02.02.2015 Aufrufe

Grundschule aktuell 129

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Thema: Zum Umgang mit Leistungen<br />

Ulrich Hecker<br />

Kinder zeigen, was sie können<br />

und was sie gelernt haben<br />

Der Anspruch der <strong>Grundschule</strong>, eine Schule für alle Kinder zu sein, bedeutet:<br />

Die Verschiedenheit der Kinder respektieren und individuelles Lernen fördern;<br />

die Gemeinsamkeit der Verschiedenen ermöglichen und als »Lernquelle« nutzen;<br />

ein sinnstiftender Lern- und Lebensort für Kinder und Pädagogen sein.<br />

Der größte Stolperstein auf diesem<br />

Weg aber gleicht oft einem<br />

Felsen: Die rechtlichen Grundlagen<br />

sind noch nicht ausreichend auf<br />

einen veränderten Unterricht abgestimmt.<br />

Ein Beispiel: »Welchen Sinn<br />

macht es z. B., die Arbeiten zum gleichen<br />

Zeitpunkt zu schreiben?«, fragt die<br />

Grundschullehrerin Maike Gotta aus<br />

Hessen in der »Grundschulzeitschrift«:<br />

»Weil die für mich unerlässlichen Leistungsnachweise<br />

nach jedem Thema von<br />

den Kindern zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />

geschrieben werden, dürfen sie<br />

nicht als Klassenarbeit gelten. Darin<br />

kann ich keinen Sinn erkennen.« Und –<br />

seien wir ehrlich – oft liegen Stolpersteine<br />

auch noch in den Köpfen von Lehrerinnen<br />

und Schulleitungen. Manchmal<br />

wirkt der Ballast des Herkömmlichen<br />

wie eine Barriere gegen den pädagogischen<br />

Umgang mit schulrechtlichen<br />

Vorgaben – gerade auch beim Umgang<br />

mit Leistungen.<br />

Von »Heterogenität« ist in den letzten<br />

Jahren fast bis zum Überdruss immer<br />

wieder die Rede. Es ist allerdings kein<br />

Fremdwort, sondern (manchmal auch<br />

mehr schlecht als recht gestalteter) pädagogischer<br />

Alltag. Eine Schulklasse:<br />

Anfangs 24, inzwischen 26 Kinder. Davon<br />

5 Kinder mit »besonderem« (»sonderpädagogischem«)<br />

Förderbedarf. Jedenfalls<br />

26 verschiedene Lebens- und<br />

Lern-Geschichten.<br />

Heterogenität zu berücksichtigen,<br />

heißt endgültig Abschied zu nehmen<br />

vom »falschen Mythos der sieben G’s«.<br />

Ingvelde Scholz pointierte den Irrglauben<br />

an das gleichschrittige Lernen so:<br />

»Die gleichen Schüler lösen beim gleichen<br />

Lehrer im gleichen Raum zur gleichen<br />

Zeit im gleichen Tempo die gleichen<br />

Aufgaben mit dem gleichen Ergebnis.«<br />

1<br />

Der pädagogische Umgang mit Heterogenität<br />

erfordert eine neue Lernkultur:<br />

Selbstbestimmtes Handeln und<br />

gemeinsames Arbeiten bei aufmerksamer<br />

Lernbegleitung in einer Arbeitsatmosphäre<br />

gegenseitiger Wertschätzung,<br />

das ist das Ziel von Unterrichtsentwicklung.<br />

Der didaktische Schlüssel dazu ist<br />

das gemeinsame Thema, das gemeinsame<br />

Projekt. Es muss so angelegt sein,<br />

●●<br />

dass Kinder auf unterschiedlichen<br />

Niveaus daran arbeiten können,<br />

●●<br />

dass jedes Kind mit seinen Möglichkeiten<br />

zur gemeinsamen Thematik beitragen<br />

kann.<br />

●●<br />

Die Differenzierung findet im Thema<br />

statt, nicht außerhalb.<br />

●●<br />

Die Bearbeitungen und Erfahrungen<br />

werden präsentiert und kommunikativ<br />

ausgetauscht. 2<br />

Die neue Lernkultur einer zeitgemäßen<br />

(inklusiven) Schule erfordert eine pädagogische<br />

Leistungskultur. Leistungsbewertung<br />

bedeutet darin vor allem: Beobachten<br />

und erkunden, um Begabungen<br />

und Lernpotenziale aufzuspüren,<br />

um das individuelle Lernen zu verbessern<br />

und den Unterricht darauf abzustimmen.<br />

Eine förderliche Leistungsbewertung<br />

unterstützt eigenständiges und selbstreguliertes<br />

Lernen: das Erkennen von<br />

Stärken und Lernpotenzialen, individuelles<br />

Feedback verbunden mit Lernanregungen<br />

und Förderangeboten, Selbstund<br />

Partnereinschätzung.<br />

Leistungsbewertung kann und darf<br />

nicht mehr »von oben herab« erfolgen,<br />

sie wird zum Gegenstand des Gesprächs<br />

und der Vereinbarungen zwischen<br />

Lehrpersonen, Eltern und Kindern.<br />

Stichwort: Heterogenität<br />

Förderkonzept<br />

Dazu gehört ein kompetenzorientiertes<br />

Förderkonzept, gegründet auf ein Verständnis,<br />

das Fördern als Kernauftrag<br />

von Schule begreift und realisiert. Horst<br />

Bartnitzky hat das mit den folgenden<br />

Gegenüberstellungen knapp charakterisiert:<br />

»Statt Defizitblick:<br />

Orientierung an den Kompetenzen;<br />

statt isoliertem Abarbeiten:<br />

sinnvolles Lernen in belangvollen<br />

Zusammenhängen;<br />

statt Vereinzelung:<br />

kommunikative Einbettung;<br />

statt Hilflosigkeit unterstützen:<br />

individuelle Könnenserfahrungen<br />

ermöglichen.«<br />

nach: Mechthild Pieler, Was ist ein Portfolio? 3<br />

Stichwort: Unterrichtsentwicklung<br />

Im Konzept »Pädagogische Leistungskultur«<br />

geht es um die Realisierung von<br />

vier konkreten Arbeitsaspekten für die<br />

Praxis: Lernstände feststellen, Lernentwicklungen<br />

bestätigen, Lerngespräche<br />

führen und eigene Lernwege beschreiben.<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>129</strong> • Februar 2015<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!