Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates - ÃVP Wien
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<strong>Untersuchungskommission</strong> 3. Oktober 2008 18. Sitzung / 32<br />
meine, das sieht wahrscheinlich katastrophal aus<br />
und Leute können sagen, das ist eine Verkindlichung<br />
<strong>des</strong> alten Menschen; man nimmt ihn nicht<br />
mehr ernst.<br />
Also es gibt viele Parallelen. Ich meine, man<br />
könnte dem Netzbett die Einspritzung von<br />
schweren Medikamenten gegenüberstellen, also<br />
das scheint nicht so ein Problem zu sein auf<br />
Grund dieser Fragen, oder? In anderen Ländern<br />
ist es ein schwerwiegen<strong>des</strong> Problem, aber je<br />
medizinischer eine Handlung ausschaut, also<br />
<strong>des</strong>to sauberer schaut es aus. Aber jetzt bei<br />
dieser Schoppenflasche, das allernatürlichste<br />
wird, das wird verworfen, weil das zu entfernt<br />
von der Medizin ist, oder? Verstehen Sie diesen<br />
Vergleich.<br />
Und hier muss man klug sein und überlegen,<br />
unter welchen Bedingungen müsste man, also<br />
welche Bedingungen und welche Erforderlichkeiten<br />
würde die Behandlung mit dem Netzbett<br />
rechtfertigen.<br />
Ist Ihre Frage beantwortet.<br />
GRin Klicka: Ja, danke vielmals. Sie haben<br />
selbst ja angedeutet, dass die Einzelzimmer, die<br />
geschlossenen Räume auch bei den PatientInnen<br />
Angst hervorrufen können, also zusätzlich<br />
gewisse Symptomatik eventuell verstärkt. Und<br />
wie Sie auch in Ihrem Bericht gezeigt haben, die<br />
mechanische Fixierung durch Personen, denke<br />
ich, auch zu einem Vertrauensverlust führen<br />
kann. Denn wenn das dieselben Personen sind,<br />
die vielleicht am nächsten Tag dann für meine<br />
Pflege und Betreuung verantwortlich sind, ist das<br />
vielleicht aus der Sicht <strong>des</strong> Kranken, ich kann<br />
mich immer nur versuchen, in so ein Krankheitsbild<br />
hineinzuversetzen, auch schwierig dann das<br />
als vertrauensbildend zu sehen diese Maßnahmen.<br />
Noch einmal zurückkommend auch auf die<br />
Gewaltanwendung hinsichtlich von MitabeiterInnen.<br />
Sie haben auch darüber gesprochen, dass<br />
es zur Traumatisierung bei MitarbeiterInnen, die<br />
eben Gewalt erlitten haben, kommen kann. Einerseits<br />
werden am Otto-Wagner-Spital eben<br />
sehr vielen dieser Deeskalationskurse abgehalten,<br />
die MitarbeiterInnen werden ersucht, immer<br />
wieder an diesen Kursen auch teilzunehmen. Es<br />
werden Teams gebildet, die untereinander dann<br />
auch Erfahrung sammeln und sich austauschen.<br />
Mit welchen Maßnahmen könnte man nach einem<br />
Vorkommnis den MitarbeiterInnen noch<br />
helfen, dass sie in dem Beruf verbleiben können,<br />
weil manche wollen wahrscheinlich auch in dem<br />
Beruf verbleiben, haben jedoch langfristig an<br />
Schäden zu leiden, vor allem auch an psychischen.<br />
Dr. MNSc RN Needham: Jawohl, also die<br />
Datenlage ist recht schwierig mit Blick auf genau<br />
diese Fragestellung, wie soll man sich verhalten<br />
in einem Krankenhaus, wo Gewalt vorkommt<br />
und das Personal Opfer wurde von Gewalt. Es<br />
gibt Häuser, die als Standard ein Angebot haben,<br />
die haben ein Büro, wie ich sagte in Lausanne,<br />
die haben eine Mel<strong>des</strong>telle, wo man sich<br />
hinmelden kann. Man weiß aber aus Untersuchungen,<br />
dass viele Leute, die Opfer wurden von<br />
Aggression, die melden sich einfach gar nicht.<br />
Es gibt Leute, die darüber sprechen können und<br />
die sprechen KollegInnen an oder vielleicht nur<br />
den LebenspartnerIn sprechen sie an, aber keine<br />
Profis im Krankenhaus. Es gibt Leute, die das<br />
Problem verdrängen und ich meine, Verdrängung<br />
– das kommt natürlich aus dieser Stadt mit<br />
dem Sigmund Freud – Verdrängung gilt nicht als<br />
sehr günstige Coping-Strategie, aber offenbar tut<br />
es diesen Leuten auch gut, wenn sie das erstmals<br />
verdrängen können, dann später darauf<br />
kommen.<br />
Sie merken also, die Varianten, wie man mit<br />
diesen Belastungen umgeht, das ist eine sehr<br />
sehr breite Varianz, aber es scheint so irgendwie<br />
im Konsens zu sein, dass ein Institut auf jeden<br />
Fall ein Angebot haben sollte. Also man kann<br />
sich, man muss sich aber nicht melden, wenn<br />
jemand Opfer wurde von Gewalt. Also ganz<br />
wichtig ist, dass man Interesse zeigt als Vorgesetzter,<br />
als Stationsleiter, dass man hingeht und<br />
fragt, wie geht es dir nach diesem Vorfall. Und<br />
ich meine, es gibt zum Teil schreckliche Meldungen,<br />
aber aus der Tortur von Personen, die gesagt<br />
haben, ja man hat sich nie gekümmert um<br />
meine psychische Befindlichkeit, man hat mich<br />
gefragt, hat der Arzt diese Schnittwunde am<br />
Kopf wieder gut zugenäht, aber niemals gefragt,<br />
wie geht es dir psychisch nach diesem Vorfall.<br />
Also es braucht ein Interesse, man darf nicht<br />
allzu invasiv sein bei diesem Angebot, aber wirklich<br />
Interesse zeigen und ein Angebot zur Verfügung<br />
stellen.<br />
GRin Klicka: Danke vielmals. Ich denke,<br />
dass auch ganz wichtig ist, diesen Bereich zu<br />
entstigmatisieren. Denn ich komme auch aus<br />
einem Sozialberuf, vielfach suchen die Menschen,<br />
die Pflegenden, auch die Ursache bei<br />
sich selbst und aus einem gewissen Schuldgefühl<br />
heraus, melden sie sich auch nicht oder<br />
zeigen das nicht so deutlich an. Und da ist es<br />
ganz wichtig, denke ich, dass der gesamte Bereich<br />
entstigmatisiert wird, d.h., dass weder diejenigen,<br />
die dort als kranke Menschen behandelt<br />
werden noch jene, die dort arbeiten, und das ist<br />
leider auch noch immer so in dem Berufsbild, du<br />
arbeitest auf der Psychiatrie, dann eben diesen<br />
Vorwurf oder „na, weißt du dir nichts besseres“<br />
eben gefallen lassen müssen und aus einer gewissen<br />
Scham heraus dann vielleicht auch gewisse<br />
Maßnahmen nicht so deutlich ergreifen.