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Aspekt im Handbuch 6Le - Volkmar Lehmann

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1<br />

<strong>Volkmar</strong> <strong>Lehmann</strong>, Hamburg<br />

1.9. DER RUSSISCHE ASPEKT<br />

1. Der grammatische Charakter des <strong>Aspekt</strong>s <strong>im</strong> Russischen<br />

2. Die <strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

3. Die aspektuelle Derivation<br />

4. Die aktionalen Lexemtypen<br />

5. <strong>Aspekt</strong> und Tempus/ Modalität<br />

Literatur<br />

Abkürzungen: AT = <strong>Aspekt</strong>-Tempus, E = ‘Ereignis’, LAF = lexikalische<br />

aktionale Funktion, V = ‘Verlauf’.<br />

1. Der grammatische Charakter des <strong>Aspekt</strong>s <strong>im</strong> Russischen<br />

Es besteht Einigkeit darüber, daß der russ. <strong>Aspekt</strong> eine grammatische<br />

Kategorie ist und darüber, welche Verben dem perfektiven (pf.) und dem<br />

<strong>im</strong>perfektiven (ipf.) <strong>Aspekt</strong> angehören (auch vollendeter - unvollendeter<br />

<strong>Aspekt</strong>, russ. sover‚ennyj - nesover‚ennyj vid). Letzteres beruht auf<br />

systematischen Funktionsoppositionen. Dagegen wird der formale Typ der<br />

grammatischen Kategorie <strong>Aspekt</strong> verschieden beurteilt, und in direktem<br />

Zusammenhang damit gibt es starke Meinungsverschiedenheiten darüber,<br />

welche Verben <strong>Aspekt</strong>paare bzw. -partner sind. Im Russ. lassen sich drei<br />

Typen grammatischer Kategorien unterscheiden, die hier durch das<br />

Verhältnis zwischen lexikalischem Stamm und grammatischen Funktionen<br />

definiert werden:<br />

• der flektivische (slovoizmenitel´nyj) Typ, vertreten u. a. durch<br />

Kasus, Numerus, Genus der Adjektive, Tempus <strong>im</strong> Indikativ;<br />

Kasus und prinzipiell Numerus der Substantive; die<br />

grammatischen Funktionen werden prinzipiell nicht vom<br />

lexikalischen Stamm <strong>im</strong>pliziert (z. B. Kasus, Numerus, Genus in<br />

novym);<br />

• der klassifizierende (klassificiruüwij) Typ, vertreten durch<br />

das Genus der Substantive (vgl. stol - stena - okno); die<br />

grammtischen Funktionen werden <strong>im</strong>mer vom lexikalischen<br />

Stamm <strong>im</strong>pliziert;<br />

• den derivationalen (slovoobrazovatel´nyj) Typ; die<br />

grammatischen Funktionen werden einerseits vom lexikalischen<br />

Stamm <strong>im</strong>pliziert, andererseits <strong>im</strong> derivierten Stamm mit<br />

grammatischem Affix formal markiert .<br />

Der russ. <strong>Aspekt</strong> wird je nach Betrachtungstradition allen drei Typen<br />

zugeordnet; zur flektivischen Auffassung vgl. VINOGRADOV (1972, 395);


2<br />

MASLOV 1984; ISACˇENKO (1968, § 203); zum <strong>Aspekt</strong> als klassifizierende<br />

Kategorie vgl. AVILOVA (1976, 41); LEHMANN 1988; PADUCĚVA 1996.<br />

Anmerkung: VINOGRADOV kann mit seiner Monographie von 1947<br />

als ein der traditionellen Linguistik verbundener, MASLOV mit den nach<br />

1948 erschienen Arbeiten <strong>im</strong> Sammelband von 1984 als ein<br />

strukturalistischer Klassiker der <strong>Aspekt</strong>ologie bezeichnet werden. In<br />

neuerer Zeit sind mehr Fragen einer funktionsorientierten<br />

<strong>Aspekt</strong>beschreibung hervorgetreten, dazu können BONDARKO 1971; 1989;<br />

GLOVINSKAJA 1982; 1989; oder PADUCµEVA 1996 als repräsentative russ.<br />

Beiträge gelten. Außerhalb der Slavistik haben sich neuerdings SMITH 1991<br />

und KLEIN 1995 eingehender zum russ. <strong>Aspekt</strong> geäußert.<br />

Nach der Akademiegrammatik von 1980 ist der <strong>Aspekt</strong> eine<br />

nichtflektivische Kategorie (neslovoizmenitel´naä kategoriä), das<br />

<strong>Aspekt</strong>paar (mit seltenen Ausnahmen) eine Opposition verschiedener<br />

Verben, zwischen denen eine Beziehung der Wortbildungsmotivierung<br />

besteht (§ 1388). Allerdings wird die Spezifik einer derivationalen<br />

grammatischen Kateorie nicht näher erläutert, der Autor des Abschnitts<br />

selbst, BONDARKO, sieht den <strong>Aspekt</strong> als flektivische Kategorie. Einen<br />

derivationalen Charakter und damit eine Sonderstellung aus typologischer<br />

Sicht erkennt dem slavischen <strong>Aspekt</strong> auch DAHL 1985 zu (vgl. auch BYBEE<br />

ET AL. 1994).<br />

In der folgenden Darstellung wird vom <strong>Aspekt</strong> als derivationaler<br />

grammatischer Kategorie ausgegangen. Grammatisch ist der <strong>Aspekt</strong><br />

deshalb, weil tendenziell jede lexikalische Bedeutung eines Verbs in einer<br />

oppositiven Konfiguration mit <strong>Aspekt</strong>funktionen auftritt (Kriterium der<br />

Obligatheit). Derivational ist der <strong>Aspekt</strong> deshalb, weil die grammatische<br />

Opposition formal und funktional auf Wortbildungsprozesse<br />

zurückzuführen ist. Der motivierende Stamm <strong>im</strong>pliziert mit seiner<br />

lexikalischen Bedeutung einen aspektuellen Default, also eine durch<br />

Umgebungsfaktoren („Kontext“) revidierbare funktionale Voreinstellung,<br />

z. B. <strong>im</strong>pliziert die lexikalische Bedeutung von otkryt´ die Funktion des<br />

pf. <strong>Aspekt</strong>s ‚episodisches Ereignis’ (s. 2.4.; „A <strong>im</strong>pliziert B“ wird hier<br />

verwendet <strong>im</strong> Sinne von „ist A gegeben, wird auf B geschlossen“). Durch<br />

Affigierung mit -va- wird dieser Default geändert, so daß dann otkryvat´<br />

die Default-Funktion des ipf. <strong>Aspekt</strong>s ‘kein episodisches Ereignis’ hat.<br />

Diese Operation ist in wesentlichen Teilen analog der Bildung von<br />

abstrakten Substantiven aus Verben oder Adjektiven, vgl. çitat´ ><br />

çtenie, belyj > belizna, oder der Ableitung von Partizipien und<br />

Adverbialpartizipien aus Verben. Resultat des Prozesses ist <strong>im</strong>mer eine<br />

Opposition, bei der das motivierende Wort mit der lexikalisch <strong>im</strong>plizierten<br />

Funktion einer Kategorie angehört, z. B. çitat´ der Kategorie Verb,<br />

grammatisch aber einer bzw. der oppositiven Kategorie, çtenie der<br />

Kategorie Substantiv. Der Bildung der russ. <strong>Aspekt</strong>opposition entspricht<br />

zwar nicht eine best<strong>im</strong>mte Affigierungsrichtung, insgesamt besteht aber ein<br />

komplementäres derivationales System (s. 3.).


3<br />

Der sich nun anschließenden Behandlung der <strong>Aspekt</strong>funktionen (s. 2),<br />

ihrer Entsprechungen in den Derivationsformen (s. 3.), ihrer lexikalischen<br />

Basis (s. 4.) und ihrer Kombination mit temporalen und modalen sowie<br />

pragmatischen Funktionen (s. 5.) liegt das Prinzip einer motivationalen<br />

Kombinatorik zugrunde: die Funktion einer motivierenden Einheit wird<br />

erweitert durch die Kombination mit einer anderen Einheit zu einer<br />

Konfiguration von Funktionen, diese Funktionskonfiguration wird<br />

ihrerseits durch Kombination zu einer größeren Konfiguration erweitert,<br />

usw. („Konfiguration“ steht hier, in Ausweitung des Begriffs von<br />

KAROLAK, z. B. 1997, für eine Kombination von Funktionen).<br />

Ausgangspunkt dieser Kette von Kombinationen be<strong>im</strong> <strong>Aspekt</strong> sind<br />

lexikalische Funktionen. Die Funktion der motivierenden Einheit ist ein<br />

Default, d.h. sie geht ohne Veränderung in eine größere Konfiguration ein,<br />

wenn sie nicht durch Umgebungsfaktoren verändert wird.<br />

Die wichtigste motivationale Kombination vorwegnehmend sei<br />

gesagt, dass entsprechend der derivationalen Natur des russ. <strong>Aspekt</strong> gilt: bei<br />

pf. telischen Verben (predel´nye glagoly) <strong>im</strong>pliziert die telische<br />

lexikalische Funktion die <strong>Aspekt</strong>funktion und die ipf. Derivate übernehmen<br />

lexikalische Funktionen atelischer Verben. Z. B. <strong>im</strong>pliziert die telische<br />

Funktion von pf. otkryt´ ‘öffnen’ dessen Funktion ‘Ereignis’<br />

(celostnost´), das ebenfalls telische ipf. Derivat otkryvat´ hat u.a. die<br />

Funktion ‘Verlauf’ (Situation mit mehreren Phasen, vgl. smotri, ona<br />

otkryvaet okno), eine Funktion also, die bei ipf. atelischen Verben wie<br />

plakat´ ‘weinen’ oder spat´ ‘schlafen’ von deren atelischen<br />

lexikalischen Funktion <strong>im</strong>pliziert wird. Umgekehrt haben die (atelischen)<br />

Derivate dieser (atelischen) Verben durch die Derivation die Funktion<br />

‘Ereignis’, vgl. pf. poplakat´, zaplakat´, pospat´.<br />

Obwohl auch wichtige aktuelle Autoren wie BONDARKO (s. o.),<br />

GLOVINSKAJA 1982 oder APRESJAN 1995 den <strong>Aspekt</strong> als flektivische<br />

Kategorie ansehen, kann doch eine forschungsgeschichtliche Tendenz hin<br />

zum <strong>Aspekt</strong> als derivationaler Kategorie postuliert werden. Bei den <strong>im</strong><br />

Folgenden zu betrachtenden aspektuellen Funktionen gibt es demgegenüber<br />

weniger eine forschungsgeschichtliche Entwicklungstendenz, als mehr eine<br />

Gruppe konstant genannter Funktionen, der eine mit wechselnder Zahl und<br />

Definition ausgestattete Gruppe von Funktionen gegenübersteht.<br />

2. Die <strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

2.1. Aktionalität und zeitliche Lokalisierung<br />

Funktionen können allgemein als „Anwesenheitsfolge“ von sprachlichen<br />

Formen in einem kommunikativen Zusammenhang best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Wenn nicht anders gesagt, sind hier mit Funktionen nur Bedeutungen von<br />

Morphemen bzw. Ausdrücken oder Komponenten von Bedeutungen


4<br />

gemeint, seien es atomare Funktionen oder Konfigurationen von<br />

Funktionen.<br />

Zwischen dem <strong>Aspekt</strong> und anderen Kategorien, besonders dem<br />

Verballexem und dem Tempus, gibt es sehr enge funktionale<br />

Wechselbeziehungen (Interaktionen, vza<strong>im</strong>odejstviä), die gegenwärtig<br />

ein zentrales Feld linguistischer <strong>Aspekt</strong>forschung darstellen. Voraussetzung<br />

für brauchbare Ergebnisse ist die begriffliche Trennung der interagierenden<br />

Komponenten.<br />

Der <strong>Aspekt</strong> ist das Ergebnis der Grammatikalisierung best<strong>im</strong>mter<br />

aktionaler Funktionen und zeitlicher Lokalisierungsfunktionen. Neben den<br />

<strong>Aspekt</strong>en haben aktionale Funktionen vor allem auch Lexeme und die<br />

Tempora (vremena glagola) zeitliche Funktionen. Die aktionalen<br />

Funktionen verschiedener Formkategorien bilden die Kategorie der<br />

Aktionalität (aspektual´nost´), die entsprechenden zeitlichen Funktionen<br />

verschiedener Formkategorien bilden die Kategorie der zeitlichen<br />

Lokalisierung. Beide gehören zur Kategorie der Zeit (temporal´nost´, dt.<br />

auch: Temporalität): die Aktionalität bezieht sich auf die innere zeitliche<br />

Relationierung von Bestandteilen aktionaler Situationen (s. dazu JACHNOW<br />

1995), und umfaßt die Kategorien der aktionalen Gestalt, der aktionalen<br />

Häufigkeit, der Phasenprofilierung (alle können Lexem-, <strong>Aspekt</strong>- und<br />

Satzfunktionen sein, s. 2.2 und 4.), der Dynamik und der Dauer (beide sind<br />

nur Lexem- oder Satzfunktionen, s. 4.3.). Die zeitliche Lokalisierung<br />

bezieht sich auf die Relationierung der aktionalen Gesamtsituation zu<br />

anderen Entitäten und umfaßt die Kategorien der Episodizität<br />

(<strong>Aspekt</strong>funktionen, s. 2.3.) und der Chronologie (Tempusfunktionen, s.<br />

5.1.).<br />

2.2. Die aktionalen <strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

Verben bezeichnen aktionale Situationen. Die Gestalt einer aktionalen<br />

Situation beruht darauf, daß diese eine best<strong>im</strong>mte innere Struktur hat. Je<br />

nach Typ realisiert die Situation ein zeitliches Ablaufschema, sie durchläuft<br />

best<strong>im</strong>mte Stadien. Der Eintritt eines neuen Stadiums besteht in einer<br />

Veränderung des bestehenden „Weltzustandes“. Eine Situation durchläuft<br />

meist mehrere Stadien, sie kann aber auch nur ein Stadium besitzen<br />

(ähnlich s. KLEIN 1995).<br />

Ein Ereignis, z. B. das Öffnen oder das Grüßen, ist eine aktionale<br />

Situation, die aus Vorstadium, Phasenstadium aus einer Phase und<br />

Nachstadium besteht. Ein Verlauf, z. B. das Spazierengehen, das Weinen<br />

oder das Schlafen, ist eine Situation mit Vorstadium, Phasenstadium aus<br />

mehreren Phasen und Nachstadium. Eine stative Situation, z. B. das<br />

Kennen oder Bedeuten, ist eine Situation, die nur aus einem Stadium ohne<br />

Phasen besteht. Im Schema: Ereignis: ---o---, Verlauf: ---ooooo---, stative<br />

Situation: ---. (Über die Beziehung zu den Begriffen ‘homogen’ und<br />

‘heterogen’ s. 4.1.)


