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Neuausrichtung an der Erfüllung von Verpflichtungen in ED/2010/6

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Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />

Prof. Dr. Jens Wüstem<strong>an</strong>n, M.S.G. (Paris IX), und Dr. Sonja Wüstem<strong>an</strong>n, M.B.A. (ESSEC)<br />

Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS –<br />

<strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong><br />

<strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

FASB und IASB haben Ende Juni <strong>2010</strong> den Exposure Draft „Revenue from<br />

Contracts with Customers“ (<strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6) veröffentlicht und die Adressaten<br />

zur Kommentierung bis zum 22.10.<strong>2010</strong> aufgerufen. Der gepl<strong>an</strong>te<br />

Ansatz sieht die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen aus abgeschlossenen<br />

Kundenverträgen bei Übertragung <strong>der</strong> Kontrolle <strong>an</strong> den zu übereignenden<br />

Waren o<strong>der</strong> zu erbr<strong>in</strong>genden Dienstleistungen auf den Kunden vor.<br />

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass <strong>in</strong> vielen Bereichen <strong>an</strong> den<br />

bestehenden Bil<strong>an</strong>zierungslösungen, wenn auch mit neuer Begründung,<br />

festgehalten wird. Die wichtigste ¾n<strong>der</strong>ung sehen die Autoren <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

gepl<strong>an</strong>ten faktischen Abschaffung <strong>der</strong> Ertragsvere<strong>in</strong>nahmung nach <strong>der</strong><br />

sog. Percentage-of-Completion-Methode bei Fertigungsaufträgen.<br />

I. Problemstellung<br />

Umsatzvere<strong>in</strong>nahmung und Gew<strong>in</strong>nrealisierung zählen zu den<br />

schwierigsten bil<strong>an</strong>zrechtlichen Problemstellungen – und zwar <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

d<strong>an</strong>n, wenn Umsatz und Gew<strong>in</strong>n, <strong>an</strong><strong>der</strong>s als im deutschen<br />

Bil<strong>an</strong>zrecht, primär als Informationsträger konzipiert s<strong>in</strong>d: 1 Wenig<br />

überraschend hat es <strong>an</strong>gesichts <strong>der</strong> massiven Interessenkonflikte und<br />

Wertungsnotwendigkeiten daher acht Jahre geme<strong>in</strong>samer Projektarbeit<br />

<strong>von</strong> FASB und IASB bedurft, um nun, nach vielen Verzögerungen,<br />

e<strong>in</strong>en St<strong>an</strong>dardentwurf zur Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen vorzulegen.<br />

2 Ziel des neuen St<strong>an</strong>dards ist es, die geltenden, zum Teil konfliktären<br />

Regelungen <strong>in</strong> IAS 18 und IAS 11 sowie den zahlreichen erlösbezogenen<br />

IFRIC durch e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>dustrie- und br<strong>an</strong>chenübergreifend<br />

<strong>an</strong>wendbaren St<strong>an</strong>dard zu ersetzen, <strong>der</strong> auch Bil<strong>an</strong>zierungslösungen<br />

für komplexe Vertragstypen, wie Mehrkomponentenverträge 3 ,<br />

umfasst. 4 Dem St<strong>an</strong>dardentwurf vorausgeg<strong>an</strong>gen war im Dezember<br />

2008 das Diskussionspapier „Prelim<strong>in</strong>ary Views on Revenue Recognition<br />

<strong>in</strong> Contracts with Customers“ (DP). Dar<strong>in</strong> wendeten sich die<br />

Boards <strong>von</strong> <strong>der</strong> zu Beg<strong>in</strong>n des Projekts gepl<strong>an</strong>ten Fair-Value-orientierten<br />

Ertragsvere<strong>in</strong>nahmung ab und schlugen e<strong>in</strong>e geschäftsvorfallübergreifende<br />

Ausrichtung <strong>der</strong> Umsatzerfassung <strong>an</strong> <strong>der</strong> Übertragung<br />

<strong>der</strong> Verfügungsmacht („control“) vor. 5 Das vorgeschlagene Modell erfuhr<br />

<strong>in</strong> den über 200 Kommentierungen zum Diskussionspapier breite<br />

Zustimmung 6 und wurde, mit e<strong>in</strong>igen Anpassungen, <strong>in</strong> den St<strong>an</strong>dardentwurf<br />

übernommen. Die gepl<strong>an</strong>te faktische Abschaffung <strong>der</strong><br />

Percentage-of-Completion-Methode bei l<strong>an</strong>gfristigen Fertigungsaufträgen<br />

rief zwar <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierungspraxis e<strong>in</strong>igen Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d hervor;<br />

aus Konsistenzgründen haben die Boards dennoch im St<strong>an</strong>dardentwurf<br />

<strong>an</strong> den gepl<strong>an</strong>ten Regelungen festgehalten. 7 Die zwischenzeitlich<br />

diskutierte Beibehaltung <strong>der</strong> Percentage-of-Completion-Methode<br />

durch die Ausnahme <strong>von</strong> Fertigungsaufträgen aus dem Anwendungsbereich<br />

des St<strong>an</strong>dards o<strong>der</strong> durch die Schaffung e<strong>in</strong>es alternativen<br />

Modells für die Umsatzerfassung bei diesen Vertragstypen hat sich im<br />

St<strong>an</strong>dardentwurf nicht durchsetzen können. 8 Es bleibt abzuwarten,<br />

ob sich die Praxis <strong>von</strong> <strong>der</strong> aus bil<strong>an</strong>ztheoretischer Sicht konsistenten<br />

Bil<strong>an</strong>zierungslösung überzeugen lässt.<br />

In dem folgenden Beitrag wird das Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsmodell des<br />

<strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Grundzügen und Konkretisierungen dargestellt,<br />

gewürdigt und ver<strong>an</strong>schaulicht.<br />

II.<br />

Begrenzung des Anwendungsbereichs auf<br />

Kundenverträge<br />

Nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.1 soll sich <strong>der</strong> Anwendungsbereich des neuen St<strong>an</strong>dards<br />

auf die Vere<strong>in</strong>nahmung <strong>von</strong> Umsatzerlösen aus Verträgen mit<br />

Kunden erstrecken. Obwohl FASB und IASB die Schaffung e<strong>in</strong>es<br />

br<strong>an</strong>chenübergreifenden Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsmodells beabsichtigen,<br />

ist – im E<strong>in</strong>kl<strong>an</strong>g mit IAS 18.6 – e<strong>in</strong>e Ausnahme für Leas<strong>in</strong>gverträge<br />

(IAS 17), Versicherungsverträge (IFRS 4) und vertragliche Ansprüche<br />

und <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> Bezug auf F<strong>in</strong><strong>an</strong>z<strong>in</strong>strumente<br />

(IAS 39; IFRS 9) vom Anwendungsbereich des St<strong>an</strong>dards vorgesehen. 9<br />

Die Begründung <strong>der</strong> Boards, e<strong>in</strong>e Abweichung <strong>von</strong> dem allgeme<strong>in</strong>en<br />

Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsmodell sei geboten, wenn <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Regelungen zur Vermittlung entscheidungsnützlicherer Informationen<br />

führten, 10 vermag im H<strong>in</strong>blick auf die <strong>an</strong>gestrebte Konsistenz<br />

des IFRS-Normgefüges 11 nicht zu überzeugen. Sie lässt vielmehr auf<br />

e<strong>in</strong>en im Ergebnis auslegungsoffenen Bil<strong>an</strong>zzweck schließen. 12<br />

Die Def<strong>in</strong>ition <strong>von</strong> Kunde als Dritter, <strong>der</strong> mit dem Bil<strong>an</strong>zierenden e<strong>in</strong>en<br />

Vertrag über die Übereignung <strong>von</strong> Waren o<strong>der</strong> die Erbr<strong>in</strong>gung<br />

<strong>von</strong> Dienstleistungen im Rahmen <strong>der</strong> gewöhnlichen Geschäftstätigkeit<br />

abschließt, 13 ist zudem denkbar weit. Sie schließt zwar – im Gegensatz<br />

zum geltenden IAS 18 – Dividendenzuflüsse aus, erlaubt jedoch<br />

ke<strong>in</strong>e Differenzierung zwischen Verbrauchern und auf Unternehmensebene<br />

