Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Sieht man sich die Passagen über Pam Jones genauer an, so findet sich darin die Geschichte<br />
eine eher konservativen britischen Hausfrau, die ins Berufsleben zurückkehrt, nachdem ihre<br />
„Pflichten“ als Mutter getan sind; gleichzeitig stellt sie ihr Hausfrauen-Dasein grundlegend in<br />
Frage und trennt sich in vermeintlicher Konsequenz von ihrem Mann, um mit einem jüngeren<br />
Liebhaber eine kriminelle Karriere zu starten (von der sie in ihrer charakteristisch naiven Art<br />
nichts bemerkt). Sie symbolisiert als Typ also das althergebrachte, konservative Frauenbild der<br />
Hausfrau und Mutter, schafft aber auf der anderen Seite den Ausstieg aus dieser Rolle, indem<br />
sie eigenständig eine neue Existenz aufbaut. Tragischerweise hängt auch dieses neue Leben<br />
an einem Mann und damit einer Beziehung, und sein Vertrauensbruch, sie für seine kleinkrimi-<br />
nellen Machenschaften auszunutzen, symbolisiert auf tragikomische Weise nur das erneute<br />
Scheitern einer Frau, die den Willen entwickelt hat, etwas an ihren Lebensumständen zu verän-<br />
dern, sich dabei aber wieder nur in eine klassische Beziehung begibt, die von Seiten des Man-<br />
nes nur einem ganz bestimmten Nutzen gilt. Auf diese Weise dient die Parallelgeschichte von<br />
Pamela Jones nicht der Darstellung einer fortschrittlichen Alternative, sondern eher der Schilde-<br />
rung einer relativ lächerlichen Frauengestalt, die – möglicherweise als Ergebnis der Midlife-Cri-<br />
sis- einen nur unter komischen Aspekten sinnvollen Ausbruch aus dem traditionellen Bild wagt<br />
und dabei grandios scheitert. Dennoch bleibt ein Moment, das durchaus ernst genommen wer-<br />
den sollte: Pamelas berufliche Karriere im Fernsehen stößt bei ihrer Tochter <strong>Bridget</strong> nicht nur<br />
auf Verwunderung, sondern auch auf eine Art heimlichen Respekt vor einer Frau, die sie nie in<br />
der Rolle einer Berufstätigen, sondern ausschließlich in der einer Mutter (und damit als einen<br />
Teil einer Zweierbeziehung) und als Hausfrau erlebt hat.<br />
4 Wirkungsgeschichte<br />
4.1 Breitenwirkung des Romans<br />
Der Erfolg, den Romane aus dem <strong>Bridget</strong> Jones-Genre (der Comic Novel, die das Leben und<br />
vor allem das Bewusstsein junger Frauen innerhalb eines westlichen, urbanen Mittelklasse-<br />
Milieus reflektiert) in den Neunzigern erzielten, wird von einigen auf ein perfektes zeitliches<br />
Zusammenfallen einer großen weiblichen Leserschaft und einem Frauenanteil im Verlagswesen<br />
und unter den Autorinnen, der gegen Ende des 20.Jahrhunderts so groß war wie nie zuvor,<br />
reduziert – folgt man dieser Analyse, so steckt hinter dem Aufblühen dieser neuen Art von Po-<br />
pular Fiction nicht viel mehr als eine perfekte Antwort des publizistischen Gewerbes auf einen<br />
neu entstandenen Marktsektor (Bloom 2002, S.52). Diese Sichtweise sagt aber noch nichts<br />
darüber aus, welches spezielle Bewusstsein bei dieser weiblichen Leserschaft vorhanden sein<br />
muss, um eben jenen Erfolg (der eine Identifikationsmöglichkeit oder die Möglichkeit einer radi-<br />
kalen Distanzierung fast voraussetzt) zu erzielen. Bezieht man die in vorhergehenden Thesen<br />
zu weiblichen Identitätsmodellen hinzu, muss man zu der Meinung kommen, dass der Erfolg<br />
von "<strong>Bridget</strong> <strong>Jones's</strong> <strong>Diary</strong>" weniger geplante Marktstrategie denn vielmehr ein Zufallsergebnis<br />
war, weil es in diesem Fall eine große Schnittmenge zwischen der Aussagefähigkeit eines<br />
populärliterarischen Genres und den Bedürfnislagen der Leser-Zielgruppe gab.<br />
16