Lebenserinnerungen - BAS Services Schiel
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musste ja die Geburt unseres Kindes vorbereitet werden.<br />
Mein täglicher Weg in die Schule führte nun durch die ganze Kaulbachstraße;<br />
heimwärts benützte ich die Leopoldstraße, vor mir das zur Mahnruine wieder einigermaßen<br />
hergestellte Siegestor (inzwischen längst wieder friedensmäßig „restauriert“),<br />
sodann die herrliche Stadtkulisse hinter Odeonsplatz und Theatinerkirche,<br />
und links wie rechts die strenge Klassik der stets windigen Ludwigstraße. -<br />
Während meines zweiten (letzten) Jahres an der Steinerschule entstand der Neubau<br />
der neuen Schule, diesmal in deutlich ausgeprägtem anthroposophischen Baustil,vorgelagert<br />
der neue Goethesaal (jetzt: Theater an der Leopoldstraße).<br />
Neben den Tausenden von bleibenden Anregungen und Erfahrungen, die ich von<br />
dieser Schule mitnahm, blieb mir vor allem die Gewissheit, dass ich den richtigen<br />
Beruf gewählt hatte,- natürlich auch das seither „immerwährende“ Nachsinnen, wie<br />
eine zeitgerechte Schule gestaltet sein müsse.<br />
Nicht unerwähnt sollten auch erlebte scheinbare „Kleinigkeiten“ bleiben: Etwa, dass<br />
am Samstag vormittag der Unterricht bereits um 11 Uhr schloss und sich die gesamte<br />
Oberstufe und mehrere Lehrer im Musiksaal zur Probe des Schulchors einzufinden<br />
hatten,- geleitet von Fritz Büchtger, renommierter Komponist und einer der Initiatoren<br />
der seither bestehenden Musica-Viva-Konzerte im Herkules-Saal der Münchener<br />
Residenz. Büchtgers These: Kein Schüler sei zu unmusikalisch für den<br />
Chorgesang, wirklich unmusikalisch werde nur, wer sich selbst in keiner Weise<br />
musikalisch betätige,- ergo könnten und müssten alle Schüler mitsingen. - Bemerkenswert<br />
auch, dass die Waldorf-Pädagogen die Bildung großer Klassen (in der<br />
Unter- und Mittelstufe durchaus bis zu 50 und sogar darüber!) gegenüber zu kleinen<br />
bevorzugten, da, so die Begründung, der Einzelne erst in einer großen Gruppe sozial<br />
richtig heranreifen könne und eben nicht in der zu kleinen Gemeinschaft, wo er ja<br />
vornehmlich darauf bedacht sei, seine eigenen Sonderwünsche durchzusetzen; (-inzwischen<br />
denkt man da etwas anders,- aber wir haben es heute, fünfzig Jahre später,<br />
schließlich auch mit geradezu „radikal“ anders vorgeprägten Kindern zu tun,- mit<br />
den z.T. unglaublichsten Ansprüchen und einem geradezu unaufhörlich zur<br />
Selbstäußerung drängenden Individualbewusstsein,- aber erzielt man in kleineren<br />
Klassen tatsächlich und letztendlich einen größeren erzieherischen Erfolg? -).<br />
Ziemlich kritisch vermerkte ich die dortige etwas einseitige Orientierung im Kunstunterricht<br />
auf Motive und Stilmittel, wie sie R.Steiner in seinen eigenen Malversuchen<br />
angewandt hatte. Zwar gab es Kunsterzieher, die sich aus einer solchen geradezu<br />
sektiererischen Umklammerung maßvoll lösten, etwa der hochgeschätzte Heribert<br />
Lohsert (der schließlich als Maler seinen eigenen Weg in die Anerkennung<br />
fand!). - Durchaus mehr imponierten mir die pädagogischen Maßnahmen, die sowohl<br />
die künstlerische Gestaltung als auch das handwerkliche Tun in den Dienst einer