<strong>an</strong>gesiedelten Partnern. 14 Da aber bspw. die Vere<strong>in</strong>nahmung<br />

<strong>von</strong> Erträgen aus unentgeltlichen Tauschgeschäften zwischen<br />

Unternehmen zur Erleichterung <strong>der</strong> Lieferung o<strong>der</strong> Leistung <strong>an</strong><br />

1 Vgl. grdl. Moxter, Bil<strong>an</strong>zrechtsprechung, 6. Aufl. 2007, S. 45 ff.; Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer<br />

Rechnungslegung, 2003, S. 3 ff., 41 ff. sowie S. 323 ff.<br />

2 Vgl. zum bisherigen Projektverlauf Zülch/Willms, DB 2004, 2001 ff.; Wüstem<strong>an</strong>n, J./Kierzek, BB 2005,<br />

427 ff.; Wüstem<strong>an</strong>n, J./Kierzek, BB 2005, 2799 ff.; Kühne, WPg 2006, 1393 ff.; Hommel/Schmitz/Wüstem<strong>an</strong>n,<br />

S., BB 2009, 374 ff.<br />

3 Vgl. Wüstem<strong>an</strong>n, J./Kierzek, ZfbF 2007, 882 ff.<br />

4 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.IN1–IN3 i.V. m. BC3 f; DP 1.19 f.<br />

5 Vgl. zu E<strong>in</strong>zelheiten Hommel/Schmitz/Wüstem<strong>an</strong>n, S. (Fn. 2), 374 ff.; Zülch/Pronobis/Fischer, DB 2009, 1946 ff.<br />

6 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC5.<br />

7 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC21 und BC32–BC34.<br />

8 Vgl. IASB, Information for Observers, Revenue Recognition Project – Project Objective <strong>an</strong>d Strategy, IASB<br />

agenda reference 14B, July 2009.<br />

9 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.6.<br />

10 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC20.<br />

11 Vgl. hierzu Wüstem<strong>an</strong>n, J./Wüstem<strong>an</strong>n, S., Abacus <strong>2010</strong>, 1 ff.<br />

12 Vgl. Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung (Fn. 1), S. 323.<br />

13 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.Appendix A.<br />

14 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC17.<br />

Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong> 2035


Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />

Wüstem<strong>an</strong>n J./Wüstem<strong>an</strong>n S. · Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS – <strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

Kunden zu e<strong>in</strong>er doppelten Umsatzerfassung führen würde, sollen<br />

diese Geschäfte vom Anwendungsbereich des St<strong>an</strong>dards ausgenommen<br />

werden. 15 E<strong>in</strong>e abgrenzungsschärfere Kundendef<strong>in</strong>ition würde<br />

solch unliebsame Ausnahmen möglicherweise vermeiden können.<br />

III.<br />

Vertragliche Ansprüche und <strong>Verpflichtungen</strong><br />

als Bezugssystem<br />

Um Ermessensspielräume e<strong>in</strong>zuschränken und e<strong>in</strong>e konsistentere Anwendung<br />

<strong>der</strong> Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln herbeizuführen, soll sich<br />

die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen künftig nach dem Ansatz und <strong>der</strong><br />

Bewertung vertraglicher Ansprüche und <strong>Verpflichtungen</strong> richten.<br />

Diese s<strong>in</strong>d nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.64 während <strong>der</strong> Vertragslaufzeit, <strong>an</strong><strong>der</strong>s<br />

als etwa im Rahmen <strong>von</strong> Leas<strong>in</strong>g- und Versicherungsverträgen gepl<strong>an</strong>t,<br />

saldiert auszuweisen. Die Nichtbil<strong>an</strong>zierung des schwebenden<br />

Vertrags würde aber beibehalten, weil Anspruch und Verpflichtung<br />

bei Vertragsabschluss <strong>der</strong> gleiche Wert beigemessen wird. 16 Mit Erfüllung<br />

e<strong>in</strong>er abgrenzbaren Leistungspflicht baut <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende<br />

schließlich e<strong>in</strong>en Teil se<strong>in</strong>er Verpflichtung ab. Dies führt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nettobetrachtung<br />

zum Ansatz e<strong>in</strong>es vertraglichen Vermögenswerts („contract<br />

asset“) sowie zur Erfassung <strong>der</strong> korrespondierenden Umsatzerlöse.<br />

Mit <strong>der</strong> Erl<strong>an</strong>gung des unbed<strong>in</strong>gten Anspruchs auf Gegenleistung<br />

bei vollständiger Vertragserfüllung ist <strong>an</strong>stelle des vertraglichen Vermögenswerts<br />

e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>zubuchen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge nach den<br />

Grundsätzen des IFRS 9 zu bewerten ist. Vom Kunden geleistete Ano<strong>der</strong><br />

Vorauszahlungen führen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nettobetrachtung zum Abbau<br />

des vertraglichen Anspruchs und folglich zur erfolgsneutralen Passivierung<br />

<strong>der</strong> verbleibenden Verpflichtung („contract liability“). Erst<br />

<strong>der</strong> Abbau <strong>der</strong> Verpflichtung durch die Erbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> geschuldeten<br />

Leistungen führt zur Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen. 17<br />

Beispiel: A veräußert am 20.12.2009 <strong>an</strong> B Waren zum marktüblichen Preis <strong>von</strong><br />

10 000 Euro, die B unmittelbar bezahlt. Die Warenübergabe erfolgt am 31.12.2009.<br />

Die Installation <strong>der</strong> Ware, die im Kaufpreis <strong>in</strong>begriffen ist, nimmt A am 10.1.<strong>2010</strong> vor.<br />

E<strong>in</strong> externer Installateur würde für die Installation 500 Euro verl<strong>an</strong>gen.<br />

Die Vorauszahlung führt bei Vertragsabschluss zum Abbau des vertraglichen Anspruchs<br />

<strong>von</strong> A und folglich zur (erfolgsneutralen) Passivierung <strong>der</strong> verbleibenden<br />

Verpflichtung.<br />

IV.<br />

E<strong>in</strong>zelgrundsätze<br />

1. Zusammenfassung <strong>von</strong> Verträgen<br />

Grundsätzlich s<strong>in</strong>d die Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln auf jeden Vertrag<br />

e<strong>in</strong>zeln <strong>an</strong>zuwenden. Besteht aber e<strong>in</strong>e wechselseitige Abhängigkeit<br />

zwischen den vere<strong>in</strong>barten Vertragspreisen, so s<strong>in</strong>d die Verträge –<br />

ähnlich wie Fertigungsaufträge nach IAS 11.9 – aufgrund <strong>der</strong> engen<br />

wirtschaftlichen Verknüpfung als E<strong>in</strong>heit zu beh<strong>an</strong>deln. Als Indikatoren<br />

für das Bestehen e<strong>in</strong>er Abhängigkeit werden <strong>der</strong> zeitgleiche Abschluss<br />

<strong>der</strong> beiden Verträge, ihre geme<strong>in</strong>same Aush<strong>an</strong>dlung mit e<strong>in</strong>em<br />

e<strong>in</strong>heitlichen wirtschaftlichen Ziel sowie die zeitgleiche o<strong>der</strong> aufe<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>folgende<br />

Ausführung <strong>der</strong> Verträge gen<strong>an</strong>nt. 18<br />

2. Aufteilung <strong>von</strong> Mehrkomponentenverträgen<br />

a) Grundsatz: E<strong>in</strong>zelveräußerbarkeit <strong>der</strong> vertraglichen<br />

Komponenten<br />

Die Aufteilbarkeit e<strong>in</strong>es Vertrags <strong>in</strong> wirtschaftliche Teilverträge bzw.<br />

-pflichten ist nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 – ohne überzeugenden Grund – <strong>in</strong> zwei<br />

aufe<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong>folgenden Schritten nach zum Teil unterschiedlichen Kriterien<br />

zu beurteilen. Zunächst s<strong>in</strong>d diejenigen Vertragsbest<strong>an</strong>dteile <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>zelverträge zu unterteilen, die unabhängig <strong>von</strong>e<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> bepreist<br />

wurden. Dieses Kriterium ist <strong>an</strong>nahmegemäß erfüllt, wenn die entsprechenden<br />

o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest vergleichbare Waren und Dienstleistungen<br />

<strong>von</strong> dem Bil<strong>an</strong>zierenden o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em Dritten regelmäßig e<strong>in</strong>zeln<br />

veräußert werden und dem Kunden aufgrund des geme<strong>in</strong>samen Erwerbs<br />

ke<strong>in</strong> wesentlicher Preisnachlass gewährt wird. 19 Die Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Wesentlichkeit des Preisnachlasses bleibt, m<strong>an</strong>gels Konkretisierung,<br />

dem Ermessen des Bil<strong>an</strong>zierenden überlassen.<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt ist <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zeln zu bil<strong>an</strong>zierenden<br />

Verträge zu überprüfen, ob die zu übereignenden Waren o<strong>der</strong> zu erbr<strong>in</strong>genden<br />

Dienstleistungen eigenständigen Charakter haben und<br />

folglich die vertragliche Schuld <strong>in</strong> Teilpflichten zu unterteilen ist. Die<br />

Eigenständigkeit <strong>der</strong> Leistungskomponenten wird typisierend <strong>an</strong>genommen,<br />

wenn <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Dritter die entsprechenden<br />

o<strong>der</strong> vergleichbare Waren und Dienstleistungen getrennt veräußert<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende die Leistungen getrennt zum Verkauf <strong>an</strong>bieten<br />

könnte, weil die Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen sowohl eigenständig<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en e<strong>in</strong>zeln zum Verkauf <strong>an</strong>gebotenen<br />

Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen genutzt werden können und<br />

auf sie e<strong>in</strong>e eigene Gew<strong>in</strong>nmarge entfällt. Aus Vere<strong>in</strong>fachungsgründen<br />

s<strong>in</strong>d Leistungen, die zeitgleich erbracht werden, auch bei Erfüllung<br />

<strong>der</strong> Aufteilungskriterien, zusammenzufassen. 20<br />

Fortführung des Beispiels: Da die Ware auch separat veräußert und zudem<br />

Installationsleistungen <strong>von</strong> Dritten getrennt <strong>an</strong>geboten werden, h<strong>an</strong>delt es sich<br />

bei Ware und Installation um eigenständige Vertragskomponenten, die e<strong>in</strong>e Aufteilung<br />

<strong>der</strong> vertraglichen Verpflichtung <strong>in</strong> zwei Teilpflichten bed<strong>in</strong>gen.<br />

b) Konkretisierung<br />

aa) Gar<strong>an</strong>tieverpflichtungen<br />

<strong>Verpflichtungen</strong> zur Reparatur o<strong>der</strong> Rücknahme <strong>von</strong> Waren, die zum<br />

Zeitpunkt <strong>der</strong> Veräußerung fehlerhaft waren, gelten nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

nicht als eigenständig, weil zweifelhaft ist, ob <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende se<strong>in</strong>e<br />

Verpflichtung zur Warenübertragung bereits vollständig erfüllt hat. 21<br />

Die Separierung gesetzlicher Gewährleistungen scheidet schon aufgrund<br />

<strong>der</strong> fehlenden getrennten Veräußerbarkeit aus. 22 Darüber h<strong>in</strong>ausgehende<br />

Gar<strong>an</strong>tieversprechen erfüllen h<strong>in</strong>gegen die Abgrenzungskriterien<br />

und s<strong>in</strong>d trotz ihres Versicherungscharakters nach den<br />

Vorschriften des allgeme<strong>in</strong>en Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsst<strong>an</strong>dards (und<br />

nicht nach IFRS 4) getrennt zu bil<strong>an</strong>zieren und bewerten. 23<br />

bb) Prämien<strong>an</strong>sprüche<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Vertrags gewährte Ansprüche auf unentgeltlichen<br />

o<strong>der</strong> verbilligten Bezug <strong>von</strong> Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft<br />

(Prämien<strong>an</strong>sprüche) führen nach Auslegung <strong>der</strong> Boards nur<br />

d<strong>an</strong>n zu e<strong>in</strong>er eigenständigen Leistungspflicht, wenn <strong>der</strong> Anspruch<br />

dem Kunden e<strong>in</strong>en erheblichen Vorteil e<strong>in</strong>räumt, den er im Rahmen<br />

des Kaufpreises implizit vergütet hat. Im Falle <strong>der</strong> Unwesentlichkeit<br />

15 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6(e) i.V. m. BC25.<br />

16 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC27–BC29.<br />

17 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.65 f. i.V. m. BC30 (alle Zitate).<br />

18 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.12–14 (beide Zitate).<br />

19 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.15 (beide Zitate).<br />

20 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.22–24 (alle Zitate).<br />

21 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B13–B18 i.V. m. BC201 f.<br />

22 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B18.<br />

23 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B17 i.V. m. BC204.<br />

2036 Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong>


Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />

Wüstem<strong>an</strong>n J./Wüstem<strong>an</strong>n S. · Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS – <strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

des Kundenvorteils wird die Gewährung <strong>der</strong> Prämie als <strong>von</strong> <strong>der</strong> vertraglichen<br />

Leistung nicht abgrenzbare Werbemaßnahme e<strong>in</strong>gestuft. 24<br />

Die ermessensbehaftete E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Wesentlichkeit des Prämien<strong>an</strong>spruchs<br />

wird <strong>der</strong>zeit <strong>in</strong> IFRIC 13 durch die (fragwürdige) generelle<br />

Annahme <strong>der</strong> impliziten Prämienvergütung vermieden. 25<br />

cc) Rückgaberechte<br />

Rückgaberechte führen nach Ansicht <strong>der</strong> Boards theoretisch zu eigenständigen<br />

Leistungspflichten, obwohl e<strong>in</strong>e <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ware getrennte<br />

Veräußerung <strong>von</strong> Rücktrittsrechten kaum möglich se<strong>in</strong> sollte. E<strong>in</strong>e<br />

getrennte Bil<strong>an</strong>zierung <strong>der</strong> Rücknahmeverpflichtung wird aber<br />

schließlich wegen <strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Abgrenzung verbundenen hohen<br />

Komplexität und dem ger<strong>in</strong>gen Informationsnutzen abgelehnt. 26<br />

3. Ertragsvere<strong>in</strong>nahmung mit Erfüllung <strong>der</strong><br />

abgrenzbaren Teilpflichten<br />

a) Grundsatz: Übertragung <strong>der</strong> Verfügungsmacht<br />

Umsatzerlöse s<strong>in</strong>d nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 mit <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> vertraglichen<br />

Teilpflichten zu erfassen. E<strong>in</strong>e Verpflichtung gilt als erfüllt, wenn<br />

<strong>der</strong> Kunde die Verfügungsmacht („control“) über die Ware o<strong>der</strong><br />

Dienstleistung erl<strong>an</strong>gt. 27 Verfügungsmacht schließt def<strong>in</strong>itionsgemäß<br />

zum e<strong>in</strong>en die Fähigkeit e<strong>in</strong>, über die Verwendung <strong>der</strong> Ware o<strong>der</strong><br />

Dienstleistung entscheiden zu können, d.h. das gegenwärtige Recht<br />

auf Nutzung o<strong>der</strong> Verbrauch des erl<strong>an</strong>gten Vermögenswerts <strong>in</strong>ne zu<br />

haben. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en muss <strong>der</strong> Kunde den Nutzen aus dem erl<strong>an</strong>gten<br />

Vermögenswert ziehen können, d.h. das gegenwärtige Recht auf im<br />

Wesentlichen alle aus dem Vermögenswert erwarteten potenziellen<br />

Zahlungsströme <strong>in</strong>nehaben. 28<br />

Die Ver<strong>an</strong>kerung <strong>der</strong> Kontrollübertragung als übergeordnetes Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> Umsatzerfassung wird mit <strong>der</strong> Zugehörigkeit des Kontrollbegriffs<br />

zur gegenwärtigen Vermögenswertdef<strong>in</strong>ition und <strong>der</strong> zentralen Rolle<br />

bei <strong>der</strong> Ausbuchung <strong>von</strong> Vermögenswerten begründet. Zudem erlaube<br />

das Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlichere Anwendung als das <strong>der</strong>zeit beim<br />

Verkauf <strong>von</strong> Gütern zentrale Kriterium des Überg<strong>an</strong>gs <strong>der</strong> maßgeblichen<br />

Risiken und Ch<strong>an</strong>cen, weil die Notwendigkeit <strong>der</strong> Wesentlichkeitsbeurteilung<br />

entfiele. 29<br />

Beide Begründungen vermögen allerd<strong>in</strong>gs nicht zu überzeugen: Da<br />

die Entstehung <strong>von</strong> Umsatzerlösen <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 <strong>an</strong> die Erl<strong>an</strong>gung<br />

des Anspruchs auf Gegenleistung durch Erfüllung <strong>der</strong> vertraglichen<br />

Leistungspflichten geknüpft ist, <strong>der</strong> Kontrollüberg<strong>an</strong>g hiermit aber,<br />

wie z.B. beim Versendungskauf, nicht zw<strong>in</strong>gend zusammenfällt, taugt<br />

das Pr<strong>in</strong>zip, wenn überhaupt, nur als subsidiäres Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungskriterium.<br />

30 Die <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30 bereitgestellte Liste mit Indikatoren<br />

für den Kontrollüberg<strong>an</strong>g verdeutlicht darüber h<strong>in</strong>aus, dass<br />

sich auch die Kontrolle über Vermögenswerte aus e<strong>in</strong>em Bündel <strong>an</strong><br />

Rechten und Tatbeständen zusammensetzt, so dass auch bei Anwendung<br />

dieses Kriteriums e<strong>in</strong>e mit gewissen Ermessensspielräumen behaftete<br />

Abwägung seitens des Bil<strong>an</strong>zierenden notwendig ist.<br />

b) Konkretisierung<br />

aa) Kaufverträge<br />

(1) Grundsatz: Überg<strong>an</strong>g des physischen Besitzes o<strong>der</strong><br />

zivilrechtlichen Eigentums<br />

Nach geltenden IFRS werden die übergeordneten Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungskriterien<br />

<strong>in</strong> IAS 18 und IAS 11 getrennt nach Geschäftsvorfällen<br />

konkretisiert, was zu Inkonsistenzen zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Regelungen<br />

führt. In dem neuen St<strong>an</strong>dard soll nun e<strong>in</strong>e geschäftsvorfallunabhängige<br />

Konkretisierung erfolgen. Dies ist im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

<strong>an</strong>gestrebte Konsistenz wünschenswert. Die Beispiele im Anh<strong>an</strong>g verdeutlichen<br />

jedoch, dass e<strong>in</strong>e Auffächerung des Control-Kriteriums für<br />

bestimmte Vertragskonstellationen unabd<strong>in</strong>gbar ist. Aus Gründen <strong>der</strong><br />

Übersichtlichkeit wird die Konkretisierung <strong>in</strong> diesem Aufsatz <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />

des Vertragstyps vorgenommen.<br />

Die beiden für Kaufverträge i.S.d. §§ 433ff. BGB maßgeblichen Indikatoren<br />

für die Übertragung <strong>der</strong> Kontrolle <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ware auf den Kunden<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>g des zivilrechtlichen Eigentums sowie des physischen<br />

(unmittelbaren) Besitzes; sie s<strong>in</strong>d unter Würdigung <strong>der</strong> Gesamtumstände<br />

gegene<strong>in</strong><strong>an</strong><strong>der</strong> abzuwägen. 31<br />

Fortführung des Beispiels: B erl<strong>an</strong>gt mit Warenübergabe am 31.12.2009 die<br />

Kontrolle, weil er ab diesem Zeitpunkt rechtliches Eigentum und physischen Besitz<br />

<strong>in</strong>nehat. Mit <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> ersten Teilpflicht baut sich die vertragliche<br />

Schuld des A teilweise ab und es s<strong>in</strong>d Erlöse <strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> Höhe zu erfassen.<br />

(2) Verkauf unter Eigentumsvorbehalt<br />

Beim Verkauf unter Eigentumsvorbehalt hat die Zurückbehaltung des<br />

zivilrechtlichen Eigentums lediglich die Funktion <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong><br />

Kaufpreiszahlung; die mit <strong>der</strong> Ware verbundenen maßgeblichen<br />

Kontrollrechte gehen nach Auslegung <strong>der</strong> Boards bereits mit <strong>der</strong> Warenübergabe<br />

auf den Kunden über. 32<br />

(3) Bill-<strong>an</strong>d-Hold-Verkäufe<br />

Bei sog. Bill-<strong>an</strong>d-Hold-Verkäufen wird e<strong>in</strong> Vertrag über den Kauf e<strong>in</strong>er<br />

Ware geschlossen und die Rechnung gestellt, die Ware verbleibt<br />

aber bis zu e<strong>in</strong>em späteren Zeitpunkt im Lager des Veräußerers. 33<br />

Vere<strong>in</strong>baren die Vertragsparteien <strong>in</strong> E<strong>in</strong>kl<strong>an</strong>g mit § 930 BGB e<strong>in</strong> Besitzkonstitut,<br />

bei dem das rechtliche Eigentum zum Zeitpunkt des<br />

Vertragsabschlusses auf den Käufer übertragen wird und <strong>der</strong> Veräußerer<br />

nur den unmittelbaren Besitz <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ware zurückbehält, so erl<strong>an</strong>gt<br />

<strong>der</strong> Käufer nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 die erfor<strong>der</strong>liche Kontrolle über die Ware,<br />

wenn – ähnlich wie nach geltendem IAS 18.A1 – diese im Verkaufszeitpunkt<br />

verfügbar sowie für den Käufer im Lager ausgeson<strong>der</strong>t wurde<br />

und <strong>der</strong> Verkauf <strong>der</strong> Ware <strong>an</strong> e<strong>in</strong>en Dritten ausgeschlossen ist. In<br />

diesem Fall ist die Aufbewahrungsverpflichtung, sofern sie die Abgrenzungskriterien<br />

erfüllt und wesentlich ist, als eigenständige Leistungspflicht<br />

zu bil<strong>an</strong>zieren. 34<br />

(4) Verkauf mit Rückgaberecht<br />

Im Falle e<strong>in</strong>es Rückgaberechts geht die Kontrolle nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 mit<br />

<strong>der</strong> Warenübergabe auf den Kunden über; die Ware ist folglich beim<br />

Bil<strong>an</strong>zierenden aufw<strong>an</strong>dswirksam auszubuchen. 35 In E<strong>in</strong>kl<strong>an</strong>g mit<br />

dem geltenden IAS 18.16(d) ist jedoch die Erfassung <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Umsatzerlöse – trotz erfolgtem Kontrollüberg<strong>an</strong>g – nur d<strong>an</strong>n geboten,<br />

wenn die Rückgabewahrsche<strong>in</strong>lichkeit verlässlich e<strong>in</strong>geschätzt<br />

werden k<strong>an</strong>n, d.h. wenn Verg<strong>an</strong>genheitserfahrungen mit vergleichbaren<br />

Verträgen vorliegen o<strong>der</strong> auf Erfahrungswerte Dritter mit ähnli-<br />

24 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B25 f. (beide Zitate).<br />

25 Vgl. zu E<strong>in</strong>zelheiten Wüstem<strong>an</strong>n, J./Kierzek, BB 2006, 2810 ff.<br />

26 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC189 und BC192 f.<br />

27 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.25 (beide Zitate).<br />

28 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.26 und 27 (beide Zitate).<br />

29 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC60 (beide Zitate).<br />

30 Vgl. Euler, Grundsätze ordnungsmäßiger Gew<strong>in</strong>nrealisierung, 1989, S. 102 ff.<br />

31 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30.<br />

32 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.28 i.V. m. 30(b).<br />

33 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B58.<br />

34 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B59–B62 (beide Zitate).<br />

35 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC194.<br />

Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong> 2037


Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />

Wüstem<strong>an</strong>n J./Wüstem<strong>an</strong>n S. · Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS – <strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

chen Verträgen zugegriffen werden k<strong>an</strong>n und sich die Umweltzustände<br />

nicht signifik<strong>an</strong>t geän<strong>der</strong>t haben. 36 Hieraus folgt, wie auch nach<br />

geltendem IAS 18, dass die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Warenübergabe nur bei Massentr<strong>an</strong>saktionen, nicht aber<br />

bei E<strong>in</strong>zeltr<strong>an</strong>saktionen möglich ist, weil bei nur gelegentlich auftretenden<br />

Geschäftsvorfällen aussagefähige Erfahrungswerte nicht vorliegen.<br />

37 Während <strong>der</strong>zeit bei verlässlicher Schätzbarkeit <strong>der</strong> Rückgabequote<br />

für e<strong>in</strong>e Gruppe gleichartiger Kaufverträge zunächst die vollen<br />

Umsatzerlöse zu erfassen und <strong>in</strong> Höhe des erwartungsgemäß zurückzuerstattenden<br />

Betrags e<strong>in</strong>e erlösm<strong>in</strong><strong>der</strong>nde Rückstellung zu passivieren<br />

ist, 38 soll <strong>der</strong> erwartete Rückerstattungsbetrag nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 direkt<br />

die zu erfassenden Umsatzerlöse m<strong>in</strong><strong>der</strong>n und die quasi-sichere<br />

Verpflichtung zur Kaufpreisrückerstattung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

(„refund liability“) berücksichtigt werden. 39 Im H<strong>in</strong>blick auf den<br />

zu vere<strong>in</strong>nahmenden Gew<strong>in</strong>n hätten diese ¾n<strong>der</strong>ungen zunächst<br />

ke<strong>in</strong>e Auswirkung. Allerd<strong>in</strong>gs ist <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B12 zusätzlich die Aktivierung<br />

e<strong>in</strong>er For<strong>der</strong>ung auf Rückgabe <strong>der</strong> Waren <strong>in</strong> Höhe des<br />

Werts <strong>der</strong> ausgebuchten Vorräte abzüglich etwaiger Rücknahmekosten<br />

vorgesehen. Hierdurch würde <strong>der</strong> bei Ausbuchung <strong>der</strong> Vorräte zu<br />

erfassende Aufw<strong>an</strong>d gem<strong>in</strong><strong>der</strong>t 40 und folglich <strong>der</strong> Gesamtgew<strong>in</strong>n im<br />

Vergleich zu geltenden Regelungen um diesen Betrag erhöht. K<strong>an</strong>n<br />

die Rückgabewahrsche<strong>in</strong>lichkeit nicht verlässlich e<strong>in</strong>geschätzt werden,<br />

so ist <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong> Kaufpreiszahlung durch die Passivierung e<strong>in</strong>er<br />

Verb<strong>in</strong>dlichkeit zu neutralisieren; die Vere<strong>in</strong>nahmung <strong>der</strong> Umsatzerlöse<br />

ist d<strong>an</strong>n erst bei Ablauf <strong>der</strong> Rückgabefrist geboten. 41<br />

(5) Verkauf mit Gar<strong>an</strong>tie<br />

Bei Kaufverträgen mit Gar<strong>an</strong>tieverpflichtungen werden zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Warenübergabe üblicherweise sowohl das zivilrechtliche Eigentum<br />

als auch <strong>der</strong> physische Besitz <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ware auf den Kunden<br />

übertragen. Da aber erfahrungsgemäß e<strong>in</strong> bestimmter Prozentsatz <strong>der</strong><br />

verkauften Waren im Verkaufszeitpunkt fehlerhaft und folglich zu ersetzen<br />

o<strong>der</strong> zu reparieren ist, hat <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende bei diesen Geschäften<br />

se<strong>in</strong>e vertragliche Pflicht zur Übergabe e<strong>in</strong>er fehlerfreien Ware<br />

noch nicht vollständig erfüllt und <strong>der</strong> Kunde nach Auslegung <strong>der</strong><br />

Boards die Kontrolle über die Ware noch nicht erl<strong>an</strong>gt. 42 Während<br />

nach geltendem IAS 18 bei verlässlicher Schätzbarkeit <strong>der</strong> zukünftigen<br />

Gar<strong>an</strong>tieaufwendungen <strong>der</strong> volle Kaufpreis als Umsatzerlös zu erfassen<br />

und <strong>in</strong> Höhe <strong>der</strong> erwarteten Gar<strong>an</strong>tiekosten e<strong>in</strong>e Rückstellung zu<br />

bilden ist, sollen nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B16 Umsatzerlöse bei Warenübergabe<br />

lediglich für die voraussichtlich fehlerfrei übergebenen Waren vere<strong>in</strong>nahmt<br />

und <strong>der</strong> Differenzbetrag als noch ausstehende Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

passiviert werden. Dies würde zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Umsatzausweis<br />

im Verkaufszeitpunkt führen. Da allerd<strong>in</strong>gs die voraussichtlich<br />

fehlerhaften Waren zunächst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>z des Veräußerers verbleiben,<br />

wird auch e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerer Aufw<strong>an</strong>d erfasst. Mit wesentlichen Auswirkungen<br />

auf den Gew<strong>in</strong>n ist demzufolge nicht zu rechnen.<br />

Aus bil<strong>an</strong>zsystematischer Sicht ist das neue Modell dennoch nicht zufriedenstellend.<br />

Auch wenn die übergebene Ware fehlerhaft ist, hat –<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>s als <strong>von</strong> den Boards <strong>an</strong>genommen – bis zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Reklamation<br />

<strong>der</strong> Kunde und nicht das veräußernde Unternehmen die<br />

Kontrolle im S<strong>in</strong>ne des <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 <strong>in</strong>ne. Weiterh<strong>in</strong> liegt <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierungslösung<br />

die Unterstellung zugrunde, <strong>der</strong> Veräußerer müsse im<br />

Gar<strong>an</strong>tiefall die fehlerhafte Ware zurücknehmen und durch e<strong>in</strong> neues<br />

Exemplar ersetzen. Ist <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende jedoch lediglich zur Reparatur<br />

verpflichtet, so lässt sich die Zurückbehaltung <strong>der</strong> Ware <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>z<br />

des Veräußerers nicht rechtfertigen. Da zukünftige Reparaturkosten<br />

<strong>in</strong> wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Gew<strong>in</strong>nmarge schmälernde<br />

Aufwendungen darstellen, vermag die <strong>der</strong>zeit gebotene Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> erwarteten Reparaturaufwendungen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />

Rückstellung den wirtschaftlichen Gehalt solcher Tr<strong>an</strong>saktionen besser<br />

wi<strong>der</strong>zuspiegeln. Unverständlich ist darüber h<strong>in</strong>aus, warum nicht<br />

<strong>in</strong> Analogie zu den Rückgaberechten die verlässliche Schätzbarkeit<br />

<strong>der</strong> Gar<strong>an</strong>tiefallwahrsche<strong>in</strong>lichkeit gefor<strong>der</strong>t wird.<br />

bb) Dienstverträge: fortschreitende Leistungserbr<strong>in</strong>gung<br />

Bei Dienstverträgen i.S.d. §§ 611ff. BGB ist das übergeordnete Kriterium<br />

<strong>der</strong> Kontrollübertragung nur „im übertragenen S<strong>in</strong>ne“ <strong>an</strong>wendbar.<br />

Im Diskussionspapier aus dem Jahre 2008 wurde mit H<strong>in</strong>weis<br />

auf IFRS 2 erläutert, dass Dienstleistungen im Zeitpunkt <strong>der</strong> Erbr<strong>in</strong>gung<br />

Vermögenswerte darstellen, die <strong>der</strong> Kunde typischerweise sofort<br />

verbraucht. 43 Folgt m<strong>an</strong> dieser Argumentation, so erl<strong>an</strong>gt <strong>der</strong> Kunde<br />

mit Ausführung <strong>der</strong> Dienstleistungsaktivitäten kont<strong>in</strong>uierlich Kontrolle<br />

durch die unmittelbare Nutzenziehung aus den erbrachten<br />

Dienstleistungen (Vermögenswerten). 44<br />

Der für Dienstverträge maßgebliche Indikator für den Kontrollüberg<strong>an</strong>g<br />

aus <strong>der</strong> „Checkliste“ <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30 ist die unbed<strong>in</strong>gte Verpflichtung<br />

des Kunden zur Zahlung <strong>der</strong> Gegenleistung. 45 Diese Verpflichtung<br />

entsteht bei Dienstverträgen mit fortschreiten<strong>der</strong> Leistungserbr<strong>in</strong>gung,<br />

weil <strong>der</strong> Vergütungs<strong>an</strong>spruch des Dienstleisters für<br />

die bereits ausgeführten Tätigkeiten unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Erbr<strong>in</strong>gung<br />

zukünftiger Vertragsleistungen gegenüber dem Kunden rechtlich<br />

durchsetzbar ist. 46 Demzufolge s<strong>in</strong>d auch die Umsatzerlöse aus<br />

Dienstverträgen nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.32 – im E<strong>in</strong>kl<strong>an</strong>g mit IAS 18.20ff. –<br />

nach Maßgabe des Leistungsfortschritts zu erfassen. Die Methoden<br />

zur Umsatzverteilung über die Vertragslaufzeit entsprechen im Wesentlichen<br />

den Vorgaben des IAS 18.24f. 47<br />

cc) Werkverträge: Abnahme des vollendeten o<strong>der</strong><br />

vollendeter Teile des Werks<br />

Bei Verträgen über die Herstellung o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er Sache<br />

i.S.d. §§ 631ff. BGB ist nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B63f. e<strong>in</strong>gehend zu prüfen,<br />

ob die Kontrolle über die unfertigen Erzeugnisse o<strong>der</strong> Leistungen bereits<br />

während <strong>der</strong> Leistungserstellung auf den Kunden übertragen<br />

wird und somit e<strong>in</strong>e Erfassung <strong>der</strong> Umsatzerlöse nach Maßgabe des<br />

Leistungsfortschritts gerechtfertigt ist. Sofern die Werkserstellung<br />

nicht auf fremdem Grund und Boden erfolgt und nicht die Verän<strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>er im Eigentum des Bestellers stehenden Sache geschuldet<br />

wird, erfolgt die Übertragung des zivilrechtliches Eigentums sowie<br />

des physischen Besitzes bei Übergabe des vollendeten Werks. Die unbed<strong>in</strong>gte<br />

Verpflichtung zur Vergütung des Werklohns entsteht erst bei<br />

Abnahme des vollendeten Werks durch den Kunden (§ 641 BGB).<br />

E<strong>in</strong>e Ausnahme besteht nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B66 d<strong>an</strong>n, wenn <strong>der</strong> Kunde<br />

im Falle <strong>der</strong> vorzeitigen Vertragsbeendigung das unfertige Werk übernehmen<br />

und den hierauf entfallenden Teil des Werklohns zahlen<br />

36 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.38 f.<br />

37 Vgl. zu IAS 18 Sessar, Grundsätze ordnungsmäßiger Gew<strong>in</strong>nrealisierung im deutschen Bil<strong>an</strong>zrecht, 2007,<br />

S. 248 und S. 253.<br />

38 Vgl. Adler/Dür<strong>in</strong>g/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen St<strong>an</strong>dards, 2002, Abschn. 4, Rn. 118.<br />

39 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.37 i.V. m. B9 (beide Zitate).<br />

40 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B12.<br />

41 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.37 und 41 i.V. m. B10.<br />

42 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC201 f.<br />

43 Vgl. DP 3.13; IFRS 2.BC47.<br />

44 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.26 und 32.<br />

45 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30(a).<br />

46 Vgl. zur entsprechenden Begründung im deutschen Bil<strong>an</strong>zrecht Döllerer, BB 1974, 1546.<br />

47 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.33.<br />

2038 Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong>


Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft<br />

Wüstem<strong>an</strong>n J./Wüstem<strong>an</strong>n S. · Umsatzerlöse aus Kundenverträgen nach IFRS – <strong>Neuausrichtung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Erfüllung <strong>von</strong> <strong>Verpflichtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6<br />

müsste. Im deutschen Zivilrecht setzt dies die Erteilung e<strong>in</strong>er (echten)<br />

Teilabnahme für e<strong>in</strong>en vollendeten Werksteil voraus. 48<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Indikator, dessen Vorliegen für den kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Kontrollüberg<strong>an</strong>g bei Werkverträgen spricht, ist nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/<br />

6.30(d) die kundenspezifische Erstellung des Werks – e<strong>in</strong> Kriterium,<br />

dass bereits <strong>in</strong> IAS 11.3 und ergänzend <strong>in</strong> IFRIC 15 zur Abgrenzung <strong>von</strong><br />

Fertigungsaufträgen und dem Verkauf <strong>von</strong> Gütern her<strong>an</strong>gezogen<br />

wird. 49 Die Kundenspezifität des Werks lässt nach Ansicht <strong>der</strong> Boards<br />

darauf schließen, dass <strong>der</strong> Hersteller den Kunden vertraglich verpflichtet,<br />

im Falle <strong>der</strong> vorzeitigen Vertragsbeendigung das unfertige Werk zu<br />

übernehmen und zu vergüten, weil kundenspezifisch erstellte Werke<br />

für den Hersteller kaum <strong>an</strong><strong>der</strong>weitig verwertbar s<strong>in</strong>d. 50 Diese Annahme<br />

ersche<strong>in</strong>t wenig plausibel: Per Gesetz ist <strong>der</strong> Hersteller bis zur Werksabnahme<br />

zur Tragung <strong>der</strong> Risiken verpflichtet; bei fehlen<strong>der</strong> Vertragsvollendung<br />

steht ihm gesetzlich ke<strong>in</strong> Vergütungs<strong>an</strong>spruch zu (§ 644 BGB).<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund ist es unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass <strong>der</strong> Kunde freiwillig<br />

zur Übernahme <strong>der</strong> Risiken während <strong>der</strong> Werkserstellung bereit<br />

ist. Aufgrund des fehlenden Zusammenh<strong>an</strong>gs zwischen <strong>der</strong> Kundenspezifität<br />

und <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong> unbed<strong>in</strong>gten Zahlungsverpflichtung des<br />

Kunden läuft dieses Kriterium – zum<strong>in</strong>dest bei Anwendung des <strong>ED</strong>/<br />

<strong>2010</strong>/6 im deutschen Rechtsrahmen – <strong>in</strong>s Leere.<br />

Im Ergebnis ist die Umsatzerfassung bei Werkverträgen <strong>an</strong> die Abnahme<br />

des vollendeten Werks o<strong>der</strong> vollendeter Teile des Werks gebunden.<br />

51 Dies folgt nicht nur aus <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30<br />

vorgegebenen Indikatoren zur Konkretisierung des Kontrollüberg<strong>an</strong>gs;<br />

<strong>in</strong> dem (verb<strong>in</strong>dlichen) Anh<strong>an</strong>g zum St<strong>an</strong>dardentwurf wird<br />

zudem bestimmt, dass im Falle <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung e<strong>in</strong>er Abnahme <strong>der</strong><br />

Kontrollüberg<strong>an</strong>g <strong>an</strong> diese gebunden ist, sofern <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierende<br />

nicht objektiv nachweisen k<strong>an</strong>n, dass das Werk die vertraglich vere<strong>in</strong>barten<br />

Eigenschaften aufweist. 52 Begründet wird das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong><br />

Abnahme, völlig zurecht, damit, dass <strong>der</strong> Hersteller erst zu diesem<br />

Zeitpunkt den Anspruch auf Gegenleistung erwirbt und die Mängelbeseitigungs<strong>an</strong>sprüche<br />

des Kunden begrenzt werden. 53 Da sich <strong>der</strong><br />

Werkvertrag vom Kaufvertrag im deutschen Zivilrecht gerade durch<br />

die höhere Unsicherheit h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Vertragsmäßigkeit <strong>der</strong> zu<br />

übereignenden Sache unterscheidet und hieraus die strengeren zivilrechtlichen<br />

Regelungen h<strong>in</strong>sichtlich Gefahrentragung und Entstehung<br />

des Vergütungs<strong>an</strong>spruchs resultieren, erbr<strong>in</strong>gt auch für Zwecke <strong>der</strong><br />

Umsatzerfassung erst die Abnahme den objektivierten Nachweis <strong>der</strong><br />

Vertragsmäßigkeit des Werks. 54 E<strong>in</strong>e Ertragsvere<strong>in</strong>nahmung mit fortschreiten<strong>der</strong><br />

Leistungserbr<strong>in</strong>gung – wie sie <strong>der</strong>zeit für e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

<strong>von</strong> Werkverträgen nach geltendem IAS 11 geboten ist – scheidet<br />

nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 bei Anwendung im deutschen Zivilrecht folglich aus.<br />

Fortführung des Beispiels: A erfüllt mit Abschluss <strong>der</strong> Installation und Abnahme<br />

durch B am 10.1.<strong>2010</strong> se<strong>in</strong>e zweite Teilpflicht. Dies führt zum vollständigen<br />

Abbau und zur Ausbuchung <strong>der</strong> vertraglichen Verpflichtung sowie zur Erlösvere<strong>in</strong>nahmung<br />

für die Installationsleistung.<br />

4. Ertragsbewertung<br />

a) Bestimmung des Veräußerungspreises<br />

Ebenso wie nach geltendem IAS 18.14(c) ist die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen<br />

nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.38ff. <strong>an</strong> die verlässliche Bestimmbarkeit<br />

<strong>der</strong> Erlöshöhe gebunden, die im Wesentlichen Verg<strong>an</strong>genheitserfahrungen<br />

mit vergleichbaren Verträgen voraussetzt.<br />

Die aus e<strong>in</strong>em Vertrag <strong>in</strong>sgesamt zu erfassenden Umsatzerlöse entsprechen<br />

nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.34 – im Ergebnis wie auch nach IAS 18.9 –<br />

dem Vertragspreis. Steht die Höhe <strong>der</strong> Gegenleistung bei Vertragsabschluss<br />

noch nicht fest, bspw. weil bei E<strong>in</strong>tritt bestimmter Bed<strong>in</strong>gungen<br />

Preisnachlässe o<strong>der</strong> Prämien gewährt werden, Vertragsstrafen zu<br />

zahlen s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Zahlungsausfall droht, so ist <strong>der</strong> Vertragspreis<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage des Erwartungswerts <strong>der</strong> Gegenleistung zu schätzen.<br />

55 Zahlen die Kunden bspw. erfahrungsgemäß <strong>in</strong> 90% <strong>der</strong> Fälle<br />

den gesamten Gegenleistungsbetrag (im Beispiel 10 000 Euro) und <strong>in</strong><br />

10% <strong>der</strong> Fälle 0 Euro, so entsprechen die aus e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen Vertrag<br />

zu erfassenden Umsatzerlöse 9000 Euro. E<strong>in</strong>ige Adressaten kritisierten<br />

im Rahmen ihrer Kommentierung des Diskussionspapiers, dass <strong>der</strong><br />

Erwartungswert ke<strong>in</strong>e entscheidungsnützlichen Informationen vermittle,<br />

weil er <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em <strong>der</strong> möglichen Szenarien dem tatsächlichen<br />

Zahlungse<strong>in</strong>g<strong>an</strong>g entspricht. 56 Diese h<strong>in</strong>sichtlich des Fair-Value-ähnlichen<br />

Werts <strong>an</strong>gebrachten Bedenken s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

unbegründet. Ursächlich hierfür ist, dass das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>von</strong> extrapolierbaren<br />

Verg<strong>an</strong>genheitserfahrungen e<strong>in</strong>e gewisse Grundgesamtheit<br />

vergleichbarer Verträge voraussetzt und bei e<strong>in</strong>er Pauschalbewertung<br />

<strong>der</strong> Erwartungswert die tatsächlich zu realisierenden Zahlungsmittelzuflüsse<br />

<strong>an</strong>gemessen <strong>an</strong>zunähern vermag. 57 Enthält <strong>der</strong> Vertrag neben<br />

dem Leistungsgeschäft e<strong>in</strong>e explizite o<strong>der</strong> implizite wesentliche F<strong>in</strong><strong>an</strong>zierungsleistung,<br />

ist e<strong>in</strong>e Abz<strong>in</strong>sung <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten Gegenleistung<br />

geboten. 58<br />

b) Verteilung des Veräußerungspreises auf die<br />

abgrenzbaren Teilpflichten<br />

Bei gebotener Aufglie<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Vertrags <strong>in</strong> eigenständige Leistungspflichten<br />

ist <strong>der</strong> Vertragspreis auf diese nach Maßgabe <strong>der</strong> relativen<br />

E<strong>in</strong>zelveräußerungspreise <strong>der</strong> korrespondierenden Leistungen<br />

aufzuteilen und mit Erbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Leistungen <strong>der</strong> entsprechende<br />

(Teil-)Ertrag zu vere<strong>in</strong>nahmen. 59 Die Anwendbarkeit <strong>der</strong><br />

im Rahmen des geltenden IAS 18 ebenfalls zulässigen Residual-Methode<br />

schließen die Boards explizit aus. 60<br />

Werden e<strong>in</strong>zeln zu betrachtende Waren o<strong>der</strong> Dienstleistungen nicht<br />

e<strong>in</strong>zeln am Markt <strong>an</strong>geboten, ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelveräußerungspreis auf <strong>der</strong><br />

Grundlage <strong>der</strong> geschätzten Kosten zuzüglich e<strong>in</strong>er Gew<strong>in</strong>nmarge o<strong>der</strong><br />

des geschätzten Preises, den e<strong>in</strong> Kunde am Markt für die Leistungen<br />

zu zahlen bereit wäre, zu bestimmen. 61<br />

Fortführung des Beispiels: Von dem Gesamterlös i.H.v. 10 000 Euro entfallen<br />

auf die Ware 9 524 Euro [10 000 * 10 000 / (10 000 + 500)] und auf die Installation<br />

476 Euro [10000 * 500 / (10 000 + 500)].<br />

c) Folgebewertung<br />

Übersteigen die auf Erwartungswertbasis geschätzten Erfüllungskosten<br />

den e<strong>in</strong>er eigenständigen Leistungspflicht zugeordneten Anteil am<br />

48 Vgl. <strong>an</strong>alog zum deutschen Bil<strong>an</strong>zrecht Döllerer (Fn. 46), 1544; vgl. zu E<strong>in</strong>zelheiten Wüstem<strong>an</strong>n, J./Wüstem<strong>an</strong>n,<br />

S., ZfB 2009, 41.<br />

49 Vgl. zu E<strong>in</strong>zelheiten Wüstem<strong>an</strong>n, J./Wüstem<strong>an</strong>n, S./Neum<strong>an</strong>n, <strong>in</strong>: Baetge u. a. (Hrsg.), Rechnungslegung<br />

nach IFRS, 2. Aufl. 2002, IAS 18, Rn. 153–157.<br />

50 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.30(d).<br />

51 Vgl. zu e<strong>in</strong>em vergleichbaren Vorschlag bereits Wüstem<strong>an</strong>n, J./Kierzek, Account<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Europe, 2005, 97 f.<br />

52 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B72.<br />

53 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.B69.<br />

54 Vgl. Hommel/Schmitz/Wüstem<strong>an</strong>n, S. (Fn. 2), 376.<br />

55 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.35 f.<br />

56 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>.BC83.<br />

57 Vgl. Wüstem<strong>an</strong>n, J./Bischof, ZfB, Special Issue 6/2006, 93.<br />

58 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.44.<br />

59 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.34 und 50.<br />

60 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC122–125.<br />

61 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.52.<br />

Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong> 2039


Bil<strong>an</strong>zrecht und Betriebswirtschaft // Entscheidungen<br />

BFH · Ke<strong>in</strong>e Buchwertfortführung bei bloßer Übertragung <strong>von</strong> KG-Anteilen<br />

Vertragspreis, gilt dieser Vertragsteil als belastend; <strong>der</strong> erwartete Verlust<br />

ist durch Rückstellungsbildung zu <strong>an</strong>tizipieren. 62<br />

Die Prüfung <strong>der</strong> Existenz drohen<strong>der</strong> Verluste auf Ebene <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Leistungspflichten ist nicht nur unnötig komplex; durch den Ausweis<br />

<strong>von</strong> Verlusten aus E<strong>in</strong>zelpflichten, auch wenn <strong>der</strong> Restvertrag <strong>in</strong>sgesamt<br />

e<strong>in</strong>en Gew<strong>in</strong>n erwarten lässt, werden zudem wenig s<strong>in</strong>nvolle Informationen<br />

vermittelt. 63<br />

V. Zusammenfassung<br />

1. Aufgrund <strong>der</strong> bestehenden Inkonsistenzen und Regelungslücken<br />

<strong>in</strong> den geltenden IFRS-Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln hat sich <strong>der</strong><br />

IASB im Jahr 2002 geme<strong>in</strong>sam mit dem FASB zur Erarbeitung<br />

e<strong>in</strong>es neuen Modells entschlossen. Die zu Beg<strong>in</strong>n des Projekts<br />

gepl<strong>an</strong>te „Revolution“ ist im St<strong>an</strong>dardentwurf ausgeblieben. Die<br />

geltenden Bil<strong>an</strong>zierungslösungen werden <strong>in</strong> vielen Bereichen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

bei Kauf- und Dienstverträgen, im Ergebnis beibehalten<br />

und nunmehr im E<strong>in</strong>kl<strong>an</strong>g mit dem neuen bil<strong>an</strong>ztheoretischen<br />

Verständnis des IASB, dem Assets-Liabilities-Ansatz, begründet.<br />

2. Von <strong>der</strong> Ablösung des <strong>der</strong>zeit beim Verkauf <strong>von</strong> Gütern maßgeblichen<br />

Risks-<strong>an</strong>d-Rewards-Kriteriums durch das Control-Kriterium<br />

erhoffen sich die Boards e<strong>in</strong>e weniger ermessensbehaftete und somit<br />

konsistentere Anwendung <strong>der</strong> Ertragsvere<strong>in</strong>nahmungsregeln. Die im<br />

Anh<strong>an</strong>g des <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 vorgenommenen Konkretisierungen für<br />

komplexe Vertragstypen verdeutlichen jedoch, dass auch die Beurteilung<br />

des Kontrollüberg<strong>an</strong>gs Abwägungen erfor<strong>der</strong>t, die zum Teil<br />

willkürlich s<strong>in</strong>d.<br />

3. Die wohl wichtigste ¾n<strong>der</strong>ung ist die gepl<strong>an</strong>te faktische Abschaffung<br />

<strong>der</strong> Ertragsvere<strong>in</strong>nahmung nach <strong>der</strong> sog. Percentage-of-Completion-Methode<br />

bei Fertigungsaufträgen, die trotz erheblicher Wi<strong>der</strong>stände<br />

aus <strong>der</strong> Bil<strong>an</strong>zierungspraxis im St<strong>an</strong>dardentwurf beibehalten<br />

wurde. Nach <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6 ist die Erfassung <strong>von</strong> Umsatzerlösen aus<br />

Werkverträgen folgerichtig <strong>an</strong> die Abnahme des vollendeten Werks<br />

o<strong>der</strong> vollendeter Werksteile durch den Kunden gebunden.<br />

// Autoren h<br />

Prof. Dr. Jens Wüstem<strong>an</strong>n, M.S.G. (Paris IX), ist Inhaber<br />

des Lehrstuhls für ABWL und Wirtschaftsprüfung <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> Universität M<strong>an</strong>nheim und Ständiger Mitarbeiter<br />

des „Betriebs-Berater“. Er war Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

„Revenue Recognition“ des DRSC und Mitglied<br />

<strong>der</strong> entsprechenden Arbeitsgruppe <strong>der</strong> EFRAG. Er ist<br />

Mitglied des Vorst<strong>an</strong>ds des DRSC.<br />

Dr. Sonja Wüstem<strong>an</strong>n, M.B.A. (ESSEC), ist Wissenschaftliche<br />

Assistent<strong>in</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> Professur für Wirtschaftsprüfung<br />

und Rechnungslegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> Goethe-Universität<br />

Fr<strong>an</strong>kfurt a.M. Sie war Mitglied <strong>der</strong> Arbeitsgruppen<br />

„Revenue Recognition“ des DRSC und <strong>der</strong> EFRAG.<br />

62 Vgl. <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.54 f.<br />

63 Vgl. zur gegenteiligen Ansicht <strong>der</strong> Boards <strong>ED</strong>/<strong>2010</strong>/6.BC3135–141.<br />

BFH: Ke<strong>in</strong>e Buchwertfortführung bei bloßer Übertragung<br />

<strong>von</strong> KG-Anteilen<br />

BFH, Urteil vom 6.5.<strong>2010</strong> – IV R 52/08<br />

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL<strong>2010</strong>-2040-1<br />

unter www.betriebs-berater.de<br />

LEITS¾TZE<br />

1. Wird statt e<strong>in</strong>es Mitunternehmer<strong>an</strong>teils lediglich e<strong>in</strong> Komm<strong>an</strong>dit<strong>an</strong>teil<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Elternteil auf die K<strong>in</strong><strong>der</strong> übertragen, k<strong>an</strong>n <strong>der</strong> Buchwert<br />

des Anteils nach § 7 Abs. 1 EStDV a.F. auch d<strong>an</strong>n nicht fortgeführt werden,<br />

wenn funktional wesentliches Son<strong>der</strong>betriebsvermögen (hier: Verwaltungsgrundstück)<br />

des Elternteils gew<strong>in</strong>nneutral <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weitere Personengesellschaft<br />

e<strong>in</strong>gebracht wird (Bestätigung <strong>der</strong> Rechtsprechung).<br />

2. […]<br />

AUS DEN GRÜNDEN<br />

11–12 II. […] 1.[…]<br />

KG-Anteil ist ke<strong>in</strong> eigenständiges Wirtschaftsgut,<br />

son<strong>der</strong>n quotale Berechtigung<br />

13 a) Auszugehen ist hierbei da<strong>von</strong>, dass es sich bei dem Gesellschafts<strong>an</strong>teil<br />

nicht um e<strong>in</strong> (eigenständiges) immaterielles Wirtschaftsgut h<strong>an</strong>delt, das<br />

im ertragsteuerrechtlichen S<strong>in</strong>ne selbst Gegenst<strong>an</strong>d e<strong>in</strong>er Veräußerung<br />

o<strong>der</strong> unentgeltlichen Übertragung se<strong>in</strong> könnte. Die gesellschaftsrechtliche<br />

Beteiligung verkörpert nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO vielmehr die quotale<br />

Berechtigung des Gesellschafters <strong>an</strong> den zum Gesamth<strong>an</strong>dsvermögen gehörenden<br />

Wirtschaftsgütern (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des<br />

Großen Senats des BFH vom 25.2.1991 – GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl. II<br />

1991, 691, BB 1991, 888; Senatsurteil vom 12.12.1996 – IV R 77/93, BFHE<br />

183, 379, BStBl. II 1998, 180, BB 1997, 2578; Schmidt/Wacker, EStG,<br />

29. Aufl., § 16 Rz. 452, m.w.N.). Demnach führte auch <strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>g des<br />

Gesellschafts<strong>an</strong>teils auf C. und D. dazu, dass diesen <strong>von</strong> A. Anteile <strong>an</strong> den<br />

gesamthän<strong>der</strong>isch gehaltenen Wirtschaftsgütern übertragen worden s<strong>in</strong>d.<br />

Lebenslängliches Nießbrauchsrecht steht dem <strong>an</strong>teiligen<br />

Überg<strong>an</strong>g des Gesamth<strong>an</strong>dsvermögen nicht entgegen<br />

b) Dem <strong>an</strong>teiligen Überg<strong>an</strong>g des Gesamth<strong>an</strong>dsvermögens <strong>der</strong> Kläger<strong>in</strong> auf C.<br />

undD.stehtnichtentgegen,dass A.(undse<strong>in</strong>erEhefrau) e<strong>in</strong>lebenslängliches<br />

Nießbrauchsrecht <strong>an</strong> dem auf die übertragene Beteiligung (200000 DM) entfallenden<br />

Gew<strong>in</strong>n<strong>an</strong>teil abzüglich <strong>der</strong> Belastung <strong>in</strong> Höhe des jeweiligen Spitzensteuersatzes<br />

e<strong>in</strong>geräumt wurde. Wenngleich e<strong>in</strong> Nießbrauch <strong>an</strong> dem –<br />

nach § 717 S. 2 BGB übertragbaren – Anspruch auf den Anteil am Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er<br />

Personengesellschaft begründet werden k<strong>an</strong>n (§§ 1068 und 1069 BGB;<br />

Pal<strong>an</strong>dt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 1068 Rz. 4; Baum-<br />

14<br />

2040 Betriebs-Berater // BB 34.<strong>2010</strong> // 16.8.<strong>2010</strong>

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