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Saar Bau Report - AGV Bau Saar

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Recht<br />

24<br />

ARBEITSRECHT<br />

A KTUELLE<br />

R ECHTSPRECHUNG<br />

1. Urlaubsabgeltung bei Langzeiterkrankung<br />

Landesarbeitsgericht <strong>Saar</strong>land<br />

Urteil vom 29. Juni 2011<br />

Az.: 2 Sa 2/11<br />

Nach Auffassung des LAG <strong>Saar</strong>land ist<br />

ein gegen den letzten Arbeitgeber gerichteter<br />

Anspruch auf Abgeltung derjenigen<br />

Urlaubstage, die wegen fortdauernder<br />

Arbeitsunfähigkeit nicht<br />

genommen werden konnten, unbegründet.<br />

Hintergrund dieser Entscheidung ist<br />

die Grundsatzentscheidung des Europäischen<br />

Gerichtshofs, nachdem der<br />

Urlaubsanspruch von langzeiterkrankten<br />

Arbeitnehmern nicht mehr verfällt.<br />

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />

sind daher grundsätzlich bestehende<br />

Urlaubsansprüche abzugelten.<br />

Nicht so im Geltungsbereich des BRTV-<br />

BAU. In dessen eindeutigen Regelungen<br />

sind Urlaubsabgeltungsansprüche<br />

ausschließlich gegen die Urlaubskasse<br />

zu richten.<br />

Daher war die gegen den Arbeitgeber<br />

gerichtete Klage auf Abgeltung von<br />

Urlaub schon aus diesem Grunde heraus<br />

abzuweisen.<br />

Gegen das Urteil des LAG <strong>Saar</strong>land<br />

wurde seitens des Klägers Revision<br />

eingelegt. Diese bleibt abzuwarten.<br />

2. Kündigung wegen einer<br />

Strafanzeige gegen den Arbeitgeber<br />

Europäischer Gerichtshof<br />

Urteil vom 21. Juli 2011<br />

Az.: 28274/08<br />

Die Erstattung einer Strafanzeige eines<br />

Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber<br />

kann im Einzelfall durch das<br />

Recht des Arbeitnehmers auf freie<br />

Meinungsäußerung gerechtfertigt<br />

sein.<br />

Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin<br />

gegen ihren Arbeitgeber<br />

Strafanzeige wegen besonders schweren<br />

Betruges erstattet. Hintergrund<br />

war die Pflegesituation in einem öffentlichen<br />

Altenheim. Die Arbeitnehmerin<br />

monierte Mängel bei der geleisteten<br />

Pflege, wie beispielsweise eine<br />

unzureichende Personalausstattung<br />

oder Pflegestandards.<br />

Nachdem der Arbeitgeber von der<br />

Strafanzeige erfuhr, kündigte er der<br />

Arbeitnehmerin fristlos.<br />

Nach Entscheidung der Instanzgerichte<br />

und des Europäischen Gerichtshofs<br />

ist die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt.<br />

Der EuGH stellte fest, dass<br />

die von der Arbeitnehmerin erstattete<br />

Strafanzeige als sogenanntes „Whistleblowing“<br />

(kritische Äußerung, Beschwerde<br />

und Anzeigen von abhängig<br />

Beschäftigten über Missstände oder<br />

Fehlverhalten in ihrem Unternehmen<br />

gegenüber staatlichen Stellen, der<br />

Presse oder sonstigen Dritten) zu bewerten<br />

ist und damit der Geltungsbereich<br />

von Artikel 10 der Europäischen<br />

Menschenrechtskonvention eröffnet<br />

sei. Letztendlich kam der EuGH zu der<br />

Überzeugung, dass zwar durch die<br />

Strafanzeige der Ruf des Arbeitgebers<br />

geschädigt sei, jedoch in einer demokratischen<br />

Gesellschaft das öffentliche<br />

Interesse an Information über Mängel<br />

in der institutionellen Altenpflege in<br />

einem staatlichen Unternehmen so<br />

wichtig sei, dass es gegenüber den<br />

Interessen des Unternehmens am<br />

Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen<br />

überwiege.<br />

Die Strafanzeige war mithin aufgrund<br />

des Rechts zur freien Meinungsäußerung<br />

gerechtfertigt. Die fristlose Kündigung<br />

war unbegründet.

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