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Ausgabe 30 - Ottfried.

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KULTUR.<br />

H-Blockx<br />

(ps) Juppheidi, juppheida, die Kasperle<br />

sind wieder da, mit „Get In The Ring“!<br />

Aber nein, man soll ja nicht immer alle<br />

deutschen Bands so niedermetzeln und<br />

alles, was übern großen Teich schwappt,<br />

als Rettung des Rock`n´Roll anpreisen.<br />

Aus den USA kommt auch viel<br />

Mist. Und vorab muss man den Verteidigern<br />

der Westfalenrocker in einem<br />

Punkt zustimmen: Die H-Blockx zählten<br />

wirklich zu den Protagonisten des<br />

Crossover, dem historischen Vorgänger<br />

des momentan so angesagten New Metal<br />

à la Limp Bizkit, Linkin Park und<br />

Konsorten (siehe letzte <strong>Ausgabe</strong>).<br />

Und im Gegensatz zu den letztgenannten<br />

haben die Münsteraner um Frontkasper<br />

Henning Wehland immer unverhohlen<br />

den Spaßfaktor in den Vordergrund<br />

gestellt. Man kann ihnen also<br />

nicht vorwerfen, sie hätten sich irgendwann<br />

irgendwem angebiedert. Aber bitte<br />

Jungs: Spaß hin, Spaß her, ein bisschen<br />

Anstand, Feingefühl und Originalität<br />

kann gelegentlich wirklich nicht<br />

schaden. Denn als ob nicht schon die<br />

vorletzte Single, das Johnny Cash-<br />

Cover von „Ring Of Fire“ billig und<br />

plump genug daher gekommen wäre,<br />

wird sogleich der nächste vermeintliche<br />

„Party-Klassiker“ pseudo-cool verwurstet:<br />

Snaps Spaßkultur-Zappel-Hymne<br />

„The Power“. Haben die Jungens denn<br />

gar keine eigenen Ideen mehr?<br />

Der Rest des Albums klingt auch wie<br />

schon zehnmal gegessen, lediglich die<br />

als Kompensation nach dem Ausstieg<br />

des Zweitsängers Dave geladenen Berliner<br />

Rapper von Das Department sorgen<br />

für ein bisschen Frische und Glaubwürdigkeit.<br />

Ansonsten viel Wiedergekäutes,<br />

‘ne Prise Elektrogepiepse, sanft<br />

in den Schlaf wiegende Grooves, Pubertätspunk<br />

in Sum41-Manier, Kindergarten-Sing-alongs<br />

und Sentimentalitäten<br />

auf Bon Jovi-Niveau. Blutleer und<br />

grottenlangweilig. Fazit: Nix für ungut,<br />

aber nix für mich und den Rest der denkenden<br />

Menschheit!<br />

Skinny<br />

(ps) Leider, leider will gut Ding immer<br />

noch recht viel Weile haben. So nahmen<br />

sich Matt Benbrook und Paul<br />

Hermann (plus Instrumentalisten) gehörig<br />

Zeit bis zur Fertigstellung ihres<br />

zweiten Albums „Taller“, das nun offiziell<br />

am 25. Februar in die Läden<br />

kommt. Ihr letztes Lebenszeichen war<br />

die Single „Failure“, die 1998 zum respektablen<br />

Insider-Hit avancierte. Kann<br />

sich noch irgendwer erinnern?<br />

Falls ja, das augenzwinkernd melodramatische<br />

„Failure“ ist zwar auf dem<br />

Album erneut mit drauf, aber keineswegs<br />

repräsentativ für den Rest. Allerdings<br />

kann das auch keiner der anderen<br />

13 Tracks leisten. Kurzum: „Taller“ ist<br />

ziemlich bunt und abwechslungsreich<br />

geraten. Mal eher nonchalanter Pop,<br />

wie bei der nächsten Single- und Video-<br />

Auskopplung „Sweet Thing“, relaxter<br />

Britrock bei „Worth It“, düsterer Trip<br />

Hop mit Soul-Schlagseite bei „Morning<br />

Light“, oder – gegen Ende – ein paar<br />

elektrische Spirenzchen à la Jimi Tenor.<br />

Vielschichtig wie die Gorillaz, insgesamt<br />

jedoch einerseits eine Spur organischer,<br />

da fast ausschließlich mit klassischer<br />

Bandbesetzung (Gitarre, Bass,<br />

Schlagzeug, Keyboards) eingespielt.<br />

Und anderseits durchgehend von einer<br />