5<br />

Intervalle <strong>im</strong> Sinne von zeitlichen Abschnitten gibt es also nur zu<br />

Ereignissen (geschlossenes Intervall) und Verläufen (offenes<br />

Gesamtintervall mit den Phasen als Teilintervallen). Stativen Situationen ist<br />

kein Zeitintervall zugeordnet.<br />

Hat eine Situation mehrere Phasen, ist sie also ein Verlauf, so kann<br />

der Anfang, eine innere Phase oder das Ende der Situation profiliert werden<br />

(zur Profilierung s. LEHMANN 1996). Vgl. (mit Akzentzeichen auf der<br />

profilierten Phase):<br />

slu‚aj, A. igraet ---ooóoo--- (progressive Funktion)<br />

zaigrat´ ---óoooo--- (ingressive Funktion)<br />

otygrat´ ---ooooó--- (egressive Funktion)<br />

Bei der Profilierung von Anfang oder Ende wird genau eine Phase<br />

und nur diese profiliert, so daß die Situation als Ereignis aufgefaßt wird.<br />

Bei der Profilierung einer inneren Phase gibt es keine Festlegung, um<br />

welche der inneren Phasen es sich handelt, so daß die Situation als Verlauf<br />

aufgefaßt wird. (Mit Phasenverben wie naçat´ - naçinat´ oder Verben<br />

wie zapet´ - zapevat´ ‘[ein Lied] anst<strong>im</strong>men’ ist die Profilierung<br />

lexikalisiert, denn das Lexem kann seinerseits wieder aspektualisiert<br />

werden und progressive Funktion haben. Bei der aspektuellen Profilierung,<br />

z. B. zaigrat´, otygrat´, ist die Ableitung eines ipf. Partners nicht<br />

möglich.)<br />

Die Phasenprofilierung (s. CHRAKOSVKIJ 1990) wird in der<br />

slavistischen <strong>Aspekt</strong>ologie in verschiedenem Umfang zum <strong>Aspekt</strong><br />

gerechnet. Während die Profilierung mit der progressiven Funktion<br />

unstrittig als eine oder sogar die „invariante“ Funktion (z. B.<br />

PADUCµEVA,1996) des ipf. <strong>Aspekt</strong>s gilt, wird die ingressive Funktion des pf.<br />

<strong>Aspekt</strong>s häufig nur in Ausdrücken wie oni po‚li bystree anerkannt<br />

(nicht aber <strong>im</strong> ingressiv markierten zagovorit´, zaçitat´) und die<br />

<strong>im</strong>plizite egressive Funktion in Kontexten wie [-Ty u e polçasa<br />

odevae‚´sä.] - Ä odenus´ çerez pät´ minut, nicht aber <strong>im</strong> egressiv<br />

markierten otgovorit´, otçitat´. Entsprechend der hier<br />

vorgenommenen Operationalisierung ist die Profilierung der Anfangs- oder<br />

End-Phase bei Verben ohne eigenen <strong>Aspekt</strong>partner grammatisch (Funktion<br />

peripherer <strong>Aspekt</strong>partner, vgl. çitat´ : zaçitat´, otçitat´), die mit<br />

eigenem <strong>Aspekt</strong>partner lexikalisch (vgl. zapet´ : zapevat´; naçat´ :<br />

naçinat´).<br />

Bei einer Situation kann auch die Ereignis-Phase oder ein phasenloses<br />

Stadium profiliert werden, vgl. die Beispiele von KNJAZEV (1989, 24):<br />

gorod byl bystro okru en (- gorod bystro okru ili) ‘profiliertes<br />

Ereignis’ | ---ó--- | gegenüber<br />

gorod byl dolgo okru en (- *gorod dolgo okru ili) profiliertes<br />

Nachstadium | ---o--´- |.


6<br />

2.3. Die Funktionen ‘episodisch’ - ‘nichtepisodisch’<br />

Wird eine Situationsphase und nur diese zeitlich in best<strong>im</strong>mter Weise<br />

lokalisiert, dann ist die Situation episodisch. Prototypisch episodische<br />

Situationen haben den Charakter direkt beobachtbarer Situationen. Per<br />

Default bezieht sich ein pf. Verb (einphasige Situation) auf eine<br />

episodische Situation, ebenso ein ipf. Verb in progressiver Funktion<br />

(Situation mit einer profilierten Binnenphase), und auf nichtepisodische<br />

Situationen beziehen sich ipf. Verben in stativer Funktion (phasenlose<br />

Situation), in iterativer (mehrere Phasen) und in allgemeinfaktischer<br />

Funktion (zeitlich nicht in best<strong>im</strong>mter Weise lokalisiert; zu den Funktionen<br />

s. 2.4.).<br />

Da Episodizität direkter sprachlicher Reflex konkreten<br />

sensumotorischen Erlebens ist, wird mit ihr die Beziehung der aktionalen<br />

Situation zum psychischen Jetzt, d. h. zur subjektiven zeitlichen<br />

Lokalisierung, erfaßt (s. LEHMANN 1994). Eine aktionale Situation wird<br />

nicht nur z. B. bezüglich der Sprechzeit lokalisiert, sondern auch bezüglich<br />

des Zeitpunktes der kognitiven Verarbeitung, also der Produktion durch den<br />

Sprecher/ Schreiber bzw. der Rezeption durch den Hörer/ Leser. Auf diesen<br />

Zusammenhang zielen in der Literatur Begriffe wie „zeitliche<br />

Lokalisierung“ (s. BONDARKO 1989), „Beobachtungszeit“, „Aktualität“<br />

oder „Zeitstellenwert“ (KOSCHMIEDER, u.a. 1934), „+T<strong>im</strong>e“, (THELIN, u. a.<br />

1990), „Konkretheit“ u. a.; mit ähnlichem Inhalt wird von „Bezugsmoment“<br />

bei aspektuellen Funktionen (s. SCHELJAKIN/ SCHLEGEL 1970), von<br />

„Referenzzeit“, „Vorstellungszeit“ bei Tempusfunktionen (s. 5.1.)<br />

gesprochen. Es handelt sich jeweils um verschiedene Momente eines<br />

Zusammenhangs, die in einer integralen Beschreibung als „subjektive<br />

zeitliche Lokalisierung“ unter Bezugnahme auf das psychische Jetzt<br />

zusammengeführt werden können.<br />

Eine subjektive zeitliche Lokalisierung ist die Konfiguration aus einer<br />

chronologischen Relation zwischen aktionaler Situation und psychischem<br />

Jetzt (PJ) als Lokalisator (s. auch 5.1.; LEHMANN 1992a). Z. B. wird mit A.<br />

otkryvaet B. ‘A. öffnet gerade B.’ das Öffnen als gleichzeitig zur<br />

Sprechzeit lokalisiert. In diesen subjektiv lokalisierenden Konfigurationen<br />

umfaßt Episodizität die Art der Beziehung zu den Komponenten der<br />

aktionalen Situation (während die Art der chronologischen Relation, z. B.<br />

‘vorzeitig’, zu den Tempusfunktionen gehört, s. 5.1). Episodisch nenne ich<br />

aktionale Situationen, wenn eines ihrer Stadien gleichzeitig zum PJ ist,<br />

nichtepisodisch solche Situationen, bei denen dies nicht der Fall ist (bei<br />

denen nur ein Stadium vorhanden und/ oder eines der Stadien nicht<br />

gleichzeitig zum PJ ist).<br />

Die folgenden Beispiele zur Episodizität sind Fälle deiktischer<br />

(sprechzeitorienierter) Tempusverwendung (s. 5.1.; das PJ, erscheint als<br />

Unterstreichung bzw. als tiefliegender Querstrich; in Klammern die<br />

Funktion des ipf. <strong>Aspekt</strong>s, s. 2.4.)<br />

Stadium gleichzeitig zum PJ -> episodisch:


7<br />

Smotri, A. otkryl äwik. | ---o--- | pf.<br />

A. otkroet äwik. | ---o--- | pf.<br />

Smotri, A. otkryvaet äwik. | ---ooooo--- | (progress.)<br />

Stadium nicht gleichzeitig zum PJ -> nichtepisodisch:<br />

Ty u e otkryval qtot äwik? | ---o--- _ | (allgem.fakt.)<br />

Ty bude‚´ otkryvat´ äwik? | _ ---o--- | (allgem.fakt.)<br />

A. obyçno otrkyvaet äwik. | ---o--- _ ---o--- | (iterativ)<br />

Situation ohne profilierte Phase -> nichtepisodisch:<br />

A. znaet äwik. | --- | (stativ)<br />

Zwischen Episodizität und aktionaler Häufigkeit (kratnost´,<br />

povtoräemost´; mit den Funktionen ‘einmalig’, ‘wiederholt’, Ø = ‘ohne<br />

Zählung’) bestehen folgende <strong>im</strong>plikative Relationen: Episodische<br />

Situationen sind per Default einmalig, wiederholte Situationen sind per<br />

Default nichtepisodisch (= iterative Funktion), beide Defaults können<br />

kontextuell verändert werden (s. 2.4. alternative Funktionen). Bei dieser<br />

Häufigkeit geht es um aktionale Situationen, wiederholte Phasen innerhalb<br />

eines Verlaufs bilden „frequentative Verläufe“, vgl. maxat´ ‘winken’.<br />

Stative Situationen sind <strong>im</strong>mer nichtepisodisch und per Default ohne<br />

Zählung; zu syntaktisch motivierten alternativen Funktionen s. 2.4; zur<br />

aktionalen Häufigkeit s. CHRAKOVSKIJ 1989.<br />

2.4. Die inhärenten und kombinatorischen <strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

Die aktionalen <strong>Aspekt</strong>funktionen sind die der Gestalt, der aktionalen<br />

Häufigkeit und der Phasenprofilierung und bilden zusammen mit der<br />

<strong>Aspekt</strong>funktion der Episodizität eine Konfiguration ‘Gestalt x & Häufigkeit<br />

y & Phase z & Episodizität w’. Die Werte für Gestalt und Episodizität sind<br />

entweder als inhärente Funktionen des <strong>Aspekt</strong>s vorgegeben oder es sind<br />

Variablen (Tabelle unten: „x“), die durch die Umgebung (wortforminterner<br />

„Kontext“, Ko-Text, <strong>im</strong>plizierter Kontext; hier: die lexikalische aktionale<br />

Funktion, s. 4.) determiniert werden.<br />

Die Funktionen für Häufigkeit und Profilierung sind Implikationen<br />

(Tabelle unten: rechts vom Doppelstrich) oder sie werden ebenfalls durch<br />

Werte der Umgebung des <strong>Aspekt</strong>s determiniert. Neben der erwähnten<br />

Implikation ‘episodisch’ -> ‘einmalig’ gilt die Implikation ‘episodischer<br />

Verlauf’ -> ‘Profilierung der Binnenphase’. Die <strong>im</strong>plizierten und die von<br />

der Umgebung determinierten Funktionen sind als peripher anzusehen, die<br />

anderen <strong>Aspekt</strong>funktionen als zentral. Vgl. die folgenden Tabelle mit der<br />

Standardfunktion des pf. <strong>Aspekt</strong>s (‘perfektivisch’, konkretnofaktiçeskoe,<br />

auch toçeçnoe znaçenie), vgl. k veçeru Petä re‚il<br />

zadaçu, und den Funktionen ‘progressiv’ (aktual´no-dlitel´noe/<br />

konkretno-processnoe znaçenie‘), vgl. Smotri, Petä re‚aet zadaçu,<br />

und ‘nichtepisodisch’ des ipf. <strong>Aspekt</strong>s:<br />

<strong>Aspekt</strong> Ereignis Verlauf episod. einmalig Phase<br />

pf. + - + + x


8<br />

ipf.1. - + + + Binnen<br />

ipf.2. x x - x -<br />

Konfiguration der inhärenten (zentralen und <strong>im</strong>plizierten)<br />

<strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

Die Ersetzung der Variablen durch best<strong>im</strong>mte Werte führt zu<br />

