Kooperation konkret - Zukunftsmodell bürgernaher Stadtentwicklungspolitik Dr. Ulrich Hatzfeld, Unterabteilungsleiter im Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2 <strong>Dokumentation</strong> „Bürgernahe Stadtentwicklung durch Kooperation“
Kooperation konkret – Zukunftsmodell bürgernaher Stadtentwicklungspolitik Dr. Ulrich Hatzfeld, Unterabteilungsleiter im Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Lieber Herr Oberbürgermeister Dr. Jung, lieber Herr Kollege Paas, sehr geehrte D<strong>am</strong>en und Herren Landräte, sehr geehrte D<strong>am</strong>en und Herren Bürgermeister, sehr geehrte Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen, bitte erlauben Sie auch mir e<strong>in</strong>ige Überlegungen zu dem heutigen Schwerpunktthema „Kooperation <strong>in</strong> der Stadtentwicklung“. Ich werde dabei die Sicht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> e<strong>in</strong>nehmen und zuweilen auch e<strong>in</strong>ige etwas krische Aspekte ansprechen. Denn das Thema hat e<strong>in</strong> ziemlich großes Problem: es hat ke<strong>in</strong>e – zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t ke<strong>in</strong>e erklärten – Fe<strong>in</strong>de. Jeder ist für mehr und bessere Kooperation. Jeder versichert, dass er e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Sicht der Stadtentwicklung befürwortet, also für e<strong>in</strong>e holistische und fachübergreifende Herangehensweise e<strong>in</strong>tritt. Es besteht E<strong>in</strong>igkeit, dass man <strong>am</strong> besten alles mit allem im Zus<strong>am</strong>menhang diskutiert, über alles redet und zwar mit jedem. Aber man hört zuweilen Klagen. Die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong> der Praxis stellen fest, dass sie häufig nicht mehr zum Planen kommen, weil sie von morgens bis abends d<strong>am</strong>it beschäftigt s<strong>in</strong>d, möglichst viele bis alle <strong>in</strong> Planungsprozesse e<strong>in</strong>zubeziehen. Wir veranstalten Beteiligungsrunden, wir entwickeln <strong>in</strong>tegrierte Handlungskonzepte, wir stimmen Projekte <strong>des</strong> Public-Private-Partnership ab, wir möchten noch mehr Bürgerbeteiligung und Bürgermitwirkung erreichen. Und dann gibt es noch das breite Spektrum der formalisierten Kooperation: Bürgerbeteiligung im Bebauungsplanverfahren, Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, Umweltverträglichkeitsprüfungen, … Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund kann man den E<strong>in</strong>druck bekommen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitalter der Beteiligung und der Kooperation zu leben. Fest steht: es ist heute nicht akzeptabel, nicht zu kommunizieren und zu kooperieren. Es gibt viele gute Argumente für Kooperationen. Natürlich ist es s<strong>in</strong>nvoll zu kooperieren, um Kräfte zu bündeln – und das erst recht bei engeren f<strong>in</strong>anziellen Spielräumen. Selbstverständlich kann man heute ke<strong>in</strong>e energetischen Maßnahmen umsetzen, ohne gleichzeitig über deren sozialen Konsequenzen nachzudenken. Und auf jeden Fall greift es zu kurz, sich <strong>in</strong> benachteiligten Stadtteilen mit Integrationsmaßnahmen zu befassen, ohne das Thema Infrastruktur <strong>in</strong> den Blick zu nehmen. Denn <strong>in</strong> der Stadtentwicklung hängt alles mit allem zus<strong>am</strong>men – alle<strong>in</strong> schon <strong>des</strong>halb, weil sich alles <strong>in</strong> demselben Stadtraum bzw. <strong>in</strong> demselben Quartier abspielt. Schon aus Gründen der begrenzten Ressourcen s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> der Tat gut beraten, nicht alle städtischen Nutzungen und Funktionen e<strong>in</strong>zeln zu optimieren, sondern <strong>in</strong> ihrem Zus<strong>am</strong>menwirken optimal zu gestalten. Das ist im Übrigen der Kern der Stadtentwicklungsplanung: städtische Entwicklungen zu prognostizieren und dann im Zus<strong>am</strong>menhang zu gestalten. Der zentrale Aspekt der städtischen Kooperation ist der Quartiersbezug: Sie werden heute kaum noch e<strong>in</strong> räumliches Handlungskonzept oder e<strong>in</strong>e öffentliche Fördermaßnahme f<strong>in</strong>den, die sich nicht mit dem Thema Quartiersbezug ause<strong>in</strong>andersetzt. Wir haben erkannt, dass das Quartier e<strong>in</strong>e elementare Ebene für die Kooperation – also die Zus<strong>am</strong>menführung von meist widerstreitenden Interessen – s<strong>in</strong>d. Möglichst alle Fachplanungsbelange sollen e<strong>in</strong>bezogen werden; das reicht von der harten Infrastruktur bis zur Sozialplanung. Nun heißt es, dass die Praxis manchmal e<strong>in</strong>e Parodie auf die Theorie ist. Konkret kann man beobachten, dass Konkurrenz <strong>in</strong> der kommunalen Wirklichkeit immer noch deutlich dom<strong>in</strong>iert. Denn Konkurrenz ist ganz offensichtlich e<strong>in</strong>facher als Kooperation. In dezentralen bzw. föderalen Strukturen ist sie fast so etwas wie e<strong>in</strong> zentrales Organisationspr<strong>in</strong>zip. Jede Organisation und jede Gruppe, die <strong>in</strong> den Prozess <strong>des</strong> Planens und Bauens e<strong>in</strong>bezogen ist, jede Stadt und jeder Landkreis ist elementar d<strong>am</strong>it befasst, über die eigenen Logiken nachzudenken. Jeder optimiert sich erstmal selber. H<strong>in</strong>zu kommt, dass wissenschaftliche Untersuchungen darauf h<strong>in</strong>deuten, dass kaum jemand (und auch ke<strong>in</strong>e Organisationse<strong>in</strong>heit) freiwillig kooperiert. Wir kooperieren im Regelfall erst, wenn wir Probleme nicht mehr alle<strong>in</strong>e lösen können oder wenn ke<strong>in</strong>e andere Möglichkeiten zur Problemlösung mehr haben als die der Kooperation. 3