Neuausrichtung an der Erfüllung von Verpflichtungen in ED/2010/6
Neuausrichtung an der Erfüllung von Verpflichtungen in ED/2010/6
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Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />
Wüstem<strong>an</strong>n J./Wüstem<strong>an</strong>n S. · Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS – <strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />
Kunden zu e<strong>in</strong>er doppelten Umsatzerfassung führen würde, sollen<br />
diese Geschäfte vom Anwendungsbereich des St<strong>an</strong>dards ausgenommen<br />
werden. 15 E<strong>in</strong>e abgrenzungsschärfere Kundendef<strong>in</strong>ition würde<br />
solch unliebsame Ausnahmen möglicherweise vermeiden können.<br />
III.<br />
Vertragliche Ansprüche und <strong>Verpflichtungen</strong><br />
als Bezugssystem<br />
Um Ermessensspielräume e<strong>in</strong>zuschränken und e<strong>in</strong>e konsistentere Anwendung<br />
<strong>der</strong> Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln herbeizuführen, soll sich<br />
die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen künftig nach dem Ansatz und <strong>der</strong><br />
Bewertung vertraglicher Ansprüche und <strong>Verpflichtungen</strong> richten.<br />
Diese s<strong>in</strong>d nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.64 während <strong>der</strong> Vertragslaufzeit, <strong>an</strong><strong>der</strong>s<br />
als etwa im Rahmen <strong>von</strong> Leas<strong>in</strong>g- und Versicherungsverträgen gepl<strong>an</strong>t,<br />
saldiert auszuweisen. Die Nichtbil<strong>an</strong>zierung des schwebenden<br />
Vertrags würde aber beibehalten, weil Anspruch und Verpflichtung<br />
bei Vertragsabschluss <strong>der</strong> gleiche Wert beigemessen wird. 16 Mit Erfüllung<br />
e<strong>in</strong>er abgrenzbaren Leistungspflicht baut <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende<br />
schließlich e<strong>in</strong>en Teil se<strong>in</strong>er Verpflichtung ab. Dies führt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nettobetrachtung<br />
zum Ansatz e<strong>in</strong>es vertraglichen Vermögenswerts („contract<br />
asset“) sowie zur Erfassung <strong>der</strong> korrespondierenden Umsatzerlöse.<br />
Mit <strong>der</strong> Erl<strong>an</strong>gung des unbed<strong>in</strong>gten Anspruchs auf Gegenleistung<br />
bei vollständiger Vertragserfüllung ist <strong>an</strong>stelle des vertraglichen Vermögenswerts<br />
e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>zubuchen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge nach den<br />
Grundsätzen des IFRS 9 zu bewerten ist. Vom Kunden geleistete Ano<strong>der</strong><br />
Vorauszahlungen führen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nettobetrachtung zum Abbau<br />
des vertraglichen Anspruchs und folglich zur erfolgsneutralen Passivierung<br />
<strong>der</strong> verbleibenden Verpflichtung („contract liability“). Erst<br />
<strong>der</strong> Abbau <strong>der</strong> Verpflichtung durch die Erbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> geschuldeten<br />
Leistungen führt zur Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen. 17<br />
Beispiel: A veräußert am 20.12.2009 <strong>an</strong> B Waren zum marktüblichen Preis <strong>von</strong><br />
10 000 Euro, die B unmittelbar bezahlt. Die Warenübergabe erfolgt am 31.12.2009.<br />
Die Installation <strong>der</strong> Ware, die im Kaufpreis <strong>in</strong>begriffen ist, nimmt A am 10.1.<strong>2010</strong> vor.<br />
E<strong>in</strong> externer Installateur würde für die Installation 500 Euro verl<strong>an</strong>gen.<br />
Die Vorauszahlung führt bei Vertragsabschluss zum Abbau des vertraglichen Anspruchs<br />
<strong>von</strong> A und folglich zur (erfolgsneutralen) Passivierung <strong>der</strong> verbleibenden<br />
Verpflichtung.<br />
IV.<br />
E<strong>in</strong>zelgrundsätze<br />
1. Zusammenfassung <strong>von</strong> Verträgen<br />
Grundsätzlich s<strong>in</strong>d die Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln auf jeden Vertrag<br />
e<strong>in</strong>zeln <strong>an</strong>zuwenden. Besteht aber e<strong>in</strong>e wechselseitige Abhängigkeit<br />
zwischen den vere<strong>in</strong>barten Vertragspreisen, so s<strong>in</strong>d die Verträge –<br />
ähnlich wie Fertigungsaufträge nach IAS 11.9 – aufgrund <strong>der</strong> engen<br />
wirtschaftlichen Verknüpfung als E<strong>in</strong>heit zu beh<strong>an</strong>deln. Als Indikatoren<br />
für das Bestehen e<strong>in</strong>er Abhängigkeit werden <strong>der</strong> zeitgleiche Abschluss<br />
<strong>der</strong> beiden Verträge, ihre geme<strong>in</strong>same Aush<strong>an</strong>dlung mit e<strong>in</strong>em<br />
e<strong>in</strong>heitlichen wirtschaftlichen Ziel sowie die zeitgleiche o<strong>der</strong> aufe<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>folgende<br />
Ausführung <strong>der</strong> Verträge gen<strong>an</strong>nt. 18<br />
2. Aufteilung <strong>von</strong> Mehrkomponentenverträgen<br />
a) Grundsatz: E<strong>in</strong>zelveräußerbarkeit <strong>der</strong> vertraglichen<br />
Komponenten<br />
Die Aufteilbarkeit e<strong>in</strong>es Vertrags <strong>in</strong> wirtschaftliche Teilverträge bzw.<br />
-pflichten ist nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 – ohne überzeugenden Grund – <strong>in</strong> zwei<br />