gewissen Verträumtheit und Melancholie<br />

durchzogen.<br />

„Happy being sad“ könnte man das Motiv<br />

von „Taller“ passend beschreiben.<br />

Prima geeignet, um sich nach einem etwas<br />

intensiveren Wochenende den Weg<br />

zurück in die reale Welt zu bahnen. Wer<br />

zwingend eine Schublade für Skinny<br />

braucht, wird sich jedoch schwer tun:<br />

Trip Hop trifft es nicht, und mit Britpop/<br />

Britrock klassischer Machart haben<br />

Skinny auch nicht viel am Hut. Bleibt<br />

also die gute alte Residualkategorie Pop.<br />

Aber guter, intelligenter Pop, der angesichts<br />

des Booms fröhlichen Stumpfsinns<br />

Marke Bro`Sis inzwischen vom<br />

Aussterben bedroht zu sein scheint.<br />

Lyrik mit treibenden Beats<br />

Albert Ostermaier war Gast an der Uni und begeisterte den vollbesetzen Hörsaal in der U5<br />

(mas) Die Zukunft des musikalischen<br />

Aushängeschilds der Domstadt ist wieder<br />

gesichert: Paul Müller ist neuer Intendant<br />

bei den Bamberger Symphonikern.<br />

Nach der Kuratoriumssitzung am<br />

vergangenen Freitag gab der Vorsitzende<br />

des Gremiums, Bayerns Kunstminister<br />

Hans Zehetmaier, die Entscheidung über<br />

die Neubesetzung bekannt.<br />

Der 1958 in Westfalen geborene Musikmanager<br />

war bislang beim NDR-Symphonieorchester<br />

als Leitender Redakteur<br />

tätig. Ziel seiner Arbeit hier in Bamberg<br />

ist, die Symphoniker gänzlich neu zu<br />

positionieren. Mit Joanthan Nott hat er<br />

dabei einen Chefdirigenten zur Hand,<br />

der als einer der vielversprechendsten<br />

und interessantesten seiner Generation<br />

gilt. Ihn sieht Müller als eine Schlüsselfigur<br />

in seiner Zukunftsplanung für<br />

Von Meike Vögele<br />

„...ein gutes gedicht braucht heut / zutage<br />

einfach einen mord damit / die quote<br />

stimmt sie nicht zum / pinkeln gehn<br />

wenn du um ihre / herzen wirbst musst<br />

du sie brechen“<br />

Das klingt so, als wäre es recht schwierig,<br />

eine ganze Lesung nur mit Lyrik zu<br />

bestreiten, noch dazu mit der eigenen,<br />

verhältnismäßig unbekannten. Doch<br />

der Dramaturg und Lyriker Albert<br />

Ostermaier macht seine Sache vor den<br />

vollbesetzten Reihen des Hörsaals in<br />

der U5 ziemlich gut. So gut, dass nach<br />

der Lesung die Collibri-Abgesandten<br />

hinter fast leergekauften Büchertischen<br />

stehen.<br />

Albert Ostermaier wurde 1967 in München<br />

geboren, erhielt 1990 das Münchner<br />

Literaturstipendium und seither<br />

zahlreiche Preise, vor allem für seine<br />

alles andere als unumstrittenen Theaterstücke.<br />

Grund genug für Professor Wulf<br />

Segebrecht, ein Hauptseminar zu dieser<br />

laut Spiegel „Ausnahmebegabung unter<br />

den deutschen Gegenwartsdramatikern“<br />

zu veranstalten. Und Ostermaier<br />

selbst zur Diskussion in das Seminar –<br />

und zu einer Lesung in die Uni – einzuladen.<br />

Und so steht der 34-Jährige an diesem<br />

Dienstag Abend vor einem gespannten<br />

Publikum, im Ohr die lobenden Einführungsworte<br />

von Professor Segebrecht,<br />

im Rücken eines der eigenen Gedichte<br />

– einleitend an die Wand projiziert.<br />

Mitgebracht hat er seine beiden letzten<br />

Gedichtbände „Heartcore“ und „Autokino“,<br />

aber auch neue, noch unveröffentlichte<br />

Texte.<br />

„manchmal ist das leben ein / kleiner<br />

billiger film den du / nicht mehr nach-<br />

Ostermaier liest: Erst die U5 voll, dann die Büchertische leer<br />

synchronisieren / musst hat das glück Refrain, sich vom Text zu lösen, spontan,<br />

