876 086 949.51 - Historische Gesellschaft der Deutschen Bank e.V.
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end eingesetzt werden können. Eine neue Phase<br />
antizyklischer Finanzpolitik würde dann durch Ab-<br />
bau <strong>der</strong> Reserven statt durch Aufnahme neuer Schul-<br />
den beginnen. Richtig erscheint es uns, daß die Bun-<br />
desregierung die Bedeutung <strong>der</strong> Investitionen für<br />
das weitere Wachstum unterstrichen hat, indem sie<br />
auf eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Abschreibungssätze und eine<br />
Erhöhung <strong>der</strong> steuerlichen Belastung <strong>der</strong> Investitio-<br />
nen verzichtete.<br />
Die restriktiven Maßnahmen <strong>der</strong> Bundesbank hat-<br />
ten schon bis zum Februar 1970 durch die interna-<br />
tionale Liquiditätsverknappung und Hochzinspolitik<br />
verstärkte Wirksamkeit erlangt. Trotzdem fühlte sich<br />
die Bundesbank nach Bekanntwerden <strong>der</strong> Preisan-<br />
stiegszahlen bei den Lebenshaltungskosten und in-<br />
dustriellen Erzeugerpreisen für Januar angesichts<br />
des Ausbleibens stabilitätspolitischer Maßnahmen<br />
von seiten <strong>der</strong> Bundesregierung in Übereinstimmung<br />
mit dieser bewogen, am 6. März neue drastische<br />
Schritte zu ergreifen. Sie erhöhte den Diskont auf<br />
7%%, den höchsten bisher in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
angewandten Satz, hob den Lombardsatz auf 9%%<br />
an und belegte die Zunahme <strong>der</strong> Verbindlichkeiten<br />
von Kreditinstituten gegenüber dem Ausland mit ei-<br />
ner zusätzlichen Mindestreserve von 30%. Damit hat<br />
die Bundesbank, nachdem sie zunächst den Wirkun-<br />
gen ihrer bisherigen Restriktionspolitik zu vertrauen<br />
schien, doch noch einmal den Druck auf die Wirt-<br />
schaft verstärkt, noch dazu in einem Augenblick, in<br />
dem in einigen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n erste Anzeichen für<br />
eine allmähliche Auflockerung <strong>der</strong> Notenbankpolitik<br />
zu erkennen sind.<br />
Die Wirtschaft steht damit gleichzeitig unter dem<br />
Druck <strong>der</strong> Aufwertungsfolgen, einer kontraktiv wir-<br />
kenden Fiskalpolitik und einer äußerst restriktiven<br />
Kreditpolitik <strong>der</strong> Bundesbank. Einverständnis besteht<br />
darüber, daß alle diese Faktoren nicht kurzfristig<br />
Preissteigerungen verhin<strong>der</strong>n können, <strong>der</strong>en Ursa-<br />
chen in früheren Entwicklungen liegen. Notwendig<br />
ist eine Beendigung des inflatorischen Klimas in <strong>der</strong><br />
Preis- und Lohnpolitik. Es sollten jetzt die Auswir-<br />
kungen <strong>der</strong> getroffenen Maßnahmen abgewartet und<br />
nicht immer wie<strong>der</strong> neue Pläne zur Konjunkturdämp-<br />
fung in <strong>der</strong> Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt wer-<br />
den. An die Stelle <strong>der</strong> Dramatisierung uqerer wirt-<br />
schaftspolitischen Situation und ständig wechseln-<br />
<strong>der</strong> Akzentsetzungen sollte eine ruhigere, etwas Iän-<br />
gerfristige Betrachtungsweise treten.<br />
Geld- und Kreditwirtschaft -<br />
vor und nach <strong>der</strong> Aufwertung<br />
Die große Zäsur für die Geld- und Kreditwirtschaft<br />
brachte die Aufwertung <strong>der</strong> D-Mark. 10 Monate des<br />
Jahres standen im Zeichen <strong>der</strong> Liquiditätsfülle, die<br />
im Mai und September durch zwei Wellen extrem<br />
hohen Zustroms spekulativer Auslandsgel<strong>der</strong> noch<br />
verstärkt wurde:Die Kreditnachfrage bewegte sich in<br />
dieser Periode bei größeren Schwankungen insge-<br />
samt auf wesentlich höherem Niveau als im Vorjahr.<br />
Sie konnte jedoch aus <strong>der</strong> stark wachsenden Ein-<br />
lagenbildung bei den <strong>Bank</strong>en ohne Schwierigkeiten<br />
befriedigt werden.<br />
Die Bundesbank vollzog seit dem Frühjahr 1969<br />
eine Kursschwenkung. Sie ging auf eine restriktive<br />
Linie, um die Preisauftriebstendenzen zu bekämpfen.<br />
Ihre ursprünglich nur sanft bremsende Politik ver-<br />
schärfte sie im Laufe des Jahres mehr und mehr. In<br />
drei Stufen von je 1% setzte sie den Diskontsatz in-<br />
nerhalb von fünf Monaten von 3% auf 6% herauf.<br />
Dieser erreichte damit im September einen Satz, wie<br />
er in <strong>der</strong> Bundesrepublik bisher nur einmal -während<br />
<strong>der</strong> Korea-Krise - gegolten hatte. Sie erhöhte zudem<br />
die Mindestreserven und kürzte die Rediskont-Kon-<br />
tingente für die <strong>Bank</strong>en. Daß diese Maßnahmen bis<br />
zur Aufwertung nicht voll wirksam wurden, lag an<br />
dem massiven Zuflliß von Auslandsgel<strong>der</strong>n. Mit<br />
Hilfe <strong>der</strong> Swap-Politik versuchte die Bundesbank<br />
zwar, die hereinströmenden Auslandsgel<strong>der</strong> möglichst<br />
schnell wie<strong>der</strong> in den internationalen Kreislauf zu-<br />
rückzubringen, doch konnte dieser Politik bei den<br />
gegebenen Erwartungen einer Wechselkursän<strong>der</strong>ung<br />
kein voller Erfolg beschieden sein; zum Teil ergab<br />
sich sogar aus Geldexport und spekulativen Zuflüs-<br />
sen ein regelrechtes Karussell. Unter dem Einfluß <strong>der</strong><br />
IVotenbankpolitik stieg das allgemeine Zinsniveau<br />
langsam an, wenn auch bis zum November bei wei-<br />
tem nicht in dem Ausmaß <strong>der</strong> Diskonterhöhungen.<br />
Die Aufwertung <strong>der</strong> D-Mark hat den Schleier, den<br />
<strong>der</strong> Zufluß von Auslandsgel<strong>der</strong>n über die tatsächliche<br />
deutsche Liquidität gelegt hatte, zerrissen. Die De-<br />
visenströme kehrten sich um. Bis zum Jahresende<br />
flossen mehr als 20 Mrd. DM an Auslandsgel<strong>der</strong>n<br />
ab. Die zentralen Währungsreserven vermin<strong>der</strong>ten<br />
sich von 50 auf etwa 30 Mrd. DM. Gleichzeitig<br />
schnellte <strong>der</strong> Kreditbedarf <strong>der</strong> Unternehmen empor.<br />
Vorauszahlungen, die vor <strong>der</strong> Aufwertung vielfach<br />
von ausländischen Bestellern geleistet worden waren,