CASSAnDrA Steen - Handfest-Online
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CASSAnDrA Steen - Handfest-Online
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JUGENDMAGAZIN DES HANDWERKS<br />
Ausbildung - Der Bau<br />
Betrieb - Die Blömkers<br />
Karriere - Das Stipendium<br />
<strong>CASSAnDrA</strong><br />
<strong>Steen</strong><br />
3 | 2009
Herz erobern<br />
Aids riskieren<br />
95 Prozent der 16- bis 20-Jährigen in Deutschland fühlen sich sicher im<br />
Umgang mit Kondomen. Genauso viele würden in einer neuen Beziehung<br />
der Kondomnutzung zustimmen, wenn der Partner oder die Partnerin dies<br />
wünscht.<br />
Kondome schützen nicht nur vor einer HIV-Infektion, sondern sie verringern<br />
auch das Risiko einer Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren<br />
Krankheiten.<br />
Telefonberatung: 0221 892031<br />
mach’s mit.<br />
www.machsmit.de<br />
Eine Aktion der Bundeszentrale für gesund-<br />
heitliche Aufklärung (BZgA), mit Unterstützung<br />
des Verbandes der privaten Krankenversicherung<br />
e. V. und gefördert durch die<br />
Bundesrepublik Deutschland.<br />
Idee: Dörte Matzke, Foto: Jan von Holleben, Kreativagentur: kakoii Berlin
INHALT<br />
Abenteuer<br />
bildung<br />
Karrierestarthelfer Stipendium<br />
16<br />
8<br />
bAuhAus<br />
oder<br />
hAusbAu<br />
Gut eingestellt: Ausbildung Bau<br />
30<br />
die internAtionAlen<br />
Auszubildende im Länderaustausch<br />
die<br />
blömkers<br />
Brötchen und Donauwellen<br />
12<br />
08 Abenteuer Bildung | 12 Die Blömkers | 16 Bauhaus oder Hausbau |<br />
28 Die internationale Sprache des Handwerks | 32 Heute Schwaben, morgen Kabul | 34 Impressum |<br />
36 Cassandra <strong>Steen</strong> | 37 Gewinne + Rätsel | 38 Vorschau<br />
3 | 2009<br />
03
Service | handfest 03 2009<br />
04<br />
handfest verlost 2 x 2 Tickets<br />
für das Hurricane-Festival,<br />
das vom 19. bis 21. Juni in<br />
Scheeßel stattfindet und<br />
erneut 70.000 Fans anlockt.<br />
Gewinnen auf Seite 37!<br />
Vom brachialen Industrial Sound über Pop, Punkrock und charmante Songwriter bis zum<br />
modernen Motown-Sound: Das HURRICANE Festival bietet eine unvergleichliche Vielfalt<br />
an Musik und jede Menge Alternative All Stars.<br />
Auch die beste Band der Welt fing mal klein an. DIE ÄRZTE gaben ihr erstes Konzert Ende 1982<br />
in einem besetzten Haus, veröffentlichten ihre ersten Songs auf dem Vielklang-Sampler „Ein<br />
Vollrausch in Stereo – 20 schäumende Stimmungshits“, gewannen den Berliner Senatsrock-<br />
Wettbewerb, finanzierten mit dem gewonnenen Preisgeld die erste Mini-LP „Uns geht‘s prima“,<br />
kamen in die Bravo, erhielten einen Vertrag bei der CBS, schafften mit ihrer Debüt-LP „Debil“<br />
den Durchbruch, waren noch öfter in der Bravo und sind unbestritten die beste Band der<br />
Welt. Die drei Berliner Bela, Farin und Rod spielen Sonntagabend auf der Hauptbühne beim<br />
Hurricane-Festival.<br />
Das Hurricane-Festival lockt zum zwölften Mal Rockgrößen und rund 70.000 Fans nach Scheeßel,<br />
einen staatlich anerkannten Erholungsort zwischen Hamburg, Bremen und Hannover. Auf<br />
dem Gelände am Rande einer Motorradrennbahn lassen es vom 19. bis 21. Juni über 60 Bands<br />
auf drei Bühnen richtig krachen. Mit dabei sind FAITH NO MORE, die sich sensationell nach<br />
zehn Jahren Trennung wiedervereinigen. Und die 1986 in Boston gegründeten PIXIES, ohne<br />
die es Nirvana, Pearl Jam oder die Seattle-Explosion vielleicht nie gegeben hätte. Mit von der<br />
Partie sind zudem MOBY, FRANZ FERDINAND, KATY PERRY, PIXIES, NICK CAVE AND THE BAD<br />
SEEDS, TOMTE, FETTES BROT und SOCIAL DISTORTION, die 1979 von dem damals 17 Jahre alten<br />
Mike Ness gegründet wurden und deren Sound von dem frühen Punk der Ramones ebenso<br />
geprägt ist wie von dem frühen Südstaaten-Blues.<br />
Camping beim Hurricane ist möglich von Donnerstag, den 18. Juni, 20.00 Uhr, bis Montag, den<br />
22. Juni, 10.00 Uhr. Das Kombiticket für drei Tage Festival kostet 110 Euro inklusive Camping,<br />
Parken, Sanitäranlagen, Gebühren und 5 Euro Müllpfand.<br />
www.hurricane.de
Let´s go - Auf nach europa!<br />
Die Fähigkeit, in einem internationalen Umfeld zu lernen und zu<br />
arbeiten, ist eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Berufsleben<br />
in einer globalisierten Wirtschaft. Deshalb benötigen Handwerksbetriebe<br />
verstärkt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mobil,<br />
flexibel und international erfahren sind. Der beste Weg, die eigenen<br />
fremdsprachlichen, fachlichen und interkulturellen Kompetenzen zu<br />
erweitern, ist ein Praktikum im Ausland:<br />
www.letsgoazubi.de<br />
Der Treffpunkt für<br />
weltoffene Azubis im Handwerk<br />
- ANZEIGE -<br />
handfest 03 2009 | Service<br />
DIE Community für weltoffene Auszubildende im Handwerk. Eine Austausch-<br />
und Präsentationsplattform für Azubis mit Erfahrung in Sachen<br />
Auslandspraktikum sowie eine Informations- und Motivationsplattform<br />
für diejenigen, die gerne ein Auslandspraktikum in ihrer Lehrzeit<br />
absolvieren möchten.<br />
• Erfahrungsberichte und Bilder, die einen guten Eindruck vermitteln<br />
• Infos über Einrichtungen, die Praktika organisieren<br />
• Infos und Kontaktstellen, die begleiten<br />
• Förderprogramme, die finanziell unterstützen<br />
Die Förderung der Mobilität von Auszubildenden im Handwerk erfolgt mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
05
Service | handfest 03 2009<br />
04<br />
SAfeTy 1ST pLuS:<br />
SozIALe SIcHeruNg,<br />
ALTerSvorSorge,<br />
BerufSeINSTIeg<br />
Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufe II<br />
Riestern oder rocken? Traumjob oder Maloche? Ausbildung oder Studium? Für die „Generation<br />
67“ ist die eigene finanzielle und soziale Absicherung ein wichtiges Thema. Schließlich werden<br />
die Schülerinnen und Schüler von heute voraussichtlich erst mit 67 Jahren in Rente gehen<br />
und dann neben der gesetzlichen Rente auch noch andere Einkommensquellen benötigen.<br />
Im Magazin „Safety 1st plus“ erfahren Jugendliche und Berufsstarter, wie das System der sozialen<br />
Sicherung funktioniert und was sie selbst tun können, um für die Zukunft vorzusorgen.<br />
„Safety 1st“ ist ein Informations- und Lernangebot für den Unterricht. Es macht die Themen<br />
soziale Sicherung und private Vorsorge für Schülerinnen und Schüler anschaulich.<br />
Inhalt des Medienpakets<br />
• Schülermagazine für die Klassen 8 bis 12<br />
• Lehrerhefte mit Unterrichtsanregungen<br />
• Schulportal www.safety1st.de<br />
• Unterrichtsfilm auf DVD<br />
Das Medienpaket „Safety 1st“ kostenlos bestellen<br />
• im Internet unter: www.safety1st.de<br />
• per E-Mail an: vertrieb@universum.de<br />
• per Fax an: 0611/90 30 277<br />
Heute. Alter. Vorsorge.<br />
www.infonetz-altersvorsorge.de<br />
01803/867 867<br />
die Experten-Hotline für 9 Cent pro Minute<br />
Infonetz-Altersvorsorge. <strong>Online</strong> unter www.infonetz-altersvorsorge.de<br />
und per Telefon 01803/867 867. Wir, das Experten-Team<br />
Altersvorsorge, beraten, geben Tipps, sichern Zukunft und Familie,<br />
regen an und stellen vor. Für den passenden Einstieg in eine<br />
gesicherte betriebliche und private Vorsorge. Unser Motto: Die<br />
Zukunft leben.<br />
Träger des Infonetzes-Altersvorsorge sind die Deutsche Rentenversicherung<br />
Rheinland, die Deutsche Rentenversicherung Westfalen<br />
und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in<br />
Partnerschaft mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und<br />
Soziales Nordrhein-Westfalen.<br />
www.mags.nrw.de
AufSTIeGSSTIpenDIum<br />
Für wen?<br />
Das Aufstiegsstipendium fördert besonders<br />
engagierte und motivierte Berufserfahrene<br />
und wird finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung<br />
(BMBF).<br />
Für eine Bewerbung müssen folgende drei<br />
Mindestvoraussetzungen erfüllt sein:<br />
1. eine abgeschlossene Berufsausbildung<br />
2. mindestens zwei Jahre Berufserfahrung<br />
nach der Ausbildung<br />
3. einen Beleg für die besondere berufliche<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Was?<br />
Das Aufstiegsstipendium unterstützt ein<br />
erstes Hochschulstudium.<br />
Wie viel?<br />
Die Stipendiumsförderung beträgt 730 EUR<br />
monatlich bei einem Vollzeitstudium, 1.700<br />
EUR jährlich bei einem berufsbegleitenden<br />
Studium oder Teilzeitstudium. Wer Kinder<br />
unter 10 Jahren hat, erhält einen Extra-<br />
Zuschuss.<br />
Der Förderbetrag ist nicht einkommensabhängig,<br />
sondern richtet sich allein nach<br />
dem gewählten Studienmodell (Voll- oder<br />
Teilzeitstudium) und die Förderdauer richtet<br />
sich nach der Regelstudienzeit des gewählten<br />
Studiengangs.<br />
Nein.<br />
Rückzahlung erforderlich?<br />
handfest 03 2009 | Service<br />
Bis zum 10. Juli bewerben!<br />
Ablauf?<br />
Die Bewerbung verläuft in drei Stufen:<br />
1. <strong>Online</strong>-Bewerbung unter<br />
www.aufstiegsstipendium.info<br />
2. <strong>Online</strong> Kompetenz-Check<br />
3. persönliches Auswahlgespräch<br />
Anlaufstelle?<br />
Die Stiftung Begabtenförderungswerk berufliche<br />
