Stori co,<br />
Artistico ed Etnoantropologico del -<br />
l’Umbria) kommt <strong>di</strong>e Via Pozzo Cam -<br />
pana, so benannt nach dem Brunnen,<br />
der Wasser sammelte und es an den<br />
Brunnen auf der weiter unten liegenden<br />
Piazza Grimana abgab. Die abzweigende<br />
Gasse bildet einen kleinen Platz, wo sich<br />
in den Häusern von Nr. 14 bis 18 noch<br />
mittelalterliche Steintürme erkennen<br />
lassen. Es geht weiter, nach rechts, über<br />
einen teilweise überwölbten Weg, um<br />
unter einem Bogen <strong>di</strong>e Treppe in <strong>di</strong>e Via<br />
Ulisse Rocchi hinab zu nehmen. Bei der<br />
Nr. 29 befand sich <strong>di</strong>e ehemalige Kirche<br />
San Donato, ursprünglich aus dem 13.<br />
Jh., aber jetzt umfassend umgebaut, an<br />
der Ecke mit der Via della Nespola. Sie<br />
<strong>di</strong>ent heute als Geschäftsräume (Erd -<br />
geschoss) und für Wohnungen (Ober -<br />
geschoss). In dem Bezirk lag früher <strong>di</strong>e<br />
erste Synagoge, um <strong>di</strong>e herum sich der<br />
Großteil der Juden in <strong>Perugia</strong> niederließen<br />
(ohne dass sich aber jemals ein<br />
richtiges Ghet to bildete), bis zu ihrer<br />
Verbannung aus der Stadt 1569, in <strong>di</strong>e<br />
sie erst in der ersten Hälfte des 19. Jh.<br />
wieder zu rückkehrten (Toaff, 1975). Die<br />
Stadtverwaltung ließ Anfang 2006 einen<br />
Gedenkstein zur Erinnerung anbringen.<br />
Von der Via Ulisse Rocchi führt eine<br />
steile kleine Gasse mit Treppen neben<br />
der ehemaligen Kirche, <strong>di</strong>e Via della<br />
Ne spola auf <strong>di</strong>e hübsche Piazzetta<br />
Alfani, Geschlechtsname einer alten<br />
Familie aus <strong>Perugia</strong>, deren Gründer der<br />
berühmte Jurist Bartolo da Sassoferrato<br />
war. Ihr entstammen <strong>di</strong>e beiden Maler<br />
Domenico und Orazio Alfani sowie <strong>di</strong>e<br />
Juristen Bernar<strong>di</strong>no und Buonaccorso.<br />
Es geht zurück auf <strong>di</strong>e Piazzetta An -<br />
sidei, der ehemaligen Piazza San Dona -<br />
to, 1871 so benannt nach einer alteingesessenen<br />
Peruginer Familie, <strong>di</strong>e hier<br />
einen ihrer Paläste hatte – <strong>di</strong>e Ansidei<br />
<strong>di</strong> Catrano (einer nicht mehr vorhandenen<br />
Burg im NW von <strong>Perugia</strong>), <strong>di</strong>e bereits<br />
Anfang des 15. Jh. in <strong>di</strong>e Stadt<br />
übergesiedelt waren. Ein Gedenksein<br />
auf der Fassade des Palastes erinnert an<br />
den Conte Reginaldo, der ab 1861 sechzehn<br />
Jahre lang Bürgermeister von<br />
<strong>Perugia</strong> war.<br />
Via Ulisse Rocchi führt über einen steilen<br />
und engen Abschnitt weiter zwischen<br />
hohen Häusern, darunter auch<br />
der Palazzo Coppoli (dem heutigen Sitz<br />
der Enoteca provinciale), dem Palast einer<br />
uralt eingesessenen, mächtigen<br />
Familie, bis auf <strong>di</strong>e Piazza Danti.
PORTA SANTA SUSANNA<br />
Das Viertel heißt so nach seiner Schutzpatronin, <strong>di</strong>e – neben dem älteren Bild des<br />
Bärens - den Stadtteil symbolisiert. Später wurde sie auch durch <strong>di</strong>e Kette ersetzt, <strong>di</strong>e<br />
bis heute erinnert an gegen den Feind verriegelten Tore, wie es seit 1327 in der Via dei<br />
Priori dokumentiert ist. Die Farbe ist himmelblau, auch in Anspielung auf das Wasser<br />
des Trasimener Sees, an den man durch <strong>di</strong>eses Stadttor in westlicher Richtung über <strong>di</strong>e<br />
Ausfallstraße Richtung Cortona kommt.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 41
RUNDGANG PORTA SANTA SUSANNA<br />
26<br />
25<br />
29<br />
28<br />
30<br />
1 Corso Vannucci<br />
2 Via dei Priori<br />
3 Via del Dado<br />
4 Via dell’Orso<br />
5 Via Sant’Agata<br />
6 Via Vermiglioli<br />
7 Via Deliziosa<br />
8 Via dei Gatti<br />
9 Via Benincasa<br />
10 Via del Morone<br />
11 Via Santo Stefano<br />
12 Via Vincioli<br />
13 Via degli Offici<br />
14 Via della Pernice<br />
15 Via Guardabassi<br />
16 Piazzetta San Paolo<br />
17 Via dell’Arco<br />
18 Via del Poggio<br />
19 Via della Lucertola<br />
20 Via della Tartaruga<br />
21 Via San Francesco<br />
24<br />
27<br />
22<br />
23<br />
21<br />
31<br />
22 Piazza San Francesco<br />
al Prato<br />
23 Via Curiosa<br />
24 Via del Piscinello<br />
25 Via del Lauro<br />
26 Via Tornetta<br />
27 Via Grata<br />
28 Via del Tordo<br />
29 Via Nebbiosa<br />
30 Via della Sposa<br />
31 Via degli Sciri<br />
32 Via della Canapina<br />
33 Piazzetta del Drago<br />
34 Via del Silenzio<br />
35 Piazza Ferri<br />
36 Via della Stella<br />
37 Via Fratti<br />
38 Via Ritorta<br />
39 Via della Gabbia<br />
40 Piazza IV Novembre<br />
Corso Vannucci<br />
18<br />
19<br />
20<br />
17<br />
16<br />
11<br />
32<br />
12<br />
9<br />
15<br />
8<br />
14
3<br />
10<br />
33<br />
7<br />
34<br />
35<br />
m slm<br />
492<br />
482<br />
472<br />
462<br />
452<br />
442<br />
432<br />
422<br />
412<br />
36<br />
9<br />
6<br />
15<br />
37<br />
5<br />
38<br />
26<br />
4<br />
31<br />
3<br />
32<br />
39<br />
2<br />
40<br />
38<br />
39<br />
1<br />
<strong>PERUGIA</strong><br />
300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />
m<br />
<strong>PERUGIA</strong> 43
Porta Santa Susanna<br />
Von der Piazza IV Novembre erreichen<br />
Sie den Corso Vannucci, an dem auf der<br />
rechten Seite der Palazzo dei Priori<br />
(Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 36) mit seinen<br />
Erweiterungsbauten aus späteren<br />
Zeiten dominiert. Dem ersten Bau -<br />
abschnitt an der Ecke zum Platz, der<br />
1296 fertig gestellt war, folgt <strong>di</strong>e<br />
Erweiterung aus dem 14. Jh., <strong>di</strong>e auch<br />
den Turm Torre <strong>di</strong> Benvenuto <strong>di</strong> Cola, bei<br />
der Hausnr. 21, genau über dem Arco dei<br />
Priori mit einbezieht. Direkt dahinter<br />
kam der Glockenturm mit offenem<br />
Glockenstuhl, an den u. a. auch wegen<br />
des Zitats des Peruginer Philosophen<br />
Aldo Capitini (1899-1968) (1947, S. 11)<br />
erinnert werden soll, der dort mit seinem<br />
Vater, dem Stadtglöckner, lebte.<br />
Ebenfalls zum zweiten Bauabschnitt gehört<br />
das kostbare Portale Maggiore<br />
(Mitte des 14. Jh.), in dessen Lünette<br />
sich <strong>di</strong>e Kopien der Statuen der<br />
Schutzheiligen Laurentius, Herculanus<br />
und Konstantinus (nach Ansicht anderer<br />
des Hl. Ludwig von Toulouse) befinden.<br />
Der reich geschmückte Rahmen geht<br />
von zwei Säulen aus, <strong>di</strong>e auf zwei Löwen<br />
stützen und mit zwei Greifen enden, <strong>di</strong>e<br />
zwei Kälber in den Klauen halten (Bild),<br />
dem Symbol der Metzgerzunft, <strong>di</strong>e ganz<br />
wesentlich mit zur Finanzierung des<br />
Werks beigetragen hatte. Die Pfeiler zeigen<br />
allegorische Figuren: links <strong>di</strong>e<br />
Demut, <strong>di</strong>e Fruchtbarkeit und der<br />
Wahnsinn; rechts der Hochmut, <strong>di</strong>e<br />
Jung fräulichkeit und <strong>di</strong>e Groß -<br />
herzigkeit. Im Bogen elegante Friese aus<br />
Eichenlaub und gewendelten Säulen,<br />
<strong>di</strong>e 58 kleine Rundfelder einrahmen mit<br />
allegorischen Figuren; oben links <strong>di</strong>e<br />
Inschrift: Entra puro - move securo (Wer<br />
reinen Herzens eintritt, hat nichts zu<br />
befürchten).<br />
Vom Arco dei Priori unter der Turmuhr,<br />
wo sich Peruginer tra<strong>di</strong>tionsgemäß verabreden,<br />
haben Sie Zugang zur Via dei<br />
Priori (Bild).<br />
Der Namen leitet sich ab von der<br />
Bezeichnung für <strong>di</strong>e zehn „magistrati”<br />
(Dezemvirn oder Prioren), <strong>di</strong>e vom<br />
Mittelalter bis zum Beginn des 16. Jh.<br />
<strong>di</strong>e Stadtregierung bildeten. Der<br />
Straßenverlauf entspricht zum Teil dem<br />
Verlauf des „Haupt-Dekumanus” der<br />
etruskisch-römischen Stadt von Osten<br />
(Arco dei Gigli) nach Westen (Porta<br />
Trasimena).<br />
Dann wurde er zur Ausfallstraße von<br />
Porta Santa Susanna, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Ver bin -<br />
dung zum Trasimener See und zur<br />
Toskana darstellt. Der Rundgang ist<br />
wichtig, insbesondere aufgrund der hohen<br />
Dichte wertvoller Privathäusern<br />
und zahlreichen Kirchenbauten –manch -<br />
mal wird sie deshalb auch als „Via sa -<br />
cra” bezeichnet. Typisch für <strong>di</strong>ese<br />
Straße ist auch ihre Win<strong>di</strong>gkeit (s. Pen -<br />
na, 1977, S. 43).<br />
Von dem Hauptweg zweigen zahlreiche<br />
mittelalterliche, häufig krumme, enge,<br />
steile und überwölbte Gassen ab.<br />
Vom Corso her kommend treffen Sie<br />
links als erstes auf <strong>di</strong>e Via del Dado, eine<br />
Sackgasse, mit einem typischen,<br />
kleinen, viereckigen, ganz von Gebäu -<br />
den umstandenen Platz, von dem vielleicht<br />
auch der Name herrührt.<br />
Die zweite Straße links ist <strong>di</strong>e Via del -<br />
l’Orso, <strong>di</strong>e mit zu den charakteristischsten<br />
Altstadtgassen zählt (Bild).<br />
Der Name leitet sich von der mittelalterlichen<br />
Sitte wohlhabender Familien
ab, sich zum Gau<strong>di</strong>um des Volkes den<br />
Luxus eines Löwen, Bären, Papageis und<br />
anderer exotischer Tiere zu leisten.<br />
Bekannt unter ihnen ist – in den Annali<br />
Decemvirali – der Drucker Bianchino<br />
Ve ronese, mit dem Spitznamen „der<br />
Löwe”, nach dem Tier, das er sich hielt.<br />
Nach <strong>di</strong>eser Straße kommt <strong>di</strong>e dritte<br />
links, <strong>di</strong>e Via Sant’Agata, so genannt<br />
nach der Chiesa dei Santi Severo e<br />
Agata, <strong>di</strong>e bereits 1163 als Kapelle für<br />
<strong>di</strong>e heilige Märtyrerin aus Sizilien existierte.<br />
Die Kirche wurde 1320 dem<br />
Papst abgetreten, im Tausch gegen <strong>di</strong>e<br />
Kirche San Severo <strong>di</strong> Piazza, <strong>di</strong>e zwecks<br />
Erweiterung des Palazzo dei Priori abgerissen<br />
und später zu Ehren der beiden<br />
Heiligen neu errichtet wurde. Ihre<br />
Fassade zeigt einen Spitzbogen mit einem<br />
Spitzgiebel auf zwei hängenden<br />
Säulen. Die steinerne Gedenktafel erinnert<br />
an don Piastrelli, einen herausragenden<br />
Vertreter der progressiven<br />
Katholiken, einer derjenigen, <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>e<br />
moderne Bewegung in Italien und <strong>di</strong>e<br />
soziale Schule eintraten, Bezugsfigur<br />
und Erzieher vieler junger Katholiken in<br />
der politischen Welt <strong>Perugia</strong>s, darunter<br />
auch von Capitini.<br />
Gehen Sie weiter, <strong>di</strong>e Treppen hinunter,<br />
dann rechts und wieder hoch, unter einem<br />
Bogen mit Kreuzrippengewölbe<br />
hindurch bis zur Via Vermiglioli. Die<br />
Straße heißt, wie auch <strong>di</strong>e Piazza Ver -<br />
mig lia, nach dem Palazzo Vermiglioli<br />
(17. Jh.) bei Hausnr. 16, der auf dem<br />
kleinen Platz oben an der Treppe steht<br />
und Giovanni Battista Vermiglioli<br />
(1769-1848) gehörte, dem Begründer<br />
des Lehrstuhls für Archäologie und des<br />
Museo Archeologico <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, dem<br />
kultiviertesten und gelehrtesten Mann<br />
seiner Zeit: Literat und Historiker,<br />
Biograph von Künstlern, von Braccio<br />
Fortebracci und Malatesta Baglioni. Er<br />
war auch der Autor der ersten<br />
Monographie zur Fontana Maggiore, so<br />
berühmt, dass sich Leopar<strong>di</strong> für ihn<br />
interessierte, der sein Gast wurde vom<br />
10. bis zum 20. November 1828.<br />
Im Haus Nr. 5 in der gleichen Straße<br />
lebte von 1916 bis 1927 der große<br />
Peruginer Dichter Sandro Penna (Pe -<br />
rugia, 1906-Rom, 1977), Sohn eines<br />
Händlers mit Geschäft in der Via Maz -<br />
zini 12 (s. Catanelli, 1987, S. 132-133);<br />
er floh bereits mit 16 Jahren Richtung<br />
Rom, wo er sich im Alter von 23 Jahren<br />
endgültig niederließ (s. Penna, 1977, S.<br />
41-50).<br />
<strong>Auf</strong> der Höhe der Hausnr. 3/A war noch<br />
bis in <strong>di</strong>e siebziger Jahre eine winzig<br />
kleine Schusterei tätig.<br />
Von der Via Vermiglioli gehen Sie nun<br />
durch <strong>di</strong>e Via Cumana, biegen dann<br />
nach links ab und kommen so bis zur<br />
Via Deliziosa (Bild), <strong>di</strong>e dem Namen<br />
und den Tatsachen nach wirklich „deliziös“<br />
ist.<br />
An Haus Nr. 7 wurde 1923 eine Tafel<br />