Funktionsvarianten der Funktion ‘nichtepisodisch’ des ipf. <strong>Aspekt</strong>s.<br />

Varianten sind Funktionen, bei denen aufgrund der Kombination mit<br />

Umgebungsfaktoren in der Konfiguration mehr Variablen als bei der<br />

Standardfunktion besetzt sind, und die nicht <strong>im</strong> Widerspruch zur<br />

Explikation der Standardfunktion stehen. Zu ‘nichtepisodisch’ sind die<br />

Varianten:<br />

• stative Funktion ‘ weder Ereignis, noch Verlauf’ (-><br />

nichtepisodisch): A. znala ego.<br />

• iterative Funktion ‘Ereignis und/ oder Verlauf & nichtepisodisch &<br />

wiederholt’: Utrom A. otkryvala ego.<br />

• allgemeinfaktische Funktion ‘Ereignis und/ oder Verlauf &<br />

nichtepisodisch & ohne Zählung & ungleichzeitig’, vgl. A. u e otkryvala<br />

ego (s. GLOVINSKAJA 1982; PADUCµEVA 1996).<br />

Sie sind in der folgenden Tabelle zusammen mit den anderen<br />

zentralen <strong>Aspekt</strong>funktionen aufgeführt (Ø für ‚ohne Zählung’):<br />

<strong>Aspekt</strong> Funktion Ereignis Verlauf episod. einmlig Phase<br />

pf. + - + + x<br />

ipf.1. progress. - + + + Binnen<br />

stativ - - - Ø -<br />

ipf.2. iterativ x x - - x<br />

allg.-fkt. x x - Ø x<br />

Die kanonischen <strong>Aspekt</strong>funktionen<br />

Die hier genannten Funktionen sind diejenigen, die konstant in der<br />

Literatur genannt werden. Hinsichtlich ihrer Funktionskomponenten sind<br />

sie komplementär und werden hier der Einfachheit halber „kanonische<br />

<strong>Aspekt</strong>funktionen” genannt. Über die Menge und Best<strong>im</strong>mung der hier als<br />

alternative Funktionen und Varianten bezeichneten Funktionen besteht<br />

dagegen in der Literatur keine Übereinst<strong>im</strong>mung.<br />

Die kanonischen <strong>Aspekt</strong>funktionen sind Standardfunktionen, d. h.<br />

funktionale Defaults, sie gelten demnach als Vorannahme in min<strong>im</strong>alen<br />

Kontexten, können jedoch durch Gegeninformationen in der Umgebung<br />

geändert werden. Funktionen von F, deren Explikation<br />

(Funktionsbeschreibung) <strong>im</strong> Widerspruch zur Explikation der<br />

Standardfunktion oder ihren Implikationen stehen, sind alternative<br />

Funktionen. So wiederspricht die sogen. exemplarische Funktion des pf.


9<br />

<strong>Aspekt</strong>s, vgl. A, byvalo, pridet i otkroet okno mit ‘nichtepisodisch,<br />

mehrmalig’ den pf. Standardfunktionen Funktionen ‘episodisch -><br />

einmalig’ (daneben mit ‘narrativ-präterital’ der temporalen<br />

Standardfunktion des ipf. Präsens); entsprechendes gilt für die sogen.<br />

summarische Funktion des pf. <strong>Aspekt</strong>s, vgl. A. neskol´ko raz otkryla<br />

okno mit der Funktionskomponente ‘mehrmalig’. Standardfunktion und<br />

alternative Funktion(en) bilden funktionale Alternationen, eine ist, wie die<br />

Beispiele zeigen, die Alternation ‘einmalig’ / ‘mehrmalig’. Vor allem diese<br />

alternativen Funktionen sind Anlaß einer breiten, nicht enden wollenden<br />

Diskussion über aspektuelle Grund-, Gesamtbedeutungen und invarianten<br />

Bedeutungen.<br />

Angesehen werden als solche oft die Funktion des pf. <strong>Aspekt</strong>s (vgl.<br />

BARENTSEN 1995 als jüngeres Beispiel) und die Funktion ‘progressiv’ (vgl.<br />

PADUCµEVA 1996) des ipf. <strong>Aspekt</strong>s (Überblick zur Invarianten-Diskussion s.<br />

GLOVINSKAJA 1982, 7-16; Literatur zu den <strong>Aspekt</strong>funktionen in 5.1.).<br />

Wenn diese oder analoge Funktionen als Invariante oder als<br />

„Gesamtbedeutung“ bezeichnet werden, dann kann dies für den pf. <strong>Aspekt</strong><br />

nur <strong>im</strong> Sinne eines Defaults akzeptiert werden, der durch Kontext, wie <strong>im</strong><br />

Falle der erwähnten exemplarischen oder summarischen Funktion,<br />

verändert werden kann.<br />

Für den ipf. <strong>Aspekt</strong> gibt es als denkbare „Invariante“ nur die Negation<br />

der pf. Standardfunktion ‘kein episodisches Ereignis’, aber selbst diese<br />

Funktion erscheint nicht in allen Verwendungen des ipf. <strong>Aspekt</strong>s, denn ipf.<br />

Verben können in best<strong>im</strong>mten Kontexten die Funktion ‚episodisches<br />

Ereignis‘ haben, etwa <strong>im</strong> performativen Präsens (vgl. pro‚u; = popro‚u),<br />

sowie <strong>im</strong> historischen Präsens (vgl. vçera A. prixodit i srazu<br />

otkryvaet okno = vçera A. pri‚la i srazu otkryla okno) und anderen<br />

Fällen des sogen. piktorialen Präsens (nastoäwee ivopisnoe), wie dem<br />

(„szenischen“) Präsens der Bühnenanweisungen, dem Präsens der<br />

Direktreportage, dem Präsens von Inhaltsangaben, oder <strong>im</strong> - historische<br />

Sprachzustände konservierenden - Präteritum zu Redeerwähnungen (vgl.<br />

„...“ govorila/ otveçala A.). Die negative „Invariante“ des ipf. <strong>Aspekt</strong>s ist<br />

also genauso ein revidierbarer Default wie die positive „Invariante“ des pf.<br />

<strong>Aspekt</strong>s.<br />

Wenn Funktionen weder Varianten noch konventionalisierte<br />

Alternativen der Standardfunktion sind (d.h. Polysemien bilden), liegen<br />

(alternative oder nicht alternative) syntaktisch motivierte Funktionen vor.<br />

So können stative, damit per Default nichtepisodische Verben episodisch,<br />

d. h. mit alternativer Ereignisfunktion gebraucht werden, ohne daß dies in<br />

die Explikation der konventionalisierten lexikalischen oder grammatischen<br />

Funktion eingeht, vgl.: Golosovali, i vdrug ego mnenie bol´‚e ne<br />

sootvetstvovalo mneniü bol´‚instva.


10<br />

3. Die aspektuelle Derivation<br />

Die russ. Verbalstämme können in Kreuzklassifikation zu den<br />

morphologischen Stammklassen oder „Formbereichen“ sämtlich auf zwei<br />

Paradigmen verteilt werden: auf die ohne aktionales Affix, d. h. die<br />

(aktional formal) unmarkierten <strong>Aspekt</strong>stämme und auf die mit aktionalem<br />

Affix, d. h. die (aktional formal) markierten <strong>Aspekt</strong>stämme. Zwischen den<br />

Stämmen mit einem gemeinsamem Formanteil und gemeinsamer<br />

lexikalischer Bedeutung besteht, wie in 1. erläutert, eine aspektuelle<br />

Derivationsbeziehung.<br />

Die Kombination eines Stammes mit den aspektuellen Affixen, z. B.<br />

mit einer Variante des <strong>im</strong>perfektivierenden Suffixes {-iva-} oder mit dem<br />

perfektivierenden Präfix {pro-}, hat folgende Auswirkungen: Es entstehen<br />

neue, aspektuell markierte Stämme, die in regelmäßiger funktionaler<br />

Opposition zu den aspektuell unmarkierten Stämmen stehen. So entspricht<br />

der formalen Opposition zwischen den Stämmen mit den Wortformen<br />

otkroü und otkryvaü oder pi‚u und napi‚u z. B. die funktionale<br />

Opposition ‘präsentisch’ - ‘futurisch’. Damit gibt es zu tendenziell allen<br />

verbalen lexikalischen Konzepten jeweils zwei oder mehr Verben, hier<br />

otkryt´ und otkryvat´, çitat´ und proçitat´, die sich jeweils auf<br />

zwei funktional oppositive Paradigmen verteilen. Diese funktional<br />

oppositiven Paradigmen haben grammatischen Status, denn sie bilden den<br />

pf. und den ipf. <strong>Aspekt</strong> als Subkategorien der grammatischen Kategorie<br />

<strong>Aspekt</strong>.<br />

Mit der Derivation entstehen somit nicht nur formal markierte<br />

<strong>Aspekt</strong>stämme wie otkryvat´ oder napisat´, es ändern auch die<br />

aspektuell unmarkierten Verbstämme ihren Status, sie werden<br />

<strong>Aspekt</strong>stämme. Vor der bzw. ohne die Derivation bilden sie ein rein<br />

lexikalisches Paradigma wie <strong>im</strong> Deutschen.<br />

Die typische Derivationsbeziehung <strong>im</strong> Russ. erfolgt in einem<br />

Dreierschritt:<br />

ipf. S<strong>im</strong>plex, pisat´<br />

> (lexikalische Derivation) präfigiertes pf. Verb spisat´,<br />

> (Derivation von <strong>Aspekt</strong>partnern) suffigiertes ipf. Verb spisyvat´.<br />

An die Stelle der alten Kontroverse, ob es eine Ableitung von<br />

<strong>Aspekt</strong>partnern mit „leeren“ (rein grammatischen) Präfixen überhaupt gibt,<br />

ist in neuerer Zeit die Kontroverse darüber getreten, welche Präfixe<br />

<strong>Aspekt</strong>partner sind und damit grammatischen Status haben. Wenn gilt, daß,<br />

wie oben postuliert, die lexikalische Bedeutung bei grammatischer<br />

Derivation gleich bleibt und die <strong>Aspekt</strong>opposition nur die aktionale Gestalt,<br />

die Episodizität sowie deren Implikationen und Varianten, nämlich<br />

aktionale Häufigkeit und Phasenprofilierung betrifft, dann gehören auch<br />

ingressive Verben wie zagovorit und egressive wie otgovorit´ zu den<br />

<strong>Aspekt</strong>partnern von govorit´, allerdings als periphere Partner (s. u.).<br />

Dieser systematischen Best<strong>im</strong>mung der <strong>Aspekt</strong>partner entspricht die <strong>im</strong>


11<br />

Grammatikalisierungsprozeß zum Ausdruck kommende Tendenz, alle<br />

<strong>Aspekt</strong>funktionen für alle lexikalischen Bedeutungen zur Verfügung zu<br />

haben und dafür auch nicht völlig delexikalisierte Affixe wie das Präfix<br />

{po-} heranzuziehen. Die auf diese Weise durch funktionale Kriterien<br />

best<strong>im</strong>mten Partnerbeziehungen wurden in LEHMANN 1988 als funktionale<br />

<strong>Aspekt</strong>partner bezeichnet (s. u. a. auch CµERTKOVA 1996).<br />

• Lexikalische Derivation findet statt, wenn die lexikalische Bedeutung<br />

verändert wird; das Derivat hat typischerweise einen eigenen<br />

<strong>Aspekt</strong>partner, vgl. vojti, spisat´, peredelat´; vyigrat´, zabyt´;<br />

osedlat´, belet´. Ohne eigenen <strong>Aspekt</strong>partner sind Aktionsart-Verben (s.<br />

4.4.) wie çityvat´, naexat´ 1000 kilometrov, nabegat´sä, vgl., bei<br />

ISACµENKO (1968, 390-413) die evolutive, exhaustive, totale, saturative,<br />

kumulative, ironisch-resultative usw. Aktionsart, die <strong>im</strong> Grunde nichts<br />

anderes als Wortbildungstypen sind.<br />

• <strong>Aspekt</strong>uelle Derivation (= Derivation von <strong>Aspekt</strong>partnern):<br />

- Derivation ipf. <strong>Aspekt</strong>partner durch Suffigierung mit {-iva-} = {-iva/yva-,<br />

-va-, -a-}: spisyvat´, otkryvat´, re‚at´, s. AG (1980, §1397-1405);<br />

- Derivation pf. <strong>Aspekt</strong>partner durch Präfigierung, vgl. stroit´postroit´,<br />

s. AG (1980, §1395-6) und durch Suffigierung mit {-nu-};<br />

- Suppletive <strong>Aspekt</strong>partner wie vzät´ - brat´, skazat´- govorit´.<br />

• Standard- und periphere <strong>Aspekt</strong>partner: Alpha-Verben (s. u.) sind<br />

