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nen, die Helen Fielding in den Neunziger Jahre für den Independent verfasste. Sie sollten das<br />
Leben einer typischen Single-Frau um die Dreißig humoristisch beleuchten und schien den<br />
Nerv besonders der Leserinnen zu treffen. Es handelte sich dabei um eine spezielle Art der<br />
Kolumne, wie sie z.B. aus Frauenmagazinen bekannt ist: Eine Autorin schildert (zumeist fiktive)<br />
Erlebnisse, Gedankengänge und Erfahrungen einer -möglichst alltäglichen- Frau in der Ich-<br />
Form, um Leserinnen damit eine weitgehende Identifikationsmöglichkeit zu bieten. Auf beson-<br />
dere Weise erfüllt das Tagebuch diese Anforderungen. Es bietet zum einen hohen Identifikati-<br />
onsfaktor, und als fortlaufende Serie lässt es sich in kompakte, in sich geschlossene Abschnitte<br />
unterteilen, die für sich genommen zwar eigenständig, aber untereinander zusammenhängend<br />
und chronologisch angeordnet sind. Dadurch entsteht für regelmäßige Leserinnen ein sich ent-<br />
wickelndes Bild, ohne dass (wie etwa bei Fortsetzungsromanen der Fall) die Gelegenheitslese-<br />
rin sich durch mangelndes Vorwissen abschrecken lässt. So war es nur konsequent, die Tage-<br />
buchform, die sich als so erfolgreich erwiesen hatte, beim Verfassen des Romans beizubehal-<br />
ten. Dafür sprechen aber auch über die Entstehungsgeschichte hinaus gewichtige Gründe:<br />
Zum einen die bereits angesprochene Identifikationsmöglichkeit, die es besonders Leserinnen<br />
ermöglicht, sich verstärkt in die Lage von <strong>Bridget</strong> Jones hineinzudenken und Parallelen zur<br />
eigenen Biographie herzustellen. Dazu kommt zweitens ein nicht unbedeutendes Überra-<br />
schungsmoment: <strong>Bridget</strong> stellt an vielen Stellen ihrer Aufzeichnungen Thesen auf, formuliert<br />
Ansprüche oder setzt sich selbst Ziele, die im Verlauf (oft schon im nächsten Eintrag) relativiert,<br />
enttäuscht oder ins Gegenteil verkehrt werden, wie etwa in folgendem Auszug:<br />
Monday 13 February<br />
[...] Valentine’s Day purely commercial, cynical enterprise, anyway. Matter of supreme indifference<br />
to me.<br />
Tuesday 14 February<br />
[…] 8 a.m. Oooh, goody. Valentine's Day. Wonder if the post has come yet. Maybe there will be<br />
a card from Daniel. Or a secret admirer. Or some flowers or heart-shaped chocolates. Quite<br />
excited, actually.<br />
(Fielding 1996, S. 49)<br />
Drittens stellt aber auch die Tatsache, dass die Leserin bzw. der Leser an diversen Stellen eine<br />
quasi allwissende Position einnimmt, indem sie oder er Dinge, die <strong>Bridget</strong> falsch oder nicht<br />
wahrnimmt, voraussieht, ein Spannungsmoment dar.<br />
Das Tagebuch bietet also durch die Möglichkeit ausgedehnter Selbstreflexion und die chronolo-<br />
gische Abfolge einen idealen Rahmen für literarischen Humor. Ein anderes, älteres Beispiel<br />
dafür stellt die Adrian Mole-Reihe von Sue Townsend dar (ab 1982). Parallelitäten zwischen<br />
den Werken beider Autorinnen sind kaum zu übersehen, Unterschiede bestehen vor allem in<br />
den Protagonisten und der angesprochenen Zielgruppe, formal gesehen auch in der Struktur<br />
der Adrian Mole-Bücher, die sich von der Teenagerzeit der Hauptfigur in „The Secret <strong>Diary</strong> of<br />
Adrian Mole Aged 13 ¾“ bis ins <strong>Bridget</strong>-Jones-Alter im zuletzt erschienenen Band, „Adrian<br />
Mole: The Cappuccino Years“, erstreckt.<br />
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