zum Gedenken an den General Fulvio<br />
Riccieri angebracht, Träger der silbernen<br />
Tapferkeitsmedaille im 1. Weltkrieg<br />
(s. Bartoli, 2004, S. 154-155). Die Nr. 17<br />
war laut Gedenktafel das Wohnhaus<br />
von Pietro Vannucci; ihr gegenüber <strong>di</strong>e<br />
Fassade mit dem Segelturm der ehema-<br />
<strong>PERUGIA</strong> 45
ligen Kirche Sant’Antonino aus dem 13.<br />
Jh., an <strong>di</strong>e sich ein Wohnhaus anlehnt.<br />
Geht man <strong>di</strong>e erste Gasse rechts hinunter,<br />
erreicht man <strong>di</strong>e Via dei Gatti, <strong>di</strong>e in<br />
den 50er Jahren noch durch ein Tor verschlossen<br />
war, durch das nur <strong>di</strong>e Katzen<br />
kamen, von daher auch der Name.<br />
Am Ende der Via Deliziosa biegen Sie<br />
rechts ab in <strong>di</strong>e Via Benincasa, benannt<br />
nach der Familie, einem Zweig des<br />
Geschlechts der Catrano, welcher der<br />
Selige Andrea Benincasa, der im 14. Jh.<br />
unter den Händen der Türken den<br />
Märtyrertod starb, und verschiedene<br />
Rechtsgelehrte entstammten. Zuletzt<br />
gründete Michelangelo Benincasa in<br />
<strong>di</strong>eser Straße ein Institut für bedürftige<br />
Waisenkinder, denen er 1702 <strong>di</strong>e<br />
Erträge all seiner Güter in Deruta vermachte<br />
(Briganti, 1954).<br />
Nimmt man nun den Weg wieder nach<br />
oben Richtung Via dei Priori auf, so ist<br />
links (Hausnr. 5) auf ein Atrium mit<br />
grünen Innenhöfen hinzuweisen. Bei<br />
der Hausnr. 6 befindet sich der Sitz der<br />
evangelischen Waldenserkirche; Hausnr.<br />
3, ein Gebäude mit Satteldach, beherbergt<br />
<strong>di</strong>e heilige orthodoxe Kirche San<br />
Gerosimo.<br />
Es geht wieder zurück in <strong>di</strong>e Via dei<br />
Prio ri, auf der Seite des Palazzo Lippi<br />
Boncampi, wo auf der Höhe der Hausnr.<br />
60 - 62 eine Gedenktafel daran erinnert,<br />
dass hier Alinda Bonacci Bruna -<br />
monti (<strong>Perugia</strong>, 1841-1903) mit 62<br />
Jahren starb, <strong>di</strong>e Dichterin, <strong>di</strong>e für<br />
Capitini den literarischen und lyrischen<br />
Romantizismus des 19. Jh. in <strong>Perugia</strong><br />
verkörperte (Bild).<br />
Gegenüber (Hausnr. 51) ein Tor unter<br />
einem Bogen, das so genannte „Caval<br />
<strong>di</strong>pinto”, wo sich zu Beginn des 20. Jh.<br />
noch Reste eines Freskos aus einer<br />
Gastwirtschaft befanden.<br />
Gehen Sie nun weiter durch <strong>di</strong>e Via del<br />
Morone, deren Name wahrscheinlich<br />
von einem Maulbeerbaum (albero <strong>di</strong><br />
more oder gelso) herrührt, bis Sie zu einem<br />
kleinen Platz kommen, der einmal<br />
Piazza degli Od<strong>di</strong> hieß.<br />
An ihm erhebt sich der Palazzo degli<br />
Od<strong>di</strong> (Nr. 84), der heute Palazzo Marini<br />
Clarelli heißt, errichtet im 16. Jh. über<br />
den Häusern der Od<strong>di</strong>, einer auf das. 13.<br />
Jh. zurückgehenden Adelsfamilie, <strong>di</strong>e<br />
überwiegend im Stadtteil Porta Santa<br />
Susanna wohnte; zu ihren verschiedenen<br />
Titeln zählten <strong>di</strong>ejenigen der<br />
Grafen von Laviano und Poggio Aqui -<br />
lone, zu ihren Besitztümern auch der<br />
Monte Malbe, der später an den Papst<br />
übergehen sollte. Das Gebäude hat eine<br />
ernste, schmucklose Fassade aus dem<br />
18. Jh. Im Inneren, im Atrium, Fresken<br />
vom Ende des 17. Jh. mit Darstellungen<br />
von Episoden aus der Familien -<br />
geschichte.<br />
Der Platz ist auf der Westseite abgeschlossen<br />
durch <strong>di</strong>e Apsis der kleinen<br />
Chiesa dei Santi Stefano e Valentino<br />
aus dem 12 Jh., <strong>di</strong>e umgebaut und der<br />
Ausrichtung nach umgedreht wurde.<br />
Gehen Sie nun <strong>di</strong>e hübsche Straße mit<br />
dem gleichen Namen rechts der Kirche<br />
hoch, <strong>di</strong>e Via Santo Stefano, bis Sie<br />
oben ankommen und rechts in <strong>di</strong>e Via<br />
Vincioli einbiegen, deren Namen von<br />
der alten Familie herrührt, <strong>di</strong>e hier bis<br />
zu ihrem Aussterben im 18. Jh. wohnte.<br />
Ihr gehörte San Pietro Vincioli an, der<br />
um das Jahr 1000 lebte, Abt und<br />
Gründer der Abtei San Pietro war, sowie<br />
andere wichtige Persönlichkeiten. <strong>Auf</strong><br />
dem Areal des heutigen Gartens stand<br />
ein kleines Theater aus Holz, das um<br />
1775 abgerissen wurde.<br />
Der Rundgang setzt sich fort durch <strong>di</strong>e<br />
Via degli Offici, <strong>di</strong>e früher Via Chi rur -<br />
gica und Via <strong>di</strong> San Bernardo hieß, heute<br />
genannt nach den Büros der<br />
Finanzinspektion, <strong>di</strong>e in dem ehemaligen<br />
Convento <strong>di</strong> San Bernardo untergebracht<br />
sind.<br />
Links geht es hoch in <strong>di</strong>e Via della Per -<br />
nice, <strong>di</strong>e 1810 der Rebhuhnjagd gewidmet<br />
wurde; hier sei auf das schöne<br />
Wohnhaus hingewiesen, das zwischen<br />
dem 17. und 18. Jh. durch den<br />
Rechtsanwalt Antonio Brizi nach altem<br />
Vorbild umgebaut wurde (Bild).
Weiter geht es in der Via Guardabassi,<br />
dem berühmten Peruginer Patrioten gewidmet,<br />
als per Dekret der Stadt -<br />
verwaltung am 18. September 1871 an<br />
dem Haus Nr. 12, seinem Geburts- und<br />
Sterbehaus, eine Gedenktafel angebracht<br />
wurde. Berühmte Mitglieder der<br />
Familie sind Mariano senior, Maler und<br />
Kunstkritiker, Mariano junior, Arzt und<br />
Literat, gestorben 1952, sowie Anna<br />
Maria, an <strong>di</strong>e man sich hier wegen ihrer<br />
Marionetten erinnert.<br />
Geradeaus bergab gelangt man auf <strong>di</strong>e<br />
Piazzetta San Paolo, Sitz des altsprachlichen<br />
Lyzeums, wo eine Gedenktafel an<br />
Giovanni Bini Cima, einen republikanischen<br />
Intellektuellen aus der 2. Hälfte<br />
des 19. Jh. erinnert, der hier lehrte. Ein<br />
kleines Stück wieder <strong>di</strong>e Piazza hoch<br />
kommen Sie über <strong>di</strong>e Via dell’Arco zur<br />
Via del Poggio, wo sich dem Auge einer<br />
der schönsten Blicke auf <strong>di</strong>e Piazza San<br />
Francesco al Prato bietet, von dem<br />
Balkon aus, der auf ein Stück etruskische<br />
Stadtmauer stützt, über welcher<br />
<strong>di</strong>e gesamte Straße verläuft. Gehen Sie<br />
weiter, rechts bergab durch <strong>di</strong>e Via del<br />
Poggio, wo auf der Höhe der Nr. 6 eine<br />
Tafel das Geburtshaus der Dichterin<br />
Alinda Bonacci Brunamonti anzeigt, genau<br />
gegenüber der Via della Lucer tola,<br />
hübsch, wie auch <strong>di</strong>e Parallelstraße Via<br />
della Tartaruga.<br />
Jetzt geht es wieder hinab über <strong>di</strong>e<br />
Stufen, zur Terrasse eines Privathauses,<br />
wo ein mehr als 50 Jahre alter, spontan<br />
dort gewachsener Liguster zu sehen ist<br />
(Bild).<br />
Ein kleines Stück weiter vorn, in der Via<br />
dei Priori, führt der Rundgang in <strong>di</strong>e<br />
kurze Via San Francesco, <strong>di</strong>e auf den<br />
gleichnamigen Platz geht, den mehrere<br />
Kirchen umstehen:<br />
- Chiesa <strong>di</strong> Santa Maria della Luce oder<br />
auch Madonna <strong>di</strong> San Luca, ganz aus<br />
Travertin, errichtet 1519, wie <strong>di</strong>e gemeißelte<br />
Inschrift auf dem dorischen<br />
Kranzgesims berichtet, nach einem<br />
Wunder, das ein Bild der Madonna e<br />
santi von Tiberio d’Assisi bewirkt wurde,<br />
das dort in der Nähe aufgehängt war<br />
und später in <strong>di</strong>e Alternische kam. Zu<br />
Füßen der Säulen zwei wundervolle<br />
Greife (Bild), <strong>di</strong>e an den finanziellen<br />
Beitrag der Stadt zum Bau der Kirche<br />
erinnern. Die Kuppel ist ausgeschmückt<br />
mit Fresken von Giovanni Battista Ca -<br />
porali (1532);<br />
- Chiesa <strong>di</strong> San Luca evangelista, im<br />
<strong>Auf</strong>trag der Ritter von Malta umgebaut<br />
im spätmanieristischen Stil (1586) von<br />
Bino Sozi. Das dreischiffige Innere ist dur -<br />
ch drei dorische Säulen unterteilt (Bild).<br />
<strong>PERUGIA</strong> 47
Daneben <strong>di</strong>e Casa della Commenda der<br />
Ritter von Malta, aus dem Jahr 1484,<br />
mit viergeteilten Fenstern, ähnlich den<br />
Fenstern der Università Vecchia. Das<br />
heutige Wohnhaus war früher, zwischen<br />
dem 19. und dem 20. Jh., Sitz einer<br />
Wollspinnerei;<br />
- Oratorio <strong>di</strong> San Bernar<strong>di</strong>no da Siena,<br />
ein Meisterwerk aus der Renaissance<br />
(Mitte des 15. Jh.), dessen Fassaden -<br />
schmuck Basreliefs von Ago sti no <strong>di</strong> Duc -<br />
cio zeigt, in reichem Farbspiel dank des<br />
gekonnten Einsatzes von Naturstein und<br />
Marmor (Carrara mar mor, Serpentin fels,<br />
rosa Kalkstein von Assisi, Travertin), gedeckt<br />
mit Azurit, Malachit und Gold (heute<br />
nur noch in Spuren vorhanden) (Bild).<br />
Im Inneren ein frühchristlicher<br />
Sarkophag mit kleinen Säulen von 360<br />
n. Chr., der <strong>di</strong>e Reste des Seligen<br />
Aegi<strong>di</strong>us, eines Gefährten des Hl.<br />
Franziskus, enthält.<br />
Hinter dem Altar befindet sich der<br />
Zugang zum Oratorio dei Santi Andrea e<br />
Bernar<strong>di</strong>no bzw. der Confraternita della<br />
Giustizia, einem Saal aus dem 16. Jh.,<br />
der im 17. Jh. umgestaltet wurde, mit<br />
geschnitzter, vergoldeter Holzdecke,<br />
Stuckverzierungen und Gemälden;<br />
Unweit der Sakristei des Oratoriums befindet<br />
sich in der Cappella Baldeschi <strong>di</strong>e<br />
Grablege des Rechtsgelehrten Bartolo <strong>di</strong><br />
Sassofer rato, der 1357 starb (siehe<br />
Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 42).<br />
- Chiesa <strong>di</strong> San Francesco al Prato (s.<br />
ebenda, S. 42-43); neben dem gleichnamigen<br />
Konvent, aus der Mitte des 13.<br />
Jh., als Ersatz für alte Cappella <strong>di</strong> Santa<br />
Susanna, nach der das gesamte<br />
Stadtviertel benannt ist (Bild).<br />
Die Kirche stürzte mehrmals ein und<br />
wurde mehrfach wieder aufgebaut,<br />
verlor dabei erst ihren mittelalterlichen<br />
und danach auch ihren barocken<br />
Glockenturm. Schuld daran ist der seit<br />
Jahrhunderten abrutschende Hang.<br />
Die Fassade wurde 1929 neu errichtet,<br />
nach Vorlage des Gonfalone <strong>di</strong> San Ber -<br />
nardo (1464) von Benedetto Bon figli,<br />
im Stil der Cosmaten mit Rauten und<br />
Intarsien aus weißem und rosa Stein.<br />
Im Inneren der Kirche befanden sich <strong>di</strong>e<br />
Grablegen der wichtigsten Peruginer<br />
Familien, geschmückt mit kostbaren<br />
Malereien: <strong>di</strong>e Deposizione Baglioni<br />
und <strong>di</strong>e Incoronazione della Vergine<br />
von Raffaello Sanzio sowie <strong>di</strong>e Resur -<br />
rezione von Perugino, <strong>di</strong>e später nach<br />
Rom gebracht wurden. Durch den<br />
Einsturz der Gewölbe und der Apsis war<br />
<strong>di</strong>e Kirche über lange Zeit hinweg teilweise<br />
ohne Dach und ohne Innen -<br />
einrichtung. Gegenwärtig <strong>di</strong>ent sie als<br />
Au<strong>di</strong>torium. In dem ehemaligen<br />
Konvent befindet sich seit den<br />
Anfängen des 20. Jh. <strong>di</strong>e Accademia <strong>di</strong><br />
Belle Arti, <strong>di</strong>e 1537 von Orazio Alfani
und Domenico Sozi gegründet worden<br />
war.<br />
Von der Piazza San Francesco geht es<br />
zurück, hinunter über <strong>di</strong>e Via Curiosa,<br />
<strong>di</strong>e rechts in <strong>di</strong>e Via del Piscinello führt,<br />
so genannt nach einem Dialekt -<br />
ausdruck für ein kleines Rinnsal. wahrscheinlich<br />
eher bezogen auf einem<br />
Brunnen am Ende der Straße als auf <strong>di</strong>e<br />
Ströme von Blut, <strong>di</strong>e sich während der<br />
mittelalterlichen Fehden zwischen den<br />
Od<strong>di</strong> und den Baglioni ergossen, wie <strong>di</strong>e<br />
Legende erzählt. Die Brunneninschrift<br />
mahnt: Immonezze qui non si gettin né<br />
si lavi alcun drappo. Veglia la legge<br />
(Keinen Schmutz und Kehrricht hineinwerfen,<br />
keine Putzlumpen auswaschen.<br />
Beachte das Gesetz). Wieder aufwärts<br />
setzt sich der Rundgang fort nach<br />
rechts durch <strong>di</strong>e Via del Lauro bis in <strong>di</strong>e<br />
Nähe der Chiesa <strong>di</strong> Sant’Andrea, aus Ton<br />
und Ziegeln, rechts der Porta <strong>di</strong><br />
Sant’Andrea oder auch Porta Santa<br />
Susanna gelegen (so genannt, weil hier<br />