Standardpartner. Gibt es zu einem alpha-Verb pro lexikalische aktionale<br />

Funktion (LAF, s. 4.2.) mehrere <strong>Aspekt</strong>partner, dann ist das Verb mit der<br />

abstraktesten Funktion der Standardpartner (Operationalisierung: das mit<br />

der am wenigsten komplexen Explikation und/ oder der größten Zahl an<br />

<strong>Aspekt</strong>funktionen), die anderen Verben sind periphere Partner. So<br />

unterscheidet sich die Funktion von pogovorit´ von der lexikalischen<br />

Funktion dieses Verbs nur durch die Funktion ‘episodisches Ereignis’,<br />

zagovorit´ und otgovorit´ daneben auch noch durch ‘Anfang’ bzw.<br />

‘Ende’ (komplexere Explikationen). Çitat´ als ipf. Partner zu pf.<br />

proçitat´ hat mehr <strong>Aspekt</strong>funktionen als ipf. proçityvat´; analog zu<br />

pf. prijti: ipf. prixodit´ ist Standardpartner, idti in der Variante<br />

‘kommen’ ist peripher; von den pf. Partnern re‚it´ und pore‚at´ zum<br />

ipf. re‚at´ ist re‚it´ als alpha-Verb Standardpartner, pore‚at´<br />

peripher. Syntaktisch motivierte, d. h. nur aufgrund best<strong>im</strong>mter<br />

kontextueller Ausdrücke, z. B. nicht inklusiver Zeitangaben, vorkommende<br />

Partner , vgl. ves´ den´ guläla - proguläla , sind als solche beide peripher.<br />

• Typen von <strong>Aspekt</strong>partnerschaften:<br />

- Als <strong>Aspekt</strong>paar <strong>im</strong> engeren Sinne können zwei Standardpartner ohne<br />

periphere Partner angesehen werden, z. B. prikazat´ - prikazyvat´.<br />

- Multiple Partnerschaften sind solche mit Standard- und peripheren<br />

<strong>Aspekt</strong>partnern, s. o. govorit´, çitat´, prijti.<br />

Eine Untergruppe bilden die sogen. Trojkas: pf. Derivat, mit ipf.<br />

motivierendem Verb und pf. sekundärem Derivat, z. B. çitat´ ><br />

proçitat´ > proçityvat´, s. z. B. PADUCµEVA (1996, 123).


12<br />

• <strong>Aspekt</strong>uell defektive Verben:<br />

- Verben ohne <strong>Aspekt</strong>partner: z. B. oçnut´sä, stative Verben wie<br />

sootvetstvovat´ (s. 4.2.). Die Zahl der <strong>Aspekt</strong>partner ist sehr<br />

verschieden je nach Konzeption des <strong>Aspekt</strong>s als grammatische Kategorie<br />

(s. 1.), sie reicht von wenigen Prozent der Gesamtsumme der Verben bei<br />

der Konzeption des <strong>Aspekt</strong>s als derivationaler Kategorie bzw. funktionalen<br />

<strong>Aspekt</strong>partnern (s. CµERTKOVA 1996) bis zu einem Drittel bei der<br />

Beschränkung auf Partner mit Suffix (MASLOV 1984; ISACµENKO 1968; s.<br />

CµERTKOVA 1996).<br />

- Zweiaspektige Verben, vgl. ispol´zovat´, obsledovat´., s.<br />

AKADEMIEGRAMMATIK (1980, §§1406-7), CµERTKOVA/ CµANG (in Druck;<br />

mit Literaturangaben) zum Übergang von zweiaspektigen Verben zu<br />

<strong>Aspekt</strong>partnerschaften durch Derivation und zur Produktivität von<br />

partnerbildenden Präfixen.<br />

4. Die aktionalen Lexemtypen<br />

4.1. Telische Funktion und Ereignis-Funktion<br />

In der Russistik stehen für die inhaltliche Beschreibung aspektueller<br />

Funktionen seit längerem zwei Begriffspaare <strong>im</strong> Vordergrund:<br />

predel´nyj - nepredel´nyj (VINOGRADOV/ Moskauer Richtung), mit<br />

den westlichen Äquivalenten „telisch - atelisch“, z.T. auch „terminativ2 -<br />

aterminativ“ oder „(nicht) grenzbezogen” und ‘celostnyj -<br />

necelostnyj’ bzw. ‘ganzheitlich - nicht ganzheitlich’ (MASLOV/<br />

Leningrader Richtung), hier als ‘Ereignis’ - ‘nicht Ereignis’. Im Westen<br />

wird in neuerer Zeit in diesem Zusammenhang, vor allem in der logischen<br />

Semantik, das Begriffspaar ‘homogene - heterogene Situation’ verwendet.<br />

Predel´nyj/ telisch wird eine Situation genannt, wenn die<br />

Semantik des Verbs eine innere, von der Natur der Situation vorgesehene<br />

Grenze anzeigt (so z. B. MASLOV 1984, 11) und die Situation daher nicht<br />

fortgesetzt werden kann, ohne eine andere Situation zu werden, vgl. z. B.<br />

das Öffnen einer Tür oder das Abschreiben eines Briefs. Nur telische<br />

Situationen sind mit inklusiven Zeitadverbialen verwendbar, vgl. Sie<br />

öffneten die Tür in wenigen Sekunden. *Sie weinten in wenigen Sekunden.<br />

Oni otkryli dver´ za neskol´ko sekund. *Oni plakali za neskol´ko<br />

sekund. Für atelische Situationen gilt das nicht. Sie könnten, wie das<br />

Weinen, Herumlaufen oder Schlafen fortgesetzt werden, ohne daß sich der<br />

Charakter der Situation (Handlung) ändert, oder sie sind stativ, so daß sich<br />

die Frage der (Nicht-)Fortsetzbarkeit nicht stellt.<br />

Ist eine Situation telisch, <strong>im</strong>pliziert dies, daß sie per Default als<br />

Ereignis, d. h. als ganzheitlich aufgefaßt wird. Sie kann weder angefangen,<br />

beendet, unterbrochen etc. werden, vgl. *naçala spisat´/ otkryt´, noch<br />

den Hintergrund für eine andere Handlung darstellen. Durch aspektuelle


13<br />

Derivation kann dieser Default geändert werden, vgl. naçala spisyvat´/<br />

otkryvat´. Dabei ergibt sich eine Konfiguration, bei der das Erreichen<br />

der inneren Grenze zwar <strong>im</strong>mer noch mitverstanden wird, jedoch nicht als<br />

Faktum, sondern als Möglichkeit des Abschlusses der Situation. Der Grund<br />

dafür ist, daß in dieser Konfiguration die progressive Funktion des ipf.<br />

<strong>Aspekt</strong>s (als Ergebnis der Derivation plus Kontext) und die telische<br />

Funktion des Lexems zusammentreffen. Diese Konfiguration wird<br />

traditionell als ‘terminativ1’ bezeichnet (vgl. daneben ‘terminativ2’ auch<br />

anstelle von ‘telisch’). Diese terminative1 Funktion ist also eine lexikalisch<br />

bedingte Variante der progressiven Funktion.<br />

Atelische Verben haben per Default entweder keine progressive und<br />

damit auch keine terminative1 Funktion und kein pf. Derivat, weil sie stativ<br />

sind, vgl. znaçit´, sootvetsvovat´, oder sie sind nicht stativ und<br />

<strong>im</strong>plizieren per Default die Verlaufsfunktion, können also <strong>im</strong> Prinzip mit<br />

Phasenverben und in progressiver Funktion auftreten (dann aber <strong>im</strong>mer<br />

nicht terminativ1, also ohne „innere Grenze“), vgl. plakat´, spat´. Bei<br />

ihren pf. Derivaten wird der Default des <strong>im</strong>pliziten Verlaufs geändert in die<br />

Funktion ‘Ereignis’ (= ‘ganzheitlich’), vgl. *naçala poplakat´/ pospat´.<br />

Insgesamt bedeutet dies, 1. daß die telische Funktion und die<br />

Ereignis-Funktion zwei verschiedene Funktionen sind; 2. daß die telische<br />

eine Funktion des Lexems ist, die bei der aspektuellen Derivation erhalten<br />

bleibt, während die Gestalt-Funktion sich von ‘Ereignis’ zu ‘Nicht-<br />

Ereignis’ ändert; 3. daß die atelische stative Funktion, vgl. znaçit´,<br />

lexikalisch ist und eine Partnerderivation verhindert; 4. daß es eine<br />

Funktion ‘atelisch nicht stativ’ gibt, vgl. plakat´, die lexikalisch, also<br />

beiden Partnerverben gemeinsam ist; sie kann mit dem positiven Inhalt<br />

‘atelischer Verlauf’ gleichgesetzt werden.<br />

Telizitäts- und Gestalt-Funktionen erscheinen in einer exemplarischen<br />

Paraphrase der aspektuellen Derivation otkryt´ > otkryvat´ (mit<br />

progressiver Funktion) wie folgt: „Vom pf. Verb otkryt´ mit telischer<br />

lexikalischer Funktion, welche die Default-Funktion ‘Ereignis’ <strong>im</strong>pliziert, die<br />

ihrerseits <strong>im</strong> Russ. grammatischen Status hat, wird abgeleitet das ipf. Verb<br />

otkryvat´, wobei die lexikalische telische Funktion selbst erhalten bleibt, die<br />

<strong>im</strong>plizierte Default-Funktion ‘Ereignis’ jedoch in die Funktion ‘Verlauf’ geändert<br />

wird, die wiederum grammatischen Status hat“ (die Episodizitätsfunktionen<br />

werden hier ignoriert). Im Schema:<br />

otkryt´ > otkryvat´ (progr. Funktion): pf. > ipf.:<br />

‘telisch -> E’ > ‘telisch (-> E)V’<br />

Umgekehrt hierzu die aspektuelle Änderung der lexikalisch<br />

<strong>im</strong>plizierten Verlaufsfunktion (atelische Lexeme können ‘Verlauf’ oder<br />

‘stativ’ <strong>im</strong>plizieren):<br />

plakat´ > poplakat´: ipf. > pf.:<br />

= ‘atelisch V’ > ‘atelisch (V)E’<br />

Die übereinst<strong>im</strong>menden Symbole E und (E) bzw. V und (V) werden<br />

unten als Namen für die entsprechenden Lexemtypen verwendet.


14<br />

Drei ergänzende Bemerkungen:<br />

1. Die mit der Derivation herbeigeführte Veränderung der Gestalt-<br />

Funktion ist ein typischer Fall der Rekategorisierung (s. 1.; LEHMANN<br />

1996; 1995), wie sie auch mit Partizipien, Verbalabstrakta oder Metaphern<br />

vorliegen: Die Situation des progressiv gebrauchten otkryvat´ gehört mit<br />

seiner von der lexikalischen telischen Funktion <strong>im</strong>plizierten E-Funktion der<br />

Kategorie der Ereignisse an, mit seiner derivationalen V-Funktion der<br />

Kategorie der Verläufe, so wie die Situation von çtenie mit seiner<br />

lexikalischen Funktion der Kategorie der aktionalen Situationen, durch die<br />

Derivation aber der Kategorie der Gegenstände angehört.<br />

2. Wenn wir als heterogen eine Situation ansehen, deren Teile nicht<br />

derselben Kategorie angehören, wie die ganze Situation, und als homogen<br />

eine Situation, deren Teile derselben Kategorie angehören, wie die ganze<br />

Situation, dann lassen sich diese Begriffe sowohl auf Telizität, als auch auf<br />

die aktionale Gestalt beziehen (‘heterogen’ auch auf Zeitadverbiale wie in 5<br />

Minuten und 5 Minuten lang). Die <strong>im</strong>plikativen Zusammenhänge wie<br />

‘telisch -> Ereignis(-Default)’ gelten dann auch für die Heterogenitätssorten<br />

und es wäre dementsprechend eine telische Heterogenität von einer<br />

Ereignis-Heterogenität zu unterscheiden, eine atelische von einer<br />

Verlaufshomogenität. Homogenität/ Heterogenität wären dann Oberbegriffe<br />

und dies der Grund für die fälschliche Annahme, daß die genannten<br />

Begriffe austauschbar seien (vgl. etwa HERWEG 1990, 53; <strong>Lehmann</strong> 1995,<br />

114).<br />

3. Ein best<strong>im</strong>mter Lexemtyp (EV-Lexeme, s. u.), ist hinsichtlich der<br />

Telizität diffus, damit auch die Gestalt-Implikationen. Die diffusen<br />

aktionalen Gestalten können und werden meist durch heterogene<br />

(„gequantelte“, s. KRIFKA 1989, 39-41) Aktanten konturiert (zur Operation<br />

der Konturierung s. LEHMANN 1996), bei den Derivaten ist die Kontuierung<br />

in der Regel durch ein best<strong>im</strong>mtes Affix markiert, vgl. z. B. çitat´ lozung<br />

> proçitat´ lozung: ‘telisch -> E’; çitat´ (ohne oder mit homogenem<br />

Aktant) > poçitat´, (dito): ‘atelisch -> V’. Wenn der Aktant keine<br />

Konturierung bringt, bleibt die Diffusität der lexikalischen Funktion<br />

erhalten, vgl. ona çitala knigu/ gazetu ‘sie hat das Buch/ die Zeitung - <strong>im</strong><br />

Buch/ in der Zeitung gelesen’: ‘telisch-atelisch -> EV’, mit<br />

unterschiedlicher Tendenz zu telischer oder atelischer Interpretation.<br />

(Allgemein zur Beziehung zwischen aktionalen Funktionen und Aktanten s.<br />

BULYGINA/ SµMELEV 1989; KRIFKA 1989; HANSEN 1996; MEHLIG 1996.)<br />

4. Die telische Funktion <strong>im</strong>pliziert <strong>im</strong> Russ. per Default auch die<br />

episodische Funktion (die atelische Funktion hat keinen<br />

Episodizitätsdefault). Diese Default-Funktion kann, so wie der <strong>im</strong>plizierte<br />

Ereignis-Default, mit dem <strong>Aspekt</strong>partner aufgehoben werden, vgl.<br />

otkryt´ > otkryvat´ (iterative, allgemeinfaktische Funktion),<br />

poprosit´ < prosit´ (dito, zur Ableitungsrichtung s. 4.2.).<br />

Fassen wir zusammen: Die grammatische Derivation erlaubt es, aus<br />

lexikalischen Konfigurationen neue Konfigurationen herzustellen, z. B.