je nach Stimmung.<br />

französische / untertitel und der atlantik<br />

passt / in ein rotweinglas in der hand / Am Anfang ist es ein wenig schwer,<br />

eines freundes...“<br />

sich in diesen Stil hineinzufinden, und<br />

Ostermaiers Texte sind offen, schon man merkt die abwartende Zurückhaltung<br />

des Publikums. Ostermaier treibt<br />

ihre äußere Form in durchgehender<br />

Kleinschreibung, ohne Satzzeichen und sich selbst voran, spielt mit Sprache<br />

mit starkem Zeilenbruch legt das nahe. und Bildern, hangelt sich an Assoziationen<br />

entlang und erschafft ganze<br />

Entsprechend viele Möglichkeiten gibt<br />

es, seine Gedichte zu interpretieren und Wort-Welten. Genauso unvermittelt<br />

vorzutragen. Und auch er selbst nimmt nimmt er alles Tempo aus seinem Vortrag<br />

heraus, lässt Formulierungen wir-<br />

sich die Freiheit, den selben Text in verschiedenen<br />

Variationen zu lesen, zentrale<br />

Zeilen zu wiederholen wie einen wie zuvor Hektik, Technik, Lärm<br />

ken, Szenen nachklingen. So intensiv<br />

und<br />

die „neuen“ Bamberger Symphoniker.<br />

Müller tritt die Nachfolge von Matthias<br />

Weigmann an, der nach finanziellen<br />

Ungereimtheiten seinen Hut nehmen<br />

musste. Weigmann hinterließ einen<br />

Schuldenberg von rund zwei Millionen<br />

Euro, wie kürzlich bekannt wurde.<br />

Diesen wollen das Land Bayern, der Bezirk<br />

Oberfranken und die Stadt Bamberg<br />

nun gemeinsam abtragen, um dem<br />

neuen Intendanten einen reibungslosen<br />

Start zu ermöglichen. Dennoch wird<br />

dem Orchester eine Schuldenlast von<br />

rund 460 000 Euro aus der „Ära” Weigmann<br />

erhalten bleiben, die den Fortbestand<br />

der Symphoniker aber nicht gefährden<br />

soll. Zehetmair versicherte:<br />

„Die Bamberger Symphoniker werden<br />

eine gute Zukunft haben“, und zwar „in<br />

der Bundesliga“.<br />

Gewalt, sind da plötzlich Schönheit,<br />

Ruhe, Intimität, Zuversicht.<br />

„...in deinem kalender bin ich / morgen<br />

ein stern doch ich / schalte das licht aus<br />

dann / kannst du mich schon / heute<br />

nacht sehen“<br />

Von Liebesgedichten springt Ostermaier<br />

zu politisch-kritischer Lyrik,<br />

trägt Texte mit Titeln wie „Leitkultur“<br />

und „Neuer Markt“ vor. Er wagt sich an<br />

die Verarbeitung des 11. Septembers<br />

heran, schafft aber auch wieder die<br />

Rückkehr zu weniger bedrückenden<br />

Themen – erste Lacher im Publikum.<br />

Spätestens bei „Supermarktsex“ wird<br />

der fast schon musikalische Rhythmus<br />

von Ostermaiers Gedichten deutlich, in<br />

denen Wortspiele und unerwartete Reime<br />

eine Art Sogwirkung zu entwickeln<br />

scheinen:<br />

„...kleb lakritzestäbchen wie / strichcodes<br />

auf meinen rücken / und wir werden<br />

die nummer / bis zur kasse schieben<br />

sich / im supermarkt zu lieben ist / besser<br />

als zuhause auf den / preisschildern<br />

zu liegen und nur / den wäscheständer<br />

hoch zu kriegen...“<br />

Für den jungen Lyriker müssen gute<br />

Gedichte auch genau so sein: „rhythmisch<br />

präzise, cool im Sound und treibend<br />

im Beat.“ Nicht zuletzt deshalb<br />

liegen den letzten beiden Lyrikbänden<br />

CDs bei, auf denen die Texte mit der<br />

Musik von Ostermaiers Freund Bert<br />

Wrede kombiniert werden. Mit ihm<br />

geht der Vollblut-Münchner und bekennende<br />

Bayern-Fan zur Zeit auch auf<br />

Lesung. Schließlich weiß er selbst:<br />

„als dichter musst du wie ein rockstar<br />

sein & / wilde wege gehn ein mikro mit<br />

den lippen / küssen die seiten mit der<br />

zunge blättern als / wären sie aus stahl“<br />

„We scare because we care“<br />

Monster monstern monster Monster im monstermäßig monsterspaßigen Monsterfilm „Monster AG“<br />