Bildung gGmbH (SBB) ist vom BMBF<br />
mit der Durchführung und Vergabe der Fördergelder<br />
beauftragt. Gesellschafter der SBB<br />
sind der Deutsche Handwerkskammertag, der<br />
Deutsche Industrie und Handelskammertag<br />
und der Bundesverband der Freien Berufe.<br />
Im aktuellen Auswahlverfahren ist eine<br />
Bewerbung noch bis zum 10. Juli möglich.<br />
Details und Hintergründe:<br />
www.aufstiegsstipendium.info<br />
07
Karriere | handfest 03 2009<br />
„Ich musste nicht auf dem Tisch tanzen, ich war für den Nachtisch verantwortlich.“<br />
Stefanie Sauels<br />
08
Abenteuer<br />
bildung<br />
Wer eine Lehre beginnt,<br />
wird die nächsten 50 Jahre<br />
nichts anderes mehr machen<br />
als Torten backen oder Steine<br />
klopfen. Denkste. Wie eine<br />
Ausbildung im Handwerk<br />
gepaart mit Wissensdurst<br />
ungewöhnliche Lebensläufe<br />
produziert.<br />
Oder auch plakativ:<br />
Aufstieg durch Bildung.<br />
Stefanie Sauels (30) studiert im vierten Semester Ökotrophologie.<br />
Will heißen: Haushalts- und Ernährungswissenschaften. Heißt aber<br />
nicht: reines Zuckerschlecken. „Ich musste sogar lernen, wie man<br />
eine Waschmaschine zusammenbaut.“ Das Studium ist Teil ihres<br />
Karriereplans, der mit der Ausbildung zur Konditorin begann. Ihr<br />
Handwerk hat sie in einer Konditorei in Kempen erlernt, angefangen<br />
von der Obst- bis hin zur Buttercremetorte.<br />
Nichts aus der Tüte<br />
„Das Kaffeehaus haben Vater und Sohn betrieben, die waren mit dem<br />
ganzen Herzen dabei und da wurde nichts aus der Tüte gemacht.“ Das<br />
beschauliche Kempen aber sollte nur die erste Station ihrer umtriebigen<br />
Wanderlust sein. Für eine Saison ging es nach Norderney („Ist<br />
wie Kitzbühel für die Köche.“) und anschließend nach München, in<br />
den altehrwürdigen Bayerischen Hof. Dort heuerte sie als Patissier an<br />
und erfüllte die Nachtisch-Wünsche verwöhnter Kundschaft mit variantenreichen<br />
Pfannkuchen bis hin zum selbst gemachten Eis. „1.100<br />
Essen wurden bisweilen an nur einem Tag geschickt und die Patisserie<br />
war größer als in vielen Restaurants die ganze Küche.“<br />
Den Meister und die Schweiz<br />
Dummerweise nur attestierte ihr die Medizin, dass sie mal aufhören<br />
solle, mit dem Finger in der Sahne rumzurühren, da sie eine Milch-<br />
Allergie habe. Was machen? Den Meister! Ein halbes Jahr wurde<br />
gebüffelt, alle Prüfungen wurden bestanden und dann hat sie, weil<br />
es gerade so schön lief, den Betriebswirt noch mit drangehängt. Die<br />
Medizin hatte mittlerweile herausfinden können, dass es doch keine<br />
Milch-Allergie ist. „Ich weiß bis heute nicht, was es war.“ Also wieder<br />
zurück in den geliebten Beruf, aber nicht irgendwohin, nein, direkt<br />
ins Mekka für Patisserie, in die Schweiz. In einer kleinen, exquisiten<br />
Schokoladenmanufaktur erlernte sie die ganzen Kniffe und kleinen<br />
Geheimnisse der alpinen Pralinen- und Schokoladenherstellung. Eine<br />
schöne Zeit, wie sie sagt, die Schweizer seien ein liebenswertes Volk<br />
und die Landschaft gleiche einer Postkarte, jedes Dorf habe seinen<br />
eigenen See und seinen eigenen Berg. Hübsch, aber nach einem Jahr<br />
wurde das Heimweh größer als jeder Berg. Und so nahm sie die Stelle<br />
als Chef-Patissier im Lido in Düsseldorf an.<br />
Freiraum und Ideen<br />
„Ich musste nicht auf dem Tisch tanzen, ich war für den Nachtisch<br />
verantwortlich.“ Großen Spaß habe es gemacht, man habe ihr<br />
Freiraum für die Umsetzung eigener Ideen gewährt und das Team<br />
sei rundum klasse gewesen. Nur kommt es auch in der gehobenen<br />
Gastronomie bisweilen vor, dass der Arbeitstag 16 Stunden hat und<br />
gehörig auf die Knochen geht. Und so beschloss Stefanie Sauels nach<br />
anderthalb Jahren den Küchenplatz gegen die Schulbank einzutauschen.<br />
Sie bewarb sich bei der Stiftung Begabtenförderungswerk berufliche<br />
Bildung, kam ins Auswahlverfahren und wurde genommen.<br />
... ständig ausgebucht<br />
handfest 03 2009 | Karriere<br />
„Es ist eine unglaubliche Entlastung, ich kann mich auf mein Studium<br />
konzentrieren und mir auch die notwendigen Bücher leisten.“<br />
Ihr Ziel ist eine Ernährungsberatung, sie möchte eine eigene Praxis<br />
eröffnen, auch Menschen mit Allergien zeigen, welche Alternativen<br />
möglich sind. Ihr Handwerk aber bleibt ihre Leidenschaft und wenn<br />
sie einen Wunsch frei hätte, würde sie gerne bei der New Yorkerin<br />
Colette Peters einen Lehrgang belegen, denn die sei eine Künstlerin<br />
voll wagemutiger und schriller Ideen. „Sie gestaltet unglaubliche<br />
Hochzeitstorten, nur leider sind ihre Workshops ständig ausgebucht.“<br />
09
Karriere | handfest 03 2009<br />
Jasper Völkert (27) hat einen Händedruck, der jedem Preisboxer zur<br />
Ehre gereicht. Nur hat er weder die Statur noch die Nase eines Preisboxers<br />
und wenn er spricht, dann klingt das ruhige und nachdenkliche<br />
Gemüt durch. Jasper stammt aus einem Akademiker-Haushalt,<br />
die Mutter Oberstudienrätin, der Vater Arzt. Für die Eltern war es nie<br />
ein Problem, dass ihr Sohn in die Lehre zum Steinmetz ging, ganz<br />
im Gegenteil.<br />
Mehr Leidenschaft als Arbeit<br />
„Ich habe sehr offene Eltern, die mir keine Steine in den Weg legen<br />
und ich muss auch nicht die Praxis meines Vaters übernehmen. Sie<br />
sind auch so stolz auf mich, zur Meisterfeier sind sie extra angereist<br />
und haben sich mit mir gefreut.“ Schon in jungen Jahren hat<br />
Jasper Völkert sich für Architektur interessiert und wenn er heute<br />
von seinem Werkstoff, dem Stein, spricht, dann klingt es mehr nach<br />
Leidenschaft als nach Arbeit. „Der Stein hat seinen eigenen Willen<br />
und man muss sich auf einen Dialog mit ihm einlassen. Man baut<br />
aber nicht auf, man haut weg. Und wenn man einen Stein aufhaut,<br />
sieht man Dinge, die man so noch nie gesehen hat.“ Und überhaupt<br />
sehe man als Steinmetz die Welt mit anderen Augen, so fasziniere die<br />
Pont du gard (römische Aquäduktbrücke) noch unter ganz anderen<br />
Gesichtspunkten.<br />
Auszeichnung durch Staatsregierung<br />
Für Jasper Völkert aber war mit der Ausbildung zum Steinmetz<br />
nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Erfahrungen und Wissen<br />
sammeln ist sein Antrieb, Kompetenzen erweitern und nicht stehen<br />
bleiben, das möchte er, und dafür arbeitet er. Nach seinem Meister-<br />
10<br />
„Ich war noch nicht<br />
an dem punkt, an<br />
dem ich sagen<br />
kann, dass mein<br />
Wissensdurst<br />
gestillt ist.“<br />
Jasper Völkert, Steinmetz<br />
brief folgte der Restaurator und im letzten Jahr wurde er mit dem<br />
Meisterpreis der Bayerischen Staatsregierung ausgezeichnet. Und<br />
nun? „Ich war noch nicht an dem Punkt, an dem ich sagen kann,<br />
dass mein Wissensdurst gestillt ist.“ Mittlerweile studiert er an der<br />
Fachhochschule Köln Restaurierung und Konservierung von Wandmalerei<br />
und Stein.<br />
Berufung und Freizeit<br />
Das Studium ist anspruchsvoll, sagt er, und um sich entsprechend<br />
auf die Lehrinhalte konzentrieren zu können, hat auch Jasper Völker<br />
sich um ein Aufstiegsstipendium beworben und wurde genommen.<br />
„Das Stipendium ist eine große Entlastung und es schafft Freiraum,<br />
um abschalten und Energie sammeln zu können. Ich sehe ja den<br />
Stress bei Kommilitonen, die auch noch sonntags in der Gastro<br />
arbeiten müssen und entsprechend unter Druck stehen.“ Seine Berufung<br />
bestimmt auch große Teile seiner Freizeit. Auf der Suche nach<br />
außergewöhnlichen Skulpturen, Steinfassaden, Kathedralen und Tempelanlagen,<br />
haben ihn seine Bildungsreisen nach Frankreich, Italien,<br />
Ägypten, Kambodscha, Malaysia, Indonesien und Thailand geführt.<br />
... den Horizont erweitern<br />
Das Fremde interessiert ihn und insbesondere der Kontrast der europäischen<br />
Baukunst zu der asiatischen. Deshalb soll die nächste große<br />
Reise auch wieder nach Kambodscha gehen. „Es hat mich gefesselt,<br />
wie die Restauratoren dort arbeiten. Die Tempel von Ankor haben<br />
auch eine ganz andere Bildsprache und Geschichte, die letzten Endes<br />
auch den eigenen Horizont erweitern.“
„Das Stipendium ist eine große entlastung und es schafft freiraum.“<br />
handfest 03 2009 | Karriere<br />
Jasper Völkert<br />
11
Aktiv | handfest 03 2009<br />
12<br />
In zwei Jahren feiert<br />
eine Bäckerei im<br />
beschaulichen Lengerich<br />
ihr 100-jähriges<br />
Bestehen. Zu Besuch<br />
bei einem handwerklichen<br />
Familienbetrieb,<br />
der mit Brötchen<br />
und Donauwellen die<br />
Geschmacksnerven der<br />
Region trifft.<br />
Text: Stefan Rensch
„Jeder muss seinen<br />
eigenen Weg gehen.“<br />
Friedrich-Wilhelm Blömker (55), Bäckermeister<br />
„Er ist da!“, jubilierte vor 55 Jahren ein Bäckermeister in Lengerich,<br />
als sein Stammhalter das Licht der Welt erblickte. So war das damals,<br />
in den 50ern, sagt Friedrich-Wilhelm Blömker heute, da war der erstgeborene<br />
Sohn ein bedeutendes Ereignis. Seine Kindheit hat er in guter<br />
Erinnerung, mit 15 Jahren aber musste er zum Friseur, da die Haare bis<br />