das ehemalige Kloster der Hl. Susanna<br />
oder der Co lom bata befindet). Der erhöhte<br />
Spitzbogen aus dem 13. Jh. mit<br />
einem schönen Greif aus rosa Kalkstein<br />
auf der Außenseite des Tors ist erhalten,<br />
während der mittelalterliche Mauerring<br />
zu Seiten des Tors wegen Abrissarbeiten<br />
des 20. Jh. ganz verschwunden ist.<br />
Gegenüber der Via del Lauro geht es<br />
weiter mit der Via Tornetta. Sie ist in<br />
erster Linie gebildet durch einen<br />
Gebäudekomplex mit einer wechselhaften<br />
Geschichte ohnegleichen: Im<br />
Mittelalter befand sich hier <strong>di</strong>e Chiesa<br />
<strong>di</strong> Santa Mustiola, <strong>di</strong>e gegen Mitte des<br />
15. Jh. zusammen mit den dazugehörigen<br />
Nebengebäuden zum Sitz der<br />
Confraternita <strong>di</strong> Sant’Andrea wurde,<br />
dann der Confraternità della Giustizia;<br />
1552 war es dann Kloster der Cap puc -<br />
cine <strong>di</strong> santa Chiara (<strong>di</strong>e auch „Rinser -<br />
rate <strong>di</strong> santa Mustiola” genannt wurden).<br />
Nach 1860 wurde es nach<br />
<strong>Auf</strong>hebung der religiösen Orden für<br />
verschiedene Zwecke genutzt und war<br />
in den Jahren von 1912 bis 1939 von<br />
der Koffer- und Taschenfabrik Valigeria<br />
italiana Vayani belegt. 1941 wurde es<br />
der erste Sitz des Archivio <strong>di</strong> Stato, danach<br />
Wohnheim für Vertriebene (genannt<br />
„la Casba”); heute befindet sich<br />
in ihm <strong>di</strong>e Scuola nazionale dell’Ali -<br />
men tazione (Nationale Schule für<br />
Ernährung). Der Weg schlängelte sich –<br />
von daher <strong>di</strong>e toponymische Be zeich -<br />
nung „Tornetta” bis zur Piazza del Dra -<br />
go, ist aber heute unterbrochen durch<br />
städtebauliche Eingriffe, im Zuge derer<br />
zunächst <strong>di</strong>e mittelalterliche Stadt -<br />
mauer abgerissen, dann <strong>di</strong>e Viale Pellini<br />
gebaut sowie das Gelände und <strong>di</strong>e<br />
Gärten zuerst eingeebnet und dann für<br />
den Parkplatz und <strong>di</strong>e Rolltreppen genutzt<br />
wurden (Bild). In <strong>di</strong>e Straße münden<br />
oben drei hübsche Gassen ein, <strong>di</strong>e<br />
Via Grata (Bild), eine Sackgasse, <strong>di</strong>e Via<br />
del Tordo, <strong>di</strong>e es hinauf geht, um in <strong>di</strong>e<br />
dritte Gasse zu kommen <strong>di</strong>e Via<br />
Nebbiosa und schließlich in <strong>di</strong>e Via<br />
della Sposa. Diese Straße, <strong>di</strong>e „Braut -<br />
straße“ heißt laut Gigliarelli (1907) so<br />
nach der Geschichte aus dem 14. Jh.<br />
von einem Mädchen namens Marta, das<br />
von seinem Geliebten verlassen wurde.<br />
Man kommt neben einem Palazzo aus<br />
dem 19. Jh. heraus (bei der Nr. 14 und<br />
16), wo drei Schilder aus farbiger<br />
Keramik, <strong>di</strong>e an La guerra è barbarie, Il<br />
lavoro è felicità, La pace è civiltà, (Der<br />
Krieg ist Barbarei, Arbeit ist Glück,<br />
Frieden ist Kultur) erinnern, und unter-<br />
<strong>PERUGIA</strong> 49
halb des Dachvorstands verlaufende<br />
Dekorationen in Temperafarben zu sehen<br />
sind. Es geht wieder <strong>di</strong>e Strasse<br />
hinauf. Lassen Sie <strong>di</strong>e Via del Cefalo<br />
rechts liegen, gehen Sie bis zur Porta <strong>di</strong><br />
San Luca oder Porta Trasimena, <strong>di</strong>e eine<br />
herrliche Ansicht seiner Außenseite<br />
bietet. Sie hieß bereits Porta della<br />
Madonna della Luce, Porta Senese oder<br />
Porta della Luna, geht auf <strong>di</strong>e<br />
Etruskerzeit zurück – aus der <strong>di</strong>e<br />
Widerlager erhalten sind – und hat einen<br />
Spitzbogen, in dessen Schlussstein<br />
oben ein Kalvarienberg zu sehen ist und<br />
auf dem zweiten Bogenstein rechts eine<br />
zunehmende Mondsichel (Bild).<br />
<strong>Auf</strong> der Konsole links eine Skulptur mit<br />
der Darstellung eines Löwen oder vielleicht<br />
einer Sphinx, während <strong>di</strong>e anderen<br />
Steine Symbole zeigen.<br />
Gehen Sie durch das Tor über <strong>di</strong>e<br />
Treppen und wieder hoch zur Via dei<br />
Priori bis Sie rechts zur Via degli Sciri<br />
kommen. Sie heißt so nach den Häusern<br />
und der Torre degli Sciri, einem 46 m<br />
hoher Turm, der einzige militärische<br />
Wachturm, der von den vielen zur<br />
Bewachung der Adelshäuser errichteten<br />
Türme noch erhalten ist (er ist auch auf<br />
dem Gonfalone della giustizia von<br />
Bonfigli mit den Türmen der Baglioni zu<br />
sehen), außer den Wohntürmen, <strong>di</strong>e typisch<br />
waren für <strong>di</strong>e mittelalterlichen<br />
Hochbauten. Meistens wurden sie in der<br />
Zeit zwischen dem 15. und dem 16. Jh.<br />
im Zusammenhang mit Bürgerkriegen<br />
abgetragen, einige stürzten durch<br />
Erdbeben ein, andere wurden während<br />
der päpstlichen Unterdrückung im<br />
Salzkrieg zerstört. Der Turm ist heute<br />
Teil des Konservatoriums der Terziarie<br />
francescane <strong>di</strong> suor Lucia aus dem Jahr<br />
1680. Die Gasse führt herum um den<br />
Gebäudekomplex, vorbei am Oratorio<br />
della Confraternita dei Disciplinati <strong>di</strong><br />
san Francesco (Bild), aus dem 14. Jh.,<br />
umgebaut gegen Mitte des 15. Jh., und<br />
verbunden mit dem Krankenhaus daneben,<br />
das seinerzeit Unterkunft für Pilger<br />
war und mehrmaligen Umbauten un -<br />
ter zogen wurde. Das Oratorium ist das<br />
wichtigste Beispiel für den frühbarokken<br />
Stil in <strong>Perugia</strong>, wegen des<br />
kostbaren, von Jean Regnaud <strong>di</strong> Sciam -<br />
pagna mit Stuck verzierten (1675-76)<br />
Gewöl bes und seiner reichen<br />
Innenausstat tung (Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>,<br />
2006, S. 40).<br />
Es geht wieder hinaus in <strong>di</strong>e Via dei<br />
Priori, neben der Chiesa <strong>di</strong> Santa Teresa<br />
dei Carmelitani Scalzi, mit einer nicht<br />
vollendeten Fassade von 1718 und einem<br />
schlichten Barockportal.<br />
Der Weg setzt sich fort über zwei<br />
Rolltreppen, bis zu den Gärten, links,<br />
um dann in <strong>di</strong>e Via della Canapina<br />
(Bild) mit ihren Treppenstufen einzubiegen.<br />
Sie heißt so in Erinnerung an<br />
<strong>di</strong>e Seiler, <strong>di</strong>e ihre Ware in <strong>di</strong>eser Zone<br />
anfertigten. Gleich nach den Gärten erhebt<br />
sich links <strong>di</strong>e einzigartige Chiesa <strong>di</strong><br />
San Benedetto in den Himmel, auf drei<br />
Ebenen, mit ihrer hängenden Apsis
gleich hinter den etruskischen Stadt -<br />
mauern entlang der linken Seite des<br />
Wegs (Bild).<br />
Der Mauerring taucht dann erneut wieder<br />
auf als lange, majestätische<br />
Brüstung um <strong>di</strong>e Senke der „Cupa“. Oben<br />
in der Via della Canapina links liegt <strong>di</strong>e<br />
hübsche Piazzetta del Drago, im Hof des<br />
ehemaligen Konservatoriums Benin ca sa,<br />
das jetzt eine Grundschule ist.<br />
Stets links geht es weiter durch <strong>di</strong>e Via<br />
del Silenzio (Bild), eine kurze Gasse, <strong>di</strong>e<br />
in <strong>di</strong>e Via della Cupa mündet; der Weg<br />
steigt dann an, bis links <strong>di</strong>e Piazza Ferri<br />
kommt, <strong>di</strong>e ehemalige Piazza del Naspo<br />
und della Chiesa nuova. Sie ist seit 1871<br />
Baldassarre Ferri (Marsciano, 1610 - Pe -<br />
rugia, 1680) gewidmet, einem in ganz<br />
Europa berühmten Sänger mit Knaben -<br />
stimme, der von Dichtern und<br />
Schriftstellern gerühmt wurde. Er liegt<br />
begraben in der Chiesa <strong>di</strong> San Filippo<br />
Neri, in dem musikalischen Viertel der<br />
Stadt, nur wenige Schritte weit entfernt<br />
vom Oratorio <strong>di</strong> Santa Cecilia (der<br />
Schutzheiligen der Musiker) und dem<br />
Stadttheater. Gegenüber erhebt sich <strong>di</strong>e<br />
große Masse der Chiesa nuova <strong>di</strong> San<br />
Filippo Neri (1626-34), <strong>di</strong>e nach einem<br />
Entwurf von Paolo Maruscelli nach dem<br />
Konzil von Trient errichtet wurde; ihr<br />
Inneres ist das prunkvollste Beispiel der<br />
gesamten Stadt für barocke Architektur<br />
und Dekoration. Die Travertinfassade<br />
wurde 1665 fertig gestellt, hat zwei<br />
Ordnungen, und eine Treppe mit einer<br />
Brüstung aus der gleichen Zeit.<br />
Von der Piazza Ferri geht es weiter nach<br />
oben durch <strong>di</strong>e Via della Stella, <strong>di</strong>e am<br />
Oratorio <strong>di</strong> Santa Cecilia neben der<br />
Chiesa <strong>di</strong> San Filippo Neri entlang führt.<br />
Sie entstand nach Entwürfen von Pietro<br />
Baglioni von 1687-90, um das Fest der<br />
Hl. Cecilia am 22 November zu feiern.<br />
Danach biegen Sie rechts ein, vor dem<br />
Oratorium, in <strong>di</strong>e Via Fratti, <strong>di</strong>e früher<br />
Via dell’Oratorio hieß, um dann nach<br />
Antonio Fratti, dem Anhänger Garibal<strong>di</strong>s<br />
aus Forli und republikanischen Parla -<br />
mentarier genannt zu werden, der sich<br />
1897 zugunsten der Griechen während<br />
des <strong>Auf</strong>stands gegen <strong>di</strong>e Türkei einziehen<br />
ließ und als Held in Domokos fiel. Es<br />
waren seine Waffenbrüder aus <strong>Perugia</strong>,<br />
<strong>di</strong>e ihm <strong>di</strong>ese Straße widmeten. Weiter<br />
geht es nach oben, gegenüber der<br />
außergewöhnlichen Via Maestà delle<br />
Volte (s. ebenda, S. 26), dann biegt man<br />
rechts ein in <strong>di</strong>e Via Ritorta (Bild), <strong>di</strong>e so<br />
heißt aufgrund ihres gewundenen<br />
Verlaufs, eine der noch ursprünglichsten<br />
<strong>PERUGIA</strong> 51
mittelalterlichen Gassen der Altstadt.<br />
Bei Haus Nr. 1, an der Ecke mit der Via Fratti<br />
steht einer der schönsten noch erhaltenen<br />
mittelalterlichen Wohntürme (Bild).<br />
Bei Haus Nr. 14 ein Spitzbogen mit<br />
Symbolen, <strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e „fondaci“<br />
(Warenlager) beziehen (Bild), während<br />
bei den Nummern 20 - 22 ein typisch<br />
mittelalterlicher Laden mit Wen del -<br />
treppe zu sehen ist: der Laden im<br />
Erdgeschoß, im 1. Stock ein Schlafraum<br />
für alle, im 2. Stock eine Küche mit zentralem<br />
Kamin. Nun kommt man wieder<br />
heraus auf der Via dei Priori, genau<br />
gegenüber dem Palazzo Pasini, Haus Nr.<br />
24, mit seinem schönen Portale dei<br />
Draghi (Bild), das <strong>di</strong>e Inschrift ziert<br />
AVARITIA TURBAT DOMUS (Geiz stört<br />
den Hausfrieden).<br />
Er war vermutlich Wohnsitz von Va len -<br />
tino Martelli (<strong>Perugia</strong>, 1550-1630),<br />
Architekt und Bildhauer, der das Antlitz<br />
der Stadt <strong>Perugia</strong> erneuerte. Links hinauf<br />
durch <strong>di</strong>e Via della Gabbia, <strong>di</strong>e nach<br />
dem Käfig genannt ist, der früher zu<br />
Seiten des Palazzo dei Priori aufgehängt<br />
war, eine mittelalterliche Art der Strafe,<br />
wo Menschen dem öffentlichen Gespött<br />
preisgegeben wurden – mit der Inschrift<br />
Iustitia sol ubique (Gerechtigkeit allerorten).<br />
In der gleichen Straße auch <strong>di</strong>e<br />
Torre Dialdana oder auch Torre <strong>di</strong> Ma -<br />
donna Septendana (Witwe von Zigliuc -<br />
cio <strong>di</strong> Benvenuto Oddoni), deren<br />
Wohnhaus in den öffentlichen Palazzo<br />
integriert wurde (Bild).<br />
Nun führt der Weg wieder auf <strong>di</strong>e Piaz -<br />
za IV Novembre und von hier zum Cor -
PORTA EBURNEA<br />
Symbol des Stadtviertels war ursprünglich der Hirsch, der später durch einen Turm auf<br />
einem Elefanten ersetzt wurde, von dessen Elfenbeinzähnen der Namen des Viertels angeblich<br />
abgeleitet ist. Der Turm, Symbol der Wachsamkeit, könnte aber auch für <strong>di</strong>e turris<br />
eburnea, den „elfenbeinernen Turm” der heiligen Jungfrau stehen. Schutzpatron des<br />
Viertels ist San Giacomo, der, im Pilgerkleid, ebenfalls als Emblem vorkam. Die Farbe des<br />
Viertels ist grün, in Anspielung – so heißt es – auf <strong>di</strong>e großen Gemüsegärten auf den südwärts<br />
gelegenen Abhängen. Von dem Viertel ging <strong>di</strong>e Ausfallstraße Richtung Orvieto ab.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 53
RUNDGANG PORTA EBURNEA<br />
1<br />
1 Corso Vannucci<br />
2 Via Boncambi<br />
3 Via Scura<br />
4 Via delle Streghe<br />
5 Via della Sapien za<br />
6 Via del Bufalo<br />
7 Via Bonazzi<br />
8 Via Grecchi<br />
9 Via Caporali<br />
