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EWU PREMIERE - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.

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22<br />

frei sein<br />

schweren Schweizer Taschenmessers begann<br />

ich, sie freizulegen. Das Schnitzen wurde über<br />

Wochen mein einziger Zeitvertreib. Ich bewahrte<br />

das Holzstück bei meinen heiligen Dingen<br />

auf. Ganz langsam nahm es die Form einer Eidechse<br />

an. Ich arbeitete so lange daran, bis sich<br />

das formlose Holz in einen schuppigen kleinen<br />

Drachen verwandelte. Seitdem warte ich auf<br />

jeder Reise auf ein Stück Holz, das etwas freigeben<br />

möchte. Wenn ich eines entdecke, steige ich<br />

ab und gehe zurück, um es mitzunehmen, oder<br />

ich klettere auf einen Baum und säge ein interessantes<br />

Aststück ab. Was das Holz in sich birgt,<br />

stellt sich erst nach einer Weile des Schnitzens<br />

heraus. Einmal war es ein Waldmonster. Zuletzt<br />

eine Schildkröte.<br />

Beim Schnitzen an der Eidechse rutschte ich<br />

– noch auf dem Platz am See – mit dem Messer<br />

aus und stieß es mir so tief in den linken Oberschenkel,<br />

dass es aufrecht stecken blieb. Blut<br />

sickerte ins Holz. Ich war total geschockt<br />

und wusste im ersten Moment nicht, was ich<br />

machen sollte. Sobald ich das Messer rauszog,<br />

würde die Wunde bestimmt anfangen, stark zu<br />

bluten. Und ich hatte nichts in Reichweite, um<br />

sie zu versorgen. Ich sah mich hilfesuchend um,<br />

aber da war natürlich niemand, der mir hätte<br />

helfen können. Den Schmerz nahm ich gar nicht<br />

wahr, so beschäftigt war ich damit, eine Lösung<br />

zu fi nden. Ich zog das Messer vorsichtig aus<br />

meinem Bein und presste meinen Oberschenkel<br />

an der Stelle so gut es ging zusammen. Dann<br />

robbte ich wie ein verwundeter Soldat, auf dem<br />

Po sitzend, mit ausgestreckten Beinen, die drei<br />

Meter zum Zelt. Ich hatte kein feines Nähzeug<br />

dabei, mit dem ich die Wunde hätte zunähen<br />

können. Zwei Stiche wären super gewesen. Das<br />

hätte ich ohne Zögern getan. Aber nicht mit der<br />

derben Ledernadel und der Wachsschnur, die ich<br />

dabei hatte, um die Riemen für die Pferde zu<br />

Exklusiv im „<strong>Westernreiter</strong>“: Eine ganz besondere Reise durch<br />

Schweden und zu sich selbst<br />

Frei sein – Mein Weg durch<br />

die Wildnis zu mir! von Vaile Fuchs<br />

Als Schauspielerin oder Sängerin ist Vaile Fuchs aus Funk und<br />

Fernsehen sicher vielen Lesern bekannt. Doch Vaile ist nicht nur<br />

Künstlerin, sondern auch begeisterte Reiterin – <strong>Westernreiter</strong>in,<br />

um genau zu sein. Als <strong>EWU</strong>-Mitglied im Landesverband Berlin/<br />

Brandenburg fi ndet man sie in den Sommermonaten auch mal auf<br />

Turnieren unterwegs!<br />

Ihre Beziehung zu Pferden gehört zu ihrer ganz privaten Seite,<br />

genauso wie die Sehnsucht nach der Suche zu sich selbst. In einem<br />

neuen Werk setzt sie sich nun intensiv damit auseinander:<br />

Über ihre Reisen durch die einsamen schwedischen Hochwälder,<br />

begleitet nur durch ihre zwei Pferde, erzählt Vaile Fuchs in ihrem<br />

im September erschienenen Buch „Frei Sein – Mein Weg durch die Wildnis zu mir“.<br />

Im „<strong>Westernreiter</strong>“ werden in fünf Folgen exklusiv Auszüge aus den fesselnden Erzählungen von<br />

Vaile abgedruckt – und machen ganz sicher Lust auf mehr.<br />

Erscheinungstermin im Januar<br />

fl icken. Eigentlich hätte ein Druckverband darauf<br />

gehört, aber ich hatte nur etwas Verbandszeug<br />

für die Pferde, das ich nicht antasten<br />

WESTERNREITER – März 2011<br />

Vaile Fuchs wurde 1980 in Hamburg geboren. Mit dreizehn Jahren bekam<br />

sie ihr erstes Pferd – und verwirklichte nach dem Abitur zum ersten Mal<br />

ihren Traum, durch die schwedische Wildnis zu ziehen.<br />

Sie studierte Schauspiel in Hamburg und an der Lee-Strasberg-Schule in<br />

New York und arbeitet heute nach Stationen beim Musical als TV-Schauspielerin<br />

(»Tatort«, »Marienhof«) und Sängerin. Einmal im Jahr bricht<br />

sie auch jetzt noch aus und kehrt mit ihren Pferden zurück in die Wälder<br />

Schwedens. Die Kraft und Ruhe, die sie dort fi ndet, tragen sie durch den<br />

Alltag – und inspirieren sie zu ihren Songs. Im Januar wird ihre neue CD<br />

frei sein erscheinen, in deren Songs sie über ihre Erlebnisse in den Wäldern<br />

erzählt. Mehr auf www.vaile.de<br />

Vaile Fuchs:<br />

Frei sein – Mein Weg durch die Wildnis zu mir<br />

� Erschienen im Knaur Verlag<br />

� ISBN 978-3-426-65486-6<br />

� 285 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag,<br />

mit zahlreichen Fotos und acht Seiten Bildteil<br />

� Preis:16,99 Euro<br />

wollte. Ich kramte aus einer Tasche eine leere<br />

Hülle, in der vorher Papiertaschentücher gewesen<br />

waren. Das rote Verschluss-Tape riss ich ab,<br />

klebte es auf meine Wunde und drückte sie damit<br />

weiter zu. Das brachte natürlich gar nichts.<br />

Der Schnitt blutete stark und entzündete sich.<br />

Zwei Tage lang konnte ich mich kaum bewegen.<br />

Meine erste Verletzung im Wald.<br />

Heute habe ich an der Stelle eine drei Zentimeter<br />

lange Narbe, dick wie ein kleiner Finger.<br />

Sie ist nur eine von vielen, die mir der Wald zugefügt<br />

hat, um mich zu warnen. Vielleicht will<br />

er, dass ich nicht noch tiefer in ihn und seine<br />

Geheimnisse eindringe. Immer, wenn ich es versuche<br />

– und vielleicht kurz davor bin, klarer zu<br />

sehen –, fügt er mir neue Kratzer und Wunden<br />

zu. Ich liebe diese Narben, weil sie mich daran<br />

erinnern, dass ich nicht ewig da sein werde.<br />

Und ich kann zu jeder einzelnen eine Geschichte<br />

erzählen.<br />

Der Schmerz nach dem Unfall mit dem Messer<br />

machte mir nicht viel aus. Schmerz ist schlimmer,<br />

wenn jemand da ist, der mitfühlt. Ich dachte<br />

nur: Dieser Blick aufs andere Ufer des Sees<br />

kann vielleicht Wunden heilen. Was bedeutet<br />

schon äußerer Schmerz?<br />

www.vaile.de

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