über die Ohren wuchsen und der Vater schon einen Ausbildungsplatz<br />
für seinen Sprössling organisiert hatte. Natürlich als Bäcker, klar, die<br />
Tradition. In der Fremde sollte er zunächst lernen, die ersten Sporen<br />
verdienen, bevor der Familienbetrieb übernommen wird. Geschadet<br />
hat’s nicht, sagt er heute rückblickend, ganz im Gegenteil, mit Leib<br />
und Seele ist er Bäckermeister. Vier Filialen und 30 Beschäftigte<br />
bedeuten insbesondere ein hohes Maß an Organisationstalent. Die<br />
Frau, Beatrix Blömker, ist natürlich auch immer mit dabei, das ist<br />
selbstverständlich, in einem Familienbetrieb.<br />
... gutes Brot findet immer Abnehmer<br />
Zu tun gibt es mehr als genug: Organisation des täglichen Ablaufs,<br />
Gespräche mit Außendienstmitarbeitern, Bestellung der Rohmaterialien<br />
und Frischwaren, Wartung der Maschinen, Team-Besprechungen.<br />
Manchmal ist er noch selbst in der Backstube, wenn Not am Mann<br />
oder der Frau ist, bei Urlaub und Krankheit gibt es nun mal Engpässe<br />
und dann darf man sich auch als Chef nicht zu schade sein. Ein<br />
Bäcker, sagt Friedrich-Wilhelm Blömker, hat eigentlich nie Angst vor<br />
Arbeitslosigkeit, gutes Brot findet immer seine Abnehmer. Ein paar<br />
Großkunden gehören zwar auch zum Klientel, doch am wichtigsten<br />
ist der Kunde, der morgens sein Frühstück holt. „Das Brötchen ist der<br />
Hauptumsatzträger. Da führt kein Weg dran vorbei. Und ein Bäcker<br />
wird auch immer nach seinen Brötchen beurteilt.“ Und die sind bei<br />
den Blömkers natürlich Extraklasse. „Wir veredeln Naturprodukte, das<br />
ist unser täglich Brot, und da bin ich auch pathetisch. Gleichzeitig<br />
habe ich auch den kühlen Kopf, der sagt, dass ein Betrieb dazu da<br />
ist, um Geld zu verdienen, und das klappt auch ganz gut.“ Als Bäcker<br />
müsse man sich nur damit abfinden, dass man zu anderen Tageszeiten<br />
auf den Beinen ist. Das sagt er auch den Bewerbern, die bei ihm<br />
Auszubildende mit vielen Büchern<br />
Chef, Meister und große Verantwortung<br />
Bäckermeister Blömker: Obermeister in der Innung Steinfurt und<br />
Vorstandsmitglied im Innungsverband Westfalen-Lippe.<br />
eine Lehre machen möchten, und die er sich sehr genau anschaut.<br />
„Allgemeinbildung ist wichtig und wer Kaugummi kauend träge rumsitzt,<br />
gehört schon mal nicht zur engeren Wahl.“ Früher, sagt der<br />
sympathische Bäckermeister, gab es auch keine Nachfolgerprobleme,<br />
die Kinder übernahmen in der Regel den Betrieb der Eltern. Seine<br />
beiden Töchter aber möchten die Tradition lieber nicht fortführen,<br />
sie haben andere Pläne. Die eine ist Erzieherin, die andere<br />
Flugbegleiterin. „Aber nicht Saft-Schubse, sie arbeitet First Class, sie<br />
ist Champagner-Schubse.“ Ob er enttäuscht ist, dass die Kinder den<br />
Betrieb nicht übernehmen werden? „Nein“, sagt er sehr bestimmt,<br />
„jeder muss seinen eigenen Weg gehen.“<br />
„Der Duft in einer Bäckerei ist jedes<br />
Mal aufs Neue bezaubernd.“<br />
Luisa Beck (17), Ausbildung zur Bäckerin<br />
Für Luisa Beck beginnt der Arbeitstag erstaunlich spät. Sie muss erst<br />
um 4 Uhr nachts in der Backstube sein. „Vom Gesetz her darf ich nicht<br />
früher anfangen. Mir wäre das ja egal, ich kann immer schlafen und<br />
immer aufstehen.“ Bäckerin ist ihr Wunschberuf, beim Girls’Day kam<br />
sie das erste Mal mit dem Handwerk in Berührung, seither standen<br />
ihre Pläne fest. Kurzzeitig liebäugelte sie auch mit einer Ausbildung<br />
als Tierpflegerin, „aber Zuhause haben wir schon genügend Tiere auf<br />
dem Bauernhof, das reicht.“ Die Ausbildung gefällt ihr, mit Plundern,<br />
Zuckerguss und Rührteig zu arbeiten, Mandelecken, Nusshappen und<br />
Donauwellen herzustellen, da gibt es keine Langeweile.<br />
Chancen und Möglichkeiten<br />
handfest 03 2009 | Aktiv<br />
Und der Duft, wenn sie morgens in der Backstube steht, den findet<br />
sie nach wie vor ganz bezaubernd. „Nur wenn wir Berliner in der<br />
Friteuse herstellen, stinken wir wie Pommesbude.“ Bei den Blömkers,<br />
sagt sie, wird sehr eigenständig und verantwortlich gearbeitet, das<br />
gefällt ihr, da hat sie von anderen ganz andere Dinge gehört. Nach<br />
ihrer Ausbildung möchte sie noch eine Konditorlehre beginnen und<br />
in beiden Berufen den Meister machen. „Weiterbildung bedeutet<br />
auch bessere Chancen und mehr Möglichkeiten. Ich kann mir vorstellen,<br />
überall zu arbeiten, und je mehr man rumkommt, desto<br />
mehr lernt man. Ich möchte auch unbedingt mal nach Finnland, die<br />
13
Aktiv | handfest 03 2009<br />
14<br />
Weltspitze: Das deutsche Bäckerhandwerk, einzigartig, mit<br />
über 300 Brotsorten, jeder Menge Kleingebäck, viel Fitness<br />
und Gesundheit, Food-Design, Catering, Klimakammern und<br />
Backprogrammen sowie einer Ausbildung, die Talente fordert<br />
und fördert. Gute Bäcker haben beste Chancen. Ob im In- oder<br />
Ausland, der Backstube, der Großküche, im Hotel oder auf<br />
dem Kreuzfahrtschiff, wer die Kunst des Backens beherrscht,<br />
ist gefragt. Sehr gefragt sogar. Ideen, Leidenschaft, Organisationsgeschick,<br />
gutes Timing und täglich viel Frische kommen<br />
gut an - bei Betrieben und Kunden.<br />
www.baeckerhandwerk.de<br />
www.back-dir-deine-zukunft.de
Landschaft fasziniert mich einfach.“ Irgendwann einmal möchte sie<br />
auch zu einem dieser großen Wettbewerbe, auf denen die Meister des<br />
Handwerks riesige Schokoladentürme und ausgefallenste Backwaren<br />
herstellen, das ist ein Traum, sagt sie, den möchte sie sich erfüllen.<br />
In ihrer Freizeit verschlingt Luisa Beck rund um die Uhr Bücher, sie<br />
ist das, was man allgemeinhin als Leseratte bezeichnet. Über 700<br />
Bücher stehen bei ihr im Zimmer, sehr viel Fantasy, wie die Romane<br />
von Stephenie Meyer und jede Menge Mangas. „Wenn ich lese, bin<br />
ich in einer anderen Welt, eine andere Person.“ Nur eines möchte sie<br />
nicht: Kinder. Sie hat sieben jüngere Geschwister, das ist zwar sehr<br />
aufregend, aber: „Ich weiß, was das für ein Job ist.“<br />
„Mit 60 die Welt erkunden.“<br />
Guido Kluge (36), Bäckergeselle<br />
Treue Seelen sind in der schnelllebigen Zeit rar geworden. Guido Kluge<br />
ist eine dieser treuen Seelen, seit 20 Jahren steht er in Lohn und Brot<br />
bei den Blömkers. „Es ist ein guter und sicherer Job, Brötchen werden<br />
schließlich immer gegessen.“ Über eine Veränderung hat er eigentlich<br />
nie nachgedacht, warum auch, mit den Kollegen läuft es prima, die<br />
Chefetage hat immer ein offenes Ohr und das frühe Aufstehen macht<br />
ihm gar nichts, alles eine Frage der Gewohnheit, sagt er. Mit 60 aber<br />
soll es dann genug sein mit dem Handwerk, dann mag er mit seiner<br />
Frau die Welt erkunden, nach Neuseeland und Indonesien soll es<br />
gehen, nur nicht in die großen zugebauten Städte.<br />
Hier kennt man sich.<br />
Das Anonyme ist nicht seine Sache, auch die Enge nicht, mit<br />
seiner Familie lebt er auf einem großen Bauernhof mit entsprechendem<br />
Garten. Ein Dorf, ja, natürlich, hier kennt man sich und<br />
Nachbarschaftshilfe wird mehr als nur groß geschrieben. Guido<br />
Kluge bezeichnet sich als geselligen Menschen, das Soziale ist ihm<br />
wichtig, die Gemeinschaft. Und so geht es in seiner Freizeit mit den<br />
Kameraden eines Peugeot-Autoclubs auf Tour durch ganz Deutschland<br />
und dann wird gefeiert, gelacht und fachgesimpelt. „Dabei habe ich<br />
gar keinen Peugeot, aber darum geht’s auch nicht.“<br />
Geselle und Trainer<br />
Bäcker ohne Peugeot<br />
Aktiv | handfest 03 2009<br />
„Wir hatten eine reisetasche, als<br />
wir ankamen, jetzt haben wir ein<br />
reiheneckhaus.“<br />
René Pinske (46), Bäcker- und Konditorgeselle<br />
Als René Pinske noch zur Schule ging, kam er jeden Tag an einer<br />
Bäckerei vorbei, in der er sich seine Brezel für die Pause holte. „Das<br />
roch so gut, dass ich mir schon als Kind sagte: Ich will Bäcker werden.“<br />
In der ehemaligen DDR war es kein Problem, eine Ausbildungsstelle<br />
zu bekommen, jeder bekam eine. Das Bäckerhandwerk aber war ein<br />
wenig komplizierter als im Westen, Rohstoffe gab es keine, oder nur<br />
sehr wenige, selbst Marzipan mussten sie irgendwie selbst herstellen.<br />
1988 beschloss René Pinske mit seiner Familie in die Bundesrepublik<br />
überzusiedeln. Nicht ganz ungefährlich, damals, die Mauer stand<br />
noch und so ging es schließlich über Ungarn und Österreich ins<br />
gelobte Land, aus dem die Verwandten immer Postkarten schickten,<br />
auch aus aller Herren Länder, und diese Freiheit wollten die Pinskes<br />
schließlich auch erleben.<br />
Teamplayer und keine Fertigmischung<br />
„Wir hatten eine Reisetasche, als wir ankamen, jetzt haben wir ein<br />
Reiheneckhaus.“ Das fiel natürlich nicht einfach in den Schoß, dafür<br />
wurde hart gearbeitet. Um ein Uhr nachts steht René Pinske in der<br />
Regel auf, schließlich muss er um zwei Uhr in der Backstube sein.<br />
Dann wird der Teig ausgerollt, der Boden belegt, die Creme für den<br />
Bienenstich gekocht und die Wiener Masse für die Donauwellen<br />
gefertigt. „Alles Handarbeit, wir benutzen keine Fertigmischungen.“<br />