10 Via del Pozzo<br />
11 Via Menicucci<br />
12 Via Bruschi<br />
2<br />
3<br />
31<br />
32<br />
13 Via Mariotti<br />
14 Via del Para<strong>di</strong>so<br />
15 Via San Giacomo<br />
16 Via Deserta<br />
17 Via Fatebenefratelli<br />
18 Vicolo della Consolazione<br />
19 Via del Circo<br />
20 Via Torcoletti<br />
21 Vicolo <strong>di</strong> San Savino<br />
22 Via Cantamerlo<br />
23 Piazzetta San Giovanni<br />
<strong>di</strong> Dio<br />
4<br />
24 Via del Giar<strong>di</strong>no<br />
25 Via del Parione<br />
26 Piazza Santo Spirito<br />
27 Via degli Orti<br />
28 Via del Curato<br />
29 Via degli Apostoli<br />
30 Via delle Forze<br />
31 Via della Cupa<br />
32 Via della Luna<br />
Corso Vannucci<br />
5<br />
6<br />
7
8<br />
9<br />
m slm<br />
492<br />
482<br />
472<br />
462<br />
452<br />
442<br />
432<br />
422<br />
412<br />
10<br />
12<br />
11<br />
3<br />
4 7<br />
13<br />
14<br />
30<br />
15<br />
16<br />
19<br />
15<br />
17<br />
29<br />
18<br />
28<br />
31<br />
27<br />
24<br />
19<br />
23<br />
20<br />
21<br />
22<br />
25<br />
<strong>PERUGIA</strong><br />
300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />
26<br />
m<br />
<strong>PERUGIA</strong> 55
Porta Eburnea<br />
Ausgehend vom Palazzo dei Priori am<br />
Corso Vannucci kommt <strong>di</strong>e erste Gasse,<br />
<strong>di</strong>e einst den Grenzverlauf darstellte<br />
zwischen den Stadtteilen Porta Santa<br />
Susanna und Porta Eburnea, <strong>di</strong>e Via<br />
Boncambi (Bild), <strong>di</strong>e den Namen einer<br />
alten, bedeutenden Peruginer Familie<br />
trägt (<strong>di</strong>e Familie hatte vermutlich mit<br />
der Tätigkeit der Geldwechsler im unweit<br />
gelegenen Collegio zu tun). Sie<br />
existierte bereits im 13. Jh., starb 1812<br />
aus und war mit dem Geschlecht der<br />
Pucci und der Lippi verbunden.<br />
Ihre Wohnsitze, <strong>di</strong>e dem Palazzo dei<br />
Priori angegliedert wurden, lagen hier.<br />
Noch heute lässt sich <strong>di</strong>e schöne<br />
Außentreppe aus Travertin bewundern<br />
(Bild) sowie, etwas weiter, nach einem<br />
Warenlager mit einer Rosette, ein Hof<br />
mit Ziehbrunnen.<br />
Man geht weiter bergab, bis links <strong>di</strong>e<br />
Via Scura einmündet und dann über <strong>di</strong>e<br />
steilen Stufen unter einem Pfeilerbogen<br />
des Palazzo Lippi wieder auf den Corso<br />
zurück Die Straße hieß früher Via<br />
Pentolini, ist zum Teil mit in den Palazzo<br />
einbezogen worden und hat einen<br />
Eingang vom Corso her, der durch einen<br />
Bogen gekennzeichnet ist. Von der Via<br />
Scura aus geht es rechts weiter auf dem<br />
Corso, vorbei am Palazzo Graziani<br />
(Hausnr. 47), dem ehemaligen Palazzo<br />
Sereni, der 1886 in das Eigentum der<br />
Cassa <strong>di</strong> Risparmio <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong> überging<br />
und danach an <strong>di</strong>e Banca Commerciale.<br />
Heute ist er Sitz der Fondazione Cassa<br />
<strong>di</strong> Risparmio <strong>di</strong> Pe rugia.<br />
Der über Gebäuderesten aus dem<br />
Mittelalter errichtete Palast wurde in<br />
der zweiten Hälfte des 16. Jh. durch<br />
Vignola umgestaltet, der ihm eine<br />
Fassade mit einem doppelten Gurt ge -<br />
sims gab.<br />
Die Wände der Versammlungsräume<br />
wurden gegen Ende des 19. Jh. von<br />
Annibale Brugnoli mit Szenen aus der<br />
jüngeren Geschichte der Stadt dekoriert,<br />
darunter Das Blutbad vom 20.<br />
Juni 1859 und der berühmte Empfang<br />
zu Ehren des Königs Umberto I. Der erste<br />
Stock wurde 1818 an das historische<br />
Albergo della Posta vermietet, das vom<br />
Corso Cavour hierher umgezogen war.<br />
Es beherbergte 1817 Großherzog<br />
Leopold von Toskana und Prinzessin<br />
Marianna Carolina von Sachsen anlässlich<br />
ihrer Hochzeitsreise und später<br />
Maria Theresia von Österreich. Auch<br />
Großfürst Michael von Russland, Bruder<br />
des Zaren Alexander, wohnte dort, als<br />
ein großer Brand ausbrach, in dem<br />
Werke von Perugino und Barroci sowie<br />
wertvolle Einrichtungsgegenstände ver -<br />
loren gingen. Viele Reisende schätzten<br />
das Hotel, Dumas senior bezeichnete es<br />
als „das beste Hotel in Italien” (Pianesi,<br />
1998, S. 31-32). Später zog es in den<br />
Palazzo Patrizi um, wo es sich noch<br />
heute befindet. Im Haus Nr. 49 kann<br />
noch <strong>di</strong>e Stuckdekoration der Decke<br />
bewundert werden.<br />
Weiter in der Straße, mit der Nr. 63, der<br />
Palazzo Graziani Monal<strong>di</strong>, ein Adels -<br />
palast aus dem 16. Jh., errichtet nach<br />
Plänen von Vignola und im Laufe des 19.<br />
Jh. vergrößert. In den Kellerräumen hatten<br />
adelige Peruginer, <strong>di</strong>e sich zur Ac -<br />
cademia del Casino zusammengeschlossen<br />
hatten, in den Jahren zwischen 1718<br />
und 1723 das Teatro del Pavone bauen<br />
lassen. Es hatte <strong>di</strong>e Form eines rechtecki-
gen Theaters aus Holz und erlebte bis<br />
1756 zahlreiche <strong>Auf</strong>führungen.<br />
Mittlerweile ungeeignet für <strong>di</strong>e neuen<br />
Theaterformen des Melodramas und der<br />
Komö<strong>di</strong>e, wurde es dann von Pietro<br />
Carattoli nach dem Vorbild des Teatro<br />
Argentina in Rom umgestaltet, d.h., hufeisenförmig<br />
und gemauert, und 1773<br />
eingeweiht. Im Laufe des 19. Jh. wurde es<br />
mehrmals restauriert, zuletzt 1943<br />
durch den Ingenieur Sisti. Im ersten<br />
Stock des Palastes wurde 1822 der Sitz<br />
der Ac ca demia dei Filedoni eröffnet,<br />
deren Eingang noch heute in der Via<br />
delle Stre ghe (Bild), einstmals Via della<br />
Mattonella, einer der typischsten<br />
Gassen, zu sehen ist.<br />
Die Straße ist eine dunkle, gewundene<br />
Gasse mit Stufen, teilweise überdacht,<br />
und vielleicht deshalb als „Hexenstraße“<br />
bezeichnet. Der Weg führt geradeaus<br />
weiter zur Via della Sapienza, benannt<br />
nach dem angrenzenden gleichnamigen<br />
Collegio della Sapienza Vecchia.<br />
Das Gebäude mit der Nr. 14 ist ein<br />
schönes Beispiel eines mittelalterlichen<br />
Geschlechterturms, dort, wo der Weg<br />
wieder ansteigt über <strong>di</strong>e Via del Bufalo,<br />
einer malerischen, kurzen, steilen, teilweise<br />
überwölbten Gasse, mit einem<br />
Kreuzgewölbe, das in einer Ecke von einer<br />
Travertinsäule mit Kapitell getragen<br />
wird (Bild); bei der Nr. 10 ebenfalls ein<br />
Turm, der aber in <strong>di</strong>e Bauten integriert<br />
ist. Nun geht man weiter nach oben bis<br />
zur Via Bonazzi, um dort rechts einzubiegen.<br />
Sie hat ihren Namen von dem<br />
berühmten Schriftsteller und Historiker<br />
(<strong>Perugia</strong>, 1811-79), der hier lebte und<br />
starb – bekannt für seine Storia <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong> dalle origini al 1860 (Geschi -<br />
chte <strong>Perugia</strong>s von den Ursprüngen bis<br />
1860). Früher hieß <strong>di</strong>e Straße Via San<br />
Biagio, nach der Kirche, <strong>di</strong>e den<br />
Heiligen Stefano und Biagio geweiht<br />
war, eine mittelalterliche Kirche, von<br />
der nur noch spärliche Reste übrig sind,<br />
auf Höhe der Hausnr. 10. Der<br />
Straßenzug, der über Resten aus der<br />
Römerzeit errichtet ist, hat sich sein<br />
mittelalterliches Aussehen bewahrt.<br />
<strong>Auf</strong> der Höhe der Nr. 39 zeigt <strong>di</strong>e Kirche<br />
der Compagnia del Suffragio mit einem<br />
manieristischen Portal und einem steinernen<br />
Offertorium für <strong>di</strong>e Seelen im<br />
Fegefeuer, was von zwei Kirchen des 17.<br />
Jh. übrig ist. Nr. 41, das Oratorio der<br />
Com pagnia dei Santi Crispino e Crispi -<br />
nia no, das 1613 auf Wunsch fünf gläubiger<br />
Schuster entstand, ist außen<br />
durch ein kleines Travertinwappen mit<br />
einem Schustermesser gekennzeichnet<br />
(heute <strong>di</strong>ent das Gebäude anderen<br />
Zwecken) (Bild).<br />
<strong>PERUGIA</strong> 57
Genau gegenüber, von dem kleinen<br />
Platz links von der Straße nimmt <strong>di</strong>e Via<br />
Grecchi ihren Anfang, <strong>di</strong>e nach dem<br />
jungen Partisanen benannt ist, der im<br />
Alter von 18 Jahren im Borgo XX<br />
Giugno mit weiteren neun Gefährten<br />
erschossen wurde (Gedenktafel, s. S.<br />
70). Hier ist das Wappen des Viertels zu<br />
sehen. An der Treppe Richtung Piazza<br />
Italia erhebt sich der Palazzo Ansidei<br />
aus dem 18. Jh. mit einer ungewöhnlichen<br />
Loggia nach einem Entwurf des<br />
Conte Vincenzo Ansidei von 1808 (Bild).<br />
Nun geht es wieder über <strong>di</strong>e Via Bo -<br />
nazzi, deren zweiter Abschnitt Ergebnis<br />
von Neubauten aus dem 19. Jh. nach<br />
dem Abriss eines Teils der Rocca Paolina<br />
ist. Linkerhand <strong>di</strong>e rückwärtigen<br />
Fassaden der Gebäude, <strong>di</strong>e nach der<br />
Einigung Italiens an der darüber liegenden<br />
Piazza Italia entstanden, wie z. B.<br />
dasjenige der Banca d’Italia (1871-73),<br />
mit einer Polsterquaderfassade bis zum<br />
1. Stock und seiner klaren horizontalen<br />
und vertikalen Fassadengliederung. Am<br />
Ende der Straße ist eine Galerie aus<br />
dem 20. Jh. zu sehen, <strong>di</strong>e das Hotel<br />
Brufani mit dem Komplex rechts der<br />
Sapienza Nuova verbindet, der 1427,<br />
etwa ein Jahrhundert nach dem der<br />
Sapienza Vecchia (s. S. 62.) errichtet<br />
wurde.<br />
Ohne <strong>di</strong>e Straße ganz bis zu Ende zu<br />
gehen nimmt man an der Kreuzung<br />
rechts <strong>di</strong>e Via Caporali. Sie wurde 1871<br />
dem Peruginer Dichter Cesare Caporali<br />
gewidmet (<strong>Perugia</strong>, 1531 - Castiglione<br />
del Lago, 1601), dessen Mäzene <strong>di</strong>e Del -<br />
la Corgna waren. Davor hieß <strong>di</strong>e Straße<br />
(nach der Kirche an der Stra ßen -<br />
gabelung) Via Sant’Angelo <strong>di</strong> Porta<br />
Eburnea. Von hier geht es in <strong>di</strong>e Via dei<br />
Semplici, <strong>di</strong>e so heißt nach den<br />
Heilkräutern der alten Arzneikunde, <strong>di</strong>e<br />
vielleicht in den nahe gelegenen Gärten<br />
angebaut wurden, oder vielleicht auch,<br />
weil sich hier eine Spezerei befand. Die<br />
Straße ist Teil des alten etruskischen<br />
Straßennetzes und somit auch Teil des<br />
Ausfallswegs der Porta Eburnea.<br />
Am Straßenbeginn ist ein etruskischer<br />
Brunnen erhalten, ähnlich dem Pozzo<br />
Sorbello (Ende 2. Jh. v. Chr.), der zunächst<br />
in ein römisches domus und später<br />
in einen mittelalterlichen Komplex<br />
integriert wurde (Privateigentum).<br />
Weiter vorne, rechterhand, bei der Nr. 3<br />
<strong>di</strong>e Überreste eines mittelalterlichen<br />
Wohnturms und <strong>di</strong>e Gedenktafel für<br />
den Capitano Antonio Rossini, der in<br />
1896 in Adua fiel. Bei der Nr. 11 das<br />
heutige Restaurant Altro Mondo (An -<br />
dere Welt). Nur noch sein Name erinnert<br />
an den Freskenzyklus von 1923<br />
zu Hölle, Fegefeuer und Para<strong>di</strong>es, den<br />
der futuristische Maler Gerardo Dottori<br />
für einen römischen Unternehmer im<br />
Stil der damaligen Jahre ausführte. Das<br />
Werk wurde eingeweiht von Marinetti,<br />
später aber übermalt und durch<br />
Umbauten unsichtbar gemacht.<br />
Bergab links ist bei Nr. 10 ein anderer<br />
schöner Turm zu sehen und <strong>di</strong>e Via del<br />
Pozzo, deren Name an einen nicht mehr<br />
sichtbaren Ziehbrunnen erinnert. Bei<br />
Nr. 8 eine Gedenktafel an den <strong>Auf</strong> -<br />
enthalt von Galileo Galilei 1618 im<br />
Hause des Peruginer Mathematikers<br />
Giuseppe Neri mit einem interessanten<br />
Innenhof aus dem 16. Jh. Wieder zurück<br />
in der Via Caporali ist, bevor man links<br />
in <strong>di</strong>e Via Menicucci einbiegt, dort, wo<br />
sich <strong>di</strong>e Straße erweitert, ein Blick auf<br />
<strong>di</strong>e Kirche Sant’Angelo in Porta Eburnea<br />
möglich. Sie geht auf das Mittelalter<br />
zurück, wurde im neuklassizistischen<br />
Stil zu Beginn des 19. Jh. umgebaut. Via<br />
Menicucci (Bild) erinnert an den<br />
Ingenieur und Politiker, der an den<br />
Unruhen von 1831 - 33 teilnahm und<br />
deswegen vor Gericht gestellt und verurteilt<br />
wurde. Sie endet mit einer kurzen<br />
Treppe in der Via Bruschi. Die<br />
Straße ist nach den Bruschi benannt,<br />
einer Familie von Patrioten und<br />
Künstlern, insbesondere Carlo und Do -<br />
me nico, Vater und Sohn; der eine<br />
