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Lebenserinnerungen - BAS Services Schiel

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sie unter den Einfluss außerschulischer politischer Kräfte geraten war,- ich floh erschöpft<br />

und enttäuscht für einige Wochen in eine diffuse Krankheit. - Hier, also<br />

vorher in Starnberg, das andere Mal: Nämlich als ich völlig ausgelaugt aus einem<br />

Skilager heimkehrte, unter schlimmer Schlaflosigkeit litt und in einen Strudel nicht<br />

endenwollender Schwindelanfälle geriet,- unser Hausarzt verordnete Ruhe und<br />

ausgedehnte Spaziergänge. - Wer im Schulalltag sich nur kämpfend durchsetzen<br />

konnte, stand auf verlorenem Posten. Kollege W., einst ein geachteter Lehrer, jetzt,<br />

in den Fünfziger stehend, hilflos agierend, erlag dem ätzenden Ärger, den er allzu oft<br />

in sich hatte hineinfressen müssen; wenige Minuten nach seiner mittäglichen<br />

Heimkehr raffte ihn ein Herzanfall dahin.<br />

--- Gemessen an den ärgerlichen Zumutungen, denen die heutige Lehrerschaft so oft<br />

ausgesetzt ist,- nämlich die Überreglementierung aller schulischer Vorgänge infolge<br />

des naiv praktizierten und obendrein nur ökonomisch gerechtfertigten Rationalisierungswahns<br />

übergeordneter Stellen (mit unglaublich viel Leerlauf, d.h. mit<br />

Tätigkeiten akribischer Art gefüllt, die mit dem Schüler nichts zu tun haben -- ich<br />

assoziiere hier mit der Sinnlosigkeitsmaschine auf der Züricher Seepromenade: viel<br />

Lärm und Bewegung zum Erzeugen eines Nichts!). Sodann die geradezu deprimierende<br />

Tatsache der vielfach unterbliebenen häuslichen (sozialen) Erziehung des<br />

Nachwuchses, die der Einschulung hätte vorausgehen müssen,- vor allem aber - und<br />

das dürfte wohl das Haupthemmnis sein! - die ausufernde Zunahme individualistischer<br />

Ansprüche bereits im Kindesalter, die das Belehren einer ganzen Gruppe im<br />

bislang üblichen Klassenunterricht beinahe unmöglich macht, zumindest überaus<br />

erschwert,--- all demgegenüber standen wir damaligen Lehrer unter besseren Eingangsbedingungen<br />

und noch verhältnismäßig unbeschwert da: selbst die Lehrplan-<br />

Erfüllung blieb ein beinahe nebensächlicher Aspekt; die Dienstliche Beurteilung der<br />

Lehrer, gemessen am heutigen Riesenapparat, ein harmloser Verwaltungsvorgang<br />

usw.,- wir hatten mehr freie Luft um uns herum. Der Erfolg hing allerdings deshalb<br />

in noch größerem Maße von unserem Einfallsreichtum und Gestaltungsvermögen<br />

und natürlich auch von der persönlichen Ausstrahlung ab,- viel weniger von der<br />

Befolgung all der unzähligen Anordnungen und Bestimmungen, die in<br />

zunehmendem Maße in Lehrergehirne gestopft werden, wodurch ihnen<br />

fortschreitend auch der Blick auf die Bedürfnisse des Schülers immer mehr verstellt<br />

wird.<br />

Will sagen: es gehört heute (Jahrhundertwende) vermutlich mehr Mut dazu als früher,<br />

sich jenen Freiraum zu erhalten oder zu erobern, den der pädagogisch orientierte<br />

Lehrer benötigt, um sich beruflich voll entfalten zu können - und vermutlich ist es<br />

mittlerweile noch schwieriger geworden, in diesem Beruf auf Dauer gesund zu blei-

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