In der raren Freizeit trainiert der begeisterte Fußballer die A-Jugend-<br />
Mannschaft von Münster 08. In seiner aktiven Zeit spielte er im<br />
rechten Mittelfeld bei Sachsenring Zwickau. „Eins haben Bäcker und<br />
Fußballer gemein: Sie müssen Teamplayer sein, sonst geht es nicht.“<br />
15
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
16<br />
bAuhAus<br />
oder<br />
hAusbAu<br />
Nicht abwracken, sondern aufbauen<br />
heißt die Devise. Angehende<br />
Experten im Bauhandwerk können<br />
ein Lied davon singen. Machen sie<br />
aber nicht. Sie zeigen sich, und<br />
das von ihrer besten Seite.<br />
Text: Stefan Rensch<br />
Foto: Katja Früh
ChriStinA, 18<br />
AuSBILDuNg zur<br />
TIScHLerIN<br />
MEIN JoB Ist nichts für<br />
Fräuleins, die sich den lieben<br />
langen Tag um ihre<br />
Fingernägel sorgen.<br />
MEINE KoLLEGEN Sind prima. In einem kleinen<br />
Betrieb ist alles sehr viel persönlicher und man kann<br />
einfach alles miteinander besprechen.<br />
MEINE STäRKEN Ich bin belastbar, motiviert,<br />
freundlich und lasse mich nicht leicht runterkriegen.<br />
MEINE SCHWäCHE Ich bin hibbelig. Drei Stunden<br />
an der Hobelbank stehen und an einem Werkstück zu<br />
arbeiten, ist nicht so mein Ding.<br />
MEINE FREIZEIT Schwimmen, Fußball, immer in<br />
Bewegung sein und dazu Musik von Rammstein oder<br />
Linkin Park.<br />
Christina Lorscheter aus Remscheid, 18 Jahre, Ausbildung zur Tischlerin<br />
handfest 03 2009 | Beruf und Karriere<br />
17
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
18
DenniS, 17<br />
AuSBILDuNg zuM<br />
STrASSeNBAuer<br />
MEINE BILDUNG Ich will nicht stehen bleiben und gerne den Meister<br />
machen. Vielleicht bilde ich ja auch mal selbst Lehrlinge aus.<br />
MEINE VITAMINE Mein Onkel hat einen eigenen<br />
Betrieb und in den Sommerferien habe ich ab und an<br />
mal mitgeholfen, um das Taschengeld aufzubessern.<br />
Und da mir der Beruf gefällt, mache ich jetzt meine<br />
Ausbildung.<br />
MEINE STäRKEN Ich bin kritikfähig und übernehme<br />
Tipps und Tricks von Gesellen und Meistern<br />
MEINE SCHWäCHE Ich bin nicht so der Draufgänger,<br />
aber auf dem Bau kann man nicht das Mauerblümchen<br />
sein, man muss sich auch behaupten können.<br />
MEIN KICK Ich bin Torwart bei den Sportfreunden<br />
Gerresheim und irgendwann mal möchte ich<br />
Fallschirmspringen, das gibt bestimmt eine Menge<br />
Adrenalin.<br />
Dennis Ufer aus Düsseldorf, 17 Jahre, Ausbildung zum Straßenbauer<br />
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
19
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
20<br />
ronjA, 20<br />
AuSBILDuNg zur<br />
TIScHLerIN<br />
MEIN ELEMENT Metall ist mir einfach zu kalt, ich wollte unbedingt etwas<br />
mit Holz machen und ich würde gerne selbst Möbel herstellen.<br />
MEINE LAUNE Ist grundsätzlich immer gut und<br />
bevor ich etwas in mich hineinschweige, spreche ich<br />
es lieber aus.<br />
MEINE SCHWäCHE In einer Partnerschaft bin ich<br />
manchmal etwas zu euphorisch und das stört mich<br />
selbst.<br />
MEINE PFERDE Mit fünf Jahren habe ich angefangen<br />
zu reiten und meine beiden Warmblüter stehen über<br />
allem. Vier bis fünf Stunden täglich bin ich mit ihnen<br />
zusammen, ich kann dann abschalten und zur Ruhe<br />
kommen.<br />
MEIN ENGAGEMENT Ich bin Mitglied bei Greenpeace.<br />
Ich habe das Gefühl, etwas bewirken zu können,<br />
schließlich geht das Thema Umwelt uns alle etwas an.<br />
Ronja Wolfertz aus Wuppertal, 20 Jahre, Ausbildung zur Tischlerin
handfest 03 2009 | Beruf und Karriere<br />
21
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
22
Veit, 21<br />
AuSBILDuNg zuM<br />
STrASSeNBAuer<br />
MEIN JoB Körperliche Anstrengung gehört dazu, genauso wie handwerkliches<br />
Geschick und logisches Denken. Und wer ein bisschen Dreck nicht<br />
abkann, sollte ins Büro gehen.<br />
MEINE STäRKEN Ich bin teamfähig, flexibel und<br />
sage, was ich denke. Ich rede nicht durch die Blume.<br />
MEINE SCHWäCHE Ich kann nicht verlieren.<br />
MEIN SPLEEN Ich sammle Parfüms, mittlerweile sind<br />
es 30 verschiedene Sorten. Ich mag es, wenn Frauen<br />
gut riechen und will da in nichts nachstehen.<br />
MEINE FIGUR Ich gehe ins Solarium und drei Mal<br />
die Woche ins Fitnessstudio. Ein athletischer Körper<br />
ist mir wichtig.<br />
Veit Höffgen aus Remscheid, 21 Jahre, Ausbildung zum Straßenbauer<br />
handfest 03 2009 | Beruf und Karriere<br />
23
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
24<br />
ADriAne, 22<br />
AuSBILDuNg zur<br />
STuckATeurIN<br />
MEINE ZUKUNFT Vielleicht mache ich meinen Meister und den<br />
Restaurator, ich bin da noch nicht sicher, aber ich möchte weiterhin das<br />
Alte, das da ist, erhalten.<br />
MEIN WEG Als Frau und dazu mit Abi, war es gar<br />
nicht so einfach in den Beruf reinzukommen. Aber<br />
ich bin hartnäckig und ich wollte schon immer an<br />
Geschichte arbeiten.<br />
MEIN HANDWERK Es ist faszinierend, was man ohne<br />
chemische Hilfsmittel mit Kalk, Gips und Wasser herstellen<br />
kann.<br />
MEIN NATURELL Ich bin eine Sabbeltante und habe<br />
den Hang zur Ironie und zum Sarkasmus und das versteht<br />
nicht jeder.<br />
MEINE FREIZEIT Ich habe quasi keine Freizeit, weil<br />
ich zu viele Hobbys habe. Ich mag das Verkleiden,<br />
ob für eine Manga-Convention oder für einen<br />
Mittelaltermarkt, das macht einfach Spaß und hat<br />
nichts mit der Flucht aus der Realität zu tun.<br />
Adriane Fischer aus Düsseldorf, 22 Jahre, Ausbildung zur Stuckateurin
handfest 03 2009 | Beruf und Karriere<br />
25
Beruf und Karriere | handfest 03 2009<br />
26<br />
StephAn<br />
DunKer, 41<br />
MAurerMeISTer uND<br />
uNTerNeHMer<br />
MEIN BERUF Mir gefällt, dass ich<br />
bei Wind und Wetter in der Natur<br />
sein kann und mit meinen Händen<br />
etwas schaffe, das in der Regel ein<br />
Leben lang bestehen bleibt.<br />
MEIN UNTERNEHMEN Vor 15 Jahren habe ich<br />
mich selbstständig gemacht. Am Anfang war ich<br />
natürlich ein Einzelkämpfer, mittlerweile beschäftige<br />
ich 12 Mitarbeiter und trage dementsprechende<br />
Verantwortung.<br />
MEIN NACHWUCHS Ich bilde aus, weil ich vor 23<br />
Jahren selbst eine super Ausbildung erhalten habe.<br />
Und von meinen Auszubildenden erwarte ich, dass<br />
sie interessiert, neugierig und ehrlich gegenüber den<br />
Gesellen, dem Chef und sich selbst sind.<br />
MEINE ART Ich bin Perfektionist und das erwarte ich<br />
auch von meinen Mitarbeitern. Wenn ich etwas zusage,<br />
dann halte ich es unter allen Umständen ein. Ein<br />
eiskalter Manager bin ich aber nicht und wollte ich<br />
auch nie sein.<br />
MEINE FREIZEIT Durch Sport bekomme ich den Kopf<br />
von der Arbeit frei. Im Winter stehe ich gerne auf<br />
Skiern und im Sommer sitze ich auf dem Rennrad und<br />
erkunde die Landschaft.<br />
Stephan Dunker aus Essen, 41 Jahre, Maurermeister und Unternehmer
AuhAus<br />
oder<br />
hAusbAu<br />
tischler/in Sie arbeiten mit modernsten, computergesteuerten<br />
Maschinen und fertigen Entwürfe mit CAD-Programmen.<br />
Kreativität ist allerdings immer noch ihre Stärke. So fertigen Tischler<br />
komplette Inneneinrichtungen für private oder gewerbliche Kunden,<br />
bauen Möbel und ganze Küchen oder sind als Gestaltungsberater<br />
unterwegs. Spezialisierungen sind selbstverständlich auch möglich.<br />
In den Bereichen Fenster, Türen, Treppen oder Wintergärten finden<br />
Tischler ein breites Betätigungsfeld. Sie planen, fertigen an und montieren<br />
vor Ort. Sie kennen sich bestens mit Hölzern, ihrer Verarbeitung<br />
und Oberflächengestaltung aus. Daneben setzen sie Kunststoffe, Glas<br />
oder auch Metalle ein. Ganz nach Kundenwunsch. Sie kombinieren,<br />
beschichten, strukturieren, verbinden, restaurieren und sind nach<br />
ihrer Ausbildung für viele Fachbereiche und Fortbildungen qualifiziert<br />
– das passende Geschick vorausgesetzt. www.tischler.de<br />
strassenBauer/in* Mit schwerem Gerät, gutem Auge<br />
und leichter Hand gestalten Straßenbauer die Umwelt und sorgen<br />
dafür, dass Straßen, Plätze, Rollbahnen oder Gleisanlagen nicht nur<br />
gut und lange funktionieren, sondern sich bestmöglich in die jeweilige<br />
Landschaft einpassen. Ihr Hauptbetätigungsfeld: der moderne<br />
Verkehrswegebau. Und dafür brauchen sie neben technischem<br />
Verständnis vor allem ein gewisses gestalterisches Talent. Hinzu<br />
kommen tonnenweise Gerätschaften und Spezialfahrzeuge, die Straßenbauer<br />
einsetzen, um Böschungen anzulegen, Gräben zu ziehen,<br />
Be- und Entwässerungsanlagen vorzubereiten oder auch Meter für<br />
Meter Autobahnen nach vorne zu schieben. Schichtweise sorgen sie<br />
für einen stabilen Unterbau und sind immer gefragt, wenn Asphalt,<br />
Teer, Bitumen oder Beton ihren Einsatz haben. www.zdb.de, www.<br />
bauberufe.net<br />
stuckateur/in* Sobald es darum geht, Gips Form, Farbe<br />
und Oberfläche zu verpassen, sind Stuckateure am Start. Sie beherrschen<br />
nicht nur die Methoden und Werkzeuge, damit aus Gips kleine<br />
oder große Kunstwerke und Ornamente entstehen. Stuckateure sind<br />
