Aktiv | handfest 03 2009 12 In zwei Jahren feiert eine Bäckerei im beschaulichen Lengerich ihr 100-jähriges Bestehen. Zu Besuch bei einem handwerklichen Familienbetrieb, der mit Brötchen und Donauwellen die Geschmacksnerven der Region trifft. Text: Stefan Rensch
„Jeder muss seinen eigenen Weg gehen.“ Friedrich-Wilhelm Blömker (55), Bäckermeister „Er ist da!“, jubilierte vor 55 Jahren ein Bäckermeister in Lengerich, als sein Stammhalter das Licht der Welt erblickte. So war das damals, in den 50ern, sagt Friedrich-Wilhelm Blömker heute, da war der erstgeborene Sohn ein bedeutendes Ereignis. Seine Kindheit hat er in guter Erinnerung, mit 15 Jahren aber musste er zum Friseur, da die Haare bis über die Ohren wuchsen und der Vater schon einen Ausbildungsplatz für seinen Sprössling organisiert hatte. Natürlich als Bäcker, klar, die Tradition. In der Fremde sollte er zunächst lernen, die ersten Sporen verdienen, bevor der Familienbetrieb übernommen wird. Geschadet hat’s nicht, sagt er heute rückblickend, ganz im Gegenteil, mit Leib und Seele ist er Bäckermeister. Vier Filialen und 30 Beschäftigte bedeuten insbesondere ein hohes Maß an Organisationstalent. Die Frau, Beatrix Blömker, ist natürlich auch immer mit dabei, das ist selbstverständlich, in einem Familienbetrieb. ... gutes Brot findet immer Abnehmer Zu tun gibt es mehr als genug: Organisation des täglichen Ablaufs, Gespräche mit Außendienstmitarbeitern, Bestellung der Rohmaterialien und Frischwaren, Wartung der Maschinen, Team-Besprechungen. Manchmal ist er noch selbst in der Backstube, wenn Not am Mann oder der Frau ist, bei Urlaub und Krankheit gibt es nun mal Engpässe und dann darf man sich auch als Chef nicht zu schade sein. Ein Bäcker, sagt Friedrich-Wilhelm Blömker, hat eigentlich nie Angst vor Arbeitslosigkeit, gutes Brot findet immer seine Abnehmer. Ein paar Großkunden gehören zwar auch zum Klientel, doch am wichtigsten ist der Kunde, der morgens sein Frühstück holt. „Das Brötchen ist der Hauptumsatzträger. Da führt kein Weg dran vorbei. Und ein Bäcker wird auch immer nach seinen Brötchen beurteilt.“ Und die sind bei den Blömkers natürlich Extraklasse. „Wir veredeln Naturprodukte, das ist unser täglich Brot, und da bin ich auch pathetisch. Gleichzeitig habe ich auch den kühlen Kopf, der sagt, dass ein Betrieb dazu da ist, um Geld zu verdienen, und das klappt auch ganz gut.“ Als Bäcker müsse man sich nur damit abfinden, dass man zu anderen Tageszeiten auf den Beinen ist. Das sagt er auch den Bewerbern, die bei ihm Auszubildende mit vielen Büchern Chef, Meister und große Verantwortung Bäckermeister Blömker: Obermeister in der Innung Steinfurt und Vorstandsmitglied im Innungsverband Westfalen-Lippe. eine Lehre machen möchten, und die er sich sehr genau anschaut. „Allgemeinbildung ist wichtig und wer Kaugummi kauend träge rumsitzt, gehört schon mal nicht zur engeren Wahl.“ Früher, sagt der sympathische Bäckermeister, gab es auch keine Nachfolgerprobleme, die Kinder übernahmen in der Regel den Betrieb der Eltern. Seine beiden Töchter aber möchten die Tradition lieber nicht fortführen, sie haben andere Pläne. Die eine ist Erzieherin, die andere Flugbegleiterin. „Aber nicht Saft-Schubse, sie arbeitet First Class, sie ist Champagner-Schubse.“ Ob er enttäuscht ist, dass die Kinder den Betrieb nicht übernehmen werden? „Nein“, sagt er sehr bestimmt, „jeder muss seinen eigenen Weg gehen.“ „Der Duft in einer Bäckerei ist jedes Mal aufs Neue bezaubernd.“ Luisa Beck (17), Ausbildung zur Bäckerin Für Luisa Beck beginnt der Arbeitstag erstaunlich spät. Sie muss erst um 4 Uhr nachts in der Backstube sein. „Vom Gesetz her darf ich nicht früher anfangen. Mir wäre das ja egal, ich kann immer schlafen und immer aufstehen.“ Bäckerin ist ihr Wunschberuf, beim Girls’Day kam sie das erste Mal mit dem Handwerk in Berührung, seither standen ihre Pläne fest. Kurzzeitig liebäugelte sie auch mit einer Ausbildung als Tierpflegerin, „aber Zuhause haben wir schon genügend Tiere auf dem Bauernhof, das reicht.“ Die Ausbildung gefällt ihr, mit Plundern, Zuckerguss und Rührteig zu arbeiten, Mandelecken, Nusshappen und Donauwellen herzustellen, da gibt es keine Langeweile. Chancen und Möglichkeiten handfest 03 2009 | Aktiv Und der Duft, wenn sie morgens in der Backstube steht, den findet sie nach wie vor ganz bezaubernd. „Nur wenn wir Berliner in der Friteuse herstellen, stinken wir wie Pommesbude.“ Bei den Blömkers, sagt sie, wird sehr eigenständig und verantwortlich gearbeitet, das gefällt ihr, da hat sie von anderen ganz andere Dinge gehört. Nach ihrer Ausbildung möchte sie noch eine Konditorlehre beginnen und in beiden Berufen den Meister machen. „Weiterbildung bedeutet auch bessere Chancen und mehr Möglichkeiten. Ich kann mir vorstellen, überall zu arbeiten, und je mehr man rumkommt, desto mehr lernt man. Ich möchte auch unbedingt mal nach Finnland, die 13