Liberal - JuLis - Junge Liberale
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<strong>Liberal</strong><br />
(Mund, Zunge, Speiseröhre) und der<br />
Lunge zu verursachen. Das erhöhte<br />
Auftreten von Lungenkrebs lässt sich<br />
z.B. dadurch erklären, dass in Cannabisrauchern<br />
die Immunfunktion<br />
von Makrophagen (»Fresszellen«) im<br />
Lungengewebe eingeschränkt ist. Obwohl<br />
Cannabis im Vergleich zu Tabak<br />
und Alkohol relativ wenige Schäden<br />
am Fötus verursacht, haben Tierexperimente<br />
gezeigt, dass die Aufnahme<br />
großer Mengen an THC beim Muttertier<br />
eine auffallend geringere Ausbildung<br />
von Schlüsselproteinen bei der<br />
Entwicklung des fötalen Gehirns zur<br />
Folge hat. Dabei muss man berücksichtigen,<br />
dass der Alkohol- und Zigarettengenuss<br />
bei Cannabiskonsumenten<br />
im Durchschnitt zusätzlich höher<br />
liegt als bei Nichtkonsumenten.<br />
Cannabis als Einstiegsdroge<br />
Die Ursache für den Zusammenhang<br />
zwischen Cannabis und Kokainkonsum<br />
ist vielschichtig. Möglich ist zum<br />
Beispiel, dass besondere Persönlichkeitsstrukturen<br />
unter Einwirkung sozioökonomischer<br />
und soziokultureller<br />
Faktoren zu allgemeiner Labilität und<br />
Empfänglichkeit für Drogen führen.<br />
Es scheint widerlegt, dass Cannabis<br />
Auswirkungen auf die physiologische<br />
Hemmschwelle für Kokain hat. Allerdings<br />
geht man von einer Kreuzsensibilisierung<br />
zwischen Cannabis und<br />
Morphium sowie Cannabis und Amphetaminen<br />
aus, d.h, dass Cannabiskonsumenten<br />
leichter eine Sucht für<br />
Morphium und Amphetamine entwickeln.<br />
Hinzu kommt, dass der Konsum<br />
weicher Drogen die »kriminelle«<br />
Hemmschwelle für den Genuss harter<br />
Drogen senkt, allein schon deshalb,<br />
weil man als Cannabisverbraucher<br />
leichteren Zugang zu anderen Anbietern<br />
hat. Interessanterweise ist in den<br />
Niederlanden, wo durch die Entkriminalisierung<br />
von Cannabis eine strikte<br />
Trennung zwischen dem Tatbestand<br />
des Konsums weicher und harter Drogen<br />
geschaffen wurde, die Abhängigkeit<br />
von Kokain bei Cannabiskonsumenten<br />
geringer als z.B. in den USA,<br />
wo sowohl der Konsum harter als<br />
auch weicher Drogen bestraft wird.<br />
Fazit<br />
Ob die Entkriminalisierung von Cannabis<br />
der Gesellschaft dienlich wäre,<br />
sei damit dahingestellt. Einen gewissen<br />
kulturellen Gewinn mag sie zweifelsohne<br />
mit sich bringen. Als Mediziner<br />
kann ich vom Konsum jedoch nur<br />
abraten.<br />
Anna Gruener (23), ist Mitglied der<br />
<strong>JuLis</strong> Bayern. Sie lebt in England, wo<br />
sie kurz vor dem Abschluss ihres<br />
Medizinstudiums steht. Ihr erreicht<br />
sie unter annagruener@hotmail.com<br />
Carlo Feltrinelli:<br />
Das Leben meines<br />
Vaters Giangiacomo<br />
Feltrinelli<br />
> Neu im J&L Bücherschrank<br />
Zu Recht hat Joachim Stamp in einer<br />
der vergangenen Ausgaben des<br />
„J&L“ eine kritische Auseinandersetzung<br />
mit ’68 und dem daraus entstandenem<br />
Terror der 70er gefordert. Einer,<br />
der beides verkörpert, ist der italienische<br />
Verleger Giangiacomo Feltrinelli.<br />
Verstand er sich ursprünglich als Multiplikator<br />
des politischen Bewusstseins<br />
einer jungen und antifaschistischen<br />
Generation, was sich in der Gründung<br />
des „Fondazione“, der heute weltweit<br />
größten Bibliothek zur Arbeiter- und Sozialgeschichte<br />
äußert, steigerte er sich<br />
zunehmend in den Wahn, das System<br />
bekämpfen zu müssen und fungierte als<br />
Sprengstofflieferant für den Kreis um<br />
Ulrike Meinhof und Andreas Baader.<br />
Geboren 1926 als Sohn einer der<br />
reichsten Familien Italiens schließt<br />
er sich 1944 der „Resistenza“ an und<br />
wird 1945 Mitglied der kommunistischen<br />
Partei. Innerhalb weniger Jahre<br />
baut er einen visionären Verlag auf<br />
und holt sich junge Intellektuelle als<br />
Lektoren und avantgardistische Buchgestalter<br />
ins Haus.<br />
»Das Leben<br />
meines Vaters«<br />
kostet 15,00 €,<br />
und ist als<br />
Taschenbuch im<br />
dtv erschienen.<br />
ISBN 3-423-34<br />
016-9<br />
1956 erhält er das handgeschriebene<br />
Manuskript des „Doktor Schiwago“<br />
aus den Händen Boris Pasternaks und<br />
bereichert mit der Veröffentlichung<br />
die Welt um einen literarischen Meilenstein.<br />
Sein politisches Engagement<br />
führt dazu, dass er sich Zeit seines<br />
Lebens der Hetze und den Bedrohungen<br />
der italienischen Neofaschisten<br />
ausgesetzt sieht. Diese sind es<br />
auch, die seinen mysteriösen Tod am<br />
15. März 1972 feiern.<br />
„Senior Service“ beschreibt das<br />
Schicksal eines großen Mannes, eines<br />
nicht ausschließlich politischen Revolutionärs.<br />
Leider wird die Sprache des<br />
Autors in keiner Weise dem bewegten<br />
Leben Feltrinellis gerecht. Dennoch<br />
handelt es sich bei dem Buch um eine<br />
unverzichtbare Quelle, wenn man das<br />
Phänomen ’68 in seiner Ganzheitlichkeit<br />
erfassen will.<br />
Im J&L Bücherschrank stellt<br />
Mathias Wittmann in jeder Ausgabe<br />
lesenswerte Neuerscheinungen vor.<br />
Vorschläge und Fragen Schreib an<br />
wittmann@julis.de<br />
Bücherschrank<br />
jung & liberal Ausgabe 2|2005