Fachleute, wenn es um Ausbau und Fassaden geht. Sie geben Räumen<br />
und Gebäuden ein individuelles Gesicht. Kreativität und ein Gefühl<br />
für Farben und Formen sind hier erste Voraussetzungen. Ob als Kunsthandwerker<br />
oder Trockenbauspezialist, Stuckateure überzeugen durch<br />
ihre Vielseitigkeit am Bau. Sie beherrschen das gesamte Leistungsspektrum<br />
zur Herstellung und Sanierung von Innen- und Außenputzen<br />
und nahezu alle Tätigkeiten des Innenausbaus. Im Bereich der<br />
Restaurierung alter und erhaltenswerter Bausubstanz tragen sie große<br />
Verantwortung. www.zdb.de, www.bauberufe.net<br />
Maurer/in* Vor allem der Neubau, aber auch Um- und Ausbau<br />
sind Sache der Maurer. Plangenau setzen sie das um, was Bauingenieure<br />
und Architekten zu Papier gebracht haben. Ihr Aufgabenfeld ist riesig<br />
und bietet Platz zur persönlichen Entfaltung. Es reicht vom Betonieren<br />
der Kellerfundamente bis zum Verputzen der Wände. Kenntnisse über<br />
die Eigenschaften industrieller und natürlicher Baustoffe - wie Ziegel,<br />
Kalksandstein, Bimssteine, Betonsteine sowie Gipskartonplatten – sind<br />
die Grundlagen. Ob nun während oder auch nach der Ausbildung, engagierte<br />
Maurer sind gefragte Experten. Schnell übernehmen sie Verantwortung.<br />
Neben einem technischen Verständnis und handwerklichem<br />
Geschick brauchen sie räumliches Vorstellungsvermögen sowie die<br />
Fähigkeit, im Team zu arbeiten. www.zdb.de, www.bauberufe.net<br />
Mehr Bau und Ausbau:<br />
Baugeräteführer/in*<br />
BauwerksaBdichter/in<br />
Beton- und stahlBetonBauer/in*<br />
www.bauberufe.net<br />
www.bauberufe.net<br />
www.bauberufe.net<br />
Betonstein- und terrazzohersteller/in*<br />
www.bauberufe.net<br />
BrunnenBauer/in*<br />
dachdecker/in<br />
estrichleger/in*<br />
feuerungs- und schornsteinBauer/in*<br />
www.bauberufe.net<br />
www.dachdecker.de<br />
www.bauberufe.net<br />
www.bauberufe.net<br />
fliesen-, Platten- und Mosaikleger/in*<br />
www.bauberufe.net, www.fachverband-fliesen.de<br />
gerüstBauer/in<br />
gleisBauer/in*<br />
holz- und Bautenschützer/in<br />
kanalBauer/in*<br />
rohrleitungsBauer/in*<br />
www.geruestbauhandwerk.de<br />
www.bauberufe.net<br />
www.dhbv.de<br />
www.bauberufe.net<br />
www.bauberufe.net<br />
rollladen- und sonnenschutzMechatroniker/in<br />
www.bv-rolladen.de<br />
sPezialtiefBauer/in*<br />
steinMetz/in und steinBildhauer/in<br />
trockenBauMonteur/in*<br />
www.bauberufe.net<br />
www.biv-steinmetz.de<br />
www.bauberufe.net<br />
wärMe-, kälte- und schallschutzisolierer/in*<br />
www.bauberufe.net<br />
ziMMerer/ziMMerin*<br />
handfest 03 2009 | Beruf und Karriere<br />
www.bauberufe.net<br />
*Die Ausbildung beträgt zumeist drei Jahre. Diese werden in zwei Stufen absolviert:<br />
Stufe 1: zwei Jahre, berufliche Grund- und Fachausbildung mit möglichem<br />
Abschluss zum Hochbau-, Ausbau- oder Tiefbaufacharbeiter. Stufe 2: ein Jahr,<br />
Spezialisierungsphase mit abschließender Gesellenprüfung im gewählten Beruf.<br />
27
Karriere | handfest 03 2009<br />
28<br />
die<br />
internAtionAle<br />
sprAche des<br />
hAndwerks<br />
Azubi-Austausch mit Norwegen<br />
NoRWEGEN 386.958 km 2 | 4.600.000 Einwohner | Hauptstadt Oslo<br />
Das Königreich Norwegen ist eine parlamentarische Monarchie, dessen Staatsoberhaupt König Harald V ist. Norwegen grenzt im Osten an Schweden und im<br />
Nordosten an Finnland und Russland. Über 90 % der Bevölkerung sind Norweger, zu denen auch die ca. 40.000 Saami (Lappen) und 10.000 Kvener (Finnen)<br />
zählen. Die Landessprache ist Norwegisch, eine nordgermanische Sprache, die zum Teil auch aus dem Niederdeutschen ihre Ursprünge hat. Norwegen wurde<br />
etwa im 8. Jahrtausend v. Chr. nach der letzten Eiszeit besiedelt und in der Zeit der Wikinger (800-1050) durch König Harald Hårfagre um das Jahr 900<br />
geeint. Die Wikinger besiedelten schließlich auch Island, Grönland und die Färöer Inseln. Einige der so genannten Nordmänner erreichten sogar Neufundland<br />
und die Normandie in Frankreich. Heute ist Norwegen der siebtgrößte Erdölförderer der Welt, hat einen hohen Lebensstandard mit einem der höchsten Pro-<br />
Kopf-Einkommen der Welt. Außerdem wird der Friedensnobelpreis durch das norwegische Nobelkomitee in Oslo verliehen.<br />
Im Web http://www.norwegen.no – Norwegen – die offizielle Seite in Deutschland | http://norwegen-freunde.com/index.shtml – Unabhängige Seite mit<br />
Norwegen-Forum, Fotos und Reiseberichten | http://www.dnfev.de – Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft e.V.
Kathrin und Tine – Austausch und Freundschaft<br />
Später, so heißt es, erinnere man sich gerne<br />
an seine Ausbildung zurück, an das Handwerk,<br />
das man erlernt, an die Freunde, die man kennen<br />
gelernt hat. Und für den ein oder anderen<br />
werden es zwei ganz besondere Wochen sein,<br />
die ewig in Erinnerung bleiben werden. So<br />
wie bei Tine, Morgan, Thorsten und Kathrin.<br />
Zwei Norweger und zwei Deutsche lernen für<br />
zwei Wochen ein neues Land kennen, die<br />
Menschen, die Kultur und das Handwerk.<br />
„Eg vil style<br />
berømte Volk!“<br />
„Ich möchte berühmte<br />
Menschen stylen.“<br />
Tine Aavik Frøystadvag (18),<br />
Ausbildung zur Friseurin<br />
Ziemlich flach findet Tine die Gegend um<br />
Münster. Da ist sie in Norwegen natürlich<br />
ganz andere Landschaften gewöhnt. Doch<br />
trotz der fehlenden Berge gefällt ihr das<br />
beschauliche Münsterland, auch die Menschen<br />
seien sehr freundlich und hilfsbereit,<br />
komisch nur, dass nicht sehr viele Englisch<br />
sprechen, sagt sie. Das sei in Norwegen ein<br />
wenig anders, da komme man schon in jungen<br />
Jahren mit der Fremdsprache in Berührung.<br />
Die Verständigung klappt trotzdem,<br />
zur Not mit Händen und Füßen, auch in ihrer<br />
Gastfamilie, die sie herzlich aufgenommen<br />
hat. Das Friseurhandwerk sei in Deutschland<br />
ein wenig anders, sagt sie, auch die Ausbildung<br />
unterscheidet sich von der in Norwegen.<br />
„Wir gehen erst zwei Jahre in die Schule<br />
und lernen das Theoretische und danach geht<br />
es für weitere zwei Jahre in einen Salon, um<br />
das Handwerk zu erlernen.“ Die Unterschiede<br />
findet sie interessant, weil auch der persönliche<br />
Horizont erweitert wird. Deshalb möchte<br />
Tine auch noch weitere Länder besuchen<br />
und eine Visagisten-Ausbildung machen, um<br />
eines Tages vielleicht ihren Wunsch zu verwirklichen:<br />
„Ich möchte berühmte Leute<br />
stylen.“<br />
handfest 03 2009 | Karriere<br />
„Kjekt å få jobbe i et<br />
annet land.“<br />
„Schön mal in einem<br />
anderen Land zu arbeiten.“<br />
Morgan Segafredo (19),<br />
Ausbildung zum Metallbauer<br />
Richtig warm ist Morgan mit der deutschen<br />
Sprache noch nicht geworden, „Hallo“ und<br />
„Guten Tag“ gehen recht mühelos über seine<br />
Lippen, aber die Grammatik ist schon fürchterlich<br />
kompliziert. Einen Satz jedoch beherrscht<br />
er nahezu perfekt: „In dreihundert Metern<br />
rechts abbiegen.“ Dem Navigationssystem<br />
sei Dank, das auf den Besichtigungstouren<br />
die rechten Wege zeigte, denn zu sehen gab<br />
29
Karriere | handfest 03 2009<br />
Thorsten und Morgan – viel gesehen und gemeinsam gearbeitet<br />
es für den aus Alesund stammenden Norweger<br />
doch einiges: Das Hermanns-Denkmal,<br />
eine Brauerei und ein Biermuseum inklusive<br />
Betriebsbesichtigung und natürlich die entzückende<br />
Münsteraner Innenstadt. Und wo<br />
immer er hinkam, die Menschen zeigten sich<br />
freundlich und aufgeschlossen, wie auch seine<br />
Gast-Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
(„Interessantes Essen!“). Die deutschen<br />
Arbeitsabläufe hat er sich schnell zu eigen<br />
gemacht, auch wenn er hier weit mehr noch<br />
mit Metall zu tun hat und die Maschinen sich<br />
ein wenig von den norwegischen unterscheiden.<br />
Für Morgan ist der Austausch nicht nur<br />
eine willkommene Abwechslung, sondern eine<br />
ganz persönliche Bereicherung. „Ich möchte<br />
noch ein Ingenieur-Studium anschließen und<br />
28<br />
die weite Welt bereisen, um noch mehr aufregende<br />
Dinge zu sehen.“<br />
„Bei den Norwegern hat<br />
nichts angebissen.“<br />
Thorsten Neuhaus (20),<br />
Ausbildung zum Metallbauer<br />
Erblich ist er vorbelastet, sagt Thorsten<br />
Neuhaus, die ganze Familie hat mit Metall zu<br />
tun, das liegt praktisch im Blut. Kein Wunder<br />
also, dass auch er sich für eine Ausbildung in<br />
diesem Bereich entschieden hat. Mit Morgan<br />
aus Norwegen kommt er prima klar, sie sind<br />
im gleichen Alter und haben ähnliche Interessen.<br />
„Ich habe ihm die Umgebung hier gezeigt,<br />
wir waren natürlich auch in Discos und<br />
es ist schon von Vorteil, dass ein Bier hier<br />
keine acht Euro kostet wie in Norwegen.“ Das<br />
Land der Fjorde hingegen hat auch seine Vorzüge,<br />
wie Thorsten berichtet: „Die Landschaft<br />
ist wunderschön, genauso wie die Mädels. Die<br />
Norweger sind allgemein etwas stiller als die<br />
Deutschen und dementsprechend auch viel<br />
entspannter.“ Das spiegele sich auch in der<br />
Arbeitsmentalität wider, wie Thorsten sagt.
