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Material Vittual für Schulen - Volkstheater Rostock

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Pressestimmen<br />

Skurrilitäten zwischen Sauna und Suff<br />

von Hartmut Krug<br />

http://www.nachtkritik.de/index.phpoption=com_alphacontent&section=1&cat=1&task=view&id=1<br />

874&Itemid=92<br />

<strong>Rostock</strong>, 11. Oktober 2008.<br />

"Ich bin oben", jubelt Matti auf dem Berg, doch dann klebt er mit den Lippen am Eis fest. In<br />

einer akrobatischen Aktion muss er sich seinen heißen Urin zur Befreiung an den Mund<br />

schütten, und unten, im Tal seiner Erinnerungswelt, wird ihm als Kind von der Mutter in<br />

ähnlicher Situation mit heißem Wasser geholfen.<br />

Gleich mit ihrem ersten Bild versinnlicht Regisseurin Katariina Lahti, worum es in<br />

"Populärmusik aus Vittula" geht: um Stillstand und Aufbruch und um die Selbstfindung von<br />

Jugendlichen. Zwischen "Ich erinnere mich" und "Ich habe mich erinnert" erzählt Matti im<br />

Rückblick von seinem Erwachsenwerden in einer rückständigen, einsamen und armen<br />

Gegend. Dabei plagen ihn die üblichen pubertären Schwierigkeiten, viel mehr aber der ewige<br />

Kreislauf der sozialen Regeln.<br />

Gelungener Kraftakt zum Auftakt<br />

Das finnische Theaterstück von Ilpo Tuomarila entstand nach dem schwedischen<br />

Erfolgsroman von Mikael Niemi aus dem Jahr 2000, der sechs Jahre später verfilmt und bis<br />

heute in mehr als 25 Sprachen übersetzt wurde. Matti und sein Freund Niila wohnen in<br />

Vittula, einem Ortsteil von Pajala, dem Geburtsort von Niemi im nordschwedischen<br />

Grenzgebiet zu Finnland. Hier, wo auch die Erwachsenen zwischen finnischer und<br />

schwedischer Identität auf der Suche nach ihrer eigenen sind und wo man den neuen Lehrer<br />

prüft, welche Sprache und welche Volksgruppe seine ursprünglichen sind, hat Niila aus dem<br />

Radio Esperanto gelernt. Damit verblüfft er die Menschen, als er in der Kirche den<br />

dunkelhäutigen Gastprediger übersetzt. "Ein Wunder!", jubeln alle Niila zu, als sie in der<br />

überfüllten Kirche neugierig ihren ersten "Neger" bestaunen.<br />

"einNorden" heißt das diesjährige Spielzeit-Motto des <strong>Rostock</strong>er Schauspiels, dem seine neue<br />

finnische Schauspieldirektorin Anu Saari einen finnischen Schwerpunkt verordnet hat. Der<br />

Auftakt mit der "Populärmusik aus Vittula" ist ein gelungener Kraftakt: die ausufernde<br />

theatralische Nummernrevue versammelt auf der Bühne ein dreißigköpfiges Ensemble in<br />

großen Bildern. Im Bühnenbild von Max Wikström nach Kati Lukka verbindet eine Schräge<br />

zwei von Bäumen umstandene, schneeberieselte leere Spielebenen. Hier fährt sogar einmal<br />

ein Auto herunter.<br />

Im Heißwasserboiler zum Jüngling gereift<br />

Auch wenn dieses Bühnenbild schnelle Szenenwechsel ermöglicht, gelingt es der Regisseurin<br />

nicht so recht, die vielen kleinen Szenen in einen durchgehenden oder gar soghaften<br />

Rhythmus zu versetzten. Doch etliche wunderbare Einzelszenen gibt es, in denen die<br />

Inszenierung mit atmosphärischem Sound, mit vielen Beleuchtungswechseln und mit<br />

innerszenischen Zeitsprüngen dem vom Autor gewünschten magischen Realismus sehr nahe<br />

kommt.<br />

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