15<br />

telische Verben entgegen ihrer lexikalischen Standard-Implikation<br />

‘Ereignis’ (= ‘ganzheitlich’) mit der Funktion ‘Verlauf’ (= ‘mit Phasen’) zu<br />

verwenden, etwa dem telischen otkryt´ durch Suffigierung die<br />

progressive Funktionsmöglichkeit zu eröffnen wie in smotri, on<br />

otkryvaet dver´.<br />

4.2. Das Verballexem (formal-funktionale Derivation)<br />

Beschreibungen lexikalischer Funktionen müssen der Tatsache Rechnung<br />

tragen, daß Verben mehr als eine lexikalische Funktion und daß diese<br />

verschiedene aktionale Gestalt haben können. So hat govorit´ mit der<br />

Bedeutung ‘sprechen’ lexikalische V-Funktion, mit der Bedeutung ‘sagen’<br />

lexikalische E-Funktion und mit der Bedeutung ‘aussagen’, vgl. zakon<br />

govorit, çto ... stative Funktion. Dazu haben diese Verben jeweils auch<br />

verschiedene <strong>Aspekt</strong>partner. Vgl. z. B. einige Bedeutungen von ipf.<br />

govorit´<br />

1. ‘sprechen’ > pogovorit´: ipf. > pf. = V > (V)E;<br />

2. ‘sagen’ > skazat´: ipf. > pf. = nichtepisod. E > epis. E;<br />

3. ‘besagen’, stativ: ohne <strong>Aspekt</strong>partner.<br />

Vgl. noch: gotovit´ > pri-/ pod-/ s-/ zagotovit´/ Ø; slu it´ ><br />

poslu it´, otslu it´, Ø. Terminologische Festlegungen sind daher für<br />

folgende Sachverhalte notwendig: Der Ausdruck Lexem für die Verben mit<br />

einer phonetischen/ graphischen Form und einer best<strong>im</strong>mten lexikalischen<br />

Bedeutung (eine Explikation), z. B. Lexem govorit´2 - skazat´ ‘sagen’<br />

(diese Verwendnung des Terminus „Lexem“ entspricht der der sogen.<br />

Moskauer semantischen Schule mit APRESJAN 1995 etc.). Der Ausdruck<br />

(Lexem-) Variante für kontextabhängige Funktionsunterschiede ein und<br />

derselben lexikalischen Bedeutung (gleiche lexikalische Explikation), vgl.<br />

z. B. oben çitat´1a [lozung]. Der Ausdruck lexikalische aktionale<br />

Funktion ( LAF) für die Gestaltfunktion (E, VE, V, ‘stativ’) einer<br />

lexikalischen Bedeutung bzw. ihrer Varianten. „LAF“ umfaßt auch die<br />

hierarchisch tieferen lexikalischen aktionalen Funktionen (s. 4.3). (LAF-)<br />

Alternation für verschiedene LAFs eines Verbs, seien es LAFs<br />

verschiedener lexikalischer Bedeutungen oder verschiedener<br />

Bedeutungsvarianten, z. B. alternieren die LAFs V/ E/ ‘stativ’ des<br />

polysemen Verbs govorit´1./2./3. oder die LAFs V/ E/ VE der Varianten<br />

der Bedeutung von çitat´1a)b)c) (s. LEHMANN 1995).<br />

Mit der Kategorie des Lexemtyps (in der Literatur meist „Verbtyp“)<br />

wird nicht nur die innere Struktur der Kategorie Verb unter lexikalischen<br />

Gesichtspunkten beschrieben, sondern zugleich die funktionale und die<br />

formale aspektuelle Derivation zusammengeführt, d. h. die Kategorie Verb<br />

wird auch unter grammatischen Gesichtspunkten beschrieben. Die Lexeme<br />

werden entsprechend der Explikation ihrer LAF kategorisiert, und zwar (am<br />

Schluß ist vor dem Schrägstrich jeweils die lexikalische Funktion genannt,<br />

welche den Gestalt-Default E, V etc. <strong>im</strong>pliziert, nach dem Schrägstrich die<br />

Entsprechung durch VENDLERS 1957 sogen. Verbklassen):


16<br />

1. E-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf das ganze<br />

Phasenstadium (Ereignis-Gestalt); vgl. otkry´(va)t´, spis(yva)at´,<br />

prikaz(yva)at´, ...; telisch/ achievements und accomplishments;<br />

2. EV-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf eine<br />

beliebige Phase des Phasenstadiums und/ oder das ganze Phasenstadium<br />

(diffuse Ereignis-Verlauf-Gestalt), vgl. (na/...)pisat´, (po)maxat´ -<br />

maxnut´, idti - pojti, (po/za)çernet´1. ‘schwarz werden’ ...; telischatelisch/<br />

bei Vendler nicht vorhanden, sie werden zusammen mit einem<br />

Aktanten jeweils als E- oder V-Verb behandelt, z.T. gar nicht, s. in 4.3.<br />

Momentan- und mutative Lexeme;<br />

3. V-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf eine<br />

beliebige Phase des Phasenstadiums (Verlaufsgestalt), vgl. plakat´,<br />

gulät´, spat´, çernet´(sä)2. ‘schwarz sein’...; atelisch l<strong>im</strong>itiert/ activities;<br />

4. stative Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf ein<br />

phasenloses Stadium (nicht Ereignis, nicht Verlauf), vgl. znat´, znaçit´,<br />

stoit´, lübit´, ...; atelisch nicht l<strong>im</strong>itiert/ statives.<br />

Die Richtung der funktionalen und der formalen Derivation st<strong>im</strong>mt<br />

zwar meistens, aus Gründen der historischen Entwicklung aber nicht <strong>im</strong>mer<br />

überein. Daher muß die funktionale Ableitungsbeziehung unabhängig von<br />

der formalen definiert werden. Es gilt: Verben, deren grammatische<br />

Funktion von der lexikalischen <strong>im</strong>pliziert ist, sind alpha-Verben, solche,<br />

deren grammatische Gestalt-Funktion auf Derivation zurückgeht, sind beta-<br />

Verben. Also sind pf. Ereignis-Verben (pf. telische Verben) und ipf.<br />

Verlaufs- und stative Verben (ipf. atelische Verben) alpha-Verben. Ipf.<br />

Ereignis-Verben (ipf. telische Verben) und pf. Verlaufsverben (pf. atelische<br />

Verben) sind beta-Verben.<br />

Bei den diffusen EV- (telisch-atelischen) Lexemen sind<br />

dementsprechend die pf. Ereignis-Verben alpha-Verben, vgl. proçitat´<br />

çto-libo, die pf. Verlaufsverben beta-Verben, vgl. poçitat´, und die<br />

nicht derivierten ipf. EV-Verben sind alpha-beta-Verben, vgl. çitat´. Mit<br />

den pf. Verben sind, wie in 4.1. erwähnt, obligatorisch best<strong>im</strong>mte<br />

Aktanten-Funktionen verbunden, die ipf. EV-Verben können durch die<br />

Aktanten zu Ereignissen bzw. Verläufen konturiert werden und haben dann<br />

syntaktisch beta- bzw. alpha-Status.<br />

Die Lexemtypen werden somit nach ihren funktionalen Merkmalen<br />

kategorisiert. Es besteht ein enger, gleichwohl nur korrelativer<br />

Zusammenhang mit den Merkmalen der formalen Derivation. Voraussagen<br />

von funktionalen auf formale Eigenschaften und umgekehrt sind also nur<br />

mit best<strong>im</strong>mten Wahrscheinlichkeiten möglich. Vgl. die zusammenfassende<br />

Übersicht:


17<br />

Lexemtyp/<br />

LAF<br />

E<br />

(telisch)<br />

EV<br />

(telischatelisch)<br />

V (atelisch)<br />

Beispiel<br />

otkryt´ ><br />

otkryvat´ 1./2.<br />

çitat´ ><br />

proçitat<br />

çitat´ ><br />

po- (za-, ot-)<br />

çitat´<br />

funktionale<br />

Derivation:<br />

alpha Verb > beta-<br />

Verb<br />

ep E > 1. ep (E)V /<br />

2. nep E<br />

EV ><br />

(EV) ep telisch E<br />

EV ><br />

(EV) ep atelisch E<br />

gulät´ > pogulät´ V > (V) ep E<br />

typische formale<br />

Derivation: Stamm<br />

> aspektuelles<br />

Derivat<br />

pf. > ipf. Derivat<br />

mit {-iva-}<br />

ipf. > pf.<br />

präfigiertes Derivat<br />

ipf. > pf. Derivate<br />

mit {po-} u.a.<br />

Präfixen<br />

ipf. > pf. Derivate<br />

mit {po-} u.a.<br />

Präfixen<br />

stativ znaçit´ stativ > - ipf. partnerlos<br />

(atel.)<br />

Funktionale und formale Derivation <strong>im</strong> Russ. (ep = episodisch, nep =<br />

nichtepisodisch)<br />

Die funktional motivierenden alpha-Verben unterscheiden sich von<br />

den funktional abgeleiteten beta-Verben u. a dadurch, daß sie meist<br />

häufiger sind, meist formal unmarkiert, daß sie kognitiv privilegiert sind (in<br />

Assoziationstests und Wort-Übersetzungen als erste genannt werden) und<br />

daß sie in der Regel vor dem beta-Verb gelernt und eine Zeit lang als<br />

alleiniger Vertreter für die lexikalische Bedeutung gebraucht werden (s.<br />

LEHMANN 1993).<br />

Untersuchungen zur aktionalen Lexik des Russischen einschließlich<br />

der „Aktionsarten“ v.a. bei MASLOV 1984 (die <strong>im</strong>mer noch zentrale Arbeit<br />

zu diesem Thema); BONDARKO/ BULANIN 1967; SµELJAKIN 1983;<br />

LEHMANN 1984; MEHLIG 1985; BREU 1985; PADUCµEVA 1996. Die<br />

Unterscheidung zwischen funktional motivierenden und funktional<br />

abgleiteten Verben wird auch von PADUCĚVA 1996 bei der Ausarbeitung<br />

ihrer sogen. T-Kategorien gemacht. Dabei handelt es sich um funktionale<br />

Verbkategorien in Weiterführung, vor allem Differenzierung der<br />

Kategorien von VENDLER 1957. Allerdings werden T-Kategorien nach pf.<br />

und ipf. Verben getrennt, d. h. die Kategorien sind nicht rein lexikalisch,<br />

sondern beziehen sich auf aspektualisierte lexikalische Bedeutungen. Die<br />

funktionale Kategorisierung von <strong>Aspekt</strong>paaren (sprich Verballexemen)<br />

erklärt PADUCĚVA (1996, 109) als Projekt der nahen Zukunft.<br />

Bei VENDLER 1957 und den meisten Verwendern seiner Kategorien<br />

wird der Unterschied zwischen Verb, Lexem und LAF nicht bzw. nicht<br />

systematisch gemacht. Aus der Tatsache, daß bei den Lexemen, die hier als


18<br />

diffus bezeichnet werden, erst die Kombination Verb & Aktant die<br />

Zuordnung der Vendlerschen Kategorien möglich macht, zieht MEHLIG<br />

1985 den Schluß, daß diese keine lexikalischen, sondern allein syntaktische<br />

(von ihm „satzsemantisch“ genannte) Bedeutungen seien.<br />

4.3. Lexikalische Subtypen<br />

Die <strong>im</strong> folgenden genannten aktionalen Subfunktionen werden besonders<br />

häufig in der <strong>Aspekt</strong>literatur erwähnt, sei es als aspektrelevante, korrelative<br />

oder in Varianten erscheinende Situationsmerkmale bzw. Funktionen. Da<br />

sie bei der Derivation von <strong>Aspekt</strong>partnern konstant bleiben, sind es keine<br />

grammatischen <strong>Aspekt</strong>funktionen, sondern Funktionen, die in erster Linie<br />

zur lexikalischen Bedeutung der Verben gehören und insofern Sub-LAFs<br />

bilden.<br />

a) M<strong>im</strong>esis, Dynamik, Dauer:<br />

• Als m<strong>im</strong>etisch wird hier die semantische Wiedergabe sensumotorisch<br />

direkt beobachtbarer (wahrnehmbarer oder erlebbarer) Situationen<br />

bezeichnet. Dieser Eigenschaft von Verben oder Prädikaten wird unter der<br />

Bezeichnung nablüdaemost´ zunehmend Beachtung geschenkt, besonders<br />

in Verbindung mit der progressiven Funktion (s. v. a. ZOLOTOVA, u. a.<br />

1995). Sie kann psycholinguistisch mit der Erfaßbarkeit durch das<br />

psychische Jetzt (s. 2.3.) korreliert und <strong>im</strong> Rahmen der Granularität von<br />