aufe<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>folgenden Schritten nach zum Teil unterschiedlichen Kriterien<br />
zu beurteilen. Zunächst s<strong>in</strong>d diejenigen Vertragsbest<strong>an</strong>dteile <strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>zelverträge zu unterteilen, die unabhängig <strong>von</strong>e<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> bepreist<br />
wurden. Dieses Kriterium ist <strong>an</strong>nahmegemäß erfüllt, wenn die entsprechenden<br />
o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest vergleichbare Waren und Dienstleistungen<br />
<strong>von</strong> dem Bil<strong>an</strong>zierenden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Dritten regelmäßig e<strong>in</strong>zeln<br />
veräußert werden und dem Kunden aufgrund des geme<strong>in</strong>samen Erwerbs<br />
ke<strong>in</strong> wesentlicher Preisnachlass gewährt wird. 19 Die Beurteilung<br />
<strong>der</strong> Wesentlichkeit des Preisnachlasses bleibt, m<strong>an</strong>gels Konkretisierung,<br />
dem Ermessen des Bil<strong>an</strong>zierenden überlassen.<br />
In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt ist <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zeln zu bil<strong>an</strong>zierenden<br />
Verträge zu überprüfen, ob die zu übereignenden Waren o<strong>der</strong> zu erbr<strong>in</strong>genden<br />
Dienstleistungen eigenständigen Charakter haben und<br />
folglich die vertragliche Schuld <strong>in</strong> Teilpflichten zu unterteilen ist. Die<br />
Eigenständigkeit <strong>der</strong> Leistungskomponenten wird typisierend <strong>an</strong>genommen,<br />
wenn <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Dritter die entsprechenden<br />
o<strong>der</strong> vergleichbare Waren und Dienstleistungen getrennt veräußert<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende die Leistungen getrennt zum Verkauf <strong>an</strong>bieten<br />
könnte, weil die Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen sowohl eigenständig<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en e<strong>in</strong>zeln zum Verkauf <strong>an</strong>gebotenen<br />
Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen genutzt werden können und<br />
auf sie e<strong>in</strong>e eigene Gew<strong>in</strong>nmarge entfällt. Aus Vere<strong>in</strong>fachungsgründen<br />
s<strong>in</strong>d Leistungen, die zeitgleich erbracht werden, auch bei Erfüllung<br />
<strong>der</strong> Aufteilungskriterien, zusammenzufassen. 20<br />
Fortführung des Beispiels: Da die Ware auch separat veräußert und zudem<br />
Installationsleistungen <strong>von</strong> Dritten getrennt <strong>an</strong>geboten werden, h<strong>an</strong>delt es sich<br />
bei Ware und Installation um eigenständige Vertragskomponenten, die e<strong>in</strong>e Aufteilung<br />
<strong>der</strong> vertraglichen Verpflichtung <strong>in</strong> zwei Teilpflichten bed<strong>in</strong>gen.<br />
b) Konkretisierung<br />
aa) Gar<strong>an</strong>tieverpflichtungen<br />
<strong>Verpflichtungen</strong> zur Reparatur o<strong>der</strong> Rücknahme <strong>von</strong> Waren, die zum<br />
Zeitpunkt <strong>der</strong> Veräußerung fehlerhaft waren, gelten nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />
nicht als eigenständig, weil zweifelhaft ist, ob <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende se<strong>in</strong>e<br />
Verpflichtung zur Warenübertragung bereits vollständig erfüllt hat. 21<br />
Die Separierung gesetzlicher Gewährleistungen scheidet schon aufgrund<br />
<strong>der</strong> fehlenden getrennten Veräußerbarkeit aus. 22 Darüber h<strong>in</strong>ausgehende<br />
Gar<strong>an</strong>tieversprechen erfüllen h<strong>in</strong>gegen die Abgrenzungskriterien<br />
und s<strong>in</strong>d trotz ihres Versicherungscharakters nach den<br />
Vorschriften des allgeme<strong>in</strong>en Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsst<strong>an</strong>dards (und<br />
nicht nach IFRS 4) getrennt zu bil<strong>an</strong>zieren und bewerten. 23<br />
bb) Prämien<strong>an</strong>sprüche<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>es Vertrags gewährte Ansprüche auf unentgeltlichen<br />
o<strong>der</strong> verbilligten Bezug <strong>von</strong> Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />
(Prämien<strong>an</strong>sprüche) führen nach Auslegung <strong>der</strong> Boards nur<br />
d<strong>an</strong>n zu e<strong>in</strong>er eigenständigen Leistungspflicht, wenn <strong>der</strong> Anspruch<br />
dem Kunden e<strong>in</strong>en erheblichen Vorteil e<strong>in</strong>räumt, den er im Rahmen<br />
des Kaufpreises implizit vergütet hat. Im Falle <strong>der</strong> Unwesentlichkeit<br />
15 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6(e) i.V. m. BC25.<br />
16 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC27–BC29.<br />
17 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.65 f. i.V. m. BC30 (alle Zitate).<br />
18 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.12–14 (beide Zitate).<br />
19 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.15 (beide Zitate).<br />
20 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.22–24 (alle Zitate).<br />
21 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B13–B18 i.V. m. BC201 f.<br />
22 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B18.<br />
23 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B17 i.V. m. BC204.<br />
2036 Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong>