Ausgabe Dezember 2012 - Verein Roma Oberwart
Ausgabe Dezember 2012 - Verein Roma Oberwart
Ausgabe Dezember 2012 - Verein Roma Oberwart
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Denise B.<br />
Gespräch mit einer jungen Romni<br />
von Mario Baranyai<br />
Die <strong>Oberwart</strong>erin Denise B. absolvierte im Rahmen ihrer<br />
Ausbildung zur Kindergartenhelferin ein Praktikum im<br />
Projekt „Ausserschulische Lernbetreuung“ des <strong>Verein</strong> <strong>Roma</strong>.<br />
Wir wollten wissen, welche Erfahrungen sie als Angehörige<br />
der Volksgruppe der <strong>Roma</strong> und als Kind aus der <strong>Roma</strong>–Siedlung<br />
gemacht hat und wie sie selbst ihre Zukunft sieht.<br />
Wie bist du aufgewachsen<br />
Ich hatte eine schöne Kindheit, kam jedoch während meiner<br />
Schulzeit oft mit Diskriminierung in Berührung. Vor allem<br />
in der Volksschule kam es zu einigen Vorfällen, die mein<br />
Leben prägten und mir auch in Erinnerung bleiben werden.<br />
Ich durfte zum Beispiel nicht neben Nicht-<strong>Roma</strong> sitzen, weil<br />
ihre Eltern das nicht wollten. Und auch bei den meisten<br />
Geburtstagsfeiern war ich nicht eingeladen. Damals war<br />
ich aber noch viel zu jung, um zu verstehen, warum das so<br />
war. Ich war nur traurig und verletzt.<br />
Hat sich die Situation nach der Volksschulzeit verändert<br />
In der Hauptschule war es besser. Sowohl die Aufklärung, als<br />
auch der Umgang mit den Mitschülern untereinander verbesserte<br />
sich zunehmend. Zu dieser Zeit konnte ich das Wort<br />
„Zigeuner“ besser verstehen beziehungsweise damit umgehen.<br />
Zwar war die Diskriminierung immer noch nicht verschwunden,<br />
doch ich wusste, viele hatten es nicht besser gelernt.<br />
Was hast du von anderen <strong>Roma</strong>–Kindern gehört<br />
In der „Außerschulischen Lernbetreuung“ des <strong>Verein</strong>s haben<br />
wir oft über solche Themen diskutiert und über mögliche<br />
Lösungen gesprochen. Denn auch andere Kinder waren mit<br />
diesen Problemen beschäftigt. Ich hatte zwar auch viele<br />
Freunde in der Siedlung, aber es war doch etwas Spezielles,<br />
wenn wir im <strong>Verein</strong> <strong>Roma</strong> mit den Lernbetreuern an einem<br />
Tisch saßen und über dieses Thema sprechen konnten.<br />
Was können <strong>Roma</strong> selber dazu beitragen, ihre Chancen<br />
zu verbessern<br />
Voraussetzung ist eine gute Ausbildung. Es spielt keine<br />
Rolle welche Art von Ausbildung es ist, jedoch sollte diese<br />
zukunftssicher und realitätsnah sein, um einen guten Job<br />
zu bekommen. Im Oktober <strong>2012</strong> habe ich meine Ausbildung<br />
zur Kindergartenhelferin in <strong>Oberwart</strong> begonnen. Es war<br />
schon immer mein Wunsch, mit Kindern zu arbeiten, da wir<br />
auch zu Hause eine große Familie sind.<br />
Nach der Schule wusste ich noch nicht, welche Richtung<br />
ich einschlagen sollte. Die Lehrstellensuche war schwer.<br />
Zunächst wollte ich Verkäuferin, Kosmetikerin, Friseurin<br />
werden, was man sich als junges Mädchen eben wünscht.<br />
Es brauchte Zeit und Reife, um mich für einen pädagogischen<br />
Beruf zu entscheiden. Ich bin mir sicher, dass ich in<br />
Zukunft Chancen habe, eine Arbeit in diesem Bereich zu<br />
finden. Von <strong>Oberwart</strong> wegziehen möchte ich nicht, da meine<br />
ganze Familie hier wohnt, jedoch hätte ich kein Problem<br />
damit, auch eine weitere Strecke auf mich zu nehmen, um<br />
einen Arbeitsplatz zu erreichen.<br />
Wie siehst du heute deine persönliche Situation<br />
Wenn ich heute zurückblicke, bin ich glücklich, viel erlebt<br />
und Menschen kennen gelernt zu haben, die für mich<br />
von großer Bedeutung waren und sind. Gleichzeitig bin<br />
ich traurig, in der Vergangenheit oft sehr verletzende<br />
Erfahrungen gemacht zu haben, die auf meine Volksgruppenzugehörigkeit<br />
zurückzuführen waren. Ich bin froh<br />
eine starke Familie hinter mir zu haben, die mich in jeder<br />
Hinsicht unterstützt und stärkt. Ich bin aber auch sehr<br />
dankbar, dass es Einrichtungen wie den <strong>Verein</strong> <strong>Roma</strong> in<br />
<strong>Oberwart</strong> gibt, wo mich die „Außerschulische Lernbetreuung“<br />
während meiner Schulzeit gefördert und begleitet<br />
hat und auch jetzt während meiner Ausbildung<br />
in allen Fragen für mich da ist. Außerdem werde ich in<br />
der Beratungsstelle des <strong>Verein</strong>s laufend unterstützt,<br />
wenn es darum geht, Ausbildungsmöglichkeiten zu diskutieren<br />
und den richtigen Bildungsweg einzuschlagen.<br />
Ich weiß, dass ich nach meiner Ausbildung auch bei der<br />
Jobsuche nicht allein gelassen sein werde und im <strong>Verein</strong><br />
<strong>Roma</strong> gut aufgehoben bin. Ich habe gelernt, mich selbständig<br />
in Eigeninitiative und mit Selbstbewusstsein für<br />
Jobs zu bewerben, vor allem auch bei der Lehrstellensuche.<br />
Für diese Vorbereitung und Unterstützung bin ich<br />
dankbar.<br />
ROMANI PATRIN Nr. 2 / <strong>Dezember</strong> <strong>2012</strong><br />
11