In seinem Austausch-Betrieb werden Fischlaufbänder<br />
produziert und obwohl die Firma<br />
80 Mitarbeiter beschäftigt, sei es dennoch<br />
nie hektisch oder ungemütlich. Neben der<br />
„Die Landschaft ist<br />
einfach nur traumhaft.“<br />
Kathrin Jüttner (19),<br />
Ausbildung zur Friseurin<br />
üblichen Landschafts-Expedition ist Thorsten<br />
auch mit befreundeten Austauschauszubildenden<br />
sowie Morgan und seiner Clique auf<br />
Fischfang gegangen. „Besonders lustig fand<br />
ich, dass nur die Deutschen etwas gefangen<br />
haben und bei den Norwegern nichts angebissen<br />
hat, obwohl sie ja regelmäßig angeln<br />
gehen.“ Essen durften dann aber alle und<br />
romantisch war es schießlich auch, als die<br />
Fische über dem eigens gelegten Lagerfeuer<br />
garten.<br />
Schon als Kind wollte Kathrin Jüttner ständig<br />
die Haare der Familie und der Freundinnen<br />
frisieren. „Ich fand es schon immer toll, wie<br />
Frisuren einen Menschen verändern können<br />
und etwas völlig Neues schaffen.“ Und so<br />
lernt sie das Handwerk von der Pike auf bei<br />
einer Meisterin ihres Fachs, bei Claudia Hanewinkel<br />
in Warendorf. Für den Austausch mit<br />
Norwegen hat sie sich beworben, weil sie Ver-<br />
änderungen mag und gerne Neues entdeckt.<br />
Aber auch, weil sie ihr Englisch verbessern<br />
möchte und es als Herausforderung sieht, in<br />
einer fremden Sprache zu kommunizieren. Mit<br />
Tine kommt sie blendend klar, sagt sie, es<br />
hätte kaum besser kommen können. Gleiches<br />
Alter, gleiche Interessen und das gleiche<br />
neugierige Wesen, das kann ja nur gut gehen.<br />
Und so hat sich Kathrin schon in den ersten<br />
Tagen Alesund und die Umgebung zeigen<br />
lassen und ist, wie es passend heißt, aus dem<br />
Häuschen: „Die Landschaft ist super, super<br />
schön, einfach traumhaft.“ Doch in dem<br />
Fischerstädtchen mit gerade einmal 42.000<br />
Einwohnern wird natürlich auch gearbeitet,<br />
denn ,die Haare schön´ möchte man auch in<br />
Norwegen haben. Und über ihren temporären<br />
Arbeitsplatz ist Kathrin Jüttner gleichsam<br />
glücklich: „Obwohl es ein total edler und<br />
schicker Salon ist, durfte ich schon am zweiten<br />
Tag die Kunden frisieren.“<br />
„Der Lehrlingsaustausch eröffnet den Jugendlichen neue perspektiven und Sichtweisen.<br />
und da das Handwerk eine internationale Sprache ist, funktioniert die Verständigung<br />
auch ohne Worte über die Grenzen hinweg.“<br />
Anita Urfell, HWK Münster<br />
„unser Auszubildender Thorsten neuhaus kam mit der Idee des Austausches zu uns.<br />
Ich musste da nicht lange überlegen. Die möglichkeit, solche erfahrungen zu sammeln,<br />
kann man nur unterstützen.“<br />
Thomas Bils (49), Maschinenbau-Meister<br />
„mit Tine aus norwegen bin ich sehr zufrieden, sie passt ins Team und das ist das<br />
Wichtigste. und auch wenn es mit der Sprache ein wenig hapert, ist es für alle<br />
Beteiligten eine spannende Herausforderung.“<br />
Claudia Hanewinkel (44), Friseurmeisterin<br />
handfest 03 2009 | Karriere<br />
DEUTSCH-NoRWEGISCHER LEHRLINGSAUSTAUSCH – Bereits während der Ausbildung heißt es für viele Lehrlinge ‚Koffer packen und den heimischen<br />
Ausbildungsbetrieb gegen Werkbank & Co im Ausland eintauschen’. Freiwillig versteht sich, mit voller Zustimmung vom Chef und guter Unterstützung der<br />
Handwerkskammern. Sie beraten, unterstützen und organisieren entsprechende Austausche. So auch die Handwerkskammer Münster, die zum Beispiel gute<br />
Kontakte mit der Borgund Vidaregaande Skole in Norwegen unterhält, einer berufsbildenden Schule in Alesund. Ein Austausch, der auf Gegenseitigkeit beruht.<br />
Das heißt, ein norwegischer und ein deutscher Lehrling bilden ein „Tandem“, arbeiten zusammen und der Austausch findet wechselseitig statt. Unterbringung<br />
und Verpflegung sind somit auch für die jeweils 14-tägigen Aufenthalte inklusive.<br />
Auszubildende des Handwerks, die sich auch für das Land der Lachse und Fjorde interessieren: anita.urfell@hwk-muenster.de. Für alle, die nicht aus dem Kammerbezirk<br />
Münster kommen, gilt: Die Ausbildungsberatung der Handwerkskammer berät individuell in Sachen Auslandsaufenthalt während der Ausbildung.<br />
Noch mehr International und ‚weg von zu Haus’ bietet der Abschluss Europaassistent/in im Handwerk. Auszubildende sind hierbei gleichfalls für mehrere<br />
Praktikawochen im Ausland. Zusätzlich absolvieren sie neben der Abschluss-/Gesellenprüfung am Ende der Ausbildung eine Zusatzprüfung und erhalten so die<br />
Qualifikation „Europaassistent/in im Handwerk“. Ein Angebot, das allerdings noch nicht flächendeckend zu haben ist. Mehr dazu: www.letsgo-azubi.de.<br />
29
International | handfest 03 2009<br />
32<br />
heute<br />
schwAben,<br />
morgen<br />
kAbul<br />
Wie Elektroniker und Anlagenmechaniker<br />
für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik<br />
aus Tapfheim mit ihrem Handwerk um die<br />
Welt reisen<br />
Von Petra Plaum
Schöne Aussicht hinter Mauern. Die Handwerker aus Deutschland lebten<br />
im Dienste für die deutsche Regierung ziemlich abgeschottet von ihren<br />
afghanischen Nachbarn. Aber den einen oder anderen Blick riskierte<br />
wohl jeder.<br />
Izmir, Türkei, 2007: Handwerker der bayerisch-schwäbischen Firma Schnepf statten das neue deutsche Generalkonsulat mit moderner<br />
Haustechnik aus. Kabul, Afghanistan, 2008: Schnepf-Mitarbeiter sorgen in Dienstwohnungen der deutschen Botschaft für gutes Klima.<br />
Tiflis, Georgien, auch 2008: Schnepf und die deutsche Botschaft bleiben ein Dream-Team. Keine Frage also: die Experten für Elektronik<br />
und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, die hier arbeiten, kommen in letzter Zeit ganz schön herum!<br />
„Hoffentlich darf ich bald mal mit auf so<br />
eine Reise“, meint Sascha Petermann, der im<br />
dritten Lehrjahr zum Anlagenmechaniker für<br />
Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik steckt.<br />
Bald ist er fertig mit seiner Ausbildung und<br />
hofft, übernommen zu werden. Von den insgesamt<br />
zwölf Lehrlingen der Firma Schnepf<br />
darf noch keiner bei den langen Auslandseinsätzen<br />
dabei sein, doch junge Gesellen nimmt<br />
Saschas Chef Ludwig Schnepf gerne mit auf<br />
Tour. Gesellen wie Torsten Firke, der seit<br />
sieben Jahren zum Team gehört.<br />
abenteuerlich<br />
„Ich war beim deutschen Generalkonsulat<br />
in Izmir dabei. Das war schon aufregend“,<br />
erzählt Torsten. Auch, wenn die Haustechnik<br />
hinterher genauso aussah wie daheim in<br />
Deutschland – wohingegen die zweitgrößte<br />
Stadt der Türkei mit ihrem Bazar, der Burg<br />
Kadifekale und der typisch türkischen Gastfreundschaft<br />
für die Handwerker schon etwas<br />
Ungewohntes darstellte. Und das auch in<br />
Sachen Handwerk: „Vor Ort wird teilweise<br />
schon ganz anders gearbeitet als bei uns“,<br />
erinnert sich Torsten. Er grinst: „Manche<br />
Sachen sind richtig abenteuerlich zusammengebastelt.<br />
Aber es scheint ja trotzdem ganz<br />
gut zu halten“.<br />
kühlen und heizen<br />
Trotzdem, er gibt sich mit seinen Einsätzen<br />
stets richtig Mühe. Ob in Schwaben oder in<br />
Izmir, wenn er arbeitet, muss alles genau<br />
passen. Heute ist eine Klimaanlage in Schwäbisch<br />
Gmünd dran. Torsten und Sascha bringen<br />
den großen Kasten an die richtige Stelle<br />
an der Decke und befestigen sie. Torsten<br />
schwärmt: „Diese Anlage hier kann ziemlich<br />
viel: im Sommer kühlt sie, im Winter heizt sie<br />
besser als viele normale Heizkörper“.<br />
Krieg<br />
Und gutes Klima ist gefragt. Auch in Kabul,<br />
wo die Temperaturen ganz ähnlich sind wie<br />
in Schwaben – im Sommer bis zu 25 Grad,<br />
im Winter um die null Grad. Die afghanische<br />
Hauptstadt hat allerdings 3 Millionen Einwohner,<br />
Tapfheim, wo die Firma Schnepf<br />
beheimatet ist, gerade mal 4000. Der größte<br />
Unterschied jedoch: in Tapfheim herrscht<br />
kein Krieg. „Dass es Krieg gibt, haben wir bei<br />
der Arbeit in Kabul meistens nicht mitbekommen“,<br />
sagt Ludwig Schnepf.<br />
Sicherheitspersonal<br />
„Wir waren ja auch recht abgeschottet“. Mit<br />
einer Mauer um die Baustelle herum und<br />
Sicherheitspersonal. Eineinhalb Monate lang<br />
konnten die Handwerker sich also recht ungestört<br />
