Rechtsabbieger - Weser Kurier
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Die Adresse zeugt von Wohlstand:<br />
die Auguste-Baur-Straße<br />
in Hamburgs Villenvorort Blankenese.<br />
In der zweistöckigen<br />
Jugendstilvilla mit dem nicht<br />
mehr ganz frischen Anstrich ist<br />
Jürgen Riegers Anwaltskanzlei.<br />
Auf dem Schreibtisch stapeln sich<br />
Gerichtsakten. Der 62-Jährige ist der »Staranwalt«<br />
der rechten Szene. Zu seinen Klienten<br />
gehörten der vom RAF-Terroristen<br />
zum Neonazi gewandelte Horst Mahler<br />
und der Holocaustleugner Ernst Zündel.<br />
Rieger ist Überzeugungstäter: Er teilt die<br />
Ansichten seiner braunen Mandanten bis<br />
hin zu deren Verehrung für Hitler.<br />
»Adolf Hitler ist mit Sicherheit der<br />
größte Staatsmann, den wir im letzten Jahrhundert<br />
gehabt haben«, sagte er in einem<br />
Interview. Auch Rieger selbst hat als Anwalt<br />
im Prozess die Existenz der Gaskammern<br />
in Konzentrationslagern geleugnet. Das<br />
brachte ihm eine Verurteilung wegen<br />
Volksverhetzung ein. Rieger will das Urteil<br />
anfechten. Der Spross einer Hamburger<br />
Arztfamilie sorgt sich um den Untergang<br />
der »arischen Rasse«, liebt germanische<br />
Bräuche, und er ist fanatisch in seinem<br />
Hass auf Menschen anderer »Rassen«.<br />
Beim Pressefest der NPD in Sachsen im<br />
Jahr 2006 brüllte er vor mehreren hundert<br />
Neonazis unter lautem Beifall Sätze wie<br />
diesen: »Die Neger haben einen<br />
Intelligenzquotienten von<br />
durchschnittlich 85 – und das<br />
ist etwa die Hälfte zwischen<br />
Schwachsinn und normalbegabt.«<br />
Nicht zuletzt wegen Aussagen wie dieser<br />
bescheinigt ihm die Sprecherin des nieder-<br />
Gefährliches<br />
»Multitalent«<br />
Rechtsanwalt Jürgen Rieger<br />
gilt als fanatischer Rassist<br />
sächsischen Verfassungsschutzes, Maren<br />
Brandenburger, einen »geradezu obsessiven<br />
Rassismus«.<br />
Doch Rieger ist mehr als ein fanatischer<br />
Hetzer. Der Vizechef des Hamburger<br />
Landesamtes für Verfassungsschutz,<br />
Manfred Murck, bezeichnete ihn als »gefährliches<br />
Multitalent«. Zum »Multitalent« wird<br />
Rieger vor allem, weil er offenkundig über<br />
erhebliche finanzielle Mittel verfügt. Zu<br />
deren Herkunft gibt es mehr Fragen als<br />
Antworten. Er selbst sprach 2005 in einem<br />
Interview von »Grundstücksspekulationen«.<br />
Rieger war fast 20 Jahre lang Mitglied des<br />
Grundeigentümervereins im noblen Blankenese,<br />
bis 1995 auch in dessen Vorstand.<br />
Ein anderer Teil seines Vermögens stammt<br />
offenbar aus Hinterlassenschaften verstorbener<br />
Altnazis – von Menschen, die wollen,<br />
»dass ihr Vermögen der Bewegung« zugute<br />
kommt, wie Rieger es formuliert. Seit Ende<br />
der 1970er Jahre setzt der Anwalt dieses<br />
Geld für seine Zwecke ein. 1978 ließ er zwei<br />
von ihm dominierte Vereine am Rande der<br />
Lüneburger Heide einen Bauernhof kaufen.<br />
Dort gründete er das Schulungszentrum<br />
»Hetendorf 13«, das jahrzehntelang ein<br />
Gilt als fanatischer Rassist: der Hamburger Rechtsanwalt Jürgen Rieger.