Patriot des Risorgimento, der andere<br />
geschätzter Maler in Rom (wo er<br />
Fresken im Montecitorio, im Palazzo
Madama und im Quirinale hinterließ)<br />
und in <strong>Perugia</strong> (wo er, unter anderem,<br />
<strong>di</strong>e Cappella Baldeschi in San Pietro, <strong>di</strong>e<br />
Cappella del Rosario in San Domenico,<br />
<strong>di</strong>e Chiesa dell’Annunziata und <strong>di</strong>e Sala<br />
Consiliare della Provincia ausschmükkte).<br />
Domenico war auch Arzt, Bo ta -<br />
niker, Gründer des Botanischen Gartens<br />
(1812) der Università degli Stu<strong>di</strong> <strong>di</strong><br />
<strong>Perugia</strong> (im ehemaligen Olivetaner -<br />
konvent) sowie Patriot und Teilnehmer<br />
an den Unruhen des 20. Juni 1859. Eine<br />
Gedenktafel, <strong>di</strong>e am Haus Nr. 15, ihrem<br />
Wohnhaus, angebracht ist, erinnert<br />
daran (Bild).<br />
Die Straße mündet in <strong>di</strong>e Via Mariotti,<br />
wo sich das Wohnhaus (Nr. 1) von An -<br />
nibale Mariotti befand, wie <strong>di</strong>e<br />
Gedenktafel zur Erinnerung an den<br />
Historiker und Patrioten aus <strong>Perugia</strong><br />
sagt, der 1801 in den päpstlichen Ge -<br />
fängnissen starb.<br />
Die Straße führt auf den gleichnamigen<br />
Platz, der früher Piazza dell’Annun ziata<br />
hieß, wo sich heute das Oratorium der<br />
Confraternita dell’An nun zia ta befindet.<br />
Der mittelalterliche Bau wurde im 17.<br />
Jh. umgebaut, hat eine Fassade aus dem<br />
19. Jh. und einen festlichen Reigen von<br />
Putti über dem Bogen des Portals (Bild).<br />
Im Inneren Fresken von Bruschi aus<br />
dem Jahr 1900. Daneben das ehemalige<br />
Kloster der „Mantellate” oder auch<br />
„Servite”; es wurde im 14. Jh. über den<br />
etruskischen Mauern errichtet, 16. Jh.<br />
erweitert und ist heute Sitz des<br />
Musikkonservatoriums von <strong>Perugia</strong>.<br />
Es geht zurück, hinunter zur Porta<br />
Eburnea oder auch „Arco della<br />
Mandorla” mit dem noch heute mittelalterlich<br />
aussehenden Stadtviertel<br />
Porta Eburnea.<br />
Außen am Tor sind wieder verwendete<br />
etruskische Quader zu sehen, mit<br />
Fragmenten der Inschriften Augusta<br />
Perusia und Colonia Vibia. Nun nehmen<br />
Sie rechts abwärts vom Bogen <strong>di</strong>e<br />
Treppen der Via del Para<strong>di</strong>so entlang<br />
eines schönen Abschnitts des etruskischen<br />
Mauerrings, der mit dem<br />
Stadttor aus der gleichen Epoche verbunden<br />
ist (Bild).<br />
<strong>PERUGIA</strong> 59
Am Ende der Gasse ist oben an einer<br />
Ecke ein Travertinblock mit einer „lasca”<br />
zu sehen (eine Weißfischart des Tra -<br />
simener Sees), der mit seinem Dop -<br />
pelkopf <strong>di</strong>e zwei Straßen anzeigte – <strong>di</strong>e<br />
vom See zum Fischmarkt und umgekehrt<br />
(Bild).<br />
Es geht wieder nach oben, über <strong>di</strong>e Via<br />
San Giacomo. Links kommt eine<br />
Sackgasse, <strong>di</strong>e Via Deserta, danach eine<br />
Ä<strong>di</strong>kula mit einer Madonna con Bam -<br />
bino, an der Kreuzung mit der Via Fate -<br />
benefratelli, <strong>di</strong>e nun Richtung bergauf<br />
zu nehmen ist (Bild).<br />
Die ehemalige Via della Lupa cieca bzw.<br />
Via dei Cronici heißt heute nach dem<br />
Hospiz für unheilbar Kranke, das dort<br />
seit 1584 neben der Kirche und dem<br />
Konvent der Brüder des<br />
Krankenhausordens San Giovanni <strong>di</strong><br />
Dio, den so genannten „Fate Bene<br />
Fratelli”, stand. Im Laufe des 19. Jh.<br />
wurde es erweitert und umgebaut und<br />
stellte seine Tätigkeit 1996 ein (wobei<br />
<strong>di</strong>e Patienten in das ehemalige<br />
Sanatorium Grocco in der Via della<br />
Pallotta verlegt wurden).<br />
Danach kommt rechts der Vicolo della<br />
Consolazione, eine Gasse, <strong>di</strong>e Sie bis<br />
zum Ende des Anstiegs nehmen, wo<br />
sich der einzige Palast aus dem 14. Jh.<br />
befindet, der von dem Viertel der<br />
Baglioni übrig geblieben ist. In dem<br />
Palazzo war seit 1571 nach dem Willen<br />
von Marcantonio Bartolini das Collegio<br />
Bartolino für 12 junge, bedürftige<br />
Studenten untergebracht.<br />
Nach dessen Schließung im Jahre 1811<br />
befanden sich hier <strong>di</strong>e Familienwohnung<br />
und <strong>di</strong>e Kunstglaserwerkstatt von<br />
Francesco Moretti (1833-1917), dessen<br />
Nachfahren noch heute in <strong>di</strong>esem Bereich<br />
tätig sind (Besuch nach Anmeldung).<br />
Oben links erhebt sich <strong>di</strong>e Torre Donati<br />
(Bild), der auf das 19. Jh. zurückgehende<br />
Nachbau eines mittelalterlichen<br />
Turms neben den Überresten der Rocca<br />
Paolina.<br />
Der Weg führt weiter in <strong>di</strong>e Via del Cir -<br />
co, so genannt nach dem kleinen<br />
Amphitheater, das zu Beginn des 19. Jh.<br />
(1804-08) hier für das Ballspiel (oder<br />
auch „gioco del circo”) entstand, ganz<br />
in der Nähe des befestigten Gangs der
Rocca Paolina. Es bestand aus stufenförmig<br />
angeordneten Sitzreihen und<br />
Logen, gefördert durch den Impresario<br />
Orazio Boccanera (der bereits das<br />
Teatrino del Carmine und spätere<br />
Modernissimo erbaut hatte), um zu verhindern,<br />
dass das Spiel auf dem Corso<br />
Vannucci stattfand, wie es häufig vorkam<br />
(v. ebenda, S. 89). Hier fand am 6.<br />
Juli 1805 das erste Spiel statt, und <strong>di</strong>e<br />
Reihe der Spiele setzte sich über ca. 60<br />
Jahre hinweg, wobei auch so berühmte<br />
Spieler teilnahmen wie jener Carlo<br />
Di<strong>di</strong>mi (1798-1877) aus der Stadt Treia<br />
in den Marken, der Giacomo Leopar<strong>di</strong><br />
zu dem Gesang A un vincitore nel pallone<br />
(Für einen Sieger des Ballspiels) inspirierte.<br />
Von dem „circo“ sind noch einige<br />
Mauerteile von der Rolltreppe in<br />
der Rocca Paola aus zu sehen.<br />
Weiter geht es abwärts in <strong>di</strong>e Via<br />
Torcoletti, deren Name „kleine torcoli”<br />
bedeutet, ein für <strong>Perugia</strong> typischer kleiner<br />
Kuchen laut Briganti (1954) und<br />
Bezug nimmt auf das Gebäck der<br />
Nonnen im Franziskanerinnenkonvent<br />
delle Bertolelle, der durch Napoleon geschlossen<br />
und später in ein Frau -<br />
engefängnis umgewandelt wurde. Zu<br />
Beginn der Straße <strong>di</strong>e ehemalige Kirche<br />
San Savino, nach heute noch der Vicolo<br />
<strong>di</strong> San Savino, <strong>di</strong>e erste Querstraße<br />
rechts heißt (Bild).<br />
Via Torcoletti ist das, was von der alten<br />
Straße noch übrig ist, <strong>di</strong>e vor dem Bau<br />
des Gefängnisses und der Piazza d’Armi<br />
von Santa Giuliana hoch in <strong>di</strong>e Porta del<br />
Soccorso in der Rocca Paolina führte.<br />
Die zweite Querstraße rechts, <strong>di</strong>e Via<br />
Cantamerlo, vielleicht so genannt nach<br />
dem Spruch „canta, canta merlo” (sing,<br />
Amsel, sing – wobei mit merlo gleichzeitig<br />
auch angespielt wird auf<br />
„Gimpel, Einfaltspinsel“), mit dem <strong>di</strong>e<br />
Frauen ihre Verehrer spöttisch bedachten<br />
(laut Gigliarelli, 1907), führt auf <strong>di</strong>e<br />
Piazzetta <strong>di</strong> San Giovanni <strong>di</strong> Dio, <strong>di</strong>e so<br />
heißt nach der Kirche, <strong>di</strong>e hier steht<br />
und zum Komplex der Fatebenefratelli<br />
gehört (Bild).<br />
Es geht weiter nach links in <strong>di</strong>e Via del<br />
Giar<strong>di</strong>no, benannt nach dem Garten<br />
der Marchesi Bourbon Sorbello, <strong>di</strong>e ein<br />
„entzückendes Haus und einen botanischen<br />
Garten” reich an exotischen<br />
Pflanzen besaßen. Sie führt in <strong>di</strong>e Via<br />
del Parione, deren auch in Rom und<br />
Florenz vorkommender Name vielleicht<br />
von paries, große Wand oder Mauer,<br />
kommen könnte (denn hier befindet<br />
sich ein hohes Stück der Stadtmauer),<br />
oder auch aus dem Lateinischen pars<br />
rionis (laut Zappelli, 1999, S. 147-148).<br />
Die Straße geht ab hinter dem ehemaligen<br />
Gefängnis, das zwischen 1866 und<br />
1870 aufgrund der Unzulänglichkeit<br />
des alten Gefängnisses im Palazzo dei<br />
Priori und der Rocca Paolina (für politische<br />
Häftlinge) gebaut wurde. Ver -<br />
schiedene Gebäude wurden hierzu abgerissen,<br />
auch <strong>di</strong>e Kirche San Giorgio<br />
und das Ospedale degli Invali<strong>di</strong>, außerdem<br />
schluckte das Gefängnis das<br />
Monastero delle Bartolelle (das so nach<br />
seinem Geldgeber hieß) und das Kloster<br />
Santa Maria Maddalena delle Con -<br />
vertite, das in der Zeit der napoleonischen<br />
Säkularisation geschlossen und<br />
dann als Stundenhotel zu Prosti tu -<br />
tionszwecken genutzt wurde.<br />
Die Straße geht rechts auf <strong>di</strong>e Piazza<br />
Santo Spirito mit der gleichnamigen<br />
Kirche aus dem 17. Jh. und dem großen<br />
Konvent der Padri minimi <strong>di</strong> San<br />
Francesco <strong>di</strong> Paola, 1576 nach Plänen<br />
<strong>PERUGIA</strong> 61
von Francesco Vezzosi begonnen und<br />
fertig gestellt 1689. Gegenüber der<br />
Kirchenfassade geht es in <strong>di</strong>e Via degli<br />
Orti, der Gemüsegärten, <strong>di</strong>e noch vor<br />
den Häusern erhalten sind, bis man<br />
rechts in <strong>di</strong>e Via del Curato (Bild)<br />
kommt, sie so hieß, weil hier der Pfarrer<br />
der Kirche San Giacomo wohnte.<br />
Man geht <strong>di</strong>e hübsche Gasse mit ihren<br />
blumengeschmückten Fassaden bis zur<br />
Kreuzung mit der Via San Giacomo mit<br />
der gleichnamigen Kirche, <strong>di</strong>e auch<br />
Chiesa delle Cinque piaghe (Kirche der<br />
fünf Wundmale) genannt wird.<br />
Sie ist seit 1246 bezeugt und wurde<br />
1683 rekonstruiert, hat ein Portal aus<br />
Travertinstein, mit bogenförmigem<br />
Oberlicht und drei dekorative Palmetten.<br />
Weiter geht es bis zum Zeichen der<br />
„Lasca”, dann weiter nach links durch<br />
<strong>di</strong>e Via degli Apostoli, <strong>di</strong>e über <strong>di</strong>e Via<br />
delle Forze zur Porta del Castellano, der<br />
ehemaligen Porta San Giacomo, führt,<br />
einem mittelalterlichen Tor, das zu einem<br />
Abschnitt der mittelalterlichen<br />
Stadtmauer mit einem Rundturm gehört.<br />
Die Mauer geht rechts nach dem<br />
Tor weiter und dann über in den schönen<br />
Abschnitt des etruskischen Mauer -<br />
rings unterhalb des ehemaligen Mo na -<br />
stero delle Mantellate, entlang der grünen<br />
Gärten der Cupa (s. Itinerari archeologici,<br />
2005, S. 10).<br />
Nach der Schlupfpforte geht es über<br />
Treppen hinauf in <strong>di</strong>e Via della Cupa,<br />
wo das Viertel Porta Santa Susanna endet,<br />
dargestellt durch ein Wappen mit<br />
einer Kette auf blauem Feld und das<br />
Viertel Porta Eburnea beginnt, dargestellt<br />
durch ein Wappen mit einem<br />
Elefanten und einem Elfenbeinturm auf<br />
grünem Feld. Von der Brüstung entlang<br />
der Straße bietet sich ein eindrucksvolles<br />
Panorama, ganz besonders zur<br />
Stunde des Sonnenuntergangs. Es ist<br />
beherrscht durch <strong>di</strong>e Masse des Collegio<br />
della Sapienza Vecchia (s. Guida <strong>di</strong> Pe -<br />
rugia, 2006, S. 52), dem ersten Beispiel<br />
eines „Collegio“, eines Internats gegen<br />
Bezahlung, für adelige und wohlhabende<br />
Schüler auch von außerhalb Pe -<br />
rugias, wie z. B. der Sohn von Gioac -<br />
chino Belli. 1799 wurde <strong>di</strong>e kleine<br />
Bühne eingeweiht, <strong>di</strong>e Anfang des 20.<br />
Jh. umgebaut wurde und aus Holz und<br />
Eisen besteht, wo der junge Rodolfo<br />
Guglielmi auftrat, der später als Va -<br />
lentino berühmt wurde.<br />
Der mehrmals umgebaute Komplex wur -<br />
de ab 1902 Nationalstaatliches Internat<br />
für Waisen, seit 1970 beherbergt es<br />
heute <strong>di</strong>e Mädchenklassen des In ter -<br />
nats Sant’Anna (ebenda).<br />
Neben dem Institut <strong>di</strong>e sehenswerte<br />
kleine Kirche Santa Maria della Valle,<br />
daneben das Haus der Salesianerinnen<br />
(ibid.), wo an der Ecke <strong>di</strong>e Via della<br />
Luna (Bild) ansteigt, eine der schönsten<br />
Straßen <strong>Perugia</strong>s, steil und gewunden,<br />
<strong>di</strong>e rechts an der kleinen Apsis aus wei-<br />
ßem und rosa Kalkstein der Kirche vorbeiführt.<br />
Noch weiter oben ist ein<br />
mittelalterliches Wohnhaus über einem<br />
Turm erhalten. Dann geht es <strong>di</strong>rekt auf<br />
den Corso Vannucci.