(mah) Es geht um Türen. Um Pforten in<br />

das Reich schlafender Kinder, von abnormen<br />

Wesen einer anderen Welt<br />

katalogisiert, in riesigen Hallen gelagert<br />

und in fließbändiger Manier<br />

missbraucht. Denn worüber<br />

man sich schon immer den Kopf<br />

zerbrach, wonach man aber niemals<br />

zu fragen wagte, darüber<br />

wird in diesem Film informiert:<br />

Woher kriegen Monster<br />

eigentlich ihren Strom?<br />

Aus den angsterfüllten<br />

Schreien gepeinigter<br />

Kinder wird er gesaugt<br />

und in schwere<br />

Metallflaschen verfüllt.<br />

Eine Elite<br />

knuffiger Schocker<br />

steht jeden<br />

Morgen<br />

auf der Matte,<br />

um ihre grausige<br />

Arbeit im Namen<br />

des E-Werks zu verrichten.<br />

Auch<br />

Sully, eine flau-<br />

Foto: Pixar Entertainment<br />

Zukunft trotz Schuldenberg<br />

Symphoniker haben einen neuen Intendanten<br />

schige Miezekatze mit Hörnern, und<br />

Mike Glotzkowsky, der einäugige<br />

Grünling ohne Hals, sind dem Familienunternehmen<br />

verpflichtet und sorgen<br />

sich tagtäglich um den Schreckrekord<br />

auf der Straße der Besten. Wie Maverick<br />

und Goose der „Top Gun“ bilden<br />

sie ein Team aus Frontmann und<br />

rückendeckendem Busenfreund im<br />

täglichen Kampf um Kindergeheul,<br />

denn ungefährlich ist die<br />

ganze Sache nicht. Was man schon<br />

immer wusste, sich aber nun<br />

wiederum nie zu sagen traute, ist für<br />

Monsterhausen oberstes Gesetz: Kinder<br />

sind tödlich.<br />

Klar, dass es da auch zu Pannen kommt,<br />

und so erleben sie ihren ganz persönlichen<br />

Supergau, als ein minderjähriges<br />

Mädchen die Schwelle ins jenseitige<br />

Universum übertritt. Doch nicht alles<br />

im Leben ist Schicksal, und bald wird<br />

ersichtlich, dass bösartigste Machenschaften<br />

die Grenzgänger in die Bredouille<br />

brachten. Während die Stadt im<br />

Chaos versinkt, nimmt Sully sich des<br />

glucksenden Wusels an und versucht, es<br />

wieder in der rechten Tür zu verabschieden.<br />

In dieser verfahrenen Situation entwikkelt<br />

der Film ein Gulasch aus blubbernden<br />

Gags, Ideen und gurgelnden<br />

Brüllern, ist liebenswert und rührig,<br />

gerade in Anbetracht dieses unerschrockenen,<br />

unschuldigen<br />

Menschenkindes namens Boo. Die<br />

Protagonisten wachsen einem ans Herz,<br />

allzu menschlich sind sie. Jedoch nicht<br />

Herr Glotzkowsky, der nur in einer Tour<br />

dämlich labern muss und doch nichts zu<br />

sagen hat. Möglicherweise liegt es an<br />

der Synchronisation, aber seine nervtötenden<br />

Monologe sind dermaßen oberflächlich<br />

und billig, dass selbst ein gewollter<br />

Verweis auf Mikes Schwäche<br />

fürs Platte dem Film so manche Szene<br />

ruiniert. Auch die Nebenhandlung,<br />

Glotzkowskys Buhlerei um eine neue<br />

Flamme, wirkt unmotiviert und deplaziert.<br />

Zudem sind einige Handlungen<br />

nicht ganz nachvollziehbar, ja ungereimt.<br />

Das ist zwar schade, bringt den<br />

Film aber nicht wirklich zu Fall. Er ist<br />

ansonsten wohl einfach zu gut.

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