Grundschule aktuell 129
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Thema: Zum Umgang mit Leistungen<br />
so einen Überblick über die sehr unterschiedlichen<br />
Fähigkeiten der Kinder. 5<br />
Überaus produktiv ist es, in den Jahrgangsstufen<br />
und dann im ganzen Kollegium<br />
»Werkzeuge zur Lernstandsfeststellung«<br />
zu sichten, Erfahrungen damit<br />
auszutauschen und schließlich eine<br />
Auswahl solcher Instrumente zu vereinbaren,<br />
die dann auch Eltern vorgestellt<br />
und begründet werden kann.<br />
2. Dokumentation der<br />
Lernwege und -ergebnisse<br />
Es gibt viele Formen der Lerndokumentation.<br />
Das geht von der lehrergelenkten<br />
Sammlung von Schülerarbeiten (in<br />
einer Hängeregistratur oder, systematischer,<br />
in einer »Akte Kind«) bis zu<br />
frei von Kindern zusammengestellten<br />
»Schatzkisten« oder Sammelmappen.<br />
Sinnvoll ist auch hier ein Prozess des<br />
Austausches von Erfahrungen, der in<br />
eine gemeinsame Vereinbarung mündet:<br />
Kinder dokumentieren ihre Lernentwicklung<br />
fächerübergreifend in einem<br />
Format, das von den Lehrerinnen<br />
im Dialog mit Eltern und Kindern entworfen,<br />
vereinbart und dann auch evaluiert<br />
wird. Mechthild Pieler hat dafür<br />
einen m. E. sehr praktikablen Vorschlag<br />
gemacht (siehe Abb. »Portfolio«).<br />
Bestandteil eines solchen » Portfolios<br />
der Kompetenzen« sind Bestätigungen<br />
für erbrachte Lernleistungen und erworbene<br />
Kompetenzen. Andreas Schleicher<br />
schreibt: »Nur über motivierende Leis tungsrückmeldungen,<br />
die auch Vertrauen in die<br />
Lernergebnisse schaffen, können Lernpfade<br />
entwickelt und begleitet werden.«<br />
Übrigens kann es auch für Leistungen,<br />
die »Sozialkompetenz« zeigen, Bestätigungen<br />
und Urkunden für Kinder<br />
geben: Die Leistung, als »Präsidentin«<br />
einige Zeit den Morgenkreis oder Klassenrat<br />
geleitet zu haben oder als Klassensprecher/in<br />
mit und für die Klasse Vorhaben<br />
geplant, Konflikte besprochen, im<br />
Kinderrat mitgearbeitet zu haben, ist sicher<br />
einer solchen Bestätigung wert.<br />
Mit »Wochenrückblicken«, freien<br />
Lerntexten z. B. im Lerntagebuch oder<br />
anhand von Selbsteinschätzungsbögen<br />
denken Kinder über das eigene Lernen<br />
nach und werden zunehmend zu Expert/innen<br />
ihrer eigenen Lernwege.<br />
Die Arbeit mit Portfolios kann als eine<br />
Lernumgebung verstanden werden, innerhalb<br />
derer »Lernende sich kooperativ<br />
und selbstreflexiv mit den Ergebnissen ihres<br />
Lernens und ihren Lernprozessen auseinandersetzen«.<br />
Das Portfolio ist dabei<br />
»eine zielgerichtete Sammlung von Arbeiten,<br />
welche die individuellen Bemühungen,<br />
Fortschritte und Leistungen der/des Lernenden<br />
auf einem oder mehreren Gebieten<br />
zeigt. Die Sammlung muss die Beteiligung<br />
des/der Lernenden an der Auswahl der Inhalte,<br />
der Kriterien für die Auswahl, (…)<br />
sowie Hinweise auf die Selbstreflexion der/<br />
des Lernenden einschließen«. 6 Vom Portfolio,<br />
das Kinder selbst entscheidend mit<br />
gestalten, geht ein starker Impuls zur Eigenproduktion<br />
aus: Kinder werden deutlich<br />
weniger mit Halbfertigprodukten aus<br />
den didaktischen Supermärkten abgespeist<br />
und gestalten ihre Arbeitsergebnisse<br />
selbst. Das ist der Mühe wert und<br />
Aggression/<br />
Rückzug (+)<br />
Soziale<br />
Anerkennung (–)<br />
Lerngelegenheiten<br />
(–)<br />
Anstrengungsbereitschaft<br />
(–)<br />
Bei der Erörterung der Frage, wie<br />
die kritischen Stellen bewältigt werden<br />
können, geht es um die Erarbeitung<br />
qualitätsvoller Förderideen und um<br />
Anregungen für sinnstiftende und anregende<br />
Lernumgebungen. Unser heutiges<br />
Verständnis vom Lernen betont neben<br />
der Individualität des Lernens vor<br />
allem die Selbst-Tätigkeit des Lernenden.<br />
Von in der Schule »erlernter Hilflosigkeit«<br />
wurde schon geschrieben.<br />
Das Aufkommen solcher Hilflosigkeit<br />
kann verhindert werden, wenn systematisch<br />
individuelle Könnenserfahrungen<br />
ermöglicht werden. 7<br />
Im Dialog mit Eltern und Kindern werden<br />
Förderungen geplant und umgesetzt:<br />
Zielformulierung, Umsetzungsschritte,<br />
Keine individuelle<br />
Passung<br />
Über-/Unterforderung<br />
Erfolgszuversicht<br />
(–)<br />
Misserfolg<br />
Teufelskreis des Misslingens (nach: von der Groeben / Kaiser 2012)<br />
zeigt den Wert der Mühe. Arbeitsergebnisse<br />
sind »gesammelte Lernspuren«.<br />
Der Prozess »produzieren – sammeln –<br />
auswählen – dokumentieren – reflektieren<br />
– präsentieren« gibt den Leistungen<br />
ein Gesicht: Das Gesicht der Kinder!<br />
3. Kritische Stellen im Lernprozess<br />
Im Austausch im Kollegium und mit<br />
Eltern und Kindern wird die Frage nach<br />
den kritischen Stellen im Lernprozess<br />
gestellt: Welche Stellen im Lernprozess<br />
tragen das Risiko in sich, dass Kinder<br />
hier und im Weiteren scheitern?<br />
●●Wie können wir Lernchancen erhöhen?<br />
●●Wie können wir Lernrisiken mindern?<br />
●●Wie den Teufelskreis des Misslingens<br />
verhindern (siehe Abb.)?<br />
Unterstützung (auch durch die Eltern),<br />
Zielüberprüfung werden vereinbart.<br />
In diesem Prozess brauchen Kinder die<br />
ermutigende Zuwendung von Erwachsenen.<br />
Die Lehrerin ist Lernbegleiterin. Als<br />
Fachfrau für Lernen organisiert sie die<br />
Lernumgebung der Lerngruppe und begleitet<br />
die Lernprozesse der Kinder. Gelingender<br />
Unterricht ist nur im Arbeitsbündnis<br />
zwischen Lehrerin und Schüler<br />
möglich. Das gilt besonders für gemeinsame<br />
Lern- und Zielvereinbarungen.<br />
4. Zeugnisse: Berichte?<br />
Raster? Überhaupt?<br />
Um Zeugnisse wie um Ziffernzensuren<br />
gibt es nun schon eine jahrzehntelange<br />
Diskussion mit Erfolgen und immer<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>129</strong> • Februar 2015<br />
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