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Dr. Ali Gitizad<br />

Am 24. Januar 2011 ist mein<br />

Freund Ali Gitizad gestorben.<br />

Darüber gilt es nun, Worte zu<br />

finden, obwohl sie uns fehlen. Mit uns<br />

meine ich seine Familie, vor allem seine<br />

Frau Margareta, und jene vielen Freunde,<br />

die sich am 31. Januar im Bonner<br />

Münster zur Trauerfeier und auf dem<br />

Nordfriedhof zum letzten Geleit versammelt<br />

hatten. Da ist nun ein wirklich bedeutsamer<br />

Mann von uns gegangen, der<br />

im Gedächtnis der Bonner Gesellschaft<br />

markante Spuren hinterlassen wird.<br />

Im März 1951 als einer der ersten persischen<br />

Studenten in Bonn am Rhein –<br />

seinem Lieblingsstrom von jeher – eingetroffen,<br />

engagierte er sich neben dem<br />

Studium bei politischen Studentenorganisationen.<br />

Die Reden, die er trotz seiner<br />

noch bescheidenen Deutschkenntnisse<br />

zu halten hatte, schrieb ihm ein Kommilitone<br />

namens Erich Schumann auf, der<br />

spätere Chef der WAZ. Die Freundschaft<br />

währte lebenslang. Bis 1958 absolvierte<br />

er ein Medizinstudium, promovierte,<br />

qualifizierte sich als Facharzt der Chirurgie<br />

und war bis 1978 am Herz-Jesu-<br />

Hospital tätig. Danach gewann jedoch<br />

das als Hobby gegründete Geschäft mit<br />

orientalischen Teppichen die oberhand.<br />

Dem hatte Abbas Gitizad, Alis jüngerer<br />

Zum Tod von Dr. Ali Gitizad:<br />

Ein unersetzlicher Verlust<br />

Bruder und gelernter Textilkaufmann,<br />

den fachmännischen Schliff gegeben.<br />

Das Unternehmen machte Furore. Ali<br />

Gitizad bekannte später: „ Als ich 1978<br />

das Skalpell beiseite legte und mein<br />

„Steckenpferd“ professionell zu satteln<br />

begann, entpuppte sich dieses als eine<br />

besondere Art von Pegasus, der mich<br />

zu mannigfachen handwerklichen und<br />

spirituellen Künsten trug“. Auch zum<br />

Knüpfen eines Knotenpunkts der Bundeshauptstadt<br />

Bonn …<br />

Vor 19 Jahren hieß es in dieser Zeitschrift:<br />

„Es ist an der Zeit, dieses Unternehmen,<br />

das Kunst und Kommerz, orient<br />

und okzident, Luxus und Lebensart,<br />

Seriosität und Sachverstand verkörpert,<br />

angemessen zu würdigen.“ Allein schon<br />

der grandiosen Feste wegen.<br />

Alle drängten ins gastliche Haus nach<br />

Hersel oder ins Teppich-Paradies an der<br />

Berliner Freiheit in der Bonner City zu<br />

Gitizad. Auch Hans-Dietrich Genscher<br />

und seine Frau Barbara waren stets zur<br />

Stelle – wie auch beim Abschied.<br />

Ali Gitizad konnte hinreißend erzählen.<br />

Seine unnachahmliche Kommunikation,<br />

die perfekten Deutschkenntnisse mit einem<br />

Akzent aus tausendundeiner Nacht,<br />

sein Sinn für geistreichen Witz prägten<br />

neben dem ansehnlichen Äußeren die<br />

Wirkung dieser Persönlichkeit.<br />

Der Geistliche im Bonner Münster fand<br />

die richtigen Worte für die beispielhafte<br />

Fürsorge, mit der Ali und Margareta ihren<br />

Sohn Norman, den ein Autounfall in<br />

sein nun schon Jahrzehnte währendes<br />

Wachkoma stürzte, aufopfernd betreut<br />

haben. Dass der Tod seines Bruders Abbas<br />

wie auch die zunehmende Beschwernis<br />

des Alters bei Ali den Entschluss besiegelten,<br />

nach fast 50 Jahren das große<br />

Teppichhandelsunternehmen aufzugeben,<br />

ist verständlich. Dass er wie auch<br />

jener und ihr Maßstäbe setzendes Werk<br />

Als Bonn noch Bundeshauptstadt war: Dr. Ali Gitizad mit Gattin Margareta und Bruder Abbas Gitizad (li.)<br />

Gesellschaft<br />

zur bleibenden Erinnerung der ehemaligen<br />

Bundeshauptstadt gehören, ist wohl<br />

mehr als nur ein frommer Wunsch.<br />

Dr. Ali Gitizad werden wir vermissen.<br />

Karl Garbe<br />

<strong>Kabinett</strong> | 51

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