damit beschäftigen, Dienstwohnungen<br />
für Mitarbeiter der deutschen Botschaft mit<br />
Haustechnik auszustatten. Zehn Tage davon<br />
packte auch Ludwig Schnepf mit an. „Zu den<br />
Aufträgen für die deutsche Regierung sind<br />
wir über zwei unserer Großkunden gekommen,<br />
die Module erstellen“, berichtet er.<br />
Modul heißt: was später mal zum Zimmer<br />
wird, bereiten Handwerker in Deutschland<br />
schon soweit möglich vor. Mit Schiffen und<br />
LKWs reisen die Module dann ins Ausland,<br />
werden zusammengebaut und fertiggestellt.<br />
Bei der Fahrt durch Pakistan wurden die<br />
Module für die deutsche Botschaft tatsäch-<br />
handfest 03 2009 | International<br />
Bilder einer Kriegsstadt: Kabul,<br />
die Hauptstadt von Afghanistan,<br />
und ihre Ruinen.<br />
lich beschossen – zum Glück passierte den<br />
Fahrern nichts, und die Löcher konnten vor<br />
Ort in Kabul schnell ausgebessert werden.<br />
Stadt in der Stadt<br />
In Kabul selbst schliefen die Handwerker in<br />
einem Wohncontainer, gemeinsam mit anderen<br />
Handwerkskräften aus Deutschland. Die<br />
Teams verstanden sich untereinander gut,<br />
man sprach Deutsch, genau wie die Architekten.<br />
Dank der Mauer lebten alle in einer<br />
Stadt in der Stadt. „Wir hatten sogar einen<br />
eigenen Koch, er war Afghane“ berichtet<br />
Ludwig Schnepf. „Er und die einheimischen<br />
Servicekräfte und Arbeiter, die wir in der Zeit<br />
dort kennen lernten, waren sehr nett und<br />
gastfreundlich.“ An Terrorismus dachte er<br />
also eher selten. Doch einen Tag, nachdem<br />
Ludwig Schnepf nach Hause abreiste, machte<br />
Kabul mal wieder traurige Schlagzeilen: vor<br />
der indischen Botschaft sprengte sich ein<br />
Selbstmordattentäter in die Luft. Es gab<br />
40 Tote. „Im Nachhinein überlegt man sich<br />
schon, ob man es noch mal machen würde“,<br />
sagt Ludwig Schnepf heute. Und weiß, dass<br />
er und sein Team großes Glück hatten.<br />
Georgien<br />
Kaum aus Kabul zurückgekehrt, stand ein<br />
Auftrag aus Georgien auf der Tagesordnung.<br />
„Da ging es dann gerade los mit den Unruhen,<br />
und so hat sich das Ganze bis in den<br />
Herbst verschoben“, meint Ludwig Schnepf.<br />
Die Millionenstadt Tiflis gilt als chaotisch,<br />
hat 60 % Arbeitslose, ständig Verkehrsstau<br />
und immer wieder Probleme mit der Stromversorgung.<br />
Auch hier hatte das Schnepf-<br />
33
International | handfest 03 2009<br />
Sascha Petermann und Torsten Firke sorgen für gutes Klima, ob in Deutschland, ob im Ausland.<br />
Reisefreudigkeit, Teamgeist, Spaß am Handwerk? Aber klar doch!<br />
Team Glück, einen Gesellen mit vor Ort, der<br />
Russisch konnte und somit letztlich Erfolg.<br />
Die Aufträge sucht sich die Firma natürlich<br />
nicht danach aus, ob die Gegend friedlich<br />
ist oder hübsch aussieht – „wir sind zum<br />
Arbeiten da, den Rest kriegt man nur am<br />
Rande mit“, wie Torsten Firke es beschreibt.<br />
Daher geht es für Schnepf-Mitarbeiter darum,<br />
dass sie ihren Beruf so richtig mögen. „Die<br />
Liebe zum Handwerk muss man haben, wenn<br />
man bei uns Sanitär-Heizung-Klima oder das<br />
Elektronikhandwerk lernen will“, meint Ludwig<br />
Schnepf.<br />
IMPRESSUM<br />
34<br />
gutes Klima – weltweit<br />
„Wenn man die Liebe zum Handwerk hat, gut<br />
rechnen kann, freundlich und aufgeschlossen<br />
ist, dann klappt das schon.“ – „Geschickt<br />
sollte man sein, körperlich belastbar und<br />
gern im Team arbeiten“, ergänzt Sascha<br />
Petermann. Seinen Beruf hat er über ein<br />
Praktikum während der Schulzeit kennen<br />
gelernt: „Eigentlich wollte ich Schlosser werden,<br />
aber dieses Praktikum hat sich eben früher<br />
ergeben. Und es hat gepasst“. Er grinst.<br />
Wendet sich wieder der Klimaanlage zu. Und<br />
ist gerne bereit, bald auch in anderen Ecken<br />
der Welt für gutes Klima zu sorgen.<br />
Herausgeber:<br />
Deutscher Handwerkskammertag<br />
Mohrenstr. 20/21<br />
10117 Berlin<br />
Redaktion:<br />
Westdeutscher Handwerkskammertag<br />
Sternwartstr. 27-29<br />
40223 Düsseldorf<br />
Reiner Nolten (V.i.S.d.P.)<br />
Chefredakteur:<br />
Rolf Göbels<br />
Elektroniker/in werden...<br />
Mitarbeiter(-innen) dieser Ausgabe:<br />
Carsten Haack, Gerd Kistenfeger, Sandra Leppin, Peter<br />
Dohmen, Ute Schmitt, Petra Plaum, Katja Früh und<br />
Stefan Rensch (www.dielichtung.org), Anke Kinnewig<br />
Anzeigen & Vertrieb:<br />
for mat medienagentur + verlag gmbh<br />
0211/55 80 255<br />
info@for-mat.de<br />
Gestaltung und Lithografie:<br />
for mat medienagentur + verlag gmbh<br />
Markus Kossack<br />
Druck:<br />
Druckhaus Humburg, Bremen<br />
Mitglied der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW)<br />
Kundendienstleiter Michael Pilz und Geschäftsführer<br />
Ludwig Schnepf, vor der Botschaft in Izmir.<br />
... kann man in den Fachrichtungen Energie- und Gebäudetechnik, Automatisierungstechnik oder<br />
Informations- und Telekommunikationstechnik<br />
... geht in dreieinhalb Jahren<br />
... ist etwas für alle, die was von Technik verstehen, geschickt sind, kreativ sind und mit Mathe und<br />
Physik nicht auf dem Kriegsfuß stehen<br />
Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik werden...<br />
... dauert dreieinhalb Jahre<br />
... macht einen ganz schön vielseitig: man sorgt für gutes Klima, schöne Bäder und immer öfter auch<br />
für den Umweltschutz<br />
... ist etwas für kreative Köpfe, die gut zupacken und rechnen können<br />
... ist etwas für Teamplayer<br />
Die Firma Schnepf Installationstechnik GmbH...<br />
...wurde 1954 von Ludwig Schnepf senior gegründet. Sein Sohn führt sie in zweiter Generation<br />
...bildet zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik und zum Anlagenmechaniker für Sanitär-,<br />
Heizungs- und Klimatechnik aus<br />
...umfasst jetzt 35 Mitarbeiter<br />
...ist zu erreichen über www.schnepf-haustechnik.de<br />
Auflage:<br />
106.251<br />
Abonnement:<br />
Bezugsabo 10,75 Euro p. a.<br />
Erscheinung: sechsmal jährlich<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />
unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
Für eingesandte Materialien kann keine Gewähr<br />
übernommen werden. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
nur mit vorheriger Genehmigung der Redaktion.<br />
Papier: Recyclingpapier<br />
handfest wurde in Nordrhein-Westfalen ermöglicht mit Mitteln:
GESuNDhEIt<br />
MEhr ALS hAut<br />
uND KNochEN<br />
Wer zu viel isst, wird schnell dick. So weit, so schlecht. Wer aber<br />
kaum etwas zu sich nimmt, entwickelt sich genauso schnell zum<br />
wandelnden Skelett. Und das kann ebenfalls böse enden. IKK<br />
spleens sagt, warum.<br />
Am Ende soll Ana Carolina Reston nur noch Äpfel und Tomaten gegessen<br />
haben, monatelang. Ganze 40 Kilogramm brachte die 21-Jährige,<br />
die mit einer Körpergröße von 1,74 Metern, langen dunklen Haaren<br />
und den Gesichtszügen einer Märchenprinzessin gesegnet war, noch<br />
auf die Waage. Dann starb das brasilianische Topmodel. Todesursache:<br />
Nierenversagen, hervorgerufen durch ihre Magersucht. Das war<br />
vor zweieinhalb Jahren.<br />
Trotzdem werden die Laufstege dieser Welt weiterhin von Haut und<br />
Knochen dominiert, von zumeist spindeldürren Mädchen. Auch TV-<br />
Shows wie „Germany’s Next Topmodel“ gaukeln ein Schönheitsideal<br />
vor, das es so eigentlich gar nicht gibt. Anfang 2007 wurden 25.000<br />
Menschen aus aller Welt von der Marktforschungsgesellschaft ACNielsen<br />
zu dem Thema befragt. Ergebnis: 81 Prozent halten Models und<br />
Prominente für zu dünn.<br />
Extreme Gesundheitsrisiken<br />
Aber nicht nur ästhetisch ist der Ultradünn-Look zweifelhaft, vor<br />
allem birgt er enorme Gesundheitsrisiken, für Mädchen wie für Jungs.<br />
Denn: Der menschliche Körper benötigt ausreichend Nährstoffe, um<br />
seine Funktionen aufrechterhalten zu können. Bei allen scheint diese<br />
Erkenntnis aber noch nicht angekommen zu sein. Laut Robert-Koch-<br />
Institut weit verbreitet unter Jugendlichen: ein Mangel an Jod,<br />
Folsäure und Calcium. Jod steckt zum Beispiel in Fisch, Folsäure in<br />
Vollkornbrot, Calcium in Milchprodukten. Speziell Mädchen haben<br />
zudem häufig mit Eisenmangel zu kämpfen. Eisen ist unter anderem<br />
in Gewürzen, Fleisch und Nüssen enthalten.<br />
