Programm - MEDICE.CH - Salmon Pharma
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LECTURES NA<strong>CH</strong>WU<strong>CH</strong>SPROGRAMM<br />
25<br />
Wissenschafts- und Forschungsdidaktik<br />
Vorsitz: Sarah Kayser (B0nn)<br />
Berend Malchow (München)<br />
Referent: Erich Seifritz (Zürich, Schweiz)<br />
Die Psychiatrie und Psychotherapie ist einer der faszinierendsten<br />
und zukunftsträchtigsten Bereiche der Medizin. Durch die Wechselwirkung<br />
zwischen biologischen, psychologischen und sozialen<br />
Einflussfaktoren bei der Entstehung und Therapie psychischer<br />
Erkrankungen und in enger Beziehung zu den klinischen Neurowissenschaften<br />
spannt sie ein weites Feld auf, in welchem sich<br />
Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen mit unterschiedlichsten<br />
Interessensschwerpunkten kreativ bewegen und<br />
entwickeln können.<br />
Diese drei Zugänge basieren heute auf den modernsten Forschungsmethoden,<br />
z.B. bildgebende Verfahren, Molekularbiologie,<br />
Tiermodelle, <strong>Pharma</strong>kologie, Genetik und Epidemiologie,<br />
Psychologie und Sozialwissenschaften sowie Ökonomie oder<br />
etwa Neuromodellierung. Es ist evident, dass die Zukunft erfolgreicher<br />
Forschung nicht in linearen Erklärungsversuchen liegen<br />
kann, sondern dass sie die Komplexität psychischer Gesundheit<br />
und Krankheit berücksichtigen muss. Ein elegantes Beispiel dafür<br />
ist die Epigenetik, welche ein Verbindungsglied zwischen genetischen<br />
und Umwelteinflüssen auf die psychische Gesundheit<br />
darstellt und die Basis für eine translationale Forschungsmatrix<br />
'bench to bedside and back' darstellen.<br />
Das Verständnis der Krankheitsmechanismen ist Grundlage für<br />
die hypothesengeleitete Identifikation von funktionellen und<br />
strukturellen Zielsystemen für die Therapieentwicklung. Die Psychiatrie<br />
und Psychotherapie steht heute in einer entscheidenden<br />
Phase für die zukünftige Ausrichtung. Die diagnostischen Paradigmen<br />
müssen überdacht und neu konzipiert werden, damit<br />
sie zukünftige Erkenntnisse fördern. An Stelle von rein klinischpsychopathologisch<br />
begründeten Diagnosen müssen umfassende<br />
therapierelevante nosologische Einheiten definiert werden.<br />
Diese sollten Krankheitsmechanismen möglichst spezifisch und<br />
umfassend abbilden und so die Voraussetzung für personalisierte<br />
und auf multimodalen bio-psycho-sozialen Methoden beruhende<br />
Therapien schaffen.<br />
Für klinisch tätige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen<br />
ist die Auseinandersetzung mit Patienten und Patientinnen eine<br />
wichtige Herausforderung und einzigartige Chance, sich mit den<br />
fundamentalen Aspekten der menschlichen Existenz auseinanderzusetzen<br />
und gleichzeitig die Forschung an den relevanten<br />
Fragestellungen zu orientieren.<br />
Entscheidende Herausforderung an akademische psychiatrischpsychotherapeutische<br />
Aus- und Weiterbildungsinstitute ist es,<br />
den Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen diese<br />
Perspektive früh in ihrer Aus- und Weiterbildung zu vermitteln<br />
und sie in deren Umsetzung zu unterstützen.<br />
BESONDERE VERANSTALTUNGEN<br />
Diagnoseklassifikationen: Entwicklung<br />
und Perspektiven<br />
Vorsitz: Berend Malchow (München)<br />
Anna Thomas (Lübeck)<br />
Referent: Hanns Hippius (München)<br />
Für jeden Menschen, bei dem eine psychiatrische Diagnose gestellt<br />
wird, können damit vielfältige, oft unübersehbare Konsequenzen<br />
verbunden sein. Das reicht von den in der Zeit des<br />
Nationalsozialismus an Diagnosen orientierten Maßnahmen<br />
(Zwangssterilisation und „Euthanasie“–Tötungen) bis zu den in<br />
heutiger Zeit leider noch keineswegs überwundenen Stigmatisierungen<br />
von psychisch Kranken. Dennoch ist psychiatrisches Diagnostizieren<br />
die Voraussetzung für das Erkennen von psychischen<br />
Störungen und damit Voraussetzung für adäquaten Umgang mit<br />
den betroffenen Menschen und deren Behandlung.<br />
Heute wird sicher nicht zu Unrecht vor der „Inflation“ psychiatrischer<br />
Diagnosen und der Gefahr der „Abschaffung“ der „Normalität“<br />
gewarnt.<br />
Aus vielerlei Gründen sind für die tägliche Arbeit des Psychiaters<br />
mit Patienten Diagnosenklassifikationen aber unentbehrlich. Ein<br />
Überblick wird gegeben über die Entwicklungen von Kraepelin<br />
über den 1930 in Deutschland eingeführten Würzburger Diagnosenschlüssel<br />
bis zu den Leitlinien der DGPPN, über die Entwicklung<br />
der von der WHO international eingeführten ICD-Klassifikation<br />
und den Wandlungen des US-amerikanischen „Diagnostic<br />
and statistic manual of diseases“ (von DSM-II bis zu DSM-5).<br />
Dabei darf der Blick nicht auf die Klassifikationsschemata der Diagnosen<br />
eingeengt werden. Bei jeder einmal gestellten Diagnose<br />
muss der Vorbehalt bestehen bleiben, sie womöglich wieder zu<br />
korrigieren. Dazu gehört es, den jeweils zugrundeliegenden diagnostischen<br />
Prozess zu reflektieren.