Verben beschrieben werden (s. MARSZK 1996).<br />

• Situationen mit/ ohne Zustandswechsel (externe Dynamik): Lexeme wie<br />

otkryt´ - otkryvat´, spisat´ - spisyvat´, sojti - sxodit´ geben<br />

Situationen wieder, bei denen das sinnlich wahrnehmbare bzw. erfahrbare,<br />

d.h. m<strong>im</strong>etische Nachstadium anders ist, als das Vorstadium (dieser<br />

Zustandswechsel kann be<strong>im</strong> Patiens und/ oder Agens auftreten). Verben für<br />

Sprechakte wie prikazat´ - prikazyvat´ oder für mentale Akte wie<br />

zabyt´ - zabyvat´ vermitteln keinen m<strong>im</strong>etischen Zustandswechsel,<br />

sondern einen interaktiven, nicht m<strong>im</strong>etischen „Effekt“.<br />

• Dekursive Lexeme (s. u.) können Situationen mit interner Dynamik, d. h.<br />

mit m<strong>im</strong>etischen Veränderungen <strong>im</strong> Phasenstadium, bezeichnen, vgl.<br />

(po-)plakat´, (po-)gulät´, oder solche ohne interne Dynamik,<br />

vgl.(po-)sidet´, (po-)stoät´, (po-)spat´, (po-)viset´, (po-)belet´/-sä)2.<br />

‘weiß sch<strong>im</strong>mern’. Letztere werden oft und zu unrecht mit stativen Verben<br />

vermengt, diese haben aber weder einen del<strong>im</strong>itativen <strong>Aspekt</strong>partner, noch<br />

können sie mit progressiver Funktion auftreten (s. 4.2.).<br />

• Dauer (s. BONDARKO 1989) ist relevant für m<strong>im</strong>etische Situationen:<br />

punktuelle überschreiten nicht die Zeit des psychischen Jetzt, durative<br />

überschreiten sie.<br />

b) Agentivität (entspricht weitgehend russ. kontroliruemost´) ist<br />

insofern aspektrelevant, als es z. B. eine Bedingung dafür sein kann, daß<br />

Ereignis-Verben mit terminativer1, also mit Verlaufsfunktion verwendet<br />

werden können, vgl. gegenüber dem nicht agentiven razbivat´ ‘etwas<br />

unabsichtlich zerschlagen’ ohne progressive Funktion das agentive ‘etwas


19<br />

absichtlich zerschlagen’, analog vstreçat´ 1. ‘treffen’, 2. ‘abholen’ (s.<br />

GLOVINSKAJA 1982, 89-91; PADUCµEVA 1996, 127f; ANSTATT 1996).<br />

Für die Subkategorisierung von Ereignissen und Verläufen eignen<br />

sich am besten die Funktionen ‘mit/ ohne Zustandswechsel’. Diese<br />

korrelieren am deutlichsten und mit den meisten der anderen lexikalischen<br />

Funktionen. Es ist als auf M<strong>im</strong>esis (nablüdaemost´) beruhendes Merkmal<br />

für eine Subkategorisierung der Verballexeme besser geeignet, als das<br />

Kriterium „progressive Funktion ist möglich - nicht möglich“, v. a. aus<br />

folgenden Gründen: weil die Anwendung des letzteren Kriteriums von<br />

relativ subjektiven muttersprachlichen Urteilen abhängt, weil die<br />

progressive Funktion ein Kontinuum mit Übergang zur stativen Funktion<br />

bildet (vgl. zu ä uez aü ‘ich bin dabei wegzufahren (sitze <strong>im</strong> Zug/ bin bei<br />

den Reisevorbereitungen)’ progressiv - ‘beabsichtige wegzufahren’<br />

(Einstellung des Agens, stativ), weil die Beschränkungen in der<br />

Anwendbarkeit der progressiven Funktion neben semantischen auch<br />

sprachlich strukturelle Ursachen haben können (vgl. z. B. zum<br />

unprogressiven ipf. prixodit´ engl. A. is coming) und sie daher nicht ohne<br />

weiteres auf ein best<strong>im</strong>mtes Merkmal der aktionalen Situation schließen<br />

lassen. Oder kurz gesagt: die diachrone Expansion der progressiven<br />

Funktion hat zu einfachen (vgl. kogda ona plakala, ...) und sehr<br />

spezifischen Varianten (vgl. kogda ona proigryvala/ umirala/<br />

opazdyvala/ poluçala/ ...) geführt mit jeweils wenig oder sehr<br />

spezifischem Kontext, z. T. gibt es (noch) keine progressive Funktion, zu<br />

einer Lage also, die diese Funktion nicht als hochrangiges<br />

Kategorisierungskriterium empfiehlt.<br />

Die Konfigurationen, ‘lexikalische Gestaltfunktion & mit/ ohne<br />

Zustandswechsel’, bilden folgende lexikalischen Subfunktionen (Sub-<br />

LAFs) und damit Subtypen der Lexeme mit typischen formalen/<br />

funktionalen Merkmalen (ausführlich s. LEHMANN (1995; in Druck),<br />

Beispiele nur mit alpha-Verb, zu den formalen Derivaten s. 3.):<br />

• E-Lexeme:<br />

transformativ: ‘mit Zustandswechsel’, typisch: Paare mit ±{-iva-}, vgl.<br />

otkryt´, spisat´, perejti, vyexat´, ...;<br />

konklusiv: ‘ohne Zustandswechsel’, typisch: Paare mit ±{-iva-}, vgl.<br />

prikazat´, zabyt´ oder mit inkongruenter Präfigierung (d. h., das alpha-<br />

Verb ist formal abgeleitet), vgl. poprosit´, obradovat´sä;<br />

• EV-Lexeme (genannt wird das alpha-beta-Verb):<br />

konklusiv-dekursiv: ‘ohne Zustandswechsel, nicht punktuell’, typisch:<br />

multiple Partnerschaften mit ±Präfix, vgl. çitat´, pisat´, igrat´, pet´,<br />

tancevat´; xodit´1. ‘hin- und zurückgehen’, ezdit´1.;<br />

momentan: ‘ohne Zustandswechsel, punktuell’, typisch: multiple<br />

Partnerschaften mit ±Präfix/ ±{-nu-}, vgl. maxat´ (-maxnut´,<br />

pomaxat´), kolot´, kriçat´, migat´, tolkat´, ..., z.T. Alternation mit<br />

konklusiven E-Lexemen, vgl. kriçatß 1. ‚schreien‘ 2. ‘laut sagen’;


20<br />

transformativ-mutativ: typisch: Paare oder multiple Partnerschaften mit<br />

±{po-}, vgl. çernet´1., blednet´1.;<br />

• V-Lexeme:<br />

dekursiv: ‘ohne Zustandswechsel’, Paare mit ±{po-}, vgl. plakat´,<br />

gulät´, xodit´2. ‘herumgehen‘, ezdit´2., çernet´2.(sä), ...;<br />

mutativ: ‘mit Zustandswechsel’, paarige Lexeme, usilivat´sä,<br />

otdaläetsä, doro at´, glupet´, xudet´, s. GLOVINSKAJA (1982, 86-<br />

89); PADUCĚVA (1996, 117f).<br />

Die Subtypen unterscheiden sich nicht nur in den formalen<br />

Partnerbeziehungen, sondern vor allem auch hinsichtlich der progressiven<br />

Bedeutung des ipf. Partners: sie ist eine Funktionsvariante des lexikalischen<br />

Stammes bei V- und EV-Lexemen, bei den E-Lexemen ist es ein<br />

funktionales Derivat, das bei momentanen ipf. Verben frequentative<br />

(multiplikative) Funktion hat (Verlauf als Serie von punktuellen Phasen),<br />

bei räumlichen, lexikalisch von V-Verben motivierten Verben mit relativ<br />

unspezifischen Kontexten auskommt, bei anderen, vor allem konklusiven<br />

Verben auf sehr spezifische Kontexte angewiesen ist und spezifische<br />

Varianten herausbildet, vgl. umirala ‘lag <strong>im</strong> Sterben’, opazdyvala ‘drohte<br />

sich zu verspäten’ usw. (terminativ1; s. dazu z. B. PADUCĚVA 1996, 110-<br />

116). Lexeme mit dekursiver Funktion bilden syntaktisch motivierte<br />

<strong>Aspekt</strong>partnerschaften mit perdurativem pf. Verb, (s. 3., gulät´ ças -<br />

progulät´ ças).<br />

Die meisten Fälle der Inkongruenz zwischen formaler und<br />

funktionaler Derivationsrichtung gehören zu den konklusiven Verben, vgl.<br />

prosit´, blagodarit´ (beta) - poprosit´, poblagodarit´ (alpha),<br />

systematischen Charakter hat die Inkongruenz wie in 4.2. erwähnt bei den<br />

EV-Verben.<br />

4.4. Aktionsarten<br />

„Aktionsart“ ist ein Begriff für alle Arten von „Aktionalitäten”, früher<br />

(in der Indogermanistik) für das, was heute <strong>Aspekt</strong> genannt wird. Abgesehen<br />

von der logischen semantik gilt weithin die Formel „<strong>Aspekt</strong> ist grammatisch,<br />

Aktionart ist lexikalisch“. In der Slavistik wurden die Aktionsarten als<br />

Komplement zu den <strong>Aspekt</strong>paaren (z. B. BONDARKO/ BULANIN 1967) und<br />

unter strukturalistischem Einfluß schließlich als formal markiertes<br />

Wortbildungskomplement zu den als Flexionsformen konzipierten<br />

<strong>Aspekt</strong>paaren gesehen (MASLOV 1984; ISACĚNKO 1968). Den unpaarigen,<br />

formal nicht markierten Verben wurde ein nicht weiter analysierter<br />

„Verbalcharakter“ zugesprochen.<br />

Im Sinne der Festlegung „Aktionsart ist lexikalisch“ können<br />

Aktionsarten als aktionale Kategorien von Verben best<strong>im</strong>mt werden. Nicht-<br />

Verben mit aktionaler Funktion wie çasto, vdrug bilden dementsprechend keine<br />

Aktionsarten. Zusammen mit dem determinierten Verb konstituieren sie eine<br />

syntaktisch motivierte aktionale Fügung. Die Kategorisierung der<br />

Aktionsarten muß berücksichtigen, daß ein russisches Verb obligatorisch


21<br />

mit <strong>Aspekt</strong> auftritt und fast <strong>im</strong>mer derivational motivierendes und/ oder<br />

motiviertes Verb ist. Entsprechend diesen Bedingungen, denen auch<br />

PADUCĚVAS 1996 Aktionsarten („T-Kategorien“) Rechnung tragen, sind<br />

drei Gruppen zu unterscheiden: die Aktionsarten der alpha-Verben, die der<br />

beta-Verben und die der Derivate ohne <strong>Aspekt</strong>partner.<br />

Kategorisierungskriterium ist wie bei Verballexemen die LAF, so daß<br />

für die Aktionsarten die Einteilung der Lexemtypen gilt. Zusätzliche<br />

Subkategorien ergeben sich durch spezifische Funktionen von<br />

derivationalen Affixen: bei den pf. (atelischen) beta-Verben die Del<strong>im</strong>itativa<br />

(‘eine Zeit lang ...’) wie poçitat´, poplakat´, die Ingressiva (‘anfangen zu ...’)<br />

wie zaçitat´, zaplakat´, die Egressiva (‘aufhören zu ...’) wie otçitat´,<br />

bei den Derivaten ohne <strong>Aspekt</strong>partner (s. 3.) die Verben mit rein aktionaler<br />

Affixfunktion (ipf. Iterativa wie çityvat´ oder von stativen Verben abgeleitete<br />

pf. Inchoativa wie polübit´) sowie die Derivate mit spezifischer aktionaler<br />

Funktion wie das saturative nabegatsä.<br />

Der (heutige) slavische <strong>Aspekt</strong> kann als (nicht ganz vollendete)<br />

Grammatikalisierung der allgemeinen Aktionsarten der alpha-Verben angesehen<br />

werden. Dies involviert u. a., a) daß es Übergänge vom Lexikalischen zum<br />

Grammatischen gibt, die verschieden operationalisiert werden können, b)<br />

daß die Semantik allgemeiner lexikalischer aktionaler Funktionen und<br />

aktionaler <strong>Aspekt</strong>funktionen inhaltlich übereinst<strong>im</strong>mt, und c) daß die<br />

synchrone motivationale Basis des <strong>Aspekt</strong>s lexikalisch ist; zu b) und c) s.<br />

auch TROST 1984, 253-256, BREU (1994, 30); KAROLAK 1992; 1997;<br />

LEHMANN 1993. Damit stehen die Aktionsarten als Kategorie mit eigener<br />

Semantik zur Disposition, vgl. LEHMANN 1988; GUIRAUD-WEBER 1989;<br />

KAROLAK 1992; S. demgegenüber MEHLIG 1996; ebenso SMITH 1991 mit<br />

der Trennung von „situation aspect“ und „viewpoint aspect“.<br />

5. <strong>Aspekt</strong> und Tempus/ Modalität<br />

5.1. Chronologische Funktionen<br />

Die russ. Tempora bilden formal und funktional einen so eng mit dem<br />

<strong>Aspekt</strong> verflochtenen Komplex, daß in der traditionellen Literatur meist<br />

von einem „<strong>Aspekt</strong>-Tempus-System“ gesprochen wird. In der Tat wird nur<br />

das Präteritum frei mit den <strong>Aspekt</strong>en kombiniert. Die analytische Form des<br />