PORTA SAN PIETRO<br />
Das südöstlich ausgerichtete Viertel heißt im Volksmund auch „borgo bello”, <strong>di</strong>e schöne<br />
Vorstadt, (wegen ihrer schönen Domenikaner- und Bene<strong>di</strong>ktineranwesen, ihrer<br />
Kunstwerke und der vielen Grünanlagen). Der offizielle Name kommt von dem Hl.<br />
Petrus, den Schutzpatron, der mit seinen gekreuzten Schlüsseln heute auch das Symbol<br />
des Viertels darstellt. Im 14. Jh. war es der Löwe und später ein Stein, in Erinnerung an<br />
den Steinkampf, der in der Nähe des Campo <strong>di</strong> Battaglia (der heutigen Via XIV<br />
Settembre) abgehalten wurde. Die Farbe des Stadtviertels ist gelb wie das Korn, das<br />
durch das sich auf <strong>di</strong>e Tiberebene öffnende Stadttor gebracht wurde.<br />
<strong>PERUGIA</strong> 63
1<br />
RUNDGANG PORTA SAN PIETRO<br />
1 Piazza Matteotti<br />
2 Via Danzetta<br />
3 Via dello Struzzo<br />
4 Via Baldo<br />
5 Via Baglioni<br />
6 Via Santa Lucia<br />
7 Via Alunni<br />
8 Via Floramonti<br />
9 Via Marzia<br />
10 Via Masi<br />
2 3<br />
40<br />
11 Via Fanti<br />
12 Viale In<strong>di</strong>pendenza<br />
13 Corso Cavour<br />
14 Via Po<strong>di</strong>ani<br />
15 Via Vibi<br />
16 Via Fiorenzuola<br />
17 Via Cuccuina<br />
18 Via Giulia<br />
19 Via Gemella<br />
20 Via Traversa<br />
21 Via Gismonda<br />
4<br />
22 Via Colomba<br />
23 Via del Grillo<br />
24 Via dei Ghezzi<br />
25 Via Bonfigli<br />
26 Via degli Archi<br />
27 Via del Deposito<br />
28 Via del Canterino<br />
29 Via del Laberinto<br />
30 Via del Cortone<br />
31 Via del Persico<br />
39<br />
5<br />
7<br />
6<br />
8<br />
37<br />
38<br />
32 Piazza Giordano Bruno<br />
33 Via del Castellano<br />
34 Via Piantarose<br />
35 Via Guerriera<br />
36 Via del Conventuccio<br />
37 Via Campo <strong>di</strong> Battaglia<br />
38 Via Sant’Ercolano<br />
39 Via Oberdan<br />
40 Via della Rupe<br />
Piazza Matteotti<br />
9<br />
36<br />
35<br />
13 14<br />
34<br />
15<br />
12<br />
30<br />
16<br />
1
31<br />
0<br />
17<br />
32<br />
11<br />
m slm<br />
492<br />
482<br />
472<br />
462<br />
452<br />
442<br />
432<br />
422<br />
412<br />
6<br />
33<br />
18<br />
20<br />
19<br />
29<br />
28<br />
21<br />
22<br />
27<br />
11 14 29<br />
26<br />
23<br />
25<br />
<strong>PERUGIA</strong><br />
300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700 3000 3300 3600<br />
30<br />
32<br />
24<br />
39<br />
m<br />
<strong>PERUGIA</strong> 65
Porta San Pietro<br />
Der Rundgang nimmt seinen Anfang an<br />
der Piazza Matteotti, <strong>di</strong>e früher Piazza<br />
Garibal<strong>di</strong>, Piazza Piccola bzw. Piazza<br />
Sopramuro hieß. Zur Vergrößerung des<br />
zu Handelszwecken bestimmten Platzes<br />
wurden mächtige Substruktionsbauten<br />
in Form von Pfeilern errichtet, um mehr<br />
Raum für Läden und Lager zu schaffen<br />
(s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 56-57).<br />
Oberhalb des Platzes entstanden in den<br />
letzten Jahrzehnten des 15. Jh. und zu<br />
Beginn des 16. Jh. <strong>di</strong>e wichtigen<br />
Gebäude des Palazzo del Capitano del<br />
Popolo und der Università Vecchia (s.<br />
ebenda, S. 56). Interessant sind auf der<br />
Fassade des ersten Palazzo <strong>di</strong>e alten<br />
Maßeinheiten von 97, 63 und 41 cm,<br />
<strong>di</strong>e auf dem Markt üblich waren (Bild).<br />
Etwas weiter vorn, zwischen Hausnr. 18<br />
und 19 verläuft <strong>di</strong>e Grenze zwischen<br />
den beiden Stadtteilen Porta Sole und<br />
Porta San Pietro, deren Symbole hier<br />
dargestellt sind. Im letzten Abschnitt,<br />
Richtung Via Baglioni ist der Platz mit<br />
dem Corso verbunden über <strong>di</strong>e Via<br />
Danzetta, <strong>di</strong>e frühere Via dei Cappellari<br />
bzw. Rimbocco della Salsa, <strong>di</strong>e Oliven-<br />
Salsa, <strong>di</strong>e bei der Wollverarbeitung verwendet<br />
wurde. Der heutige Straßen -<br />
namen von 1871 geht auf eine alte<br />
Adelsfamilie zurück, <strong>di</strong>e durch den<br />
Handel mit Wolle und Fellen im<br />
Risorgimento zu Macht und Ehren kam.<br />
Es folgt <strong>di</strong>e Via dello Struzzo – <strong>di</strong>e angeblich<br />
nach dem Strauß benannt ist,<br />
den Ludwig I. von Bayern der Marchesa<br />
Marianna Florenzi schenkte, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e<br />
Statue im Hängegarten des Palazzo<br />
Alfani Florenzi in der Via Baglioni 3<br />
aufstellte. Eine steinerne Gedenktafel<br />
im Atrium des Palazzo besagt, dass hier<br />
von 1820 bis 1850 Marianna lebte, eine<br />
der schönsten und gebildetsten Frauen<br />
des 19. Jh.<br />
Weiter geht es in der Via Baldo, so genannt<br />
zu Ehren von Baldo degli Ubal<strong>di</strong>,<br />
1327 in <strong>Perugia</strong> geboren, Schüler des<br />
Bartolo da Sassoferrato, wie der<br />
Gedenkstein besagt. Gegenüber dem<br />
Ziegelbau, der das Wohnhaus des großen<br />
Rechtsgelehrten war, der Palazzo<br />
Pucci Boncambi, auf dessen Fassade eine<br />
Gedenktafel von Marcello Lippi<br />
Boncambi erzählt, dem Helden und<br />
Träger der goldenen Tapfer keits -<br />
medaille, gefallen im 2. Weltkrieg.<br />
Überqueren Sie jetzt <strong>di</strong>e Via Baglioni,<br />
<strong>di</strong>ese bedeutende Geschäftstraße, <strong>di</strong>e<br />
1871 nach der berühmtesten Familie<br />
der Stadt und Gegnerin des Papstes benannt<br />
wurde. Die Straße war bereits<br />
1582 auf Geheiß des päpstlichen Legats<br />
Alessandro Riario mit dem Namen Via<br />
Riaria geöffnet worden. So erreicht<br />
man <strong>di</strong>e Via Santa Lucia, eine Gasse,<br />
deren steile Treppe in <strong>di</strong>e Via Oberdan<br />
mündet. Sie trägt den Namen der kleinen,<br />
ursprünglich mittelalterlichen<br />
Kirche, <strong>di</strong>e auch unter Chiesa Colle<br />
Landone bekannt ist und 1760 ihre<br />
heutige Form erhielt. Im 19. Jh. befanden<br />
sich hier eine Nudelfabrik und ein<br />
Trockeneiskeller.<br />
Links der Zugang zur Via Alunni, so benannt<br />
nach dem Findelhaus Alunni, das<br />
hier bis 1873, dem Jahr seiner<br />
Schließung, bestand; Findelkinder wurden<br />
<strong>di</strong>e vielen ausgesetzten Neu ge -<br />
borenen genannt, <strong>di</strong>e hier in eine drehbare<br />
Klappe gelegt werden konnten<br />
und von einigen Ammen, den<br />
„Allevatrici” (von lateinisch alo = “nähren”)<br />
groß gezogen wurden.<br />
Am Ende der Treppen angelangt befinden<br />
Sie sich in der Via Oberdan. Gehen<br />
Sie bis zur Kreuzung mit der Via<br />
Sant’Ercolano, danach <strong>di</strong>e kurze Via<br />
Floramonti hinauf, <strong>di</strong>e so heißt nach<br />
der Adelsfamilie, <strong>di</strong>e hier bis zum 17.Jh.<br />
lebte. Bei der Hausnr. 9 ist noch ein gut<br />
erhaltener mittelalterlicher Wohnturm<br />
zu erkennen (Bild).
Am 25. April 2005 wurde anlässlich des<br />
60. Jahrestags der Befreiung vom<br />
Faschismus an dem Haus Nr. 10 eine<br />
Gedenktafel angebracht - auf dem<br />
Gebäude, das <strong>di</strong>e faschistische Polizei<br />
zu Folterzwecken benutzte. Hier wurde<br />
auch Gastone Sozzi, ein junger<br />
Antifaschist aus Cesena gefoltert. Er<br />
starb 1927 im Gefängnis von <strong>Perugia</strong>.<br />
Am Ende des Anstiegs, an der Hausnr.<br />
16, das Wappen der alten Compagnia <strong>di</strong><br />
San Martino (Bruderschaft des hl.<br />
Martin), Eigentümerin vieler Häuser in<br />
der Straße.<br />
Es geht weiter über <strong>di</strong>e Via Marzia (s.<br />
Itinerari archeologici, 2005, S. 10), <strong>di</strong>e<br />
nach dem berühmten Stadttor der<br />
Rocca Paolina benannt ist, deren<br />
Eingang 1848 realisiert wurde. Die<br />
Straße hieß ursprünglich Via Lomellina,<br />
nach dem päpstlichen Legaten und<br />
Kar<strong>di</strong>nal Lomellini, der 1682 <strong>di</strong>e Straße<br />
ausbauen und den gleichnamigen<br />
Barockbrunnen errichten ließ, wie der<br />
Inschrift oben zu entnehmen ist.<br />
Gegenüber dem Brunnen bietet sich ein<br />
einzigartiger Blick auf <strong>di</strong>e Kirchtürme<br />
von Sant’Ercolano, San Domenico und<br />
San Pietro.<br />
Nehmen Sie am Ende der Via Marzia<br />
links <strong>di</strong>e Via Masi, <strong>di</strong>e den Namen des<br />
Arztes und Militärs Luigi Masi trägt,<br />
Kommandant zahlreicher Kampagnen<br />
(geboren in Petrignano d’Assisi, 1814gestorben<br />
in Palermo, 1872), bis zu den<br />
Treppen, <strong>di</strong>e durch einen Garten hinunter<br />
führen in <strong>di</strong>e Via Fanti, benannt<br />
nach Manfredo Fanti (geb. in Carpi, 1806<br />
– gest. in Florenz, 1865), Kommandant<br />
der piemontesischen Truppen, <strong>di</strong>e<br />
<strong>Perugia</strong> am 14. September 1860 befreiten.<br />
Links lohnt es sich, der Rückseite<br />
der Villa Mavarelli-Gnoni etwas Zeit zu<br />
widmen (Bild), einem schönen Entwurf<br />
von Calderini von 1869-70, deren<br />
Fassade auf <strong>di</strong>e Nr. 37 der darunter verlaufenden<br />
Viale Marconi hinausgeht.<br />
Das Gebäude, das ursprünglich als<br />
Thermalhaus geplant war, wurde 1888<br />
durch <strong>di</strong>e Familie erworben, deren<br />
Name es heute noch trägt, und als<br />
Hotel genutzt. Unter den Gästen war<br />
auch Richard Wagner, wie eine<br />
Erinnerungstafel auf der Rückseite besagt.<br />
Es geht weiter in der Via Fanti bis<br />
zum Eingangstor der beiden Palazzine<br />
Biscarini, <strong>di</strong>e 1894 durch den Ar chi -<br />
tekten Nazareno Biscarini im Stil der<br />
keramischen Schmuckbauten errichtet<br />
wurden (alle Ton-Dekorationen stammen<br />
aus den Brennereien Angeletti und<br />
Biscarini). Es geht <strong>di</strong>e Via Masi wieder<br />
hinauf, vorbei am Sitz der RAI in<br />
Umbrien, der ehemaligen Kaserne der<br />
Carabinieri, auf einer Straße, <strong>di</strong>e an<br />
dem Bereich entlang führt, auf dem<br />
einst <strong>di</strong>e „Tenaglia“ (zangenförmiger<br />
Festungsteil) der Rocca Paolina stand.<br />
Nach dem Garten mit einem Denkmal<br />
für <strong>di</strong>e Gefallenen aller Kriege geht es<br />
über <strong>di</strong>e Treppe zur Kreuzung der Via<br />
Masi mit der Viale In<strong>di</strong>pendenza. Die<br />
frühere Via Alberata, <strong>di</strong>e auf den Überresten<br />
der Rocca erbaut wurde, hieß so<br />
nach den alten „bagolari“, den<br />
Zürgelbäumen, <strong>di</strong>e sie säumen, wurde<br />
aber 1871 umbenannt. Stets in <strong>di</strong>eser<br />
Straße, nur ein kurzes Stück weiter<br />
vorn, bei der Hausnr. 47 auf der rechten<br />
Seite sei hinzuweisen auf <strong>di</strong>e Casa<br />
Villanis, auch wegen der schönen<br />
Rabatten. Der auf das Mittelalter zurückgehende<br />
Ziegelbau wurde 1922<br />
durch den Architekten Ugo Tarchi restauriert<br />
(Bild).<br />
Gehen Sie <strong>di</strong>e Straße weiter, bis sie zu<br />
Füßen der Treppen von Sant’Ercolano in<br />
den Corso Cavour mündet und Sie zu einem<br />
Garten kommen. Er wurde 1854 von<br />
Filippo Lardoni entworfen, mit großen<br />
Rosskastanien und Steineichen um den<br />
<strong>PERUGIA</strong> 67
Neptunbrunnen, der von der Piazza del<br />
Sopramuro hierher versetzt worden war.<br />
Hier nimmt der Corso Cavour (Bild), eine<br />
der fünf Ausfallstraßen Richtung As -<br />
sisi und Rom. Früher trug er bereits <strong>di</strong>e<br />
Namen Via Papale, Corso <strong>di</strong> Porta Ro -<br />
mana, Corso <strong>di</strong> San Pietro. Seinen heutigen<br />
Namen erhielt er 1871 zu Ehren<br />
des großen Politikers Cavour.<br />
Der erste Palazzo links, am Ende der<br />
Treppe, stammt aus der Zeit zwischen<br />
dem 17. und dem 18. Jh.. In ihm waren<br />
mehrere Hotels untergebracht, hier<br />
wohnte wahrscheinlich Goethe am 25.<br />
Oktober 1786. Ebenfalls hier nahm in<br />
dem unglückseligen Jahr 1859 der<br />
Amerikaner Edward Newton Perkins mit<br />
seiner Frau, zwei Freun<strong>di</strong>nnen und einer<br />
Tochter <strong>Auf</strong>enthalt, als Soldaten der<br />
Schweizer Garde, <strong>di</strong>e über San Pietro<br />
eingedrungen waren, den Hotelier und<br />
zwei Diener ermordeten und <strong>di</strong>e<br />
Hotelgäste und ihre Habe bedrohten. Es<br />
folgten Proteste und ein Artikel in der<br />
Times, <strong>di</strong>e zusätzlich zum Ende des<br />
Kirchenstaates und zum Anschluss an<br />
das Königreich Italien beitrugen. 1860<br />
änderte das Hotel seinen Namen in<br />
Esperance; es war bei Reisenden sehr<br />
beliebt (Pianesi, 1998, S. 53-55). Rechts,<br />
bei der Hausnr. 13, der Palazzo Rossi<br />
Scotti aus dem 17. Jh., der im 19. Jh. restauriert<br />
wurde. Biegen Sie rechts ein<br />
und folgen der Straße um den Palazzo<br />