Wer zu wenig isst, dadurch nicht genügend Nährstoffe zu sich nimmt<br />
und abmagert, muss mit ernsthaften und langwierigen Konsequenzen<br />
rechnen. „Die Hauptfolgen sind bei mir ein teilweise extrem niedriger<br />
Blutdruck, Puls und Blutzuckerspiegel“, schildert ein junges Mädchen<br />
in einem Internetforum für Magersüchtige ihre Erfahrungen, obwohl<br />
sie sich schon seit über zwei Jahren wieder normal ernähre. „Ich<br />
habe fast täglich einen Blähbauch, habe im Wechsel permanent<br />
Verstopfung und Durchfall. Außerdem leide ich unter Albträumen<br />
und Muskelverspannungen.“ Dabei muss man nicht zwangsläufig eine<br />
Essstörung wie Magersucht und Bulimie aufweisen, um seinen Körper<br />
in Bedrängnis zu bringen.<br />
online-Tipp<br />
Alles Wichtige rund um die gesunde Ernährung erfährst<br />
du auf www.ikkspleens.de. Außerdem dort: Jede Menge<br />
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handfest 03 2009 | Service<br />
Infektionen, Haarausfall, Knochenschwund<br />
Generell sind Untergewichtige anfälliger für Infektionen, sie frieren<br />
schnell, sind häufig müde, der Körper bildet Wassereinlagerungen.<br />
Auch wird der Hormonspiegel in Mitleidenschaft gezogen. Mögliche<br />
Folgen: Trockene Haut, brüchige Nägel und Haare bis hin zu Haarausfall<br />
und Änderungen der Körperbehaarung sowie ein Ausbleiben<br />
der Menstruation. Wer schon vor Beginn der Pubertät deutlich zu<br />
wenig auf die Waage bringt, kann in seiner weiteren körperlichen<br />
Entwicklung und im Wachstum beeinträchtigt werden. Langfristig<br />
haben Untergewichtige außerdem ein erhöhtes Risiko, Osteoporose,<br />
also Knochenschwund, zu entwickeln.<br />
Allerdings, so die Einschränkung von Antje Gahl von der Deutschen<br />
Gesellschaft für Ernährung (DGE), ist „Untergewicht nicht per se<br />
ungesund. Einige Menschen haben von Natur aus einen schlanken<br />
Körperbau und liegen somit unterhalb des Normalgewichtes.“ Entscheidend<br />
ist es für jedermann, möglichst frische Mahlzeiten zu sich<br />
zu nehmen, ausreichend und ausgewogen zu essen, seinen Körper<br />
mit genügend Vitaminen und Mineralstoffen zu versorgen. Denn im<br />
Extremfall können Mangelernährung und Untergewicht sogar zum<br />
Tode führen. So wie bei Ana Carolina Reston.<br />
35
unterhaltung | handfest 03 2009<br />
Cassandra, du hattest bereits mit Freundeskreis früh riesigen<br />
Erfolg. Dann war’s ruhiger. Glashaus brachte kurzzeitig erneut<br />
den Durchbruch und mit deiner neuen Solo-CD knüpfst du mehr<br />
als nur daran an. Wie viel bedeutet dir der Erfolg? Dieser Erfolg<br />
bedeutet mir sehr viel, weil er mir zeigt, dass ich mit meiner Musik<br />
viele Menschen erreiche und das ist schließlich der Grund, warum ich<br />
Musik mache. Um Menschen zu berühren.<br />
Was war für dich der bislang schönste Erfolg? Lustigerweise ist<br />
einer meiner schönsten Erfolge, dass eine Familie ihre Tochter nach<br />
mir benannte.<br />
Und auf was oder wen bist du am meisten stolz? Auf meinen<br />
Großvater. Er hat mich auch zur Musik gebracht.<br />
Bühne und Studio, Freunde und Fans, Familie und Beruf. Wie<br />
behältst du den Überblick? Und: Wie schaffst du es auf dem Boden<br />
zu bleiben? Alles langsam angehen und immer eines nach dem anderen<br />
machen. Auf dem Boden bleibe ich, weil ich mir immer wieder die<br />
Zeit nehme und alles von außen mit Abstand betrachte.<br />
Wie würdest du selbst deinen Beruf beschreiben? Als mentale und<br />
körperliche Arbeit, die auch Spaß macht. Mein Beruf beinhaltet viele<br />
verschiedene Dinge. Ich singe, schreibe Songs, reise viel, setze mich<br />
für verschiedene soziale Projekte ein, gebe Konzerte, habe für manche<br />
Fans eine gewisse Vorbildfunktion. D.h. ich muss auf vielen verschiedenen<br />
Ebenen an mir arbeiten, um meinen Job gut zu machen.<br />
36<br />
1980 nahe Stuttgart geboren, verliebt sie sich erst<br />
in die Musik von Michael Jackson und Whitney<br />
Houston, danach laufen dann Tag und Nacht die<br />
Lieder von Mariah Carey. Mit 14 Jahren der Start<br />
der eigenen klassischen Musikausbildung. Opern<br />
und Arien stehen auf dem Notenblatt. Mit 17 feiert<br />
sie mit Unterstützung der Jungs von Freundeskreis<br />
(FK) ihren ersten bundesweiten Erfolg. Gemeinsam<br />
nehmen sie die Titel „Telefonterror“ und „Wenn der<br />
Vorhang fällt“ auf und touren als Vorgruppe der<br />
Fantas durch Deutschland. An diesen Durchbruch<br />
kann sie mit ihrem anschließenden Soloprojekt<br />
leider nicht anknüpfen. Falsche Lieder, falsche<br />
Leute, falsche Umgebung - richtige Entscheidung:<br />
Abbruch und mit dem Projekt ‚Glashaus’ den<br />
Neuanfang wagen. Der Titel „Wenn das Liebe<br />
ist“ bietet Cassandra den perfekten gesanglichen<br />
Rahmen: ruhig und klar, soulige Beats und samtige<br />
Melodien. Und heute? Ihr Soloalbum ‚darum leben<br />
wir’ überzeugt. Im Radio, den Plattenläden und<br />
life erst recht, Cassandra <strong>Steen</strong>.<br />
<strong>CASSAnDrA</strong> <strong>Steen</strong><br />
Hattest du je einen anderen Berufswunsch als Musikerin? Vielleicht<br />
etwas aus dem Bereich Handwerk? Hm… eher Tierärztin... Ist aber<br />
auch ein handwerklicher Beruf :-)<br />
Sind in deinem Freundeskreis oder deiner Familie vielleicht<br />
Handwerkerinnen oder Handwerker zu finden? Ja, mein Großvater.<br />
Und eine gute Freundin.<br />
Zurück zu dir und deinem Beruf. Wann stand für dich fest „Ich<br />
werde Sängerin“? Wann das genau war, weiß ich nicht mehr. Aber<br />
es war sehr früh.<br />
Viele unserer Leser stehen gerade vor der Entscheidung, was sie<br />
beruflich machen sollen. Was ist dein Tipp? Grundsätzlich sollte man<br />
seinem Herz folgen. Es ist aber auch wichtig, etwas Bodenständiges<br />
zu lernen, auf dass man immer zurückgreifen kann. Und sollte aus<br />
der Leidenschaft kein Beruf werden können, hat man immer noch ein<br />
wunderschönes Hobby.<br />
Zum Schluss und ganz kurz:<br />
Auf meinem MP3-Player läuft zur Zeit ... George Michael, Madonna<br />
(alte Lieder), Robin Thicke<br />
Davon kann ich selten genug bekommen … gutes Essen!<br />
Geld gebe ich am liebsten aus, für … mich und meine Familie
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handfest 03 2009 | unterhaltung<br />
Aufgaben lösen, Ergebnisse addieren und die richtige Lösung an: redaktion handfest,<br />
Drususstraße 13a, 40549 Düsseldorf, per E-Mail: mail@handfest-online.de. Einsendeschluss ist der<br />
5. Juni 2009. postanschrift und Gewinnwunsch nicht vergessen!<br />
Die Fragen: 1. Der Kreis hat ... 360 0 (258) | 180 0 (19) | 90 0 (741) 2. Ein Bruch besitzt ... Wurzeln (523) | Winkel (598) | Zähler<br />
(15) 3. Würfel haben ... Quadrate (56) | Kreise (65) | Kugeln (144)<br />
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38
Vorschau | handfest 03 2009<br />
38<br />
handfest 04 | 2009<br />
Nachtrag zur<br />
handfest EXTRA<br />
Ausgabe 02-2009<br />
Mittel zum Leben –<br />
Lebensmittel<br />
www.handfest-online.de<br />
Seiler/in<br />
Natur-, Chemiefaser- und Stahlseile werden von ihnen abgelängt,<br />
gespleißt, verpresst, imprägniert, endlos gelegt, verknotet<br />
und mit Beschlägen versehen. Hierfür setzen sie<br />
modernste Technik ein, sammeln Erfahrung und übernehmen<br />
Verantwortung. Schritt für Schritt. Von der Ausbildung über<br />
den Meister bis hin zu den zahlreichen Fortbildungen und Spezialisierungen,<br />
der Seiler-Beruf hat viel zu bieten. Aus Seilgarn<br />
oder Stahldraht entstehen High-Tech-Produkte, die höchsten<br />
Ansprüchen genügen und ein Maximum an Sicherheit bieten.<br />
Ob auf dem Wasser, beim Heben, Ziehen oder Bergen großer<br />
Lasten, im alpinen Bereich oder auch um moderne Glas- und<br />
Stahlbau-Architektur überhaupt erst zu ermöglichen, auf die<br />
absolute Präzision des Seilers/der Seilerin ist Verlass. Und<br />
damit dies so bleibt und weiterhin gut ausgebildete Seiler/<br />
innen ihre Fertigkeiten ausbauen, wurde erst 2008 die gesetzliche<br />
Grundlage der Seilerausbildung, die Ausbildungsordnung,<br />
komplett überarbeitet.<br />
Mehr zum Seilerberuf, Betriebskontakte und Karrierewege<br />
sowie eine Ausbildungs-CD mit den theoretischen Grundlagen<br />
zur Ausbildung: Bundesverband des Deutschen Seiler- und<br />
Netzmacherhandwerks e.V.<br />
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