Aktivs aus dem Futur von byt´ + Inf. (budu sidet´) ist ein Synkretismus<br />

aus Futur & ipf. <strong>Aspekt</strong>. Die Standardfunktion des Präsens der pf. Verben<br />

ist ‘futurisch’, die der ipf. Verben ‘präsentisch’. Synkretismen aus <strong>Aspekt</strong><br />

und Tempus sind typologisch gesehen keine Seltenheit, vgl. Aorist/ passé<br />

s<strong>im</strong>ple (= Synkretismus aus pf. <strong>Aspekt</strong> + narratives Präteritum) und<br />

Imperfekt (= Synkretismus aus ipf. <strong>Aspekt</strong> + narratives Präterium). Es ist<br />

deshalb notwendig, neben den Funktionen der Tempora und <strong>Aspekt</strong>e auch


22<br />

die der aspektuell-temporalen (AT-)Kategorien (pf. Präsens usw.) zu<br />

beschreiben.<br />

Das russ. Präteritum Aktiv in seinen Kombinationen mit den<br />

<strong>Aspekt</strong>en wiederum weist insofern eine hohe funktionale Komplexität auf,<br />

als es ein globales Tempus mit den Funktionen des deiktischen Präteritums<br />

(A. ist gekommen, A. hat geschlafen), des narrativen Präteritums (A. kam, A.<br />

schlief), des Plusquamperfekts (A. war gekommen, A. hatte geschlafen) und<br />

auch des narrativen Futurs ist (A. uexala v gorod, gde ona vystupala s<br />

dokladom ‘... wo sie einen Vortrag halten würde/ sollte/ wollte’, ipf.<br />

Präteritum des sogen. “predstoäwee v pro‚lom dejstvie“). Diese<br />

Unterschiede werden <strong>im</strong> Russischen kontextuellen Faktoren entnommen (s.<br />

LEHMANN 1992b; LEHMANN/ HAMBURGER STUDIENGRUPPE 1993).<br />

Zeitliche Lokalisierungen sind per Default deiktisch: Gibt es keine<br />

Gegeninformation, wird eine Situation relativ zur Sprechzeit lokalisiert,<br />

und zwar vor-/ gleich-/ oder nachzeitig, d. h. mit deiktisch-präteritaler,<br />

präsentischer oder futurischer Funktion des Verbs, vgl. A. otkryla/<br />

otkryvaet/ otkroet korobku. Taxisch wird in der Slavistik<br />

übereinst<strong>im</strong>mend die Lokalisierung einer aktionalen Situation durch eine<br />

andere aktionale Situation genannt (zur Taxis s. BONDARKO 1989), vgl.<br />

otkryv korobku, A. zakurila. Neben der deiktischen und taxischen<br />

Lokaliserung gibt es kalendarische, vgl. ... pervogo maä, solche durch<br />

nichtaktionale Perioden, vgl. ... do vojny (Näheres s. JACHNOW 1995) und<br />

die subjektive Lokalisierung durch das psychische Jetzt. Auf ein und<br />

dieselbe aktionale Situation können sich mehrere Lokalisatoren zugleich<br />

beziehen und eine chronologische Konfiguration bilden.<br />

Die taxische Lokalisierung kann explizit oder <strong>im</strong>plizit geschehen,<br />

(vgl. auch die ähnliche Unterscheidung von zavis<strong>im</strong>yj und<br />

nezavis<strong>im</strong>yj taksis bei BONDARKO 1987, 240-242). Explizit taxisch<br />

lokalisiert wird v. a. durch Adverbialpartizipen, Partizipien, Konjunktionen,<br />

Adverben. Vorzeitigen episodischen Situationen entspricht per Default der<br />

pf. <strong>Aspekt</strong>, vgl. mit plusquamperfektischer Funktion A. zakurila, kogda<br />

ona otkryla korobku / otkryv korobku, in der Funktion ‘Vorzukunft’<br />

<strong>im</strong>mer mit Verben des pf. Präsens, vgl. my budem kurit´, kogda A.<br />

otkroet korobku. Pf. Adverbialpartizipien haben als Standardfunktionen<br />

bei Voranstellung ‘vorzeitig’, bei Nachstellung ‘taxisch-koinzident’<br />

(‚indem‘-Relation u. ä., vgl. ona urezonila/ udivila ego, skazav, çto ...; s.<br />

RU˚ZǏCǨA 1980, 175f); letztere Funktion können auch die ipf.<br />

Adverbialpartizipien haben, neben ‘episodischer Verlauf’ (-> ‘gleichzeitig’)<br />

und ’nichtepisodisch’.<br />

Indirekte taxische Chronologien sind taxische Inferenzen bei<br />

kohärenter deiktischer Lokalisierung mehrerer Situationen oder Analoga<br />

dazu (s. u.). Sie treten bei episodischen Situationen auf als Sequenz (pf. &<br />

pf., vgl. A. vo‚el i otkryl korobku), als Parallelismus (ipf. & ipf., vgl. B.<br />

vxodila i otkryvala korobku) oder als Inzidenz (pf. & ipf.; vgl. A. vo‚el,<br />

kogda B. otkryvala korobku); s. LEHMANN (u. a. 1978, 119f; 1980). Diese


23<br />

Form-Funktionsbeziehungen sind Defaults, die in verschiedenster Weise<br />

aufgehoben werden können, z.B. durch potom in oni xodili po gorodu,<br />

potom sideli v parke (zu den <strong>im</strong>- und explizit interagierenden Faktoren s.<br />

LEHMANN/ HAMBURGER STUDIENGRUPPE 1993). Der ipf. <strong>Aspekt</strong> hat bei<br />

Parallelismen und Inzidenzen progressive Funktion. Gibt es eine taxische<br />

Lokalisierung, dann tritt der deiktische Default zurück, z.B. in narrativer<br />

Rede, oder er wird el<strong>im</strong>iniert, so bei sogen. atemporalen Prädikaten, vgl.<br />

esli sprosi‚´/ spra‚ivae‚´, to i otvetät / otveçaüt. Grundlage der<br />

atemporalen Interpretation eines Prädikats ist meist ein generischer Aktant<br />

(s. dazu HANSEN 1996).<br />

Eine best<strong>im</strong>mte Konfiguration von taxischer und deiktischer<br />

Chronologie hat einen Sonderstatus: in der narrativen Rede (PADUCĚVA<br />

1996: narrativnyj re <strong>im</strong>) ist taxische Chronologie mit deiktischer<br />

Vorzeitigkeit verbunden. Die Besonderheit der narrativen Konfiguration<br />

gegenüber anderen taxisch-deiktischen Konfigurationen besteht darin, daß<br />

es eine Anzahl spezieller formaler Ausdrucksmittel dafür gibt, <strong>im</strong> Russ.<br />

u. a. das narrative pf. Passiv mit byt´ <strong>im</strong> Präteritum, vgl. korobka byla<br />

otkryta ‘die Schachtel wurde/ war geöffnet (worden)’, gegenüber dem<br />

deiktischen pf. Passiv ohne byt´-Form, vgl. korobka otkryta ‘die<br />

Schachtel ist geöffnet (worden)’ (den deutschen Alternativen mit<br />

plusquamperfektischer Funktion und Vorgangs-/ Zustandspassiv<br />

entsprechen <strong>im</strong> Russ. verschiedene Kontexttypen).<br />

Lexikalisch wird narrative Rede z. B. durch odna dy oder na<br />

sleduüwij den´ indiziert, syntaktisch durch die Inversion des eine<br />

Redeerwähnung anzeigenden Verbs, vgl. „...” skazal on. Die explizite und<br />

<strong>im</strong>plizite funktionale Spezifik der narrativen Rede <strong>im</strong> Slavischen wird<br />

ausführlich behandelt u.a. in. LEHMANN 1992b (zum strukturell analogen<br />

Polnischen) und besonders PADUCµEVA (1996, zum Russ.). Im Deutschen,<br />

Englischen, Französischen usw., in den älteren Stufen aller slavischen<br />

Sprachen und den modernen südslavischen Sprachen wird narrative Rede<br />

vor allem auch durch Tempora wie narratives Präteritum, vgl. A. kam vs. A<br />

ist gekommen, Plusquamperfekt, Aorist, Imperfekt indiziert.<br />

Die Menge der expliziten und <strong>im</strong>pliziten Einheiten der narrativen<br />

Rede kann als „narratives (N-) Register“ bezeichnet werden (zum<br />

Registerbegriff s. ZOLOTOVA, z. B. 1995; westliche Ansätze s. WIEMER, in<br />

Druck). Die Verwendung von Einheiten des narrativen Registers führt<br />

dazu, daß eine Äußerung von Anfang an als narrativ interpretiert wird, vgl.<br />

odna dy, oder daß in einer Äußerung zu narrativer Rede umgeschaltet<br />

wird oder daß der narrative Redestatus bestätigt wird (zur Analyse solcher<br />

Phänomene s. APPEL 1996).<br />

Demgegenüber führen die Einheiten des Default- (D-)Registers zu<br />

einer deiktischen Interpretation der Äußerung. Diese gilt so lange, d.h. eine<br />

beliebige Äußerung ist solange D-Rede, bis der deiktische Default<br />

überlagert wird durch taxische, insbesondere eben in narrativer Rede (dann


24<br />

dominiert die taxische Chronologie), oder daß er durch taxische<br />

Chronologie ersetzt wird (s. o. die atemporalen Lokalisierungen).<br />

Neben der deiktischen und taxischen zeitlichen Lokalisierung gibt es<br />

die relative Lokalisierung, bei der die Situation nicht bezüglich der<br />

aktuellen Sprechzeit, sondern bezüglich des vom syntaktisch regierenden<br />

Verb genannten Sprechakts, Denkakts, Meinungszustands, der Einstellung<br />

usw. lokalisiert wird, vgl. B. skazala/ dumala, çto A. pri‚la ‘[B sagte,<br />

daß] A gekommen ist/ sei’ (ausführlich s. BONDARKO 1971, 112ff). Hier<br />

bezieht sich die Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit einer aktionalen<br />

Situation auf eine Situation mit propositionalem Partizipanten. Letztere<br />

wird typischerweise explizit von einem anderen, syntaktisch<br />

übergeordneten Verb mit propositionalem Aktanten genannt, einem<br />

Sprechaktverb, einem Verbum putandi, sentiendi usw. Im Russ.<br />

unterscheidet sich die Rede mit relativer Chronologie allenfalls syntaktisch,<br />

nicht aber, wie z. B. <strong>im</strong> Deutschen, morphologisch von der Rede <strong>im</strong> D-<br />

Register. Neben der absoluten oder relativen Sprechzeit und anderen<br />

aktionalen Situationen können als zeitliche Lokalisiatoren weiterhin<br />

nichtaktionale Entitäten oder kalendarische Perioden oder Daten fungieren.<br />

Die geläufigen Tempusfunktionen und damit der temporale Anteil der<br />

AT-Funktionen können somit beschrieben werden als Konfigurationen aus<br />

‘(D-/ N-) Register & chronologische Relation (C) vor-/ gleich-/ nachzeitig’,<br />

d. h. C (AS, L) mit AS für die lokalisierte aktionale Situation und mit L für<br />

den zeitlichen Lokalisator, also die Entität, vor-, gleich- oder nachzeitig zu<br />

der die aktionale Situation AS lokalisiert wird. Be<strong>im</strong> D-Register steht für L<br />

die Sprechzeit, be<strong>im</strong> N-Register typischerweise eine best<strong>im</strong>mte, von einem<br />

kontextuellen Verb genannte aktionale Situation.<br />

Zum D-Register gehören die Standardfunktionen des ipf. und pf.<br />

Präsens, vgl. A. prixodit ‘präsentisch = D-gleichzeitig’, A. pridet<br />

‘futurisch = D-nachzeitig’ und des ipf. Futurs A. budet spat´ ‘dito’ mit<br />

ihren aktionalen bzw. aspektuellen Varianten, sowie das D-Präteritum, vgl.<br />

A. pri‚la / prixodila ‘A. ist gekommen’‘D-präterital = D-vorzeitig’.<br />

Zum N-Register gehören das N-Präteritum (‘N-gleichzeitig’) mit N-<br />

Sequenz, N-Parallelismus und N-Inzidenz, und das ihm äquivalente<br />

historische Präsens, vgl. vçera A. vxodit ..., D. sidit ..., das<br />

plusquamperfektische Präteritum (‘N-vorzeitig’) und das erwähnte N-Futur<br />

(‘N-nachzeitig’).<br />

<strong>Aspekt</strong>oppositionen unterscheiden bei Vor- und Nachzeitigkeit, sei<br />

sie deiktisch oder taxisch, per Default episodische und nichtepisodische<br />

Situationen, vgl. mit allgemeinfaktischer Funktion des ipf. <strong>Aspekt</strong>s: A.<br />

pri‚la - prixodila 1. deiktisch: pf. ‘A. ist gekommen = A. ist hier’ - ipf.<br />