in der Via Po<strong>di</strong>ani, <strong>di</strong>e ehemalige Via<br />
Voltata delle carrozze, <strong>di</strong>e 1871 nach<br />
dem bekannten Literaten Prospero<br />
Po<strong>di</strong>ani (1550-1615) umbenannt wurde,<br />
ein Bücherliebhaber, der 7000<br />
Bände sein eigen nannte, <strong>di</strong>e er der<br />
Stadt vermachte und <strong>di</strong>e den Grund -<br />
stock bildeten für <strong>di</strong>e Biblioteca<br />
Comunale Augusta. Hier befindet sich<br />
der Palazzo della Penna (16. Jh.), so benannt<br />
nach der Familie Arcipreti della<br />
Penna, vom Castello <strong>di</strong> Penna in Te -<br />
verina, das früher den Vibi gehörte. Das<br />
Haus wurde über den Resten des römischen<br />
Amphitheaters errichtet und später<br />
umgebaut; heute beherbergt es<br />
Museumskollektionen. Nun geht es<br />
rechts des Palastes über eine Treppe<br />
bergab (an der Treppe sind noch <strong>di</strong>e<br />
Reste eines alten Brunnens zu sehen)<br />
auf <strong>di</strong>e Via Vibi. Die Vibi waren eine alteingesessene<br />
Familie aus Montevibiano<br />
und Monte Castello <strong>di</strong> Vibio, <strong>di</strong>e sich als<br />
Nachfahren des Vibio Treboniano Gallo<br />
bezeichneten, des aus <strong>Perugia</strong> gebürtigen<br />
römischen Kaisers (251 bis 253 n.<br />
Chr.) (Bild).<br />
Die Gasse endet mit dem mittelalterlichen<br />
Stadttor Porta dei Funari, oder<br />
auch Porta dei Vibi bzw. Porta della<br />
Penna, <strong>di</strong>e unterhalb des heutigen<br />
Straßenniveaus liegt und zu der unweit<br />
gelegenen Porta <strong>di</strong> Santa Croce, der so<br />
genannten Porta dei Tre Archi führt, <strong>di</strong>e<br />
1857 mit einem großzügigen Säulen -<br />
portikus eröffnet wurde.<br />
An der Kreuzung der Tre Archi liegt <strong>di</strong>e<br />
Kirche Santa Croce, Eigentum der Ca -<br />
valieri del Santo Sepolcro (Ritter des<br />
heiligen Grabs), <strong>di</strong>e später Sitz der<br />
Compagnia <strong>di</strong> San Giuseppe dei falegnami<br />
(St.-Josefs-Bruderschaft der
Zimmerleute) war (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>,<br />
2006, S. 58) (Bild).<br />
Unmittelbar hinter der Kreuzung gehen<br />
vom Corso Cavour zahlreiche kleine<br />
Straßen ab. Die erste rechts ist <strong>di</strong>e Via<br />
Fiorenzuola unter einem dunklen<br />
Bogen unterhalb des Palazzo Meniconi<br />
Bracceschi, Besitztum einer der ältesten<br />
Adelsfamilien <strong>Perugia</strong>s. Daneben, bei<br />
der Hausnr. 39, der Palazzo Baldeschi,<br />
Residenz der Od<strong>di</strong>-Baldeschi, Grafen<br />
von Fiorenzuola, wovon der Stra -<br />
ßennamen abgeleitet sein könnte. Nach<br />
einem ersten dunkeln Abschnitt unter<br />
einem Kreuzrippengewölbe wird <strong>di</strong>e<br />
Straße nach der Kurve hell und licht<br />
(Bild).<br />
Links <strong>di</strong>e Via Cuccuina, deren kurze<br />
Treppe auf den Corso Cavour führt. Ihr<br />
eigenartiger Name geht nach Ansicht<br />
einiger auf das französische Wort cocu<br />
zurück (mit dem betrogene Ehefrauen<br />
bezeichnet wurden). Die Fiorenzuola-<br />
Gasse führt in ihrem letzten Abschnitt<br />
rechts am ehemaligen Konvent der<br />
Capuccinelle vorbei und geht dann <strong>di</strong>rekt<br />
über in <strong>di</strong>e Via Giulia (Bild).<br />
Diese Straße, <strong>di</strong>e nachdem <strong>di</strong>e Porta delle<br />
Cappuccinelle zugemauert worden<br />
war, vorübergehend zu einer Sackgasse<br />
wurde, führt weiter in <strong>di</strong>e Via Gemella,<br />
<strong>di</strong>e „Zwillingsstraße“, weil sie parallel zur<br />
Via Traversa verläuft (<strong>di</strong>e gleichfalls von<br />
der Via Giulia abgeht). Sie kommen so in<br />
<strong>di</strong>e Via Gismonda. Weiter, wieder<br />
bergauf in <strong>di</strong>e Via Co lomba, <strong>di</strong>e so heißt<br />
nach dem nahe gelegenen Kloster der<br />
Beata Colomba von Rieti, und an <strong>di</strong>esem<br />
entlang führt bis zum Übergang in den<br />
Corso Cavour. Bitte beachten Sie <strong>di</strong>e<br />
nicht zufällige und <strong>di</strong>chte <strong>Auf</strong> ein -<br />
anderfolge der drei parallel zu einander<br />
verlaufenden Straßen, <strong>di</strong>e alle nach einer<br />
Frau benannt sind: Giulia, Gismonda<br />
und Co lomba, vielleicht Wohltäterinnen<br />
des Klosters (s. Zappelli, 1999, S. 106).<br />
Biegt man rechts in den Corso ein und<br />
geht den Komplex des ehemaligen<br />
Klosters entlang, von Hausnr. 125 bis<br />
129 (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 59), der<br />
jetzt als Kaserne der Vigili del Fuoco<br />
(Feuerwehr) <strong>di</strong>ent, geht es weiter, bis<br />
rechts <strong>di</strong>e Sackgasse Via del Grillo ansteigt.<br />
Hier gründete Frate Bernar<strong>di</strong>no<br />
del Grillo aus Siena 1539 das Con -<br />
servatorio delle derelitte o “repentute”<br />
(ein Internat), das anschließend<br />
integriert wurde in das Bene<strong>di</strong>k ti -<br />
<strong>PERUGIA</strong> 69
nerinnenkloster Santa Maria Madda -<br />
lena, der heutigen Kaserne der Ca ra -<br />
binieri (Hausnr. 133 - s. ebenda, S. 62).<br />
Nach kurzem Weg ist <strong>di</strong>e Porta San<br />
Pietro erreicht (s. ebenda, S. 63), <strong>di</strong>e<br />
frühere Porta delle due Porte; auf <strong>di</strong>eser<br />
Seite das erste, mittelalterliche<br />
Stadttor, von dem nur noch wenige<br />
Reste erhalten sind. Links, vor dem<br />
Ausgang, das Oratorio <strong>di</strong> San Giacomo<br />
(Bild), das durchziehenden Pilgern<br />
Obdach gewährte. Durch das zweite<br />
Stadttor, ein schönes Renaissance -<br />
bauwerk von Ago stino <strong>di</strong> Duccio, gelangt<br />
man in den Borgo XX Giugno, der<br />
früher Borgo San Pietro hieß (Bild).<br />
Zu dem Namen Borgo XX Giugno kam<br />
es in Folge der Ereignisse vom 20. Juni<br />
1859, als Truppen der vom Kir chen -<br />
staat bezahlten Schweizer Garde unter<br />
der Führung von General Schmidt<br />
durch <strong>di</strong>e Porta San Costanzo (s. Guida<br />
<strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, S. 66-67) in das Viertel eindrangen,<br />
<strong>di</strong>e Abtei San Pietro verwüsteten<br />
und in der ganzen Stadt<br />
Plünderungen und Morde verübten. Zur<br />
Erinnerung an den beispielhaften<br />
Widerstand der Einwohner des Viertels<br />
und der Mönche von San Pietro wurde<br />
1909 der Borgo per Dekret der Stadt -<br />
verwaltung mit seinem heutigen<br />
Namen geehrt, gegenüber den Giar<strong>di</strong>ni<br />
del Frontone wurde ein Denkmal errichtet<br />
mit dem Greif, dem Symbol<br />
<strong>Perugia</strong>s, der <strong>di</strong>e päpstliche Tiara zerstört,<br />
und mit einer siebenköpfigen<br />
Hydra, <strong>di</strong>e aber später durch den<br />
Nach der Porta San Pietro kommt<br />
rechts, als erste von der Via Sant’Anna<br />
abgehende Straße, <strong>di</strong>e Via dei Ghezzi,<br />
eine alte Bezeichnung für „dunkelhäutig”<br />
– wie <strong>di</strong>e drei Mauren des Stein -<br />
reliefs auf der gleichnamigen Porta in<br />
dem unterhalb liegenden Viale Roma,<br />
auf den <strong>di</strong>e Treppen der Via Sant’Anna<br />
hinab gehen. In der Via dei Ghezzi<br />
(Hausnr. 15) wurde 1844 durch Con -<br />
tessa Laura Donini Montesperelli ein<br />
Altersheim für alte und kranke Frauen<br />
eingerichtet, das noch in Betrieb ist.<br />
Wir verlassen <strong>di</strong>e Straße und gehen zurück<br />
in den Borgo XX Giugno, bis rechts<br />
der Porta San Pietro <strong>di</strong>e Via Bonfigli<br />
kommt (<strong>di</strong>e alte Via Romana, bis ins 19.<br />
Jh. <strong>di</strong>e Hauptstraße nach Rom). Sie hat<br />
den Namen des Peruginer Malers trägt<br />
(um 1420 - 1496), bekannt für seine<br />
Darstellung der Stadt im 15. Jh. (wie in<br />
Bildhauer Giuseppe Fringuelli in eine<br />
etwas abgemilderte Form gebracht<br />
wurde. Noch im selben Jahr wurde<br />
auch ein Gedenkstein am Eingang des<br />
Klosters San Pietro aufgestellt zur<br />
Erinnerung an <strong>di</strong>e Verwüstungen und<br />
<strong>di</strong>e Hilfe der Mönche für <strong>di</strong>e Ver -<br />
wundeten und <strong>di</strong>e Patrioten, <strong>di</strong>e hinter<br />
ihren Mauern Zuflucht gefunden hatten<br />
(s. Zappelli, 1999, S. 211). 1944, gut<br />
85 Jahre später, kam es zu einem weiteren<br />
Ereignis in der Geschichte des<br />
Borgo und der Stadt, ein außergewöhnlicher<br />
Zufall, als wieder an einem<br />
20. Juni <strong>di</strong>e angloamerikanischen Trup -<br />
pen durch <strong>di</strong>e Porta San Costanzo einmarschierten,<br />
um <strong>Perugia</strong> von seinem<br />
faschistischen Regime zu befreien. Zur<br />
Erinnerung an <strong>di</strong>e Morde an den<br />
Antifaschisten steht ein Gedenkstein<br />
im Borgo XX Giugno.
der Cappella dei Priori). Bei der Hausnr.<br />
6 das auf das 14. Jh. zurück gehende<br />
Ospedale <strong>di</strong> San Giacomo, ein Hospiz<br />
für Pilger und Arme, das einen ganzen<br />
Häuserblock umfasste und bis zum<br />
Ende des 19. Jh. betrieben wurde (s.<br />
Zappelli, 1999, S. 57, der von dem<br />
Durchzug der Pilger am 1. August berichtete,<br />
<strong>di</strong>e alljährlich unterwegs waren<br />
nach Assisi, um dort den Ablass der<br />
Porziuncola zu erlangen) (Bild).<br />
Wenn Sie möchten, können Sie den<br />
Rundgang fortsetzen über den gesamten<br />
Borgo bis zu San Pietro, den Giar -<br />
<strong>di</strong>ni del Frontone und zur Porta San Co -<br />
stanzo (s. Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 66).<br />
<strong>Auf</strong> dem Weg zurück über den Corso<br />
Cavour trifft man rechtsseitig, nur wenige<br />
Meter nach dem Tor, auf <strong>di</strong>e Via<br />
degli Archi, eine kurze, überwölbte<br />
Sackgasse in Form eines „T“.<br />
Weiter in der Via del Deposito (Bild),<br />
wo bei Hausnr. 9 eine Gedenktafel an<br />
das Geburtshaus von Gerardo Dottori<br />
(1884-1977), den berühmten futuristischen<br />
Maler erinnert. Sie hatte einst<br />
Verbindung mit der Via degli Archi, an<br />
dem Punkt, wo nun <strong>di</strong>e Kirche Santa<br />
Maria <strong>di</strong> Colle steht, dem heutigen Sitz<br />
des Au<strong>di</strong>torium Mariano Frescobal<strong>di</strong>,<br />
während sie heute unter dunklen<br />
Kreuzrippengewölben nach rechts weiter<br />
bergab führt Richtung Via del<br />
Canterino. Die Sackgasse mit dem unklaren<br />
Namen geht in <strong>di</strong>e Via del<br />
Laberinto oder einfach nur Labirinto.<br />
Der Namen bezieht sich vielleicht auf<br />
das Geflecht von Gassen, oder noch<br />
wahrscheinlicher, auf <strong>di</strong>e Existenz von<br />
Höhlen und unterir<strong>di</strong>schen Gängen, <strong>di</strong>e<br />
entlang des äußeren Abschnitts der<br />
(heute nur noch in wenigen Resten erhaltenen)<br />
mittelalterlichen Stadt -<br />
mauern zu finden waren. Es lohnt sich,<br />
bei den Häusern von der Nr. 16 bis 22<br />
stehen zu bleiben, um <strong>di</strong>e Überreste der<br />
Ziegelbrennerei und der Werkstätten<br />
Biscarini-Angeletti zu betrachten, <strong>di</strong>e<br />
sich auf dekorative Formziegel spezialisiert<br />
hatten, mit einem eklektischen Stil<br />
zwischen neuklassisch und Jugendstil.<br />
Das Werk war von etwa 1870 bis 1903<br />
in Betrieb, hier arbeiteten Francesco<br />
Biscarini und Raffaele Angeletti,<br />
Handwerker und Künstler, Bildhauer<br />
und Restaurateure. Nach elf Jahren<br />
Stilllegung wurde das Werk dann 1914<br />
durch den Neffen Francescos, Angelo<br />
Biscarini wieder eröffnet. <strong>Auf</strong> der<br />
Frontseite fallen <strong>di</strong>e schönen Masken<br />
ins Auge, <strong>di</strong>e Statuen und <strong>di</strong>e Brüstung<br />
aus Ton im Garten (Bild).<br />
Etwa weiter <strong>di</strong>e Straße hinab sind bei<br />
Hausnr. 30/A, einem Gebäude, das<br />
heute als Wohnhaus <strong>di</strong>ent, außen einzigartige<br />
Tondekors zu sehen (Wap -<br />
pen, Girlanden, Büsten, Portraits)<br />
(Bild).<br />
<strong>PERUGIA</strong> 71
Es handelt sich um einen für <strong>di</strong>e handwerkliche<br />
und Kunstgeschichte Pe ru -<br />
gias höchst bedeutenden Komplex. Aus<br />
<strong>di</strong>esen Werkstätten kommt der größte<br />
Teil der Tondekorationen der Peruginer<br />
Palazzi vom Ende des 19. Jh., wie des<br />
Palazzo Cesaroni, des Palazzo Calderini,<br />
des Palazzo della Provincia, der Banca<br />
d’Italia, des Palazzo Bianchi, der Pa -<br />
lazzine Biscarini, Palazzo Vajani, etc.<br />
und vieler Grabkapellen auf dem<br />
Gedächtnisfriedhof.<br />
Seitlich der Gebäudes geht ein Weg in<br />
