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Mitteilungen der Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften Band 15

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Genetische Variation ist die Grundvoraussetzung jedes züchterischen Handelns,<br />

d.h. ein Selektionserfolg ist nur dann realisierbar, wenn das betrachtete Merkmal genetisch<br />

variiert. Der Einsatz klassischer Pflanzenzüchtung in Kombination mit <strong>der</strong> experimentellen<br />

Mutagenese (”Mutationszüchtung”) hat sich bei wichtigen Ölpflanzen<br />

vielfach als erfolgreich erwiesen. Durch mo<strong>der</strong>ne Zell- und Gewebekulturmethoden in<br />

vitro – wie <strong>der</strong> ‘Embryo rescue‘-unterstützen Art- o<strong>der</strong> Gattungskreuzung o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

somatischen Hybridisierung (Protoplastenfusion) – bieten sich weitere Möglichkeiten<br />

zur Schaffung neuer genetischer Ausgangsvariation: So sind zwischen Brassicaceae-Arten<br />

gewisse Kreuzungsbarrieren (Inkompatibilitätsmechanismen) gegeben,<br />

die eine ungestörte Samenentwicklung i.d.R. verhin<strong>der</strong>n. Mit Hilfe <strong>der</strong> ‘Embryo rescue‘-Methode<br />

können aber Bastardpflanzen aus weiten Kreuzungen (z.B. B. napus<br />

x Raphanus sativus) erfolgreich aufgezogen werden, indem die Samenentwicklung in<br />

vitro vollzogen wird. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> experimentellen Resynthese von Raps (B. rapa<br />

x B. oleracea) kommt heute ein verstärktes Interesse zur Schaffung neuer Merkmalskombinationen<br />

zu, da synthetische Rapsformen im Hinblick auf bestimmte<br />

Zuchtziele gezielt aus selektierten B. oleracea bzw. B. rapa-Formen erzeugt werden<br />

können. Darüber hinaus gestattet die Fusionierung somatischer Zellen und anschließende<br />

Regeneration intakter Pflanzen in vitro die Erzeugung von Bastardindividuen,<br />

die aufgrund großer genetischer Distanz nicht durch sexuelle Kreuzung erstellt<br />

werden können.<br />

Darüber hinaus ermöglicht <strong>der</strong> gezielte Gentransfer („Gentechnik“) heutzutage<br />

die Übertragung definierter isolierter Gene aus <strong>der</strong> gesamten Flora und Fauna – unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Spen<strong>der</strong>pflanze und von etwaigen Kreuzungsbarrieren. Diese<br />

Entwicklung wurde durch eine Reihe von methodischen Verbesserungen ermöglicht.<br />

Zu nennen sind hier die Weiterentwicklung sowohl von vektorbürtigen Transformationssystemen<br />

– basierend auf <strong>der</strong> natürlichen Infektion durch das Bodenbakterium<br />

Agrobacterium tumefaciens – als auch einer Reihe von vektorfreien Transformationssystemen,<br />

bei denen z.B. die artfremde rekombinante Erbsubstanz in wandlose<br />

Zellen (Protoplasten) o<strong>der</strong> durch Beschuss von regenerationsfähigen Meristemen mit<br />

DNA-beladenen Partikeln integriert wird. Während die Agrobacterium-vermittelte<br />

Transformation von Raps heute als eine Routine-Methode gilt, ist beispielsweise bei<br />

<strong>der</strong> Sonnenblume und dem Lein noch Entwicklungsarbeit bis zur Praxisreife notwendig.<br />

Die Gentechnik ist ein nützliches Instrument, um erwünschte wertbestimmende<br />

Inhaltsstoff-Zusammensetzung des Ölsamen bereits in <strong>der</strong> Pflanzensorte dem späteren<br />

Verwendungszweck schneller und gezielter anzupassen. Erfolge sind hier dann<br />

zu erwarten, wenn das Wissen über die physiologischen Zusammenhänge (z.B. Biosynthesewege)<br />

so weit etabliert ist, dass es gelingen kann, solche Eigenschaften<br />

molekular zu fassen, die entsprechenden Gene zu isolieren, in an<strong>der</strong>e Pflanzen zu<br />

übertragen (Transformation) und in leistungsfähigen Sorten zu exprimieren. So gestattet<br />

die Gentechnologie einen gezielten Eingriff in den Lipidstoffwechsel, wie extreme<br />

Fettsäure-Varianten wichtiger Ölsaaten zeigen (Oil designing).<br />

Da in <strong>der</strong> Natur in bezug auf Kettenlänge, Anzahl und Lage von Doppelbindungen<br />

sowie funktionellen Gruppen (Hydroxy-, Keto-, Epoxy-Gruppen,u.v.a.m.) eine große<br />

Vielfalt an verschiedenen Fettsäuren existiert, ist zu erwarten, dass auch durch Gentechnik<br />

induzierte drastische Verän<strong>der</strong>ungen im Fettsäuremuster <strong>der</strong> Samen toleriert<br />

werden und den Pflanzen bzw. den aus <strong>der</strong> Saat aufwachsenden Keimlingen nicht<br />

schaden. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Arbeitsgruppen damit beschäftigt,<br />

die genetische Variabilität bzgl. Ölqualität von Hauptölpflanzen – insbes. Raps<br />

und Sojabohne – mit Hilfe von gentechnischen Ansätzen zu erweitern, indem sie die<br />

Aktivität bestimmter, am Fettsäure- und Lipidstoffwechsel beteiligter Enzyme soweit

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