‘A. war hier’; 2. taxisch: pf. ‘A. war gekommen (als ...) = A. war da (als<br />

...)’ - ipf. ‘A. war da gewesen (als ...)’.<br />

Die beste und aktuellste Darstellung der aspektuellen AT-Funktionen<br />

findet sich bei GLOVINSKAJA 1989; umfassende Darstellungen dieser wie<br />

auch aktionaler Funktionen weiterhin in BONDARKO 1971; 1989;


25<br />

RASSUDOVA 1982; SCHELJAKIN/ SCHLEGEL 1970; KRATZEL 1971;<br />

FORSYTH 1970; GALTON 1976; GUIRAUD-WEBER 1988, jeweils auch über<br />

aspektuell-modale Funktionen; zum pf. Präsens s. RATHMAYR 1976; zum<br />

Präsens s. MEHLIG 1995; zum Präteritum s. POSPELOV 1948; zum ipf. Futur<br />

s. LEHMANN 1985; zum Adverbialpartizip s. RU˚ZǏCǨA (1980, 16ff); zur<br />

Häufigkeit der AT-Funktionen in Textsorten aller funktionalen Stile s.<br />

APPEL 1996.<br />

Daß die in der philologisch orientierten Literatur zur Beschreibung<br />

von Funktionen quasi als typologische Begriffe herangezogen traditionellen<br />

Tempus-Termini, z. B. „Aorist-Funktion“ oder „perfektische Funktion“<br />

genauer definiert werden müssen, zeigt etwa der Aorist-Begriff von<br />

POSPELOV 1948, bei dem die narrative (N-präteritale) und die deiktische<br />

(nämlich allgemeinfaktische) Funktion nicht unterschieden werden.<br />

Für die Erklärung der chronologischen Interpretation von<br />

Äußerungen wird die Lokalisierung in Bezug auf das psychische Jetzt<br />

(s. 2.3.) gebraucht. Die <strong>im</strong>plizite taxische Chronologie wird mithilfe des<br />

psychischen Jetzt und der aktionalen Gestalt erschlossen (s. hierzu<br />

LEHMANN 1992a; 1993). Das zugrundeliegende kognitive Prinzip ist<br />

unabhängig von einzelsprachlichen Strukturen. Auch <strong>im</strong> Deutschen wird<br />

sie las und rauchte als Parallelismus, sie öffnete die Schachtel und setzte<br />

sich als Sequenz verstanden. Grundlage ist die lexikalische aktionale<br />

Gestalt; sie kann <strong>im</strong> Russ. durch aspektuelle Derivation so verändert<br />

werden, daß die Darstellung von Sequenzen, Parallelismen und Inzidenzen<br />

tendenziell mit allen lexikalischen Bedeutungen (außer den stativen)<br />

möglich wird.<br />

In der Direktreportage, wo der ipf. <strong>Aspekt</strong> präsentische Funktion hat<br />

und die aktionale Gestalt eine lexikalische und keine aspektuelle Funktion<br />

ist, haben wir die Verhältnisse wie <strong>im</strong> Deutschen: Süda s levogo kraä<br />

prixodit s mäçom Bloxin, obvodit zawitnika i sil´no b´et po<br />

vorotam. Gol! (Beispiel von APRESJAN 1995). Aufgrund der lexikalisch<br />

determinierten Ereignisgestalten wird eine Sequenz erschlossen, der Hörer<br />

stellt sich vor: ‘Jetzt kommt Blochin von links, jetzt umspielt B. den<br />

Verteidiger, jetzt schießt B. aufs Tor‘.<br />

Wenn wir nun statt der Direktreportage für denselben Satz den<br />

Kontext eines historischen Präsens annehmen, ändert sich an der<br />

Interpretation als Sequenz nichts. Was sich ändert ist das Wissen, daß die<br />

benannten Aktionen nicht gleichzeitig mit dem Sprechen und Vorstellen<br />

stattfinden, sondern früher. Denselben Effekt, erhalten wir, wenn wir in<br />

jenem Satz das Präsens durch das Präteritum ersetzen würden: pri‚el<br />

Bloxin i obvel zawitnik - wiederum wird eine Sequenz verstanden.<br />

Auch hier stellt sich der Leser vor: ‘Jetzt kommt Blochin, jetzt umspielt B.<br />

den Verteidiger’ und zieht daraus den Schluß, daß die Handlungen<br />

nacheinander stattfinden (enzyklopädisches Wissen über objektive Abläufe<br />

spielt hier keine Rolle, die Situationen würden auch in umgekehrter<br />

Reihenfolge als Sequenz verstanden). Das deutsche und das russ.


26<br />

Präteritum zeigen hierbei Vorzeitigkeit zur Sprechzeit an (so dass das<br />

„jetzt“ in der Explikation nur noch die subjektive Vorstellungszeit, das<br />

psychische Jetzt, wiedergibt). Das deutsche Präteritum indiziert darüber<br />

hinaus das N-Register, während die taxische Chronologie erschlossen wird.<br />

Im Russ. wird das N-Register aus dem Kontext erschlossen, dagegen wird<br />

der pf. <strong>Aspekt</strong> wegen der aktionalen Ereignis-Gestalt verwendet.<br />

‘Der Hörer/ Leser stellt sich vor: jetzt kommt Blochin, ...’ ist die<br />

Umschreibung für Gleichzeitigkeit der Situation zum psychischen Jetzt,<br />

d. h. gleichzeitig zur Verarbeitungszeit be<strong>im</strong> Hören/ Lesen; ‘der Hörer/<br />

Leser stellt sich vor: jetzt ist Blochin gekommen, ...’ steht für ‘vorzeitig<br />

zum psychischen Jetzt’. Diese subjektive Vorzeitigkeit ergibt <strong>im</strong> D-<br />

Register D-präteritale („Perfekt-“) Funktion, vgl. ‘A. ist gekommen’, in N-<br />

Register ergibt sie plusquamperfektische Funktion, vgl. ‘A. war<br />

gekommen’. Die subjektive Gleichzeitigkeit ergibt bei zwei nacheinander<br />

vorgestellten Ereignissen, vgl. ‘B. kommt und schießt’, ‘B. kam und schoß’<br />

eine Sequenz, bei zwei nacheinander vorgestellten Verläufen, vgl. ‘B. läuft<br />

und gestikuliert’, ‘B. lief und gestikulierte’, einen Parallelismus.<br />

Die <strong>Aspekt</strong>e sind damit ein wichtiger Faktor bei der Konstitution<br />

textueller Kohärenz. Im D-Register wird temporale Kohärenz durch den<br />

kontinuierlichen Bezug zur Sprechzeit geschaffen, <strong>im</strong> N-Register durch die<br />

taxischen („anaphorischen“) Vernetzungen (s. LANGNER/ MARSZK 1993).<br />

Die jeweils abgebildeten Sachzusammenhänge wurden allgemein von<br />

WEINRICH 1977 als besprochene bzw. als erzählte Welt abgehandelt (zum<br />

Russ. s. LEHMANN 1978), freilich ohne die Kategorie <strong>Aspekt</strong> zu<br />

berücksichtigen. Dadurch bleibt auch seine als „Reliefgebung“ bezeichnete<br />

textlinguistische Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund zu grob<br />

(ähnlich auch das sogen. “grounding“, vgl. den Überblick von WEISS<br />

1995).<br />

Zu trennen ist ein Hintergrund aus nichtepisodischen Situationen<br />

(stative, iterative und allgemeinfaktische Funktion des ipf. <strong>Aspekt</strong>s) von<br />

einem Vordergrund aus episodischen Situationen. Dieser episodische<br />

Vordergrund kann seinerseits, wenn er eine Inzidenz bildet, einen<br />

episodischen Verlaufs-„Hintergrund“ (Fond; progressive Funktion des ipf.<br />

<strong>Aspekt</strong>s) für den Eintritt eines episodischen Ereignisses (pf. <strong>Aspekt</strong>) bilden<br />

(zu genaueren chronologischen Relationen s. LEHMANN/ RAUCHENECKER<br />

1995, 203; erste relevante Behandlung bei KOSCHMIEDER 1934).<br />

In den - meist logisch orientierten - Tempus-Theorien nach<br />

REICHENBACH 1947 (zum Russischen s. LEHMANN 1978 und besonders,<br />

mit textlinguistischer Orientierung, PADUCµEVA 1996) entspricht den<br />

Tempora des D-Registers die Gleichzeitigkeits-Relation der Sprechzeit zu<br />

einer postulierten Referenzzeit, den Tempora des N-Registers die<br />

(Un-/)Gleichzeitigkeits-Relation der aktionalen Situation zur Referenzzeit,<br />

die beide vorzeitig zur Sprechzeit sind. Dabei bleibt jedoch offen, für<br />

welche reale Tatsache die Referenzzeit steht.


27<br />

5.2. <strong>Aspekt</strong>uell-modale und andere pragmatische Funktionen<br />

Die AT-Kombinationen stehen <strong>im</strong> Indikativ. Komplementär dazu sind die<br />

Kombinationen des <strong>Aspekt</strong>s mit Modus und Modalausdrücken (Literatur<br />

s. 5.1. und <strong>Handbuch</strong>-Kap. 2.8.). Der <strong>Aspekt</strong> hat die Funktion, modale<br />

Umgebungen pragmatisch zu modulieren, zu differenzieren. Standard ist:<br />

bei episodischen Situationen (alethischer, deontischer und epistemischer<br />

Modalität) wird der pf., bei nicht episodischen Situationen der ipf. <strong>Aspekt</strong><br />

gebraucht. Vgl. episodisch: (ty) pridi zavtra, zavtra ty mo e‚´/ ona<br />

mo et prijti, zavtra (ej) nado/ nel´zä (‘kann nicht‘) prijti.<br />

Nichtepisodisch: Regulärno prixodi/ ty mo e‚´ regulärno/ ona mo et<br />

regulärno prixodit´, (ej) nado/ nel´zä regulärno prixodit´. Diese<br />

Standards gelten auch für die meisten Infinitive, die von schwach oder nicht<br />

modalen finiten Verben abhängen, vgl. A. xotela/ re‚ila otkryt´/<br />

otkryvat´ korobku.<br />

Alternative Funktionen zu diesem Standard können auf ein<br />

best<strong>im</strong>mtes Verhältnis zwischen Präsupposition und Assertion<br />

zurückgeführt werden, das auch für Verwendungen in nicht <strong>im</strong> engeren<br />

Sinne modalen Umgebungen gilt. Vgl. die Oppositionen zwischen<br />

Standardfunktionen und alternativen Funktionen in den folgenden<br />

Umgebungen:<br />

• Deontische Modalität (Imperativ, Infinitiv, s. LEHMANN 1989;<br />

CHRAKOVSKIJ 1990). Standard: pf., s. o.; Alternative: ipf., vgl. Ty prixodi<br />

(Erlaubnis), Ty ne prixodi/ ne nado/ nel´zä prixodit´ (Verbot, Abraten,<br />

u. a.), mo e‚´ ne prixodit´ (Erlaubnis), ne stoit prixodit´<br />

(Abraten);<br />

• Negiertes Prädikat. Standard: ipf., vgl. Ona ne pomnila. (meist als stative<br />

Funktion interpretiert). Alternative: pf., vgl. Ona ne vspomnila. [Vse<br />

dumali, çto ona vspomnit.]<br />

• Futurisches Ereignis. Standard: pf., vgl. ä vozra u, Alternative: ipf., vgl.<br />

ä ewe budu vozra at´ vam, s. RASSUDOVA (1982, 78); dies gilt für<br />

Ereignis-Lexeme, s. LEHMANN 1985.<br />

• Existenzial-Kontext. Standard: ipf., vgl. Ty u e çitala Annu<br />

Kareninu? (‘hast du A.K. schon einmal gelesen?’, typische Realisierung<br />

der allgemeinfaktischen Funktion); Alternative (<strong>im</strong> Kontext: Ty ved´<br />

xotela/ dol na byla proçitat´ A. K.): pf., vgl. Ty ewe ne/ ty u e<br />

proçitala Annu Kareninu? s. u. a. RASSUDOVA (1982, 44).<br />

Im deontischen Kontext gibt es bei Verwendung des ipf <strong>Aspekt</strong>s die<br />

Präsupposition, daß der Agens die propositionale Einstellung hat, die <strong>im</strong><br />

Verb genannte Handlung zu vollziehen, d.h., dem (präsumptiven)<br />

Handelnden wird mit der Verwendung des Verbs <strong>im</strong> ipf. <strong>Aspekt</strong><br />

„unterstellt“, daß er die Handlung ausführend will oder darauf zumindest in<br />

irgendeiner Weise eingestellt ist (vgl. zur Einstellung bei deontischer<br />

Modalität LEHMANN 1989; CHRAKOVSKIJ 1990). Be<strong>im</strong> Existenzial-Kontext<br />

ist die Einstellung des Agens mit dem pf. <strong>Aspekt</strong> verbunden.


28<br />

Höflichkeit ist keine direkte Funktion des ipf. <strong>Aspekt</strong>s <strong>im</strong> Kontext des<br />

Imperativs, die per Default höflichen Aufforderungen vxodite,<br />

proxodite, sadites´ sind als idiomatisierte Ausdrücke zu interpretieren.<br />

In entsprechenden Kontexten kann der ipf. Imperativ auch ausgesprochen<br />

groben Charakter haben.<br />

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