<strong>di</strong>e Grünanlagen der Via del Cortone,<br />
der auf der Rückseite und seitlich des<br />
ehemaligen Konvents San Domenico<br />
wieder hochführt, von wo aus man einen<br />
der schönsten Ausblicke auf den<br />
Parco <strong>di</strong> Santa Margherita, auf Mon -<br />
teluce und Porta Sole hat.<br />
Nehmen Sie jetzt <strong>di</strong>e teilweise überwölbte<br />
Gasse, bis Sie links in <strong>di</strong>e Via del<br />
Persico abbiegen können – ein Namen,<br />
der sich entweder auf „Pfirsichbaum“<br />
bezieht oder aber auf eine Fischart, <strong>di</strong>e<br />
im Trasimener See vorkommt. Am Ende<br />
der Straße ist <strong>di</strong>e Barocktreppe und der<br />
gewaltige Komplex der Kirche San<br />
Domenico zu sehen (Bild). So gelangt<br />
man auch auf <strong>di</strong>e Piazza Giordano<br />
Bruno, zu Ehren des Philosophen, der<br />
als Opfer der Inquisition am 17. Februar<br />
1600 in Rom auf dem Scheiterhaufen<br />
als Häretiker verbrannt wurde. Ihm ist<br />
eine Gedenktafel gewidmet, <strong>di</strong>e 1907<br />
gegenüber der Kirche San Domenico<br />
angebracht wurde. Treten Sie nun ein in<br />
den ehemaligen Konvent, in dem sich<br />
heute das Archivio <strong>di</strong> Stato (Staats -<br />
archiv) und das Museo Archeologico<br />
(Archäologische Museum) befinden, in<br />
das man über den Kreuzgang mit 40<br />
Travertinsäulen, einen der größten der<br />
Stadt, gelangt (s. ebenda, 2006, S. 61).<br />
<strong>Auf</strong> dem kleinen Platz ein mittelalterlicher<br />
Ziehbrunnen (siehe <strong>di</strong>e eingemeißelte<br />
Jahreszahl 1285).<br />
Die Brüstung besteht aus acht<br />
Travertinplatten, von denen einige eine<br />
kletternden Greif zeigen (als Hinweis<br />
auf <strong>di</strong>e öffentliche Nutzung des<br />
Brunnens), dem lateinischen Mono -<br />
gramm für Christi Namen und der<br />
Angabe des Jahres, in dem der Brunnen<br />
restauriert wurde (1452), dem griechischen<br />
Monogramm für Christi Namen<br />
und einer Muschel. Die Muschel ist <strong>di</strong>e<br />
Pilgermuschel von San Giacomo <strong>di</strong><br />
Compostela, Symbol der Pilger, <strong>di</strong>e hier<br />
auf der Ausfallstraße Richtung Assisi<br />
und Rom durchzogen.<br />
Von dem Platz zweigt <strong>di</strong>e Via del Ca -<br />
stellano ab, eine Ortsbezeichnung, <strong>di</strong>e<br />
auf den Namen der ursprünglich hier<br />
befindlichen Kirche Santo Stefano del<br />
Castellare zurückgeht, <strong>di</strong>e vielleicht auf<br />
Resten ehemaliger Befestigungs anlagen<br />
errichtet wurde.<br />
Die Gasse ist dominiert von der<br />
mächtigen Seiten fassade der Basilica <strong>di</strong><br />
San Domenico, deren Kapellen aus<br />
Ziegel werk (17. Jh.), mit gotischen<br />
Zwillings fenstern (15. Jh.) hervortreten,<br />
sowie <strong>di</strong>e Cappella <strong>di</strong> San Domenico aus<br />
weißem und rosa Stein in<br />
Kosmatenarbeit. Hier befindet sich der<br />
Seiteneingang in <strong>di</strong>e Kirche.<br />
Man steht unmittelbar unter der mächtigen<br />
Apsis und dem Glockenturm von<br />
San Do menico, wo das große gotische
Fenster (23 x 9,13 m) bewundert werden<br />
kann. Gegenüber der Apsis der Palazzo<br />
dell’Inquisizione, mit einer Datierung<br />
über dem Portal von 1667 (s. ebenda,<br />
2006, S. 59). Sie lassen jetzt <strong>di</strong>e Via del<br />
Castellano hinter sich und befinden sich<br />
in einer Ausbuchtung am Corso Cavour,<br />
dort, wo auf der einen Seite ein alter<br />
Ziehbrunnen mit einem Greif und den<br />
Überresten einer Säule zu finden sind<br />
(Bild) und auf der anderen Seite das<br />
Ospedale dei Pellegrini (Pilgerhospiz)<br />
oder auch Ospedale della Confraternita<br />
<strong>di</strong> San Domenico, aus abwechselnd weißen<br />
und rosa Steinreihen (um 1333), das<br />
heute anderweitige Verwendung hat.<br />
Der Rundgang setzt sich fort über den<br />
Corso Cavour (Richtung Tre Archi).<br />
Rechts sei hinzuweisen auf ehemalige<br />
mittelalterliche Läden mit gotischen<br />
Türbogen und links, bei Hausnr. 63, <strong>di</strong>e<br />
alte Apotheke Bellucci. Im Inneren gemahnt<br />
eine Gedenktafel an <strong>di</strong>e tragischen<br />
Ereignisse des 20. Juni 1859, als<br />
<strong>di</strong>e Apotheke, <strong>di</strong>e dem Anhänger<br />
Mazzinis Sebastiano Bellucci gehörte,<br />
ein Schuss aus einer Kanone der päpstlichen<br />
Milizen traf. Es geht weiter, bis<br />
Sie rechts <strong>di</strong>e Via del Cortone nehmen<br />
können und danach <strong>di</strong>e Via del Persico,<br />
<strong>di</strong>e zur Via Piantarose führt. Nach der<br />
heutigen Via XIV Settembre, dem früheren<br />
Campo <strong>di</strong> Battaglia (siehe weiter<br />
unten) erreichen Sie <strong>di</strong>e Via Guerriera,<br />
so genannt nach dem Steinkampf (siehe<br />
weiter unten). Bergauf rechts kommt<br />
<strong>di</strong>e Via del Conventuccio, eine<br />
Sackgasse, daneben, bei Hausnr. 14 in<br />
der Via Guerriera, ein Bogen mit<br />
Tondekorationen aus der Werkstatt<br />
Angeletti. Lassen Sie rechts <strong>di</strong>e Via del<br />
Bovaro liegen, um nach wenigen<br />
Metern in <strong>di</strong>e Via Campo <strong>di</strong> Battaglia<br />
zu kommen, deren Namen <strong>di</strong>e<br />
Erinnerung bewahrt an <strong>di</strong>e „battaglia<br />
dei sassi” (Schlacht der Steine). Dieser<br />
Kampf wurde auf dem „Feld“ unterhalb<br />
des Abhangs des heutigen Pincetto, der<br />
Piazza Matteotti, durchgeführt - alljährlich<br />
am 1. März, dem Fest zu Ehren<br />
des Stadtheiligen Sant’Ercolano, und<br />
zwar zwischen den Teilnehmern der<br />
„parte <strong>di</strong> sopra” (Oberstadt) und der<br />
„parte <strong>di</strong> sotto” (Unterstadt). Ein gewalttätiges<br />
Fest, bei dem es zu<br />
Verletzten und Toten kam, und das mehr<br />
als drei Jahrhunderte andauerte, vom<br />
12. Jh. bis 1425 – in der Absicht, junge<br />
Männer im Kriegshandwerk auszubilden.<br />
Der heutige Straßenzug erhielt sein<br />
endgültiges Aussehen gegen 1820 - 22<br />
(Zappelli, 1999, S. 62). Verlassen Sie <strong>di</strong>e<br />
Straße nach links – mit einem herrlichen<br />
Blick auf <strong>di</strong>e Kirche Sant’Ercolano, <strong>di</strong>e<br />
nach dem bei den Peruginern beliebtesten<br />
Schutzheiligen heißt. Beliebt insbesondere<br />
im Mittelalter, als zu seinem<br />
Festes <strong>di</strong>e Statue in einer prächtigen<br />
Prozession von der Kirche in den Dom<br />
gebracht und am nächsten Tag, nachdem<br />
ihr hölzerner Kopf durch einen<br />
Kopf aus Silber ausgetauscht worden<br />
war, wieder zurückgeholt wurde. Die<br />
Kirche war Eigentum der Stadt, um <strong>di</strong>e<br />
tiefe Bindung zwischen dem Heiligen<br />
und seiner Stadt zu unterstreichen (s.<br />
Guida <strong>di</strong> <strong>Perugia</strong>, 2006, S. 57). Unser<br />
Weg führt nun <strong>di</strong>e gleichnamige Via<br />
Sant’Ercolano hinauf (Bild), <strong>di</strong>e im<br />
Volksmund auch einfach „scalette <strong>di</strong><br />
Sant’Ercolano” heißt, lauter Stufen aus<br />
dem Jahr 1581, eine der schönsten und<br />
wichtigsten Straßen der Stadt, <strong>di</strong>e unter<br />
dem gleichnamigen Bogen (der aber<br />
<strong>PERUGIA</strong> 73
auch Porta Cornea genannt wird) hindurchführt<br />
(ebenda), bis zum Ende der<br />
Stufen. Hier, an der Kreuzung mit der<br />
Via Floramonti, beginnt <strong>di</strong>e Via Ober -<br />
dan, <strong>di</strong>e Richtung Piazza Matteotti ansteigt.<br />
Die wichtige Geschäftsstraße,<br />
hoch und eng, <strong>di</strong>e dem kurvigen Verlauf<br />
der tiefer gelegenen etruskischen<br />
Stadtmauern folgt, wurde nach Gu -<br />
glielmo Oberdan (Triest, 1858-82) benannt,<br />
einem Irredentisten, der von den<br />
Österreichern zum Tode verurteilt wurde.<br />
Das Niveau der Straße wurde 1581<br />
deutlich abgesenkt, wie links an den hohen<br />
Spitzbogen, Resten des Palazzo<br />
Crispolti, zu erkennen ist. <strong>Auf</strong> der rechten<br />
Seite entstand das Krankenhaus<br />
Santa Maria della Miseri cor<strong>di</strong>a, zu erkennen<br />
an den drei Buchstaben DME<br />
(Domus Misericor <strong>di</strong>ae), <strong>di</strong>e auf der<br />
Fassade vieler Gebäude zu sehen sind,<br />
wie z. B. bei Hausnr. 58. Nach ihm wurde<br />
<strong>di</strong>e Straße Via dell’Ospedale genannt.<br />
In der Mitte des Gebäudekomplexes, bei<br />
Hausnr. 54, war auch <strong>di</strong>e Kirche Santa<br />
Maria della Misericor<strong>di</strong>a (16. Jh.). Die<br />
Fassade zeigt Portale aus verschiedenen<br />
Epochen und unterschiedlicher Aus -<br />
führung, das niedrigste geht zurück auf<br />
den Umbau 1760 durch Pietro Carattoli.<br />
Seitlich zwei Nischen mit zwei Ma -<br />
donnen, <strong>di</strong>e linke wird Caporali (16. Jh.)<br />
zugeschrieben, <strong>di</strong>e rechte Marino da<br />
<strong>Perugia</strong> (14. Jh.). Bei Hausnr. 50 und<br />
Hausnr. 40 ist im Schlussstein des ersten<br />
Bogens unterhalb der drei Buchstaben<br />
DME ein Fisch eingemeißelt, um auf den<br />
Fischverkauf im Erdgeschoss des Palazzo<br />
Armellini hinzuweisen – <strong>di</strong>e Straße hieß<br />
auch Via della Pesceria (Bild).<br />
Mit zunehmender Bedeutung des<br />
Krankenhauses wurde <strong>di</strong>eses vergrößert,<br />
bis es zuletzt eine große Fläche<br />
einnahm, bis hin zur Piazza del Sopra -<br />
muro. Bei Hausnr. 38 zeigt der<br />
Querbalken des Portals drei korro<strong>di</strong>erte<br />
Figuren, <strong>di</strong>e zu der seit dem 13. Jh. dokumentierten,<br />
später in den Kranken -<br />
hauskomplex integrierten Kirche San<br />
Giuseppe gehörten.<br />
Gleich danach kommt rechts <strong>di</strong>e Gasse<br />
Via della Rupe, <strong>di</strong>e früher <strong>di</strong>e Straße<br />
mit dem Pincetto bis zur Via Angusta<br />
verband. Sie heißt so nach dem Abhang<br />
über dem Campo <strong>di</strong> Battaglia, der im<br />
Laufe der Zeiten mit Material aufgeschüttet<br />
wurde, auf dem der Parco del<br />
Pincetto entstand (Pincetto = “piccolo<br />
Pincio”, in Anlehnung an den Pincio in<br />
Rom). Hier gab es in den 20er Jahren eine<br />
Voliere mit Adlern, dann ein Freiluft -<br />
kino; heute wird auf dem Gelände gebaut<br />
– <strong>di</strong>e Endstation der Minimetro.<br />
Hinter einem Zaun das Holzchalet von<br />
1898 (das zurzeit restauriert wird), in<br />
dem <strong>di</strong>e erste Photographische<br />
Werkstadt in <strong>Perugia</strong> untergebracht<br />
war. Sie gehörte Giulio Natalini. In der<br />
Bucht können unterhalb der Piazza<br />
Matteotti schöne Bogen bewundert<br />
werden (s. ebenda, 2006, S. 56).<br />
Wieder zurück in der Via Oberdan soll<br />
bei Hausnr. 6 auf eine schöne Gruppe<br />
von drei Buchstaben hingewiesen werden<br />
über dem Eingang in einen der<br />
„Monte <strong>di</strong> Pietà“, eine wichtige<br />
Einrichtung zur Unterstützung der<br />
ärmsten Bevölkerungsschichten der<br />
Stadt, <strong>di</strong>e zu den ältesten in Italien<br />
zählt (1462) (Bild).<br />
Es geht zurück auf <strong>di</strong>e Piazza Mat -<br />
teotti, dominiert von der Fassade der<br />
Università Vecchia, mit verschiedenen<br />
Wappen und Inschriften, <strong>di</strong>e sich auf<br />
das Domus Misericor<strong>di</strong>ae beziehen, um<br />
das Eigentum des Krankenhauses anzuzeigen.
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Reise Notizen<br />
<strong>PERUGIA</strong> 77
Reise Notizen
Fremdenverkehrsinformationen<br />
Informations- unf Fremdenverkehrsämter<br />
(Zustän<strong>di</strong>g für <strong>Perugia</strong>, Corciano, Deruta, Torgiano)<br />
Loggia dei Lanari, Piazza Matteotti, 18 - 06122 <strong>Perugia</strong><br />
tel. +39 075 5772686 - fax +39 075 5720988<br />
iat@comune.perugia.it, info@iat.perugia.it<br />
www.comune.perugia.it<br />
Vermittlung von Fremdenführem<br />
AGTU - Vereinigung der Fremdenführer in Umbrien<br />
Via D. Doni, 18/b - 06081 Assisi<br />
tel. +39 075 815228 - fax +39 075 815229<br />
info@assoguide.it<br />
www.assoguide.it<br />
Kooperative der Fremdenführer in Umbrien<br />
Largo Cacciatori delle Alpi, 3/B - 06121 <strong>Perugia</strong><br />
tel. +39 075 5732933 - fax +39 075 5727235<br />
info@guideinumbria.com<br />
www.guideinumbria.com<br />
Card <strong>Perugia</strong> Città Museo<br />
<strong>Perugia</strong> CARD, zur Besichtigung der Kundstdenkmäler der Stadt<br />
Infoservice für Museen Sistema Museo - Auskunft zum Ortstarif:<br />
+39 800 961 993<br />
www.sistemamuseo.it<br />
<strong>PERUGIA</strong> 79
Bildnachweis<br />
Giovanni Aglietti - Quattroemme<br />
Gedruckt im Juni 2007