Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates - ÃVP Wien
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<strong>Untersuchungskommission</strong> 3. Oktober 2008 18. Sitzung / 28<br />
Zwangsmaßnahmen an Aggressivität. Ist das ein<br />
Teil der Grundausbildung: Bislang war es das<br />
nicht, aber es wird immer mehr Teil der Grundausbildung,<br />
in <strong>Wien</strong> ist das der Fall, in Stuttgart,<br />
in St. Gallen, in Winterthur, wahrscheinlich an X<br />
anderen Orten. In der Schweiz begrüßen selbstverständlich<br />
die StudentInnen das Angebot dieses<br />
Trainings und nach meiner Auffassung<br />
müsste das ein Pflichtstoff sein. Alles andere ist<br />
fahrlässig, also junge Leute in die Umgebung zu<br />
schicken, die aggressiv ist und nicht ausgerüstet,<br />
das ist natürlich fast eine Kamikazetaktik in der<br />
Ausbildung oder Harakiri.<br />
Was machen wir, wenn die Leute sehr aggressiv<br />
sind. Also hier diese Trainingskurse, ein<br />
kurzer Überblick, also was geschieht, und soweit<br />
ich informiert bin, gibt es Trainings in der Stadt<br />
<strong>Wien</strong>, die auf diesem Kurs basiert. Eine Woche<br />
Intensivtraining, es geht um Haltung, Vorgehensweisen,<br />
Kommunikation, das ganze Stationsteam,<br />
das ist wichtig, dass nicht nur die Pflegekräfte<br />
kommen, sondern die ÄrztInnen, die<br />
TherapeutInnen usw., damit man gewissermaßen<br />
eine einheitliche Auffassung vertritt gegenüber<br />
den Betroffenen.<br />
Die Prinzipien, keinen Schaden zuzufügen.<br />
Man geht davon aus, das sind Akteure in sozialer<br />
Interaktion, man verlässt dieses Paradigma<br />
von Opfer und Täter und man geht davon aus,<br />
dass es so wie in einem Interaktionsspiel wohl<br />
läuft. Also die Kranken möglichst schonen im<br />
Umgang mit der Aggressivität und dieser reflektierte<br />
Umgang, der spiegelt sich an den bereits<br />
dargestellten Reflektionsfragen.<br />
Es ist kein Selbstverteidigungskurs, wie,<br />
glaube ich, anfangs in einem Boulevardblatt der<br />
Stadt <strong>Wien</strong> dargestellt wurde, sondern das sind<br />
sehr überlegte Mittel und die sanften möglichen<br />
Griffe, um aggressive PatientInnen unter Kontrolle<br />
zu bringen.<br />
Hier der Trainingskurs im Überblick, das können<br />
Sie dann nachlesen, und man geht davon<br />
aus, also ähnlich wie bei der Herz-Lungen-<br />
Reanimation, ungefähr ähnlich ist es ja, bei der<br />
Herz-Lungen-Reanimation muss man diese<br />
Techniken immer wieder trainieren. Wir gehen<br />
davon aus, dass man etwa jährlich zum Auffrischungskurs<br />
hingehen soll, um die Techniken<br />
wieder assure zu machen. Verändert Training<br />
die Einstellung zur Aggression? Also höchstwahrscheinlich<br />
nicht. Wir haben vier Schweizer<br />
Studien, die da hindeuten, dass die Einstellung,<br />
die Attitüde nicht verändert wird. Man muss einschränkend<br />
sagen, das ist ein sehr schwieriges<br />
Gebiet, Attitüde zu messen, vor allem dieser<br />
Langzeiteinstellungen. Also Sie als PolitikerInnen<br />
wissen, dass sie nicht jeden Tag Ihre politische<br />
Gesinnung verändern, also das sind lang<br />
anhaltende Merkmale der Persönlichkeit. Und<br />
ich meine die Frage ist, wohin soll sich die Attitüde<br />
verändern. Was soll man sein, soll man<br />
toleranter sein, soll man strenger sein. Man geht<br />
allgemein davon aus, dass die Änderung der<br />
Attitüde, der Einstellung, das beeinflusst das<br />
Handeln. Ich vertrete einen anderen Ansatz.<br />
Also wenn Sie bei den Menschen etwas verändern<br />
wollen, gibt es drei Möglichkeiten: Sie können<br />
Wissen verändern. Das ist kein Problem. Sie<br />
können alle was lernen und dann können Sie<br />
Verhalten ändern. Sie können den Leuten in<br />
dem Deeskalationskurs beibringen, wie sie<br />
schonender mit den Leuten umgehen können<br />
und erst am Schluss, wenn überhaupt, können<br />
Sie die Einstellung ändern. Deshalb bin ich<br />
manchmal auf weiter Flur mit dieser Ansicht,<br />
aber ich finde besser als eine Einstellungsänderung<br />
ist ein Veränderung <strong>des</strong> Umgangs, also wir<br />
versuchen möglichst ethisch korrekt, menschlich<br />
korrekt mit den Leuten umzugehen, unabhängig<br />
davon, was in der grauen Massen vorgeht. Und<br />
das kann man sicher lernen.<br />
Die Risikoeinschätzung, das hatte ich kurz<br />
erwähnt, das half zur Senkung von Aggressionsereignissen.<br />
Sechs Verhaltensweisen ergänzt,<br />
das ist auch ein Schweizer Produkt von meinem<br />
Kollegen und von mir, also das ist so wie die<br />
Schmerzskala, man kann diese subjektive Einschätzung<br />
vornehmen aus dem Bauch heraus,<br />
aus der klinischen Erfahrung heraus und das ist<br />
in Ergänzung zu dieser Skala.<br />
Je nach Punktezahl, die ein Individuum erzielt,<br />
gibt es Wahrscheinlichkeiten, dass diese<br />
Person aggressiv werden könnte. Also bei 10 bis<br />
12 Punkten wird einer von vier oder einer von<br />
fünf PatientInnen von diesem Risiko gegen Personen<br />
gewalttätig.<br />
Wir haben einige Publikationen veröffentlicht,<br />
die letzte Publikation, das ist vom British Journal<br />
of Psychiatry und Sie sehen in den Schlussfolgerungen,<br />
dass die systematische Risikoeinschätzung,<br />
das führte zu einer Reduktion von schweren<br />
Aggressionsereignissen um 41 % und<br />
Zwangsmaßnahmen konnten mit Hilfe von dieser<br />
Einschätzung um 27 % reduziert werden und<br />
das ist eine multizentrische Untersuchung auf 24<br />
akutpsychiatrischen Stationen in der Schweiz.<br />
Also hier haben wir die gute Evidenz dieses Instruments.<br />
Jetzt zum personellen, wie viele Personen<br />
und ÄrztInnen werden benötigt, um sehr aggressive<br />
Leute unter Kontrolle zu bringen. Im Regelfall<br />
sind das drei Personen.<br />
Wir hatten 2000 in der Schweiz eine Umfrage<br />
gemacht auf den akutpsychiatrischen Stationen<br />
und gefragt, wie viele Personen werden aufgeboten,<br />
wenn es darum geht, eine besonders<br />
aggressive Person unter Kontrolle zu bringen<br />
und die Spitzenmeldung 20